Talk:Book - Educational History of the Genitalia

From Embryology
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BILDUNGSGESCHIGHTE DER GENITALIEN


aualomischen Unlersuchungen an Embryonen des Menschen und der Thiere, nebst einem Anhang über die chirurgische Behandlung der Hypospadia.

Von

Dr. JOHANNES MÜLLER,

Professor der MeJiciii an der Friedricli- Wilhelms- Universitjjt zu Bonn, praktischem Arzt und Operateur", Mitglied der Kaiserl. Leopold. Carol. Aca(femie der Naturforscher, cet.


Mit 4 Rupfertafeln.




Düsseldorf, bei Arnz. 1850.



Es ist nicht genug, schön und beredt die Erfahriuig zu preisen , sondern die Erfahrung selbst und die unermüdete Beobachtung ist nöthig.


Meinem hochgeehrten Freund


dem Herrn


Dr HEINRICH RATHKE,

  • Hofrath |und Professor der Physiologie und Pathologie an der Universität zu Dorpat.


INaiural

359385


indem ich mir erlaube, einige Worte zuerst an Sie, verehrte. ster Freund zu richten, drücke ich dasVeriiUhniss aus, in welchem diese Untersuchungen zu den Arbeiten meines Vorgänger stehen. Denn fürs erste betreffen meine Untersuchungen einen Gegenstand, der durch Sie zuerst in die Wissenschaft und zwar mit den herrlichsten Beobachtungen ausgestattet , eingeführt worden. Ihren Schriften verdanke ich die Anregung zu diesen Arbeiten , und indem ich in den Jahren 1828 und 1829 die Entwickelung der Genitalien bei Amphibien, Vögeln und Säugethieren unausgesetzt und fast täglich in der Natur verfolge, sind zugleich die Beiträge zur Geschichte der Thierwelt nicht aus meinen Händen gekommen.

Im Jahre 1828 brachten einige Zeichnungen von mir, und die Relation meiner bisherigen Beobachtungen unsern Gegenstand in der zoologischen Section der Versammlung der Naturforscher in Berlin zur Sprache und Verhandlung. Sie und Herr von Baer waren zugegen. Diess ist genug um anzudeuten, wie anregend und wie nützlich diese Verhandlung für mich war.

Bald und noch in demselben Winter konnte ich Ihnen die noch an aufbewahrten Embryonen und Larven von Fröschen


gemachte Enldeckung der Wolffschen Körper mlüheilen, ich brachte manches neue Bedenken vor, über das ich fernere Beobachtungen anstellen wollte. Sie bestätigten jene BeobachUing und waren so gütig hinwiederum mich mit Ihren neuen Beobachtungen bekannt zu machen, wofür ich Ihnen meinen herzlichsten Dank sage. Sie forderten mich zu neuen Untersuchungen und neuen Mittheilungen auf Das darauf folgende Jahr widmete ich unausgesetzt diesem Geschäft. Nachdem ich nun zu einem vorläufigen Abschluss meiner lieobachtungcn gekommen bin, geschieht, wozu sie mich berechtigten, und man weiss nun, mit welchem Recht, verehrtester Freund, ich Ihnen diese Mittheilungen ganz crgebenst widme. Bonn, am 1. Februar 1830.


Mit aufriclitlgsler Ilochaclilung


Ihr

J o li. M ü 1 I C r.


Vorrede.


^y enn mich eine Erfahrung, oder Entdeckung, oder ein glücklicher Gedanke eines Andern weiter bringt, so freue ich mich herzlich und pflege nicht zu fragen, zu wem der Verfasser es hält und woher er kömmt. Allein es ist einmal Mode geworsen , in einer Vorrede zu einer naturwissenschaftlichen Schrift zu sagen, mit wem man es halte, und ob man mit Vernunft oder Verstand oder mit den Sinnen vorzugsweise thätig gewesen und in dieser Art sich habe irren können. Weil die Vorrede eines Buchs der einzige Ort ist, an welchem der Person des Schriftstellers zu erscheinen erlaubt ist , sey auch mir diessmal die Gelegenheit willkommen, zu bekennen, welche Methode ich befolge, und welche namentlich in diesen Untersuchungen nothwendig geworden. Besonders wünschte ich diess auf eine etwas bestimmtere und für mich selbst befriedigendere Art zu thun, als diess früher bei einer andern Gelegenheit von mir geschehen ist. Diess kann nun am besten von dem Gesichtspunkte gegenwärtiger Schrift aus geschehen.


Die Entwickelung des Geschlechtes in dem Embryo ist einer von den Punkten, worüber die Physiologie zwar mehrere theoretische und hypothetische Versuche aufzuweisen hat, wozu aber noch wenig thatsächliches und keine hinlängliche erfahrungsmässige Basis, welche doch jede weitere Untersuchung so s:ut wie ihren Stoff haben muss, vorhanden ist. Was können uns alle Vcrmuthungen über die Ursachen des Geschlechts -Unterschiedes nützen, wenn wir nicht mit unbestrittenen Erfahrungen wissen, wie die Genitalien, und aus welchen Theilen sie zuerst entstehen, und wie sie sich von Schritt zu Schritt ausbilden, wenn wir hierüber nicht vollständige Beobachtiuigen von mehreren Thieren und vom Menschen mit gleicher Genauigkeit besitzen.

Gelegenheit, Neigung, Uebung in microscopischen Arbeiten haben mich dazu geführt, eine auf blosse Beobachtung und anatomische Empirie gegründete Untersuchung dieser Art bei Embryonen der Amphibien, Vögel, Säugethicre und des 3Ienschen seit den letzten Jahren zu verfolgen. Der Gegensland mag es entschuldigen, wenn ich nur meine Erfahrungen und Beobachtungen, ohne weitere Rellexion zusammenstelle.

Ich bin zwar immer ein Freund von einer mit Methode angesiclllen, gedankenvollen, durchdachten, oder, was dasselbe ist, philosophischen Behandlung eines Gegenstandes, Denn philosophische Einsicht ist mir überhaupt mit vernünftiger Einsicht gleichbedeutend. Ich meine aber damit nicht eine Art, welche ohne hinlängliche erfahrungsmässige Begründung zu einem Resultat kommen kann, oder die sogenannte na tur philosophische Manier, die ich bereits früher zu charakterisiren gesucht habe, indem ich sie fahche Naturphilosophie nannte, die so verführerisch für das verflossene Zeitalter geworden ist, und die uns in die Zeiten der Jonischen Philosophie zurückversetzte. Ich tadele damit nicht eine mehr poetische und begeisterte Betrachtung der Natur, welche über der zunehmenden Zersplitto. rung die Liebe an der ganzen lebenden Natur erhält; allein diese kann, wie die Poesie nie zur Methode oder Manier werden, ohne in widerwärtige Afterproductionen auszuarten. Diese willkührliche, in einigen Analogien glückliche, im ganzen aber fehlerhafte Dogmatik, die man mit Recht verlassen hat, soll mich aber auch nicht (wie so manchen Andern) hindern, die Wahrheit überall anzuerkennen, wo ich sie finde.

Aber was ich philosophische Methode nenne, hat nichts mit jener Dogmatik gemein. Ich fordere zuerst, dass man unermüdet sei im Beobachten und Erfahren, und diess ist die ■ erste Anforderung , die ich an mich selbst mache und unausgesetzt zu erfüllen strebe. Vielleicht wird man es meinen bisherigen Bestrebungen glauben , dass es mit dieser Versicherung redlicher Ernst ist ; und ich werde mich sehr freuen , wenn man gegenwärtige Schrift für ein gutes Zeugniss davon hält.

Dann fordere ich, dass man die Erfahrungen, wenn sie die hinlängliche Breite und grösste Genauigkeit erlangt haben, uicht bloss zusammenstoppele, sondern dass man, wie die liebe Natur bei der Entwickelung und Erhaltung der organischen Wesen Aerfährt, aus dem Ganzen in die Theile strebe, vorausgesetzt, dass man auf analytischem Wege das Einzelne erkannt und zum Begriff des Ganzen gelangt ist.

Bei jeder auch nur entfernten Einsicht in den Bau des Organismus erkennen wir, wie diese Organe nicht anders gebildet seyn können, als integrirende Theile des Ganzen, wir bewundern die höchste Vernunft in dem Bau des Auges, wie in jedem Theil des Knochengerüstes; in dem Muskelbau jedes Ghedes. Wir sehen die Entwickehmg des Embryo aus dem Keim, wie ein Fortschreiten des Allgemeinen und Ganzen in seine integrirenden Theile. Diess ist in den physicalischen Gesetzen nicht der Fall. In der Physiologie der Pflanzen undThiere ist dem Begreifen ein grösseres Feld geöffnet, es ist noth wendig , dass man die vernrhiftigen Gesetze der Bildung be^vusst ^^'erde, dass man auch im Begreifen aus dem Ganzen in die Theile strebe, wenn man zum Begriff des Ganzen gelangt ist, so wie die Natur bei den Organismen verfahrt. Aber Thatsachen , Beobachtungen müssen an unsern Sinnen , an unserm Geiste vorübergehen, um dann erst nach den Gesetzen unseres Geistes das Wesentliche in jeder Veränderung von dem Zufalligen zu unterscheiden, das Wesentliche, aus dem das einzelne hernacli zu begreifen ist.

Hierin hat uns Casp. Friedr. Wolff, Goethe's Vorgänger, das reclite und unzweideutige Beispiel gegeben. Was gleicht wohl auch der philosophischen IMethode, wie sie in der Generalionslehre von Wolff vor uns liegt, mit so viel strenger Erfahrung, gediegener, sich immer mehr bewährender Beobachtung gepaart? Die Kritik der Hypothesen über die Zeugung, womit die deutsche Ausgabe seiner berühmten Schrift beginnt, bleibt ein ewiges Muster philosophischer Schärfe, sie ist eben so merkwürdig durch die in der Hälfte des vorigen Jahrhunderts ganz seltene und einzige Vollendung der Darstellunff und des Stils. In neuerer Zeit hat Andreas Sniadetzki in dem leider sehr unbekannten heiTÜchen Werke: Theorie der organischen Wesen. Aus dem polnischen übers. Nürnberg 1821. dieselbe Bahn betreten. Diese mit philosophischer Tiefe und mathematischer Methode geführte Untersuchung zeigt, wie die Elemente derMedicin gelegt werden müssen, sie ist nach meiner Meinung die erste physiologische Grundlage eines wissenschaftlichen Systems der Medicin. Endlich sei mir auch erlaubt, ein Werk zu nennen, das mit philosophischer Schärfe und Klarheit, wie empirischer Gediegenheit und Wahrheitsliebe über die ganze organische Physik sich verbreilet. Man wird es wohl errathen, dass G. R. Treviranus Biologie, diese Quelle der gediegensten Belehrung gemeint sei. Aber unendich ist der Geist dieser Männer von der willkührlichen naturphilosophischen Dogmatik der verflossenen Jahrzehnde verschieden , die durch Uebertriebenheit, Willkührund Biequemheit unter Vielen eine Geringschätzung aller philosophischen Bestrebung herbeigeführt hat. Nannte doch ein berühmter «unmehr verstorbener Arzt und Professor jeden Irrthum seiner Schüler eine Philosophie. Aus keinem andern Grunde nannle ich jenegrossenBeispiele, als um mich vor jedem Missverständniss zu schützen, um dasjenige, was ich philosophische Methode nenne, von allem zweideutigen abzusondern. Sonst weiss ich wohl, dass die Feier und Bewunderung eines grossen Musters mich selbst noch um gar nichts weiter bringt.

Dass nun aber die Erfahrungen zu einer solchen durchdachten Behandlung und Zusammenstellung geeignet seyen , ist es nöthig, dass sie wirklich gut und genau erfahren sind. Heut zu Tage wird zwar viel mehr als je erfahren und experimentirt, aber wie sind auch oft diese Erfahrungen , wie verwirrend, wie ungründlich so oft für jeden genauem Beobachter, so dass in der That bei manchem physiologischem Experiment zwar wohl IJiincle und Augen , aber nicht Kritik und Logik gewesen sind. Durch leichtsinnige Erfahrungen und Experimente kann man nicht zum G a 1 i 1 a i der Medicin und Physiologie werden. Glücklicherweise ist aber der Weg des erhabenen Galila i unter uns längst bezeichnet; Harvey, Malpighi, Wolff, Hallcr sind ihn gewandelt, und die Methode ist so gut bezeichnet, dass jedes , auch das beschränktere Talent, und die bescheidenste Fähigkeit für den Fortschritt des Ganzen das grösste Verdienst sich erwerben kann , w^as ja überhaupt die Vortheile einer guten Methode und des Schülers sind.

Wie ist nun die gute Erfahrung, das gute Experiment beschaffen ? Vor allen Dingen es muss sich hestatigen. Denn wenn sich die Experimente nicht mehr zu bestätigen brauchen, so würde ich vorschlagen , lieber solche Experimente zu machen, wie einst ein berühmter Arzt, der das Rückenmark eines Thieres durch ein Amalgam von Metallen ersetzte , und die Kühnheit hatte zu erzählen, wie das Thicr noch einige Momente seine Orts -Bewegungen forlgesetzt hätte. Ich wünsche Erfahrung, die sich in allen Fällen wiedcrhohlcn lässt , die immer dieselben Resullale gibt, wie man es von jedem guten physicalischen Experimente zu fordern gewohnt ist. Jeder ünpartheiischeund Unbefangene wird mir zugestehen, dass man diess von sehr vielen, ja den meisten der beliebten physiologischen Experimente nicht sagen kann.

Ich fordere ferner, dass man in jeder Eifahrung das Tf^esentliche vom Zufälligen unterscheide. Dem Physiker, der uns in ein Gebiet der Physik , in die Lehre von der Statik, von der Electricilät einführen will, ist niclit jeder Versuch hiei-zu gleich recht, es handelt sich um ein Kxpcriment, um ein Phaenomen, aus dem alle anderen ableitbar sind. Goethe sagt: « Was würden wir von dem Arcliitekten sagen, der durch eine Seitentliüre in einen Pallast gekommen wäre, und nun hei Beschreibung und Darstellung eines solchen Gebäudes, alles auf die erste untergeordnete Seite beziehen wollte- '*

Jene Art der Erfahrung, welche das Wesentliche von dem Zufälligen unterscheidet , ist die wahre Beobachtung, wovon die Aerzle immer mit Recht sagten, dass sie so selten sey, weil nämlich Verstand und Sinn dabei gleich thätig sind, dieser zu erfahren , jener zu unterscheiden , was aus der Erfahrung folgt und nicht folgt, was wesentlich und zufällig ist, beide zu beobachten. Wären alle medicinischen Erfahrungen wahre Beobachtungen, wären die practischen Aerzte, welche den Weg der reinen Erfahrung und nur der Erfahrung zu wandeln glauben, nicht häufig zugleich voll eigener sonderbarer Theorien , sondern wahre Beobachter, so würde es auch um die practische Medicin besser stehen. Beständen alle unsere Erfahrungen aus solchen Beobachtungen, so wäre alles weitere Theoretisiren unnöthig, und die Theorie wäre eine schlichte Erzählung der Thatsachen, von denen eine die Consequenz der andern ist. Da nun aber die wenigsten Erfahrungen von dieser Art sind, so ist neben beständiger Selbstbeobachtung alle Schärfe der Kritik nothwendig, und die Schärfe der Gedanken wird eben so nothwendig wie die Schärfe der Sinne.

Es sollte kaum bemerkt werden dürfen, dass es Pflicht des Gelehrten ist, sich alles des zu bemächtigen, was unter allen Nationen für seine Wissenschaft geschieht. Diess ist jetzt möglich und ist bei dem europäischen Fortschreiten der Wissenschaften unerlässig. Eine deutsche, französische, englische Schule für eine medicinische Wissenschaft ist Barbarei. Doch kann in Deutschland von diesem Uehel kaum die Rede sevn, mid bei uns scheint die Idee einer isolirten englischen oder französischen Naturgeschichte, Physiologie, Medicin eben so barbarisch als die Idee einer preussischen , bairischen , österreichischen Physiologie und Medicin.

Ehe ich diesen Gegenstand ganz Terlasse, muss ich noch einer nicht seltenen Unredlichkeit in der Benutzung der Literatur gedenken. Man hat oft die beliebte Art gerügt, Schriftsteller anzuführen, Citate zu häufen, ohne sie zu lesen; noch schlimmer scheint mir aber, wenn man mit scheinbarer grosser Gelehrsamkeit eine Menge TOn Literatur einem Gegenstände vorausschickt, während man sie doch nicht im geringsten benutzt hat, ja das in jenen Schriften widerlegte Triviale nur mitthcilt. Man würde viel besser seine Kenntniss der Literatur vcrrathen , wenn man aus einer Menge von Schriften mit Urlheil nur die Wenigen hervorhebt, die bewährt und allein des Gedächtnisses werth sind. Es kömmtauch nicht auf die Reihe der Titel an, wie sie in den Bibliotheken zu fmden sind. Denn zu oft ist das Lesenswerthcste über einen Gegenstand in Schriften eines ganz andern Titels aufbewahrt.

Doch ich habe schon zu lanse die Aufmerksamkeit des geneigten Lesers von dem Gegenstand gegenwärtiger Schrift abgezogen. Wendet man, was ich über Beobachtung und Methode bemerkt habe, auf unsere Kenntniss von der Entwickclung des Geschlechtsunierschiedes in den Embryonen an, so wird man gestehen müssen , dass es zu einer solchen Untersuchung nicht allein an einer hinlänglichen Masse richtiger Beobachtungen, sondern noch sehr an Erfahrungen überhaupt gebricht. Denn vor Allem ist die genauste Kenntniss von der Entwickelung der Geschlechtsorgane nothig.


Die gegenwärtige Schrift hat bloss zur Aufgabe, diese Erfahrungen bei mehreren Thierclassen vollständiger und genauer zu geben , als wir sie bis jetzt besassen. Der Verfasser enthält sich aller Reflexion in einer so schwierigen Sache, er erzählt bloss, was er gesehen, unterwirft jede Erfahrung selbst der eigenen Kritik, um zu erkennen , was aus der Beobachtung folgt und nicht folgt. Diese Erfahrungen müssen mit alier Schärfe, Genauigkeit und Ausführlichkeit vorhanden seyn, ehe an weitere Combination, Induction u. s. w. gedacht werden kann.


Ich muss daher sehnlichst wünschen , dass diese Erfahrungen nicht allein wiederhohlt , sondern auch über eine noch grössere Anzahl von Thieren ausgedehnt werden.


Die Frühlings- und Sommerzeit ist für den Beobachter kostbar, aber man kann nicht auf alles zugleich seine Aufmerksamkeit richten. Zu Beobachtungen über die Entwickelung der Batrachier, nämlich der Frösche, Ki'öten und Salamander bieten unsere stehenden Gewässer in der Frühlingszeit die schönste Gelegenheit, wobei man keinen Tag zu versäumen hat. Dann kann man sich in der Frühlings- und Sommerzeit theils durch Brütversuche, theils vom Lande her aus Wäldern und. Feldern , wenn man hierzu Aufträge giebt , eine grosse Menge Vogelembryonen täglich zur Untersuchung verschaffen. Man hat ferner in jeder Stadt im Herbst und Winter Gelegenheit, fort und fort Embryonen von Schafen zu erhalten. Dagegen fehlte es mir ganz an Embryonen der Fische; und wenn ich in Hinsicht der Entwickelung der Geschlechlslheile beim menschlichen Embryo mich bescheiden muss, hinler der AusflihrUchkeit zu bleiben , die ich in den übrigen Abschnitten erzielte, so möge man den besten Willen nicht verkennen, und billig bedenken, wie selbst Vorsteher öffentlicher Sammlungen den Mangel an Embryonen bedauern , dass ich aber nicht Vorsteher einer öffentlichen Sammlung bin, und dass ich in dieser Hinsicht nur durc h dieEmbryonen, welche ich in meiner PrivatcoUection aufbewahre und die ich, wie vieles andere, nicht ohne den grössten Kostenaufwand acquirirt habe, unterstützt war. Um so vollständiger sind dagegen meine Beobachtungen aus der Classe der Saugethiere. Der geneigte Leser möge daher nicht unterlassen, bei dem Abschnitt über den Menschen, durchgangige Rücksicht auf die Beobachtungen an den Saugelhieren zu nehmen. Und so seien die Naturforscher, denen eine reichlichere Gelegenheit vergönnt ist, zur Erweiterung und strengen Prüfung der Beobachtungen auf demselben Wege der Erfahrung aufgefordert. Endlich ersuche ich den geneigten Leser, die Prolegomena ja nicht zu übersehen , sie sind zum Verstlindniss aller weitem Mittheilungen nöthig, überhaupt bitte ich die ganze Schrift mit Müsse zu würdigen, weil die Anordnung eine beständige Beziehung auf das Vorhergehende enthält.


INHALT.


Prolegomena.

I. Abschnitt. Beobachtungen über die Entwickelung der Genitalien bei Jeu

Amphibien. §. i. — iG.

I. Batracliier. §. i. — la.

a, Entwickelungfgeschichte der Wol ff 'sehen Körper. §. i, — 6.

b, Ent^vickelungsgeschichie der Eierstöcke und Hoden bis zum Verschwinden der Wol ff 'sehen Körper. §.6. — 12,

II. Eidechsen. §. 12. — i5.

III. Schlangen. §. i5.— 16.

II. Abschnitt. Ueber die Entwickelung der Genitalien bei den Vögeln.

§. z6. — 5o.

I. Entwickehmgsgesciiichte der Wolff'schen Körper. §. 16 — 26.

II. Bau der Wolff'schen Körper. §.26. — 3o.

III. Entwickelung der keimbereitenden Geschlechtstheile. §. 3o. — 35.

IV. Weitere Entwickelung der männlichen Genitalien. ^. 35. — 4*^. V. Weitere Entwickelung der weiblichen Genitalien. %.^o. — 44« 

VI. Letzte Veränderungen der Genitalien nach dem Auskriechen. §. 44- — ^o III. Abschnitt. Beobachtungea über die Eutwickelung der Genitalien bei den Säugelhieren. §. 5o. — 90.

I. Entw'cVeliingfgeschichte der Wol ff 'sehen Körper. §. 5i. — 68.

II. Innerer Bau der Wolff'schen Körper. §.68. — 71.

III. Weitere Entwickelungsgeschichte der mannlichen und weiblichen innern Genitalien. §.71.- 77. ^

IV. Entwickelungsgeschichte des Nebenhodens bis zum Verschwinden des Wolff'schen Körpers. §. 77. — 84.

y. 'Weitere Entwickelungsgeschichte der weiblichen innern Genitalien bis zum Verschwinden der Wolff'schen Körper. §.84. — 8G.


XVIII

VI. Entwictelung des unpaarigen Geschlechtsganges. §.86. — 89.

VII. Eritwickehingsgeschichte der äussern Geschlechtstheile. 5- 89. — 90.

JV^ Abschnitt- Beobachtungea über die EntwickeluDg der Genitalien beim

Menschen. §. go. — ii5. I, Entwickehingsgeschichte der Wolff'schen Körper bis zur letzten Ausbildung der Genitalien. §.90. — io3. II. Ueber die Entwickclung des Uterus. §. io3. — io5. III. Ausbildung der Samenbläschen. §. io5. — 106.

IV. Entwickelungsgeschichte der äussern Geschlechtstheile. §.106.— 110.

V. Veränderungen in der Lage der Geschlechtstheile. Descensustesticulorum. §. f 10. — m3.

V. Abschnitt. Schliissätze aus den vorhergehenden Beobachtungen über die

Entwickelung der Genitalien beim Menschen und bei den Thieren. §. 1 13. — i5i.

VI. Abschnitt. Schlussätze aus den vorhergehenden Beobachtungen über die Bedeutung der Wolff'schen Körper. §. i3i. — i45.

VIL Abschnitt. Kritik der vorausgesetzten Analogie der männlichen und

■weiblichen Geschlechtstheile. § i45. — i49VIII Abschnitt. Kritik der Lehre vom Hermaphroditismus. §. i49- — i6«Anhang über die chirurgische Behandlung der Hypospadia. §. 161. — 176. Erklärung der Rupfertafeln. I. — IV.


PROLEG OMEN A.


J_Ji'e EntwictelungsgcscIiJclile der Tbiere ist durch dea Relclillium der LeobacliLun:^,ea und ihrer Resultate bereits so characleristlsch für dea lieuLi^en Zuslan»! der Physiologie geworden , wie Eiciiat's iinsEerblicher Name und die durch seioca Geuius ius Leben gerufene allgemeine Anatomie für die zunächst verflossene Zeil bezeichnend sind. Was letztere für die Physiologie leisten tonnttf, ist grüssLenLlieils geschehen j was die allgemeine Anatomie der Palhologie ist, an- sich schon ruhrawürdig genug, ist von vielen der L'cssern Aerzie iiuler uns Laum gekannt. Denn die Arzneikunde, in welcher das AherLhum geheiligLer und ehrwürdiger ist, als in den raschen ForischritLen der verwaudlen NaLurwissenschaften , hat den belebenden Eiuiluss pener grossaptigen rvichlung noch zu wenig empfunden, welchen einst Pii. vo:v ATaltrer in jener so oft bewunderten Darstellung des BicnATScfi-cn Sjstcms verkiindlgie.

Uni.crdc3sen hat die Entwickelungsgeschichte der Embryonen, zum zweitenmal nach jenem ausserordentlichen Beobachter Caspar Friedrich Wolff, ihre reichen Aufschüsse eröunet und Piälhsel beantwortet, die man über unnützea Hypothesen nicht frageöd geahndet hatte. Ein in micrOscopischen Untersuchungea geübtes gute Auge, umfassende Kenntnisse, nnermüdete Beobachtung sind nüthig, den geheimnissvolleu Process der Bildung aller Organe aus dem Keime des Ganzen aufzuschliessen.

Zwei Gegenstände haben mich in diesem grossen Gebiete, worin verdienstvolle Äliinner den grössten Piuhm begründet, besonders angezogen, die EutwickeluQg der Drüsen und der Genitalien. "VYas mich die Entwickelungsgeschichte der Drüsen auf dem Wege der Beobachtung gelehrt hat, ist i-n dem grössern, über kurz' erscheinenden YVerh.: über den Innern Cau der Drüsen enthalten. Hier sei mir vergönnt, was ich über die erste En stehung und Ausbildung der Genitalien, namentlich der iunem Geschlechlstlieile beobachtet habe, mitzutheilen.


§• 2.

Man -wird im Verfolg dieser historisclien Einleitung sehen, dass icli nur sehr -wenige Vorgänger, ja in Hinsicht, der EnUvickelungsgescliichte der Innern Genitalien fast nur einen Vorgänger hatte. Da indessen Ratiike's Beobachtungen In dieser Hinsicht sehr reichhaltig sind, namentlich bei Vögeln wenig zu wiinschen übrig lassen, so blieb mir nur das Verdienst, die Erfahrungen dieses Vorgängers einer genauen Priifung zv. unterwerfen, sie thesi« zu bestätigen, theiis zu erweitern , id>er mehrere Klassen, nainentlich den Menschen auszudehnen, und in mehreren wichtigen Punkten zu berichtigen , endlich die übriggeiasseneu Zweiiel und Fragen vielleicht glücklich zu entscheiden. Allein Alles betraf einen Gegenstand, der an sich von der grössten ""Vichtigkeit, im Felde empirischer Untersuchung fast noch neu, bald die allgemeine Aufmerksamkeit der Anatomen und Physiologen erregen dürfte. Denn ist es nicht die erste Eatsteiiung' der innera Genitalien, die man kennen muss, ehe man, wie neuerlich geschehen, über .die Ursa<ehen der verschiedenen Geschlechtsentwickelung bei den Embryonen nachforscht? AVie verkehrt es aber ist, bei letzterer Untersuchung mit den Eltern anzufangen, hätte die einzige Thatsache jedem Unterrichteten zeigen können, dass nämlich die, ausser den Weibchen, in Masse befruchteten Eier der Batrachler und. Fische, zura Thell Männchen, zum Theil Weibchen ausbilden.

Dass ferner 4ie in neuerer Zeit geäusserten Ideen über die anfängliche Gleichheit der Genitalien bei beiden Geschlechtern, wenn auch richtig, doch fast nur auf JS^enntniss der äussern Geschlechtstheile beruhten, in Hinsicht der Innern Genitalien aber nur allgemeinere Vorstellungen Avaren , bewiesen eben schon die Beobachtungen des Herrn Dr. Ratuke, um deren Bestätigung, Prüfung, Erweiterung es sich in einem grossen Theil dieser Schrift handelt

§. 3.

In derThal, was man vor Ratuke über die erste Entstehung der Geschlechtstheile Avussle, beschränkt sich fast bloss auf die allerdings vollständige Kenntniss der Entwlckelung der äussern Geschlechtstheile, aus welcher Ackermann '-), Actenrietii •■'•"■•), Tiedejukn ***), Meckel t) folgerten, dass


') Infjntis .\adrogjni liistoria. lenae i8o5. p. 53. Di man sich so oft auf .\ckebma»!« in dieser BeziehuDg berufen hat., jo ist es der Mühe wcrth, das einzige^ wai Aciermass bloss hypothetisch und


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die Gesclilechtstlieile ursprünglicli bei beiden Gescblecluern gleich seien, und welche Tiedemaan zu dem Schlüsse bewog , dass alle Embryonen ursprünglich eine weibliche Bildung zeigten. Man hat ausführliche und sehr genaue Untersuchungen über den descensiis testiculorimi von Huister, ScARPA, Brcgnoive, Lobstein, Seiler, Langenbeck u. k. I. Fr. Meckei. bat die Ausbildung des Uterus beim menschlichen Embryo vortrefflich erläutert. Tiedemann hat eine sehr schätzbare und vollständige Untersuchung über die Entwickelung der äussern Genitalien in seinem Werk: Anatomie der kopflosen Missgeburten Landshut. i8i5 mitgetheilt, und hat bei dieser Gelegenhei t eine besondere Schi'ift über die Büdungsgeschichte der Zeugungsorgane versprochen, die indessen nicht erschienen ist.

§ 4. Ueber die Entstehung der Innern Genitalien hatte man fast ntir Vermuthungen. Denn was man davon wusste , reducirt sich auf eine unvollkommene Beobachtung von C. Fr. Wolff, auf einige Beobachtungen von Oken aus früher Zeit der Entwickelung, bei Säugethieren, und auf einige sehr schätzbare Beobachtungen von J. Fr. Meckel beim menschlichen Embrj'O. Man muss es offen gestehen, die genauesten Beobachtungen aus frühester Zeit sind die von Oken, in einer erfolgreichen Arbeit mitgetheilt, zu einer Zeit, als dieser Naturfoi'scher noch nicht die Grenzen empirischer Untersuchung allzufrei verliess. Oken und Kieser's Beitrüge zur vergleicJienden Zoologie, Anatomie und Phjsiologie gehören zu dnn vorzi'iglichsien


»bae Beobachtungen aussagt ^ anzuführen. »Embryo primus a formalione et inclioatae Tilae momentis peculiati sexu dooatus non est, sed genitalium utriusquc sexus nidimentis instruclns est, et a virium physicarurn , quae vitam et partium organicariim evolutionetn uioderantur , quantit.ile et directione dependet, an mas , an vero femina prodeat, id est, an utriusque sexus genitalia evolvantur, an, quae mari, an illae, quae feminae propriae sunt, cfTormanlur.« 

    • ) Reil's und Axiteshieth's Archiv für die Physiologie K. 7. >iBemerkungen über die Verschiedenheil

der Geschlechter und ihrer Zeugungsorgane , als Beitrag zu einer Theorie der Anatomie.« Dieser Aufsatz ist zu einer Zeit geschrieben, als man von der Chemie für die Medicin die iibertrieben•ten Erwartungen hegte , und von ihr einen willkührlichen hypothetischen Gebrauch machte und nimmt nur eine geringere Stelle unter den ausserordenllichen Verdiensten jenes aUverehrten glücklichen Beobachters ein.

•••) Analoraie der kopflosen Missgeburten. Landshiit. i8i3. p. 80.

•f) ^iträge zur vergleichenden /iaalomie ; und Handbuch der menschlichen Anatomie. T. IV. p. 584,


- 4 Arbeilen über die Auatomie des Enilnyo. Auf AVolff'j und Okf.n's Beob acblungcQ balle Alccrt Mccrel eine Ilvpotbesc über die EutwicLclaog

der Genilalien gegi-ündel. Diese Ilypoibcse des vcrdicnsLvoIlcn Anatomea

ist die einzige detaiJlirlc Vorstellung, Tkvejcbe üLer die ersie Bildung der

inncrn Genilaiiea vorgeLracibt Morden.

Albert Meckcl sn^t: >'Voa den Scilea des- .R;.' c!.:;^rnlbes cntsleben zwei

Streifen von einer gclvürnicn polyjicnarli^en Mccse, Avckbe sieb zu einer

PlaKe AereiniCjCn , die sieb krümmt und eu,diieb zu einer Rubre scbliosst"

Die Cani'.le sind anfangs an beiden Enden oflen und bleiben es bei dea

Weibcbcn , als Tuben j sjb ieisea &icb aLer als diielus dcfercnles bei dca

Männcbeu." '•'■) Diese Ansiebt, ebne ei^_,ene Üalersucbung , bloss auf die

missverslaudenen Beobaebiungen \on^VoLrF und Oi;cN gegründet, ist erstens»

wie der Verfasser selbst gesteht, eine l)losse Ilypcibcse , ;$ic ist zNveitcns un ricblig. Ni lits kann blevon verscbiedener seju als die wirküibj Ejlstebuug

der Genitalien.

§.5.

Heikricu Ratuke '•■■) "vvar der erslc , der bicr licblcle und uns eine gi-osse Reibe "wirkllcber Beobac:bluogcn ü!jer die EntsLebung der innern Gcnilaüen bei Fiscbcn, Ampbibien, Vögeln und Sängeibierea, mit Aussibluss des SIenseben , milibeiUe. I^atiike's Beoliacblunirea Avaren scbr genau, besonders bei den Vögeln. ^^ären sie es nicbt, so "Würde er mir eine grössere Ausbeute an neuen Tbalsacben und Bericbligungen, aber aiicb eine grössere Veranlassung zu eigner Irrung übrig gelassen haben. Die folgenden Unlersuehungen haben nun zur Aufgabe, insbesondere die von Ratiu\E gewonnenen Piesullale darcb neue Beobacblungen zu prüfen, die zweifclhaflen Puncto zu entsclieiden, zu berichtigen, die Lücken auszufüllen, wo uns besonders für die Classea der Ampbibien und Si.ugelbiere vieles übrig blieb, und endlich diese Unlersuehungen auf den menschlichen Embryo auszudehnen, an dem in Hinsicht der ersien Enlslcbung der Innern Genitalien überhaupt JXicmaud Beobachtungen an.^^esicllt hal.


') Aldi BT J'Er.KEi. in I. Fn. Meckel's Beiträgen z.iir vcrgl. Anat. 11. B. a. II. p iCt.

  • ") Uclior Jie F..i:«.iekclcing der GcscIilccIitsUicilc (in Rathue's Beitragen zur Gcsdiicble der Thictwelt.

3. Ablli. ScLiiilcn der nalurloischcnden Gesellschaft zu Danzig. IV. Heft. Halle. i8i5.) #


Insofern i-cli einem genauen BeoLacliler Sclirllt vor Scliritt zn folgen. und über jeden Punkt, der sicli als zweifelhaft ergab, abermals eine ganze Keibe neuer Unlersucbungcn anzuslellcn balie, danu aljer die grossen Uuierscbiede, welcbe sieb bei x\mpbibien, Vügeln, Säugelbiereu und namentlicli beim Mcnscben, ausser den allgemeinen Verbällnissen gleicber EnlAvickelung, zeigen, aufzubellen batte, war diese Arbeit wobl einigcrmassen undankbar, und die Mlibfi grösser als die Hoffnung eigenen Gewinnes anfdnslich erscbien. Docb bat der Trieb nacli WabiLeit in einer so wichligen Saclic mir den Eifer, die Geduld und Ausdauer verlieben, welche sonst in der Verfolgung einer neuen Entdeckung so angenehm und süss werden. \Yenn ich nun über alle Puncle neue und vollständigere Lcobacbluiisen niillheile, bleibt mir der Wunsch, dass meine Eulersuchungea eine eben so sorgfaliige und genaue Rriiik von fleissigen Dcobachlern ei-fahxen mtgen, als die i-:ciner Vorgi'.ngcr durch die gegenwärtige Arbeit.

5- 7Den allgemeinen Gcslchlspunct unserer Aufgabe für alle Classen habe ich schon früher mit wcui:.en Worien entwickelt-') Dnrch Caspar rRSEoniCH "NVoLFF haben wir zuerst zwei hüchst merkwürdige embryonische Gebilde bei dem Hühnchen kennen gelernt, welche schon am vierten Tage der BeLrütung als haupisächlichsle Eingeweide des Rumpfes innerhalb der Carina zu beiden Seilen der Aorta lieien und nicht bloss den grössten Theil des Unterleibes, sondern selbst einen Theil der Lrust bis zum Herzen ausfüllen; welche sich jedoch spaier mehr nach dem Unierleibe zurückziehem Theoria generatiouis auctore Casparo Friderico Wolff. Edit. uov. IJal. 1774- §• 22g. Tab. II. fig. i5. iG. 17. Diese Gebilde beslehen aus queren, blinddarmförmigen Röhrchen, an deren äusserer hinterer Seite ein ausführendes Gefäss herabgeht. Heinrich Ratiike hat das schöne Verdienst, diese wicht-igen Organe z.uerst sehr genau unlerscicht zu haben. Fast Alles, was wir h'is jetzt über diese Organe wussten, verdanken wir diesem treuen tSeobachlcrj er hat sie die JTolff'scJlcii Körper genannt, und erwiesen, dass


  • ) Dr. JoHAKsKs MÜLLER , Über die WoLFF'schen Küiper bei dea Embryonen der Frösche und

Kiüteo. JIeckel's ArcliiT für Anatomie und Piiysiologie. 1829, H. 1 und 2. p. C5.


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sie niclit die Nieren sind, Avomit sie oft verwechselt "worden, und im Anfang so leicht verwechselt Averden können, dass vielmehr die iN'ierea erst später hinter und an der Seite dieser Körper entstehen, dass aber die WoLFF'schen Körper im weitern Verlauf des Embryolehens immer kleiner werden, und zur Zeit des Auskriechens bis auf geringe Spuren verschwunden sind. Rathke hielt diese Organe für den gemeinsamen Boden, aus welchem die Nieren und Geschlechts theile entsprossen, was seine Beobachtungen fiir die Nieren nicht erweisen und was von diesen nach meinen Beobachtungen bei Amphibien, Vögeln und Säugelhieren nicht der Fall ist Rathke beobachtete aber, dass beim Hühnchen von ihnen aus die Bildung des Eierstocks und des Hodens erfolgt, was im Allgemeinen noch zweifelhaft, nach unsern Beobachtungen bei den Batrachieru sicher nicht der Fall ist. Rathke glaubte damals auch gesehen zu haben, dass sie bei den Tbieren, welche einen Nebenboden besitzen, [zuletzt zum Nebenhoden werden, bei dem weiblichen Geschlecht dagegen verkümmern. Indessen lässt sich jetzt beweisen, dass sie bei den Männchen ebenso gut wie bei den Weibchen verschwinden, und dass der Nebenhoden eine ganz uaabhängige und selbstständige Entstehung hat. '•

§. 8. Bei den Säugelhieren kommen dieselben Organe im Foeluszustaude vor. Ihre ersle Kenntniss bei den ATeibchen vei'dauken wir Wrisbebg '■'•) und RosEMMÜLLER '•■■■); DzoisDi "•■■'■) hat sic gesehen und gut beschrieben, aber ■wie Ki'iiLE?uis'N früher, sie für die Nieren gehallen; Oken +) beschrieb sie genauer aus einer Zeit der Entwickelung, wo das Geschlecht noch nicht zu unterscheiden war, Oken zeigte, dass sie von den Nieren verschieden sind und. vermuthete, dass sie eine nähere Beziehung zur Ausbildung der Genitaliea haben, was endlich Rvtiire auch hier mit einer Reihe von Beobachtungea aus späterer Zeit der Entwickelung nachwiess. Uebrigens mochten unsere Organe, die auch bei den Säugelhieren aus den artigsten Röhrchen oder Blinddärmchen bestehen, wohl eben so oft zur Verwechselung mit den Ne^


  • j WnisBERG Cocnmentat. inedlc!, pliysiologici, anatomici et obäletricü argamenli. Gotting. iSoo. 8- p. a35.
    • ) liosEHMÜLiER clc ovarüj embryonum et foeliium huroatnirum. Liiis. 1802.
  • •*) DzoHDi Siippl. ad anat et pliysiol. comparat. Lips. 180&.

t) ^ a. 0. p, 74.


bennieren Veranlassung gegeben baben , welcbe bei dem menscblicben Foetus friiber zwar auch ausserordentlich gross, bei dea Säugelhierea niemals grösser als die Nieren sind.

§• 9Rathre bat diese WoLFp'schen Körper oder falschen Nieren Lei den Batrachiern und Fischen nicht gefunden, wohl aber bei den Embryonen der Eidechsen, Schlangen und Schildkrölen )• Wegen der Aehnlicbkeit der äus*sern und innern Bildung der "VVoLFF'scben Körper mit den wahren Nieren der Batrachier vmd Fische hielt Rathke beide für analog , nämlich die WoLFp'schen Körner fiir niedere Formen der Nieren , und vermulbete ein ähnliches Verbal tniss ([er falschen Nieren zu den wahren Nieren, wie zwischen Iliemen. und Lungen, die bei einem und demselben Thiere nach einander auftreten können. Rathke vermulbete auch eine gewisse Beziehung zwischen den falschen Nieren zu der AUantois, und ebenso auch zum Amnion, insofern die falschen Nieten bei den Thieren ohne Amnion und AUantois, uämlicti bei den Batrachiern und Fischen zu fehlen schienen. Diess ist die gedrängte Uebersicbt der allgemeinen Resultate aus Rathke's Beobachtungen. E.athke's weitei-e Mitlheilungen über die Entwickelung der einzelnen Geschlecbtsorcane findet man mit einer lichtvollen Uebersicbt aller Jjjeher gehöi'igen Beobachtungen von andern Naturforschern im II. Bande von Bürdach's Phjsiologie als Erjahrungswissenschaft zusammengestellt "■)•

§• lo.

Seither ist es mir gelungen, die WoLFF'schen Körper auch bei den Fröschen und Kröten zu entdecken, wo sie nach Ratuke fehlen sollten, hierüber habe ich bereits eine vorläufige Notiz in Meckels Archiv 1829 mitgetheilt. Ich fand sie darauf auch bei den Larven der Salamander. Aus dieser einzigen neu,en Thatsache folgte, dass die "WoLFF'schen Körper in keiner nothwendigen Beziehung zum Amnion und zur AUantois stehen, indem sie auch ohne diese Organe vorkommen, es folgte hieraus ferner, dass weder die Nieren noch die Keimbereitenden Genitalien nothwendig aus


•) a. a O. p. i35. i36.

    • ) Die Physiologie als Erfahrnngswissenscbaft. II. Band. Bearbeitet von C, Fr. Bvrdach, mit Beiträgen Ton C, E. von Baer , H. Batbee u. E. Meyeb. Leipz, 1828.


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Aea WoLFFsclien Körpern ihren Urspnig neliinen. Denn die "\"\'oLFF'sclien Körper der Frosciie, Kröten xiad Salamander liegen entfernt von den Niei-en und Genitalien und stehen in keinem orranischen Zitsammenhanae Vt'eder mit den Nieren noch, mit den Ilodcn oder Elerstöctcn..

§. II.

Im Frühluug und Sommer 182g untersnchle ich das Verhältnfss unserer Organe zu den Fcllkörperchea diesci^ Thiere^ ich untersuchte sie ferner Lei Embryonca der Eidechsen und Schlangen.

Seil z'.vei Jahren halle ich Ratuke's Ijeo!jaclkun';en an Vögeln ^Yiederhöhlt j hierzu diente im Fri'diliag und Sommer 1828 und 182Q fortwährend eine grosse 3Ienge Vogcleicr, die mir aus AVald und Feld Leigehracht wurden; ich stellte überdlcss wiederhohl le Brülversuche au, um die erste Entstehung festzustellen. Ich hatte endlich Herrn von Ba'cr's neuere 3llttheilungeu über die AVoLFp'schen Körper bei den Vugelcmbryoaen in seiner reichen und höchst schätzbaren Schrift über EQlwickeluo'.^ ^eschichle der Thiei-e I. Königsberg 1828 zu beachten- Ich entdeckte hierbei und überzeugte mich, nachdem ich mich, über die Geschichte dieser Y>anderba>ea Organe in jedem Pancte vollkommen belehrt halle, dass sie absondern, dass ihre Llinddärmchen entschieden liohle" Röhrchen sind.

Endlich untersuchte ich die Entwickelung der AToLFp'scLen Köi«peiv und der Genitalien bei einer grossen jMenge von Embryonen der Säugeihiere des v;erschiedensten Alters, besonders von Schafen, -wozu man im Herbst iu jeder Stadt die reichste Gcdegenhcit hat, icli- fand; endlich unsere" Organe bei den jüngsten Embr^ouca des jMeuschen ^Yicdcr und verfolgte auch hier in einer Reihe Beobachtungen die Eutwickelung der äussern u-ad innern Genitalien.

Alle diese Untersuchungen werden eine vollständige Dildungsgeschichte der Genitalien hei den Amphibien, Vögeln, Säugethieren und beim Menschen liclern, eine Reihe, in welcher nur die Fische fehlen, deren Embryonen zu untersuchen ich keine Gelegenheit halle.


Erster Ab schnitt.


Beobachtungen über die Entwickelung der Genitalien bei den Amphibien.


Tab. I. I. B a t r a c h i e r.

a. Eatwickelungsgescliichte der Wolffscheu

K ö r p e r.

sonderbarer Weise liegen die Wolff'scben Körper bei den Embryonen der Frösche, Kröten und Salamander am obersten Tiieile des Rumpfes, während sie bei den übrigen Thieren zu Anfang fast die ganze Rumpfhöhle einnehmen und später mehr in den tiefern und mittlem Theil des Untei'leibs sich zurückziehea. Diese Verschiedenheit der Lage ist auch wohl der Grund, warum diese Organe nicht schon von Rathke bei den Batrachiern gefunden worden sind. Zur Zeit, wo die Embryonen der Frösche und Kröten das Ei verlassen, sind die Wo 1 f f'schen Körper oder falschen Nieren sehr deutlich; ich habe selbst an in Weingeist aufbewahrten Embryonen ihre innere Bildung Avieder erkennen können. Lässt man diese Embryonen frisch nur die kürzeste Zeit in einem Gefässe mit Wasser oder in schwachem Weingeist liegeu, so fällt die schwarze Haut als eine schleimige Masse von selbst ab, und der Embryo ist mit seinen innern Theilen deutlichst erkennbar. Noch mehr eignen sich zu dieser Untersuchung, wie zur Beobachtung der ganzen Entwickelungsgeschichte, die Embryonen einer besondern Krötenart, Bufo obstetricans , deren Eier in der Erde ausgebrütet werden , und deren zarte Embryonen , wie die der Wassersalamander fast ganz farblos sind. Bekanntlich ist der Darmkanal bei allen diesen Thieren

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von Anfang ein einfaclier sackförmiger ScWaucli, idenliscli mit dem Doltersack, der aus dem Wacbstlium. des Keimes oder der Keimliaut entslandea ist. Leber diesen zuerst sackförmigen Darm Avölbt sich das Rückgralh herüber. Die Einschnüi'ung und Langenausbildung des Darms entsteht


später, indem die Einschnürung oben und unten beginnt und der mittlere

Theil aus

umwandelt.


Theil aus einem Sack allmählig in einen länglichen Schlauch sich


Ehe diese Veränderungen geschehen, und ehe eine Spur der Leber erscheint, sind die Wol ff 'sehen Körper bereits sehr ausgebildet. Zu beiden Seiten des Rückgraths und des Darmschlauchs, am obersten Tlieile desselben, unter den Kiemen, sieht man immer eine ovale Erhabenheit, von der man schon mit blossen Augen einen Faden an den Selten des Rückgraths nach abwärts verfolgen kann. Bei microscopischer Untersuchung erscheint jene Erhabenheit aus einer gelingen Zahl kurzer röhriger Blinddärmchea zusammengesetzt, Avelche nach allen Richtungen auseinanderfahi-en, nach abwärts aber sich zu einem kaum dickern Ausführuugsgang verbinden, ■welcher sehr deutlich in etwas wellenförmigem Verlaufe an dem. Rückgrath herab, auf jeder Seite bis zur xVftergegeud sich fortsetzt. Am deutlichsten sieht man diese Organe, wenn man den ganzen Darmsack von dem Rückgrathe vorsichtig ablöst, worauf dann die genannten Theile ohne alle Verlelzunsr mit dem Rück"rathe verbunden bleiben.

Fig. 1. Tab. L stellt einen Froschfoetus von vorn, Fig. 2. von der Seile dar.

a. Die falschen Nieren oder Wolff'schen Körper.

h. Der Ausführungsgaug derselben.

Fig. 3. ist eine Ansicht des Foelus von hinten, nachdem der Darmsack weggenommen worden. Die Bezeichnung ist dieselbe.

Fig. 4- Derselbe Foetus von vorn.

Es war mir zunächst daran gelegen, dass Herr Dr. Rathke selbst diese Beobachtung wiederhohle^ ich schickte daher einen jener Embryonen meinem hochverehrten Fi-eunde, der mir untern 18 Febr. 18^9 erwiederte, dass er die Wolff'schen Körper ganz deutlich und vollkommen, wie ich es beschrieben, an meinem Praeparat erkannt habe.


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§. 3.

Bei der ■weltern Eutwickelung Lelialten jene Körper und ihre Blinddärmchen ihre Gestalt und Lage, während der Darmsack sich nun zu den ersten Schlingen des Darms ausbildet. Zu dieser Zeit ist der Ausführungsgang noch sehr deutlich. Auch bei altern Larven der Frosche, Kröten und Salamander sah ich jene Körper, so^Yohl als ihre Ausführungsgänge, bei neuem Untersuchungen immer, was mir früher hei Fröschen und Kröten nicht gelungen war. Selbst hei Froschlarven mit schon entwickelten Extremitäten, Avelche anfiengen den Schwanz zu verlieren, und hei Salamanderlarven von i5Lin. Länge sah ich die Spuren jener Körper und ihre Ausführungsgänge. Uebrigens verhalten sich die Wolff 'sehen Körper sowohl in Gestalt als Lage hei Fröschen, Kröten und Salamandern vollkommen gleich. Man wird später sehe«, dass sie bei allen übrigen Amphibien, welche nicht, wie die Frösche, Kröten, Salamander und Fische, des Amnions und der Allantois ermangeln, ein ganz anderes Vci'hallen zeigen, und dass auch hierin, wie in allen innern Verhältnissen die Salamander ausserordentlich von den Eidechsen verschieden sind.

§■ 4 Für die Deutung dieser Theile ist es von grosser Wichtigkeit, dass die eigentlichen Nieren der Batrachier hei den Larven erst sehr spät sich aus-r bilden, wenn die Thiere schon lange Zeit ausser dem Ei gelebt haben. Die ersten Spuren der INieren sieht man hei den Laiven der Frösche und Kröten als einen feinen Saum von Substanz, der aus gestielten Ivörperchen oder Bläschen besteht, zu einer Zeit, wo der Darmkanal seine vollkommenen Windungen bereits erlangt hat, wo sie durch eine seitliche Kiemenöflnung AYasser athmen und die erste Spur der Lunge jederseils als ein ganz kleines längliches Luftbläschen erkennbar ist. Bei den Salamandern, die als Larven noch viel länger in einem embryonischen Zustand der Organe verharren, sind die Nieren noch so einfach, Avenn die Thiei'chen bereits eine Länge von i5 — 20 Lin. erlangt haben. Noch viel später entwickeln sich bekanntlich erst die Genitalien der Batrachier. Es folgt aus der ganz verschiedenen Entstehung der Wolff'schen Körper vtnd der Nieren an verschiedenen Orten, dass die letzteren nicht aus den eitleren hei vorgehen. Die Woiff 'sehen Körper liegen im obersten Theile der


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Baudiliölile unter dem Kiemen, sie sind von den Nieren immer durcli einen Zwisclienraum getrennt.

Zur Zeit, wenn sich die Nieren bereits entwickelt Laben, baben die Tbeile das Yerbältniss der Lage, Avie ich es in fig. 5. Tab. I. von einer Froscblarve dargestellt babe.

a. ct. Die Niei-eu , deren Harnleiter an der äussern Seite entstebt.

/'. h. Die W o I ff 'sehen Köi-per.

c. c. Die Ausführungsgänge derselben, welche, indem sie sich von oben nach abwärts etwas nach innen wenden , das obere Ende der Nieren erreichen und unter denselben hei-abgehen. Dies sind die Fäden, welche immer an dem Nierenende hängen bleiben, wenn man die Nieren bei Larven der Frösche und Salamander ablöst, die man selbst bei erwachsenen Thieren oft noch antriift als eine fadenförmisie Fortsetzung der obera


Spitze der Nieren.


§. 5.


Bei Froschlarven, die noch keine Extremitäten entwickelt haben, sah ich immer an der innern Seite der Wolff'schen Körper ein ganz kleines Häufchen graulich weisslicher körniger Substanz liegen , das man im Anfang für das erste Rudiment der Hoden oder Eierstöcke irrthümlich hallen kann, Avenn man bei Vögeln und Säugethieren den Ursprung der Hoden und Eierstöcke an der innern Seile der "W o 11 f'schen Körper bereits gesehen hat. Siehe jenes Körpereben in fig. 5. A- Tab. F und besonders in Fig. 5. B abgebildet. In letzterer Figur bezeichnet a- die Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers, b. das genannte Häufchen graulich weisslicher Substanz, c. den Ausführungsgang des AT ol f f'schen Körpers.

h. Eutwickelung der Hoden und Eierstöcke bis zum Verschwinden der Wolff'schen Körper.

§. G.

Ob an den Wolff'schen Körpern bei den Batrachiern, ebenso wie nach Rathkes Beobachtungen bei den Vögeln, die keimbereitcndeu Geschlechlslheile, nämlich Hoden und Eierstöcke, sich entwickeln, konnte ich in meiner frühem Abhandlung aus Beobachtungen nicht euLscheiden- Viel


li


leicht, vermutliete icli damals, sind die beliannten gelappten Fettkörper, die an den Hoden und Eierstöcken bei den Batrachiern im erwachsenen Zustande anhängen, jene räthselhaften J'etlköi'perchen, nur die letzten Rudimente der eben so räthselhaften "Wolff'schen Körper der Embryonen und Larven.

Dies ist indessen durchaus nicht der Fall ; meine neuei^n Beobachtungen widerlegen dies vollkommen, und ich habe mich überzeugt, dass die Fettkörper eine ganz andere Entstehung nehmen. In dieser Hinsicht war Rathke's frühere Bemerkung allerdings richtig, wenn er sagte, die Feltablagerung bildet sich erst zu Anfang des Sommers, wenn die Larve schon die beiden Hinterbeine eihalten hat '•^. 'Wie Rathke richtig erwähnt, zeigt sich zuerst eine zarte weisse Linie an dem Innern Rande der Niere , die meist vorne etwas angeschwollen ist , und bald in einzelne zerbröckelte Fettklümpchen sich sondert.

Die erste Spur der keimbereitenden Geschlechtstheile fand ich, übereinstimmend mit Rathke ■), wenn die Larve ihre 4 Extremitäten bei-eits einhalten hatte und der Schwanz sich zu verkürzen anfängt. Dies war in der Hälfte des Juni. Der keimbereitende Geschlechtstheil , Hode oder Eierstock entsteht an dem Fettkörperchen selbst, also ebenfalls am Innern Rande und an der A'orderen Fläche der Niere, als ein weisses körniges Klümpchen, dass sich bald von den ober und unter ihm liegenden Fetttheilchen unterscheidet. Siehe fig. 7. Tab. L a. Hoden , Fettkörperchen. Vergl. fig. 8. aus etwas späterer Zeit, und fig. 9., wo das Fettköi-perchen bereits in 5 Franzen sich zu theilen angefangen hatte, der Hoden aber aus starken Körnchen oder kurzen Cylinderchen zu bestehen schien und nach abwärts etwas ausgeschweift wai-. a. Niere, b. Hoden, c. Fettkörperchen.

§■ 7Die wichtigste Frage ist nun, weitaus entspringt Eierstock oder Hoden? Aus dem Wolff'schen Körper entspringt er nicht j es ist anders als bei den Vögeln und Säugethieren, wo der Hode an dem innernRande desWo Iff


« ') a. a. O. p. ig. ") Ebend. p. 24.


- i4 sclieu Körpers zuerst ersclieint. Beide liegen liier entfernt von einanJer. Nur der Ausführungsgang des "VVolff'schen Körpers führt von ohen nach, ahvvärts und etwas nach ein^värts gegen die Spitze der JXiere. Siehe fig. 6. Tah. I. von einer Froschlarve, die bereits 4 Extremi täten besass und den Schwanz noch nicht verloren hatte, aus der Mitte Juni.

a. Nieren.

b. Keimbereitende G?schlechtstheile, Hoden oder Eierstöcke.

c. Wolff'che Körper, unter den Kiemen liegend.

d. Ausführvingsgünge derselben, Avohl zu uateischeiden von den beiden Bogen der Aorta, die sich über den Nieren zur einfachen Aorta abdominalis A'ereinigen.

§ 8.

Es wäre möglich , dass Hoden tiud Eierstock bei ihrer Enlslehung eine innige Beziehung zum Ausführungsgaug des AYolffschen Körpei-s hätten, und dass aus letzterem derSamengaug würde, wie es bei den Vögeln sicher der Fall ist. Bei den erwachsenen Fröschen, Kröten und Salamandern geht der Samenleiter hoch über den Hoden hinaus, als ein Faden, bis in den obersten Theil der Unterleibshöhle , wo er sich nach aussen wendend verliert.

Dieser Faden stimmt ganz mit dem frühern Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers überein, nur dass er bei den erwachsenen Batrachiern an dem äussern Rande der Nieren hergeht. Dieser Faden ist bei den Fröschen und Urodelen, wie Rathke ■') gezeigt hat, nur in seinem untern Theile hohl, bis in die Gegend, welche dem obern Ende des Hodens entspricht. Der obere fadenförmige Theil wird hier sogleich sehr dünn und Rathke konnte keine Höhle in ilun darstellen. Bei den Molchen findet sich nach Rathke auch eine Verschiedenheit der Farbe zwischen dem obern und untern Theile des Samenleiters, indem ersterer bei allen Molchenarteu gleich einem Silberdrathe weiss, letzterer aber beim Salamander schAvai'zbraun ist.


  • ) a. a. 0- p. '\o , und in dem Buciic ühec die Uiodelen p. 72.


- i5 ■ §• 9 Was 'nun die Verbindungsgänge zwisclien dem Samenleiter und dem Hoden betrifft, so ist es äusserst schwierig, den unmittelbaren Uebergang quecrer Gefässe in den Samenleiter darzustellen. Schon Swammerdam sah solche Gänge oder 'vasa ejferenlia aus dem Hoden gegen die innere Seile treten und bald wieder zum äussern Rande der Niere sich begeben, um in den ductus deferens überzugehen; allein Swammerdam glaubte ii'rigerweise, dass auch der Urin in den ductus deferens ausgeleert werde, und kannte den Harnleiter, welcher ebenfalls am äusseren Rande der 'Niere verläuft, nicht •).

Bei den Yogelembryonen gehen die vasa efferentia des Hodens durch den \Yol ff 'sehen Körper in den Ausführungsgang des letzteren über, der, an der äussern Seite des Wolff 'sehen Körpers verlaufend, auch weiter aufwärts geht, als der Hoden reicht, und selbst bei jungen Vögeln noch als ein blindes vom sogenannten Nebenhoden ab gegen die Nebenniere aiifwärtslaufendes blindes Gefäss zu A-erfolgen ist. Diese Verbindung des Hodens und des Ausführungsganges des Wolff sehen Korpers durch vasa efFerentia bleibt sodann, aus dieser Verbindung entwickelt sich ein Anschein von Nebenhoden bei den Vögeln, Avährend die Substanz des Wolff 'sehen Körpers selbst nach und nach bei jungen Vögeln verkümmert und verschAvindet.

So viel über den problematischen Zusammenhang des Hodens und des Ausführungsganges vom Wollf'schen Körper bei den Balrachiern. Man bedenke wohl, dass ich diesen Zusammenhang nicht gesehen und nicht bewiesen habe, dass er nur aus gewissen Gründen einigermassen


•) Ex interno testiculonim latere nonniiUa piillulant vascula seminalia majuscula, alia simplicia, alia in ratnos p ailita , quae semen per totidem quasi rivulos e lesliculis eveiumt, j rout facile conspici polest, modo testiculcs quis tantillum comprimat , tum enitn pallido illa atque albescente speimate re] lentur. Seminalia haecce vasciila, sive parastalae naturaliler divisaCj paullatini adversus renes, quibus testiculi incnmbunt , progrediuntur et tunicam renura investientem perfoiantcs , tandem in deferens vas sese inserunt. Vasa aiitem islliaec deferenlia externam renutn orara occupant, ibiqiie cum vasculis seminalibus modo luemoralis conjunguntur. Hie vero probe animadvertendum est, quod renes suum quoque lotium per istud idem deferens vas, per quod testiculi in coitu semen suum excernant, etiam semen atque urina evacuanlnr. Bibl. nat. T. II. p. 795.


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wabrsclieinliclx ist; Avie es Jena üherliaupt bei der Zartheit des Hodens zu dieser Zeit unmöglich ist, etwas sicheres zu ermitteln. Es könnte wohl seyn, dass der obere fadenförmige Theil des ductus defereus allerdings der Rest vom Ausführungsgang des Wolf f 'sehen Körpers ist, der ductus deferens aber, so weit er hohl ist, ein neues von jenem Faden unabhängiges Gebilde ist. Ebenso weiss ich auch nicht, welches Verhältniss der Ausführungsgang des W o II ff 'sehen Körpers zum Eierleiter hat, ob der Eierleiter neben diesem Ausführungsgaag besonders entsteht, wie bei den Vögeln dies entschieden der Fall ist. Ich habe mir vergebens alle Mühe gegeben, diese so schwierige Frage zu lösen; ich muss sogar bezweifein, dass eia Anderer glücklicher seyn wird. Denn was die Sache noch schwieriger macht, ist die Unterscheidung des Geschlechtes bei ganz jungen Fröschen. Bei den Vögeln ist dies bald sehr leicht und sicher, Avell bei den weiblichen in der Regel der eine Eierstock und Elerlelter sehr bald Acrkümmert und eingeht, so dass man allein hieran schon künftige Männchen und Weibchen vollkommen sicher erkennen und unterscheiden kann, eine Erleichterung, die bei den Säugethieren Avieder ganz wegfällt "')•

§. 10.

Dass die Wolff'schen Körper nicht in der nothwendigen Beziehung zum Amnion und zur Allantois stehen, welche Rathke früher vermulhele, ist nun erwiesen , nachdem diese Organe von Fröschen, Kröten und Salamandern, überhaupt von den Batrachiern bekannt geworden, welche in Hinsicht der Elhüllen sich von allen übrigen Amphibien auf eine so merkwürdige Weise unterscheiden und mit den Fischen übereinkommen, indem sie weder ein Amnion, noch eine Allantois besitzen, während die Eidechsen, Schildkröten, Schlangen mit den Vögeln und Säugethieren durch das Vorhandensein des Amnion und der Allantois übereinkommen.

§. II.

Dass die Wolff'schen Körper auch den Fischen zukommen, ist wegen der Eatrachler sehr wahrscheinlich. Vielleicht Hegen sie auch hier


  • ) Ueber die Zeitverhältnisse und die allmäliügen Veränderungen der Samenleiter und Eierleiter, so

wie der Eierslücko und Hoden lindet ni.in viele interessante Beobaclitungiu bei Ratlike in seiner Abhandlung über die Entwickelung der Gc:chlechlstheile bei den Amlhibien und in der Scbriti über die Urodeleu,


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ebenso hocli in der Rumpfliölile. Ich bedaure sehr, dass ich noch keine Fischemhryonen in dieser Hinsicht untersuchen konnte. Herr Dr. IIa t h ke hat mir hierzu Hoffnung geraaciit, indem er mir Embryonen von Blennius viviparus zu diesem Zwecke versprach. Vielleicht wird er uns selbst hierüber Aufschluss geben, was ebenso willkommen ist. Ich habe bis jetzt nur einen Rochenfoelus und mehiere ganz entwickelte Embryonen von Haien , welche letztere ich selbst besitze, untersuchen können; doch ohne Erfolg. Bei jenem ganz jungen Rochenembryo, der vom Kopf bis zum Schwanzende 3 Zoll mass und noch äussere fadenförmige Foelus- Kiemen hatte, lagen in der ']if'3. Lin. langen Unterleibshöble , zu den Seiten des Rückgraths herab 2 weisse, oben dünnere, unten breitere, platte Körper, die aus lauter kleinen Blinddärmchen bestanden. Auf dem untern Theil der vordem Fläche dieser Körper lag ein anderer kleinerer und schmalerer Körper von ähnlicher Form, der ebenfalls aus lauter, noch sehr viel dünnern und kleinern Blinddärmeben bestand. Welcher ist die Niere, ist vielleicht einer AV olffscher Körper? In meinem Werk i'iber den Innern Bau der Drüsen habe ich von diesen Organen eine Abbildung gegeben. Tab. XII. fig- j.


11. Eidechsen.

Dass die Eidechsen, Schlangen und Schildkröten jene räthselhafien Organe im Foetnszüstande besitzen, hat Rathke aus seinen Aveilern Untersuchungen vorläufig angezeigt. Beiträge zur Geschichte der Thierwelt. 4. H. p. i55. i5ö. Rathke glaubte auch hier bemerkt zu haben, dass diese Organe bei den Weibchen ganz verschwinden, bei den Männchen aber zum Nebenhoden werden. Dies ist indessen so wenig hier, als bei den Vögeln und Säugethieren möglich 5 denn der knäuelförmige Anfang des vas deferens, was man bei diesen Thieren Nebenhoden nennt, ist ein zusammenhängender Canal und hat keine Aehnlichkeit mit dem Bau des Wol ff 'sehen Körpers. Allerdings ist bei jungen Eidechsen und Schlangen noch ein Rest

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des Wolff'sclien Körpers vorlianden ; alleia dieser verscliwiadet allmählig ganz und die ältereu TUiere zeigea keiue Spur davon.

§• i3.

Bei den Eideclisen verlialten sich die Wolff'schen Körper nacli meinen Untersuchungen im Anfang ganz so ^vie bei den Vögeln. Sie biklea nämlich nicht, wie ])ei den Batrachiern, ein rundes Häufchen von Blinddürmchen, sondern die Blinddärmchen entstehen parallel entlang der ganzen Wirbelsäule auf beiden Seiten, vom Herzen an bis zum Schwanz; sie erscheinein zuerst als Cvlinderchen , die am Ende dicker sind, oder als gestielte Bläschen und scheinen an der hintern Fläche verbunden; alle liegen im Anfang queer und ganz parallel. Hieher gehört ixnsere erste Beobachtung von einem Embryo der Laccrta viridis aus frühester Zeit der Entwickelun" Siehe iic lo. Tab. I.

Dies sind olPenbar dieselben Oi'riane, welche Emmert und Hochstetter in ihrem Aufsatz über die Entwickelung der Eidechsen (Reil's Archiv für Pliysiologle T. lo. p. g.j) aus einer schon spätem Zeit als sch\vamnii"e röthliche Or.'iane zu beiden Seiten der IJauchhöhle andeuten und die sie fälschlich für die Rudimente der Nieren hielten.

Bei fast ausgebildeten Eidechseuembrvonen reichten die Wolff'schen Körper noch durch 2j~-> der Bauchhöhle nach aufwärts', zu den Seiten der Wirbelsäule gelegen. Sic waren oben breiter, unten allmählig schmäler, übrigens jdalt. Man hätte sie immer noch fiir Nieren halten können, aber diese waren auch vorhanden und laiien iianz im untersten Thciie der Bauchhöhle, von den untern Enden der Wolff'schen Körper an der innern Seite bedeckt. Die Eierstöcke odty Hoden lagen an der innera Seiie des oberu breitern Theiles der Wolff'schen Körper als birsenkornäbnliche weisse Körperchen, die überdiess einen braungelben Hot um sich hatten.

Von drei gleichalten Embryonen waren 2 männlich, einer weiblich. Bei letztei-em lagen die sehi' starken Eiei-leiter ganz frei , und ohne Verbindung mit den Wolff'schen Körpern an der äussern Seite derselben; oben weichen sie mehr von einander nach aussen und reichen bedeutend höher


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als die WolfFscben Körper, ihre Enden sind stumpf und breit. Sie sind selbstständig Iiervorgewaclisene Röhren, die gar kein Vei'hältniss zu den AVolff'schen Körpern habefl. Siehe fig. ii. Tab. I.

a. Nieren.

b. Wolff'sche Körper.

c. Eierstöcke.

d. Eierleiter.

Bei den männlichen Embryonen zeigte sich gar nichts, was man mit den Eierleitern vergleichen konnte. Nur an der äussern Seite des Wölfischen Körpers verlief wie bei dem weiblichen Embryo ein Ausfiibrungsgang herab, der diesem Körper eigen ist. Es scheint daher dasselbe Verhältniss wie bei den Vögeln obzuwalten, avo der ductus deferens aus dem Ausfimrungfging des Wolff'schen Körpers gebildet wird, bei den Weibchen aber neben diesem Ausführungsgang ein eigenthümlicher selbstständiger Eiei-«leiter vorhanden ist.


III. Schlangen.

§. i5.

Bei schon sehr entwickelten Embryonen einer ßori , die ich der Giite des Herrn Obermedicinalrath von Froriep verdanke, fand ich die Wolffschen Körper gerade so wie bei der zweiten Beobachtung an Eidechsen.

Ich kann nicht umhin , hier einer brieflichen IMittheilun" des Herrn Dr. Rathke vom 18 Febr. 182g zu erwähnen, weil sie eine Ergänzung der früher öfientllch mifgetheilten Bemerkungen enthält. Es heisst darin: «Bei Schweinen, Schafen und Hühnern habe ich, so deutlich es niu^ seyn kann, wahrgenommen, dass ein Tbeil der falschen Nieren, während der andere Theil verschwindet, zu dem Nebenhoden sich umwandelt. Bei den Schlangen dagegen war es mir ganz unmöglich auszumitteln , ob auch bei ihnen derselbe Fall statt findet, obschon ich eine giosse Zahl junger Schlangen untersuchte. Dean bei allen war die letzte Spur der falschen Nieren so zart, dass es mir nicht gelingen wollte aufzufinden, ob die eigenthümlichen


— 20 -^

Gefässe dieses UeLerreste^ mit'dea Samengefässen der Hodeu in Verbindung stehen oder nicht."

Möge mein verehrter Freund verzeihen, wenn ich auch hier abermals an einer solchen Verbindung, an die ich früher seihst glaubte, zweifele. Jch untersuchte mit meinem hochgeschätzten Collegen M. AVeber, der uns mit einer sehr genauen Arbeit über die Geschlechtstheile der Schlangen bereichern wird, die Hoden bei vielen Schlangen, auch besonders bei ganz frischen Snbjecten. Hier fand ich nun niemals eine Spur der eigenthi'imlichen Bünddärmchen des Wol ff sehen Körpers, dagegen einen kleinen Neben^ hoden, welcher nur aus deutlichen Windungen des Samenganges bestand. Wahx'scheinlich verschwinden die letzten Reste des AYol ff 'sehen Körpers bei jung.ea Schlangen, $o wie bei den jungen Vögeln.


Zweiter Abscliuitt


Beobacli tungen über die Entwickelung der Genitalien bei den Embryonen der Yögel.


Tab. II.

I. Enlwictelung dex' Wolff'sclien Körper.

§. iC.

x5el den Vögeln liegen die Wolff'schen Körper, wie Ratlike zuerst genauer angab, am vierten Tag der Bebrülung, innerbalb der Cariua als eine scbmale dünne Scbicbte zarler, aus Querplatten bestellender Substanz durch den grössten Tbeil des Rumpfes. leb sab sie vom Herzen bis zum untern Ende oder besser bis zu der noch als Bläschen erscheinenden Allantois oder Chorionsblase. Ptatbke sagt mit WoJff, dass sich diese Substanz bald in 2 Seiteulheile spalte; ich habe sie aber nie ungespalten gesehen; denn bei ihrem ersten Erscheinen geht der liauptgefassstamm zwischen ihnen herab. Auch voa Baer bestreitet jene ursprüngliche Einheit entschieden '■ ). Ich muss hier auch bemerkenj dass mir diese Substanz, gleich von Anfang an, als ein Aggiegat von queerliegenden Cylinderchen oder gestielten Bläseben zu bestehen schien, so zwar, dass die Stiele nur kaum dünner als die runden Enden waren; diese Elementar-' theilchen lagen überdiess in einem noch martern BiidungsstolF. Sieli-j flg. \. Tab. II. das untex'e Rumpfslück eines Hübnerembi-jo vom 4- Tag.


•) C. von Baer über Entwictelungsgeschiclilc der Thiere. I. B. p. 63.


22

§•17 Sehr bald ■werden diese Körperclien dicliter zusammengereibt , und der Wolff'scbe Körper jeder Seite wird oben spitzer, in der Mitte und unten breiter, fast spindelförmig, wie ich in fig. 2. Tab. II. von einem Hi'ibnerembryo vergrössert abgebildet babe. Nacb Ratbke baben dieAVolffscben Körper bereits am 5ten Tag jenes spindelförmige Ansehen; doch i*t UQsei-e Abbildung von einem älteren Embryo.

§. 18.

Unlersuclit man um diese Zeit die Wolff sehen Körper sehr genau microscopisch , so sieht man an der hintern Fläche des Wol ff 'sehen Körpers einen fodenförmigen Ausfiibrungsgang angeheftet, der von der Spitze des Körpers beginnt, die gestielten Bläschen oder Kölbchen sehr regelmässig nacb einander aufnimmt, und nach abwärts geht. Diesen Ausfiibrungsgang sah Ratbke schon am 5. Tag zum Ende des Darmkanals geben. Hr. von Baer"'-) hat die Ansicht vorgetragen, als wenn , 'sich die Wolff'scben Körper aus einem Blutgefäss zu bilden schienen, insofern die Elemente derselben im Anfange nicbt nur blutig erscbeinen, sondern auch ein in der jMitte des W olf f'schen Körpers verlaufendes Gefäss bluthaltig sey. Wenn ich auch aus eigener Erfahrung .weiss, wie sebr genau H. vonBaer's Beobachtungen über die Entvvickelung des Hühnchens sind, so glaube ich doch jene Angabe bestimmt bestreiten zu müssen ; ich sah iui Anfang nur die Zwischenräume der geslielteu Körperchen oder Cvliuderchen blutig; den an der äussern Jiiiitern Seite jedes Wolff'scben Körpers verlaufenden Ausfiibrungsgang habe ich auch zu keiner Zeit blutig gesehen; dieser Gang ist in der Tbat ausführend, wie ich später beweisen werde, er führt in der Folge Secret. Herr von Baer ist aber auch nicbt über das Daseyn dieses Ganges, sondern über sein erstes Auftreten zweifelhaft, wie ich aus brieflicher Miltheilung von meinem hochverehrten Freunde neuerdings erfahre. Und da gestehe ich gern, dass uns das erste Auftreten dieses (iauges, wie überhaupt die Art der ersten Entstehung der AYolffschea Körper noch ganz dunkel ist.


  • » a O. p 03. vergl. 71. 81. <>8.


— 23 —

§• '9 Um das Verliältniss der Lläschenformigen gestielteu Körper jlieu zu ihrem gemeinsamen Gang und zu dem zarten Keimstoir, in welcliem sie liegen, darzustellen, habe ich die fig. 3. Tab. II. wiedergegebene microscopische Abbildung eines Wolff'schen Körpers aus einem fast i Zoll langen Embrjo entworfen. .Später werden die gestielten Bläschen zahlreicher, länger, besouders im untern Theil des Körpers, und indem ihr kolbiges Ende dünner wird, werden sie Blinddärmchen oder Rohrchen von überall gleicher Dicke und blindem stumpfem Ende, Sie liegen dann parallel aneinander und queer, noch fast gestreckt- und indem der Ausführungsgang, zwar an der hintern Fläche, aber fast am äussern Rande desAVolffschen Körpers herabgeht, liegen die Blinddärmcheu auf der vordem Fläche meist queer von aussen nach innen , und ihre blinden Enden er*strecken sich grösstentheils bis zur inncrn Seite.

§. 20:

Liegen die Blinddärmchen anfangs queer und gestreckt, fast parallel, so werden sie durch ihre Zunahme bald etwas geschlängelt, sie winden sich durcheinander, ohne sich mit einander zu verbinden oder Aeste abzugeben. Keines dieser Rohrchen ist weder jetzt, noch jemals später verzweigt, alle sind überall gleich dick, bis an ihr blindes Ende. Zu diesex' Zeit hat daher der ^Y o 1 ffsche Körper eine grosse Aehnlichkeit mit den Nieren der Batrachier, welche ebenfalls aus queer liegenden gesch an gelten, am Ende blinden Röhrchen von überall gleicher Dicke bestehen. In flg. 4Tab. II. sieht man eine microscopische Ansicht von dem wunderschönen Bau des Organes.

Nach micrometrischen Messungen des Durchmessers dieser Blinddärmchen an zwei Embryonen betrug derselbe in dem einen Fall 0,00577 , in dem andern Fall o,oo3oo eines Pariser Zolles.

§. 21.

Dass man diese Organe mit den Nieren verwechselte zu einer Zeitj ehe die Nieren entstanden sind, war sehr leicht. Dies war bereits "Wolff beim Hühnchen, so wie mehreren audex'n Beobachtern bei den


2/l


Säncetliieren ecsclielien. Docla Lat Rathko ihre DilTerenz zuerst ermiltelt und nacli dem 6. Tag der Bebrülung können überhaupt heida Organe nleht AYohl mehr mil einander verwechselt werden.


§• 22.

Rathke behauptet, dass die Nieren, welche am G. Tag erscheinen^ aus dem Wol ff sehen Körper hervorgehen. Die Nieren erscheinen nach meinen Beobachtungen zuerst als eine scheinbar wurmförmige, in vielea sehr kleinen Läppchen ' durcheinander liegende gallertige graue Substanz, welche hinler den Wolff 'sehen Körpern und an ihrer äussern Seite hervorkeimt und sich ausbreitet. Gleich beim ersten Erscheinen ist der Keimstoir der Niei-en durchaus von der Bildung des AYolffschen Korpers verschieden; denn er ist graulich gallertig, und ein Häufchen von Substanz, welches auf der Oberfläche lauter Avui-mförmige Windungen von kleinen Läppchen, nicht von Blinddärmchen zeigt. Uie Wolff sehen Körper bestehen dagegen aus überaus deutlichen, locker verbundenen, weisslichea oder weissgelben Bliuddärmchen. Dass aber die Nieren aus den Wolffschen Körpern ausgesondert worden sind, oder dass der Keimstoir der Nieren von jenen ausgeschieden und hervorgewachsen ist, hat Rathke nicht erwiesen. Die Gründe, die er als hinlänglich zu dieser Annahme ansieht, dass nämlich, wenn er am 6. oder 7. Tag die Wolff 'sehen Körper von der Carina löste, die Niei-en jenen , nicht dieser verbunden bleiben und sich mit dem Messer nur schwer von ihrem W o 1 ff 'sehen Körper lostrennen Hessen, sind keineswegs zureichend. Beide hängen zwar unter einander zusammen, aber beide Oryaue erhallen bis zu der Stelle ihrer äussern lockern Anhcflung ganz ihre eigenthümliche Bildung und es findet sicherlich durchaus kein Uebergang der Elinddärmchea des Wolff'schen Körpers in die Substanz der Niere slalt, die sich allmählig in Harnkanäle von ganz verschiedener Bildung organlsirt. So ähnlich die Nieren der Balrachier und die Wolff'schen Körper der Vögel sind, so unähnlich sind die Harncanäle der Vögel denen der Balrachier, wie ich in meinem anatomischen Werk über den iniiern Bau der Drüsen gezeigt habe.

\A'as endlich entscheidet, ist, dass bei den Fröschen, Krölen und Salamandern, die Niereu und Wolff" sehen Körper jederzeit weit auseinander


— 25 —

Jiegea und gar keine Berührung haben , dass die W o 1 ff 'sehen Körper bei den Säugelhieren in durchaus keiner Verbindung mit den Nieren stehen, und dass in frühester Zeit der Entwickelung bei menshlichen Embryonen zwischen den Nieren und W o i ff 'sehen Körpern die ungeheuren Nebennieren liegen.

§. 23.

Es muss hier auch bemerkt werden, dass die W o 1 f|f 'sehen Körper zu den Nebennieren, welche über den Nieren liegen und entstehen, und bald mit den Wol ff 'sehen Körpern zugleich vorhanden sind, in gar keinem Verbal tniss stehen §. 24.

Die keimbereitenden Geschlechtstheile , Hoden oder Eierstöcke erscheinen zur Zeit der vollkommensten Entwickelung der Wolff'schen Körper an der innern Seite und vordem Fläche derselben, als schmale, weisse Substanzsl reifen, ohne deutliche Organisation und kürzer als die Wolff'schen Körper. Sie sind noch blosser Keimstoi? {blas terna) , der hier abgesetzt worden und Jsich erst viel später im Innern nach den ihm einwohnenden Kräften organisirt. Allerdings hängt dieser Keimstoll innig an denAVolff sehen Körpern an und man könnte mit Rathke annehmen, dass der Keimstoir der Hoden und Eierstöcke von den Wolff'schen Körper selbst abgelagert würde, besonders, wenn mau auch bei den Säugethieren die ursprüngliche Entstehung der Hoden und Eierstöcke an der innern Seite der Wolff'schen Körper gesehen bat. Allein bei den Batrachiern hat dies Verhältniss durchaus nicht statt. Die Hoden und Eierstöcke entstehen bei diesen, wie wir gesehen haben, weit tiefer, und sind von allem Anfang an ganz von ihnen getrennt , entstehen vielmehr an der innern Seite der Nieren. Rathke glaubte auch bei den Vögeln gesehen zu haben, dass die Gefässe des Wolff'schen Körpers oder seine Blinddärmchen in die keimbereitenden Organe, welche an ihrer innern Seite liegen, eindringen 5 allein dies habe ich nicht bestätigt gefunden , weder bei den Vögeln, noch bei den Säugethieren j jene üLeraus artigen und devitlichen weissen Blinddärmchea haben hier, wie sonst, ihre blinden Enden, und das Verhältniss der Hoden und Eierstöcke zu den Wolff'schen Körpern ist anfangs blosse Juxta 4


— 26 —

posilion, nur ein zarter sie verbindender BildungsslofT ist ihnen gemeinsam^ Mag es iinmerliia seyn, dass die Subslanz jener Organe bei den Vögeln und Säugetbieren von den Wolff'scben Körpern aus abgesetzt Avird ; es lässt sich wenigstens dies nicht streng beweisen, dagegen ist es uns gewiss geworden, dass die Bestandtheile des \Yolff'scben Körpers, nämlich jene Blinddärmeben keineswegs an der Stelle, wo die Keime der Hoden nnd Eierslücke liegen, irgend eine Veränderung erleiden.

II. Innerer Bau der Wo Iff 'sehen Körper.

§. 25.

": Die äussere Bildung der Blinddürmchen oder weissen geschlängelten Cylindercben , aus welchen die Wolff'scben Körper besteben, habe ich schon hinlänglich erläutert. Ich werde nun aber ejne sehr wichtige neuere Beobachtung hervorheben, welche die innere Beschaffenheit dieser Cylindercben ins Licht setzt, ich werde beweisen, dass sie hoJil sind , dass ihre. Höhle mit der Holde ihres Ausfuhniugs ganges zusammenhängt, und dass sie in der That absondern.

Ich habe nämlich bei sehr vielen Embryonen männlichen und weihlichen Geschlechtes in der spätem Zeit ein weissgelbes breiiges Secret in dcQ Blinddärmchen und in dem Ausführungsgang des Wolff'scben Körpers beobachtet. Diese Materie, welche durch ihre hochgelbe oder Aveissgelbiiche Farbe sehr gegen die matten Wände der Blinddärmchen abstach, honnte ich unter dem Microscop durch Druck sehr leicht weiter bewegen, ich sah sie sehr oft auf diese Art aus den Blinddärmchen in den Ausfühluugsgang übergehen, und oft sah ich den ganzen Ausführuugsgang von oben bis. unten an die Cloake voll von dieser sonderbaren Materie. Mit Hülfe einer ]Nadel konnte ich diese Materie unter dem Microscop, hierhin und dorthin in der Höhlung der Blinddärmchen und des Ausführungsganges weiter bewegen. Auf diese Art habe ich mich überzeugt , dass alle diese Blinddärmchen hohl sind, dass sie in den Ausfübrungsgaug ausmünden. Ich habe diese von mir zuerst beobachtete Thalsachc schon in der zoologischen Section der Versammlung der ]Nalurfor;cber zu Berlin erwähnt; aber seitdem habe ich im Frühling und Sommer 1829 oft täglich Gelegenheit gehabt, diese Beobachtung zu wiederhohlen. Ich habe mich auch be


— 27 — ßtimoltest überzeugt, dass dies nocli der Fall ist, wenn die Gesclilecliter schon deutlich sich erkennen lassen, dass es bei beiden Geschlechtern ohne Unterschied vorkömmt, und ich wiirde mich hierüber nicht so sicher ausdrücken können, wenn man nicht in dem frühzeitigen Verschwinden des rechten Eierstocks ein so zuverlässiges Mittel zur siebern Erkenntniss des Geschlechtes bei jedem Embryo besässe. Jene Materie zeigt sich gerade in der späterrj Zeit am deutlichsten , wenn man über den Unterschied des Geschlechtes nicht mehr im Zweifel seyn kann. Jene Materie habe ich bei frischen Säugelhierembryonen nicht in den Blinddärmchen derWolffschen Körper wiedergefunden; aber bei diesen lassen sich die lumina der hohlen Röhrchen überaus deutlich scbou bei einem blossen Durchschnitt des ganzen Organes mit dem Microscope oder der Loupe erkennen.

§. 26.

Eine zweite sehr merkwürdige x'^nalogie der falschen Nieren, oder der Wolff'schen Körper mit den wahren INieren besteht in. dem Verhalten der feinsten Arterien. Die feinsten Arterien bilden in den Nieren der Frösche, Schildkröten, Vögel, Säugethiei-e und des Menschen kleine Gefassknäuelj glomeruli , welche aus mehreren Schlingen bestehen und im injicirten Zustande runde Körpereben darstellen, Corpora Malpighiana,

Herr von Baer bemerkt bereits, dass sich in den Wolff'schen Körpern viele Blutströpfchen befinden; diese Blutströpfchen oder rothen Stellen sind nicht in den Blinddärmchen der Wolff'schen Körper selbst enthalten, sondern, wie ich mich immer überzeugte, nur zwischen den vollkommen weissen blinden Röhrchen, in ihren Zwischenräumen. Die Wolff'schen Körper sehen durch diesen Blutreichthum dem nackten Auge oft ganz blutig aus; untersucht man aber diese Organe mit dem Microscop oder mit der Loupe , so sieht man sogleich , dass nur die Zwischenräume hlutig sind. Ralhke hat in neuerer Zeit zuerst das wahre Verhalten dieser blutigen Stellen aufgedeckt , und sich in seiner an mich unterm 18. Febr. .1829. erlassenen brieflichen Mittheilung iolgendermaassen ausgedrückt.

«Die eigeuthümlichen Blutgefassknäuel, über deren Dasejn in den falschen Nieren der Vögel, Schlangen, Eidechsen und Säugethiere ich gegen Sie in Berlin eine Mulhmassung äusserte , habe ich jetzt bei Schweinen


— 28 —

und ScTiafen, nact gemacttea Einspritzungen in die Aorta, mit Besimmtheit als solche, nämlich, als eine sehr schön geformte Anhäufung von Arterien-Enden erkannt. "

§. 27.

Hier kann ich hinzufügen, dass die runden blutigen Stellen zwischen den Blinddärmchen der Wo Iff 'sehen Körper vollkommen das Ansehen haben, wie die Blutgefassknäuel oder Coiyora Malpighiana in den jN'ierea bei denjenigen Thieren , wo ich sie gesehen habe, nämlich bei Fröschen, Schildkröten, Vögeln, Säugethieren und beim Menschen, Gefässknäuel, welche von den Arterien aus injicirt, auch zwischen den Ilarncanälchen liegen, ohne irgend eine Verbindung mit ihnen einzugehen.

§. 28,

Wohin das Secret der Wolf f 'sehen Körper, Avelches ich im vollkommensten Zustand ihrer Ausbildung sowohl in den Blinddäimchen als in den Ausfiihrungsgängen gesehen habe, gelangt, kann ich nicht sicher angeben. Es gelangt wohl zuei'st in die Cloake; da aber vOn dieser die Allantois oder Cborionsblase ausgeht, so könnte es sich vielleicht der Fliissigkeit dieser Blase beimischen.

§• 29.

In diese Blase gelangt in späterer Zeit auch das Secret der IVieren. Jacobson hat in der Allantois selbst der Jüngern Vogelembryonen aus 'den ersten Tagen wirklich Harnsäure gefunden. Demzufolge könnte der harnsaure Inhalt der Allantois in früherer Zelt von den Wolff'schen Körpern, nicht aber von den erst spät sich ausbildenden iNieren herrühren. Die in den lUinddärmchen enthaltene Materie hat allerdings dem äussern Ansehen nach Aehnlichkeit mit der weissen Materie, diesich später Inder Allantois anhäuft, und mit dem welssgelben Vogelharn, den man gegen Ende des Eiubrvolebcns erst in den oberflächlichen Harnkanälchen der wahren INieren bemerkt. Doch bedürfte es hier einer chemischen Untersuchung, um über die Identität und Dlüerenz zu urthellen, und es cenütre uns bewiesen zu haben, dass die Wolff'schen Körper sehr frühzeitige Absonderungsorgane sind.


— 29 —

III. Weitere Eutwickelung der Hoden und Eierstöcke.

§. 3o.

Die ersten Keime der Hoden und Eierstöcke, welclie an der inneru Seite der Wo Iff 'sehen Körper und auf ihrer vordem Fläche erscheinen, sind sich vollkommen gleich, in allen Embryonen sind sie länglich und platt, und ausserordentlich klein gegen die grosse Masse der Wolff'schen Körper. Bald jedoch zeigt sich eine wichtige Veränderung, je nachdem diese weissen Körperchen sich entweder zu Hoden oder zu Eierstöcken entwikkeln. Diese Verschiedenheit bat Rathke vortrefüicli dargestellt. Rathke sagt:

«Am 7. Tage zeigen die keimbereitenden Gebilde noch bei allen Individuen dieselbe Form und denselben gallertartigen Bau. Am g- Tage aber sind sie bei einigen Individuen bobnenförmig oder cylinderförmig (birsenkornähnJich M.) geworden , bei andern dagegen haben sie die platte Gestalt beibehalten. Die ersteren sind die Hoden, die welcbe Tafeln darstellen, aber die Eierstöcke, welche zu dieser Zeit noch doppelt vorhanden sind. Bald nach dem Erscheinen der Nieren fängt der linke Eierstock aber weit stärker sich zu vergiössern an, als der rechte, so dass jener mitunter am 9. Tage doppelt so lang und so breit als dieser gefunden wird. Der rechte Eierstock dagegen wächst nicht weiter, behält seine Grösse bis zur Geburt und wird nach derselben endlich aufgesogen."

§. 3i.

Ich führe diese zuerst von Rathke erwiesene Tbatsache mit dessen eigenen Worten an, weil meine eigenen Untersuchungen mir fast durchgängig nur Bestätigungen dieser Beobachtung geliefert haben. Da ich aber nicht nur Hühneieier, sondern bebrütele Eier von vielerlei andern kleinen und grossen Vögeln , die mir vom Lande aus Wald und Feld beigebracht wurden, untersuchte, so fand ich die Zeit, in welcher der rechte Eierstock kleiner wird und verkümmert, nicht so beständig in Hinsicht der gleichzeitigen Enlwickeluug der übrigen Organe und des ganzen Foetus. Bei mehreren Vögeln scheint diese Verkleinerung des einen Eierstocks erst sehr spät einzutreten, viel später als am neunten Tag der Bebrütung; ja ich konnte in den fast ausgebildeten Embryoneu gi-osser Raubvögel nur


— 3o —

einen seLr geringen Unlerschied der beiden Ovarien Bemerken. Genauere Angaben in Hinsiebt der Vogelgaltungen und Arten Lanu icb bicr nicbt geben, da icb leider mancbe Eier nicbt sieber kannte. Icb sab übrigens bei dieser Gelegenbeit ein, wie nützlicb und oft unentbebrlicb dem Naturforscber die minutiösesten Kenntnisse werden. Wie sebr bätte icb es zu scbätzen gewusst, wenn icb den Yogei jedesmal an seinem Ei erkannt bätte.

§. 32.

SoA'iel ist indessen gewiss, dass bei den meisten Vögeln von der Hälfte der Bebriilungszeit an der recbte Eierstock und, wie wir seben werden, aucb der recbte Eierleiter verkümmert^ dass dagegen bei fast vollkommen ausgebrüteten Raubvögeln der recbte Eierstock nocli sebr wenig kleiner als der linke und ebenso der recbte Eierleiler nocb Avenig verkleinert ist. Hieran reibt sieb die Beobacbtung von Emmert, Meyer, Wolf, dass die Raubvögel mit zwei Ovarien verseben sind, von denen das recbte nur kleiner ist. Diese letztere Beobacbtung fübrt bereits J. Fr. Meckel ') an, docb ist die bierbei geäusserte Vermulbung unricbtig, dass bei den übrigen Vögeln beide Ovarien verscbmelzen sollen.

§• 33.

Bei den Männeben glebt es nur etwas Aebnlicbes in der Tbalsacbe, dass der recbte Hode gewöbulicb etwas kleiner, besonders kürzer als der linke bei erwacbsenen Vögeln ist, was Tannenberg bei seinen Untersucbungen immer bestätigt fand. S. Tannenberg, über die männlicbea Zeugungslbeile der Vögel, übersetzt von Scbönberg und Spangenberg. Göttiog. 1810. 4- p- i5, §. 8.

§. 54.

Die Ausfubrungsgänge der Wolff'scben Körper sind bei beiden Gescblccbterndurcb das ganze Embrjoleben vorbanden, bleiben aber nur bei dem


  • ) Beitiäge zur vergleichenden Aoatoniie. 3. B. 2. 11. p. 17G.


~ 3i —

männlichen Geschleclite, indem sie zu Samengängea werden, nachdem der Wolffsche Körper allmählig sich an der Seite des Hodens verkleinert hat, bis er, nach dem Auskriechen noch im Rest vorhanden, allmählig bei jungen Vögeln verschwindet. Bei den weiblichen Individuen dagegen sind die Ausfühi'ungsgänge der Wo Iff 'sehen Körper zwar bis zum Auskriechen noch vorhanden, allein es hat sich ausser ihnen und unabhängig von den Wolff'schen Körpern ein Eiei'lciter gebildet. Die Körper selbst verkümmern immer mehr mit der vollkommenen Ausbildung des Foelus und verschwinden zuletzt ganz. Dies ist es, was wir in den folgenden Capiteln, als das Resultat aller unserer Untersuchungen beweisen werden.

IV. Weitere Entw ickelungsgeschichte der mänallchea

Genitalien.

§. 35.

Rathke, von dessen Darstellung ich hier abweiche, drückt sich über das Verhältniss der ausführenden Gänge der W o 1 ff 'sehen Körper zu den Samenleitern etwas unbestimmt aus. Seite 56. a. a. O. sagt er, der Faden oder Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers werde bei den männlichen Individuen sehr frühe aufgesogen, schon am g. Tage der Bebrütung sei derselbe schwer zu finden, am lo. aber gänzlich verschwunden, ei fügt indessen hinzu, dass ihm bei seinen Untersuchungen über das Hühnchen nichts schwerer gefallen sei , als sich zu überzeugen von dem Daseyn und von dem friihen Verschwinden jenes Fadens beim männlichen Geschlechte. Rathke beschreibt die Entstehung der ausführenden Geschlechlstheile so fort besonders , als von den Ausführungsgängen der Wolff'schen Körper getrennt. Bei den Weibchen sind sie beide in der Tliat vei-schieden, wie sehr leicht ist, sich zu überzeugen. Der sehr ansehnliche Einleiter ist neben dem Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers vorhanden. Allein Rathke hat an keiner Stelle eine Beobachtung, dass er den Samenleiter und Ausführungsgang desWo Iff'schen Körpers wirklich bestimmtest nebeneinander gesehen habe. Rathke neigt sich vielmehr Seite G8. a. a. O. dahin, dass bei den 'männlichen Individuen Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers und Samenleiter eins werden und in der That nur eins und dasselbe sind, weil der Samenleiter später


V


— 32 —

mit dem Eade des Wolff'scliea Körpers gerade so verbunden erscheint, wie früher der Ausführungsgang des Wolff 'sehen Körpers. Diese letzlere Behauptung von Rathke ist nach meinen Untersuchungen vollkommen richtig, sie verträgt sich aber nicht mit seiner frühern Aeusserung, dass der Ausfübrungsgang des Wolff sehen Körpers Schon gegen den ueuntea Tag verschwinden soll, was gewiss unrichtig seyn muss.

Auch von Bacr, der vom 6. — 7. Tage in Hinsicht der Wolff'-* sehen Körper Rathke's Darstellung folgt), behauptet, dass der Ausführungsgang des Wolffschen Körpers gegen Ende des zehnten Tages unkenntlich weide und schwinde '■•^)- Jedoch es giebt zu keiner Zeit andere Ausführungsgänge der männlichen Geschlechtslheile als die Ausführungsgänge der Wolffschen Körper.

§. 56.

Ich habe mich den ganzen Frühling und Sommer 1829 fast täglich mit Untersuchung bebrüteter Vogeleier beschäftigt, um nachdem mir das Frühere klar geworden, diesen wichtigsten Punkt zur Evidenz zu bringen, nämlich zu unterscheiden, ob es einen eigenen Samengang neben d em Ausführungsgang des Wolffschen Körpers giebt, so wie der Eierleiter und dieser Gang bei den AYeibchen wirklich verschieden sind , oder ob bei den Männchen der Ausführungsgang des Wolffschen Körpers selbst zum Samengang wird, nachdem der Wolff sehe Körper an der Seite des Hoden immer mehr sich verkleinert hat und zuletzt schwindet. Hätte ich einen bei den Vögeln zweifelhaft gewordenen Punct nach meinen Beobachtungen in einer andern Classe, nämlich bei den Säugelhieren, zu entscheiden gehabt, so hätten mir allerdings starke Gründe zu Gebote gestanden, auch bei' den Vögeln einen eigenlhümlichen Samenleiter mit Rathke anzunehmen, denn bei den Säugelhieren sind sich die Gänge, welche bei den Männchen zu Samenleitern , beim Weibchen zu Trompeten werden , sehr ähnlich, oder vielmehr bei beiden Geschlechtern giebt es anfangs einen ähnlichen Gang auf jeder Seite, welcher nicht der Ausfübrungsgang des Wolffschen Körpers ist, und bei den Weiljchen sich zur Trompete, beim Männchen zum Schwanz des Nebenhodens umwandelt.


  • ) a. a 0. p 9;.

'•) Ebend. p. 1 13.


— .33 —

Allein meine Absiclit war bei einer so ■ schwierigen und wichtigen Saclie, in jeder Thierclasse eine vollständige und selbstsländige Reihe von Beobacl tungen zu liefern; und wenn diese Beobachtungen, mit der grössten Genauigkeit und Ausdauer von Stufe zu Stufe und an einer grossen Anzahl von Embryonen der Vögel angestellt, ein etwas verschiedenes Verhältniss als bei den Säugetbieren zeigten, so muss dies vielmehr das Vertrauen in die Ricbtigkeit meiner Beobachtungen vermehren. In der Tbat macht auch die eigenlbiimiicLe Bildungsart eines neuen Organes, wie des Nebenhodens ,. bei den Säugetbieren jene Abweichung erklärlich.

§. 37.

Meine selir zahlre'cl en ui.d lange Zeit tiiglicb angestellten Beobachtungen liefern eine vol'ständlge Reihe, in Vvelchen icli Lei iMänncben immer nur den Ansfülirungsgang des Wolff'schen Körjicrs bis zur Zeit des Auskriechens, bis in die erste Woche nach dem Auskriechen, als dca einzigen Gang fand, der vom Wolff'schen Körper und mittelbar vom Hoden selbst herabgiog. Je kleiner^ dieser Küiper wird, um so enger werden jener Gang und der Hoden duicb vasa elferentia des Hodens verbunden, während die Biinddärmchen. des Wolff'schen Körpers selbst nach und nach immer mehr verkümmern und bei jungen Vögel(|^ der ganze Rest des Wolff'schen Körpers schwindet, worauf nur die Verbindung des Hodens mit dem frühem Ausfiibrungsgang des Wolff'scben Körpers übrig bleibt, eine Verbindung diurh neue und eigentbümliche Gelasse, die beim erwachsenen Vogel einen sehr schwachen Anschein von Nebenhoden bilden.

Ich habe nie einen männlichen Emhryo untersucht, in welchem ich nicht die Identität des spätem Samenleiters mit dem frühem Auisfahrun"Sgang des Wolff'schen Körpers erkannt hätte. Selbst bei männlichen Embryonen , welche dt?m Auskriechen nahe waren , sah ich noch dasselbe Verhälluiss der Blinddärmchen des Wolff'scben Körpcr^s zu dem Ausführungsgang, wie früher, ich sah auch diesen Gang von der Spitze des Körpers entspringen, ich sah die Blinddäi*mcben in der ganzen Länge des Körpers seitlich in diesen Gang einmünden, ich konnte sogar bei männlichen so gut als bei weiblichen Embryonen ein weissgelbes Secret aus einzelneu Biinddärmchen in den Ausfübrungsgang uutec dem Microscop fortbewegen. .


- 34 §. 38.

la dieser Hiasiclit muss icli meinem vereTirtea Freunde RatKke bestimmt Aviderspreclien, wenn er behauptet, allmählig werde der Aordere Theil des Ausfiibrungsgauges des Wol ff 'sehen Körpers, der früher über die ganze Länge desselben verlaufe, aufgesogen, und verschwinde endlich, so dass er vom 12. — lij- Tage an aus dem hintern Ende des Wol ff sehen Körjiers allein entspringe. Dieser Canal läuft bis zur Zeit des Austriechens allerdings noch an der ganzen Länge des Körpers hin und das Verhältniss ist ganz wie früher.

In 11". 5. Tab. IL ist dieses Verhältniss des Hodens zu dem Wol ffsehen Körper und seinem Ausführungsgang mit den JNieren erläutert.

a. ]Nieren.

b. Harnleiter.

c. Wol ff sehe Körper.

d. Ausführungsgänge derselben, später Samenleiter.

e. Hoden.

f. Nebennieren.

Hier sind die Wolffschen Körper noch viel grösser als die Hoden, sie sind es im ganzen Foetusleben, selbst bei einem ausgekrochenen Falken sind die W o 1 ff sehen Körper noch grösser als die Hoden selbst. Siehe fig. 1. Tab. IV. •

§•39 Ich habe mir sehr viele Mühe gegeben, den eigentlichen Zusammenhang des Hodens und des Wolffschen Körpers zu ermitteln. Folgendes hat mich die häufig wiederhohlle microscopische Beobachtung gelehrt Vou dem obern Ende des Hodens und von der Seile, mit welcher er dem Wolffschen Körper autliegt, gehen mehrere graulich weisse Fäden oder vasa elferetilia aus dem Hoden in den Wolffschen Körper. Fünf solcher Verbinduuijsgefässe habe ich deutlich gesehen, sie sind von ungemeiner Zartheit, aber doch dehnbar, dtfS oberste ist das stärkste. Sie scheinen im Anfang nicht hohl zu seyn, so wie auch der Hoden zu dieser Zeit noch keine .Samenkanäle enthält. Diese Verbindungsgefässe sind wohl vou den JJIinddärmchen des Wolffschen Körpers zu unterscheiden, letztere sind Ätärker, weiss und sehr deutlich, erstere ganz malt graulich und gehea


— 35 —

nicht In jene Blind därmchen über, sondern in die Zwischenräume dei-selben und ins Innere des Wolff'schen Körpers ein. Später, wena der Wolff'sche Körper sich ausserordentlich verkleinert hat, z. B. beim neugebornen Falken, sieht man den Zusammenhang des am Hoden vorbei und nach aufwärts laufenden Ausführungsganges und des Hodens durch Quergefdsse deutlich. Früher aber kann man den wirkliche» Uebergang der beschriebenen vasa eüerentia in den Ausführungsgang nicht sehen , weil diese Gefdsse in das Innere des noch ansehnlichen Wolff'schen Körpers eindringen. Was man mit dem Microscöp erkennen kann, ist in fig. 6. Tab. ir. vergrössert dargestellt.

Diese vasa eflerentia vom Hoden zum Wol ff sehen Körper sind übrigens bereits zu einer Zeit bemerkbar, in welcher der Hoden hirsenkornähnlich noch aus graulichem gallertigem Stoff besieht. Uenn so frühe die Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers sichtbar und deutlich sind, so spät treten die unendlich- feineren Samengefässe in dem Hoden auf. Erst gegen das Ende des Embryolebens erkennt man eine Spur der letztern. Dies scheint uns sehr wichtig zu bemerken. Niemals dringen die Blinddärmchen des Wolff'schen Körpei's in den Hoden, ein, wie Rathke zu glauben geneigt ist, der Hoden entsteht nicht aus einer Fortsetzung und Metamorphose j[ener Blinddärmchen, weder bei den Vögeln, noch bei den Säugethieren, sondern tritt nur in Wechselwirkung mit dem Wolff'schea Körper durch die beschriebenen neuen Verbindungsgefässei

Fig. 6. Tab. II. . A. Wolff'scher Körper.

B. Hoden.

C. Kebenniere.

d) Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers, vom obern Ende entspringend, und die Blinddärmchen aufnehmend, h) unterer freier Theil desselben, später Samengang, c) vasa efferentia des Hodens, welche sich, zwischen den Bünddärmchen in den obera Theil des Wolff'schea Körpers einsenken.


-• — S6 —

V. Weitere En twickelungsgescliiclite der weibllche'a

Genitalien.

§- 40.

Der Eierleiter ist leine Metamorpliose des Ausfiilirungsganges vom Wolff'schea Körper, sondern er ist deutlich neben diesem Ausführungsgange zu sehen, als eine ziemlich dicke, anfangs oben blinde, später weit ollbne Rühre, welche an der äussern Seite des "Wo 1 fl' sehen Körpers hergeht und mit ihrem bald deullichen Trichter über dieses Organ hinaufreicht, überhaupt aber in gar keinem Zusammenhange mit demselben steht.

Diese Organe erscheinen als weisse Cylinder zuerst in ihrer ganzen Länge auf beiden Seiten; sie wachsen nicht von unten herauf, sondern sind in ihrer ganzen Länge vom ersten Anfang an vorhanden j sie entstehen auch nicht durch Zusammenrollen eines Blattes, wie es sich Albert M e k e 1 gedacht hatte, sondern im Anfange solid, werden sie allmählig in ihrem Innern ausgehöhlt zu Röhren, so entstellt also auch die Oellnung des Trichters in die Bauchhöhle.

Herr von Baer '■) hat die Entstehung der Eierleiter" sehr richtig nnd wohl am genauesten beschrieben, indem er trelFend hinzusetzt, dass sie bei dem ersten Erscheinen den Canälen entsprechen, welche aus der Bauchhöhle mehrerer Fische in die GeschlechlsölFnung führen- Allein vonBaer glaubt, dass sich auch die Samenleiter der Münnchcu aus solchen Gängen bilden. Jene Cylinder odarRöhi-en habe ich nur bei den weiblichen Embryonen neben den Ausführungsgäugen der Wolf fschen Körper finden können.

§■ 4i Ursprünglich entstehen bei allen Vögeln 2 Eierleiter, welche beide, von unten herauf getrennt, über die Wolf fschen Körper hinaufreichen, ansehnliche Röhren, welche man sogleich erkennt und die bald oben eine schiefe Oelfnung haben.

Fig. 7. Tab. Vi. stellt unsere Organe von einem weiblichen Foetus dar, 4U8 einer Z^it, wo noch zwei Eierleiler in der Anlage vorhanden sind.

') .». a. 0. p. 79.


~ 37 -^ a. Nieren.

h. Wolff'sche Körper.

c. Eierstöcke.

d. Nebennierea.

e. Harnleiter.

f. Ausfühiaingsgänge Jer Wol ff 'sehen Körper. g. Eierlei tei\ .

§• 42. ,

So wie aber bei den meisten Vögeln der rechte Eierstock abnimmt und verkümmert, um ganz zu verschwinden, so verliert sich auch der rechte Elerleiler allmähllg schon beim Foetus, indem er von oben herab aufgesogen wird und immer kürzer ei'scheint. Siehe fig, 8. Tab. 11.^

a. Nieren. . . - , ,

h. Wolff'sche Körper.

c. Rechter kleinerer, linker grösserer Eierstock.

d. Nebennieren.

e. Harnleiter.

f. Ausführungsgänge der Wolff'schen Körper.

g. Rechter kürzerer, linker längerer Eierleiter mit seiner AbdominalöIFnung, dem Trichter.

Dies YerbäJlniss hat Rathke zuerst entdeckt und durch schöne Abbildungen bis zum Verschwinden des rechten Eierleiters dargestellt.

§.45.

Bei den Weibchen verkümmern die Wolff'schen Körper viel früher, als bei den Männchen; sie verschwinden bis auf einen kleinen Rest bis zum Auskriechen , während bei den Männchen ein ansehnlicher Rest noch lange nach dem Auskriechen als ein falscher Anschein von Nebenhoden erkennbar ist. Die Wolff'schen Körper der rechten und linken Seite nehmen keinen entsprechenden Antheil an der verschiedenen Metamorphose des rechten und linken Eierstocks. Der rechte Wolff'sche Körper wird zwar etwas früher kleiner als der linke, aber bei weitem nicht in dem Masse, als der rechte Eierstock an dessen oberer Fläche kleiner wird. Zu einer


— 38 —


Zelt^ wo der rechte Eierstock nur faoch in einer kleinen Spur erkennbar ist, ist der rechte Wolf f 'sehe Körper kaum kleiner als der linke. '


VI. Letzte Veränderungen in den Genitalien nach dem

Auskriechen.

§■44 Untersucht man die Vögel einige Zeit nach dem Auskriechen, so findet man hei Weibchen nur mehr den linken Eierstock und feinfachen Eierleiter; man erkennt noch eine Spur des WoHTschen Körpers rechls auf der obern Abtheilung der Niere, als ein längliches Körperchen; links ebenso unter dem Eierstock; man sieht auch nodx eine sehr geringe Spur der beiden Ausführungsgänge der W o 1 ff 'sehen Körper, die iudess bald verschwindet. Aus dieser Zeit hatTlathke eine schöne und sehr genaue Abbildung a. a. O. Tab. IIL fig. 12. gegeben.

§. 45.

Kurze Ticlt nach dem Auskriechen findet man bei den Männchen die Wolff'schen Körper auch verkleinert, besonders sehr verdünnt, aber noch länger als die Hoden , obgleich schmäler. Auf den ersten Blick imponirea Jsie nun für Nebenhoden und man vvi'irde sie gewiss dafiir halten und mit Rathke einen Uebergang des Wolff'schen Körpers in den Nebenhoden annehmen, wenn man die weitere Metamorphose dieser Organe und ihr endliches vollkommenes Verschwinden bei jungen Vögeln nicht weiter verfolgt Bei einem jungen Falken , der sich noch kaum auf den Fi'issen halten konnte, erkannte ich die vasa efTerentia, welche vom Hoden zum Rest des W o 1 ff 'sehen Körpers oder zum schenibaren Nebenhoden herübergehea und sich in den frühern Ausführungsgang des Wolffschea Körpers schief abwärts tretend einsenken.. Der AVolff'sche Körper,, durch einea kleinen Zwischenraum vom Hoden getrennt , lässt noch die Blinddärmchen , die ihm früherso eigenthümlich waren, erkennen, sein Gefüge unterscheidet sich von dem des Hodens dadurch, dass es jetzt schmutzig gelblich ist, während die Samenkanälchen des Hodens und der ganze Hode überhaupt weiss sind. Der Gang, welcher aus dem Wol ff'schen Körper nach abwärts führt.


- 39 entspringt von der ganzen Länge dieses Körpers und liegt immer nocli an der äussern, dem Hoden entgegengesetzten Seile. Dieser Gang reiclit also mit der Spitze des W o 1 ff 'sehen Körpei's höher als der Hoden selbst, gegen die Nebenniere. Es ist noch derselbe Ausführungsgang des Wo 1 ff 'sehen Körpers, den wir früher beschrieben haben, und es ist dieser Gang, welcher am untern Theile des Wolff'schen Körpers die vasa elTerentia des Hodens zugleich aufnimmt. Der Ausführungsgang , jetzt ductus deferens begleitet den Harnleiter und liegt zum Theil auf demselben. Siehe fig. i. Tab. IV.

a. Obere Abtheilung der rechten Niere.

h. Rechte Nebenniere.

c. Rechter Hoden.

d. Rechter Wolff'scher Körper.

e. Yasa elTerentia vom Hoden zum Ausführungsgang.

J^- Ductus deferens, von der ganzen Länge des WolfTschen Körpers entspringend, früher Ausführungsgang der Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers. ,

g. Harnleiter.

§ 46 Da der Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers selbst hei jungen Vögeln noch hoch von der Spitze des verdünnten und verkümmerten Wolff'schen Körpers entspringt, so konnte die Angabe entstehen, dass ein blindes Gefäss vom Nebenhoden zur Nebenniere hinaufgehe. Dieses blinde Gefäss, vas aberrans, ist v.on Morgagni, Valsalva, Scorzone, und von Tannen berg *j erwähnt. Alle diese Angaben passen aber nur auf junge Vögel. Denn bei erwachsenen Vögeln fand ich keine Spur jenes blinden Gefässes. Auch was Tanuenberg von dem Nebenhoden der Vögel sagt, passt nur auf junge Vögel, wo ein Rest des Wolff'schen Körpers noch vorhanden ist. Tanuenberg ■') sagt: «Die innere Structur des Nebenhoden kann man deutlich schon bei mit Quecksilber eingespritztem Testikel sehen j aus diesem erhellet nämlich, dass derselbe nur aus geraden Gängen besteht, welche aus dem Testikel hervortretend in verschiedenen Win


  • ) Ueber die männlichen Gescblechutheile der Vögel. Gölling. l8ie

") a. a. 0. % 20.


~ 4o Jungen scliriig liorahlaufeti und den abführenden Gang bilden." Tannenberg fahrt fort: «Ein anderer enger Canal setzt sich aber nach obea bis in die Mille der Nebennieren fort und endigt sich daselljst stumpf." Dies ist derselbe Canal, den Morgagni bis zu seinem obern blinden Ende mit Quecksilber füllte und von dem man oft fälschlich eine Beziehung der Nebennieren zu den Geschlecbtstbeilen ableitete. Alle diese Angaben, so erkliirlich sie sind, wenn nlan die BeschaHbuheit der Theile voix einem jungen Vogel vor sich sieht, sind ganz räthselhaft, sobald man sie auf er"wachsene Vögel anwenden Avill und sind daher auch höchst wahrscheinlich, durch Unlersuchung junger Vögel entstanden.

§• 47- '

Nämücli jener Rest des AYoI ff 'sehen Körpei-s wird immer kleiner und ist zuletzt nur noch als eiu vom Hoden abstechendes Zellgewebe erkeaubar, in ■welchem die vasa eirerenlia in den duclus defereus übergehen. Je mehinun die beim Foetus zwischen dem Ausführuu"S"an" und dem Hoden liegcnde Substanz des Wolff'schen Körpers verschwindet, ura so inniger rückt das Bündel der vasa elFcrenlia an den Hoden beran. Ist endlich alle Spur des fiiilicrn Organes verschwunden, so bilden die vasa elTorenlia vom Hoden zum duclus deferens eine ganz dünne platte Auschwellimg, welche aus den Windungen dieser Gefiisse besieht, ganz fest auf dem Hoden anliegl, und an welcher alje Spur des frühern merkwürdigen Organes verschwunden ist, den Nebenhoden der A ö"el.


^D^


f. 4-8.

Ralhke l);.hauptele frülicr, dass der Wolff'scbe Körper bei den weiblichen Embryonen verschwinde, bei den männlichen aber zum Nebenboden werde. Diese Behauptung hat er spiiler zurückgenommen , nacbdem er sich vorzüglich bei Säugclhierembryonen überzeugt hatte, dass der Nebenhode nicht aus den Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers, sondern nur aus den Verknäuelungen des duclus deferens und der vasa ellercnlia entsteht -). Indessen ist seine letzte Ansicht nach brieflicher Millhcilung


•; Rur.liclis Pliysiologie als ErfabrungswiiseBsoliaft rail Dcilrogcn von C. TonBaer, Rathte uiiJ .Mej t r. T, LV p. 5gQ.


- 4i gemäss Untersucliung an Eidecbsea-, Vögel- uadSchweineembryonen, das«  ein Theil der Wolff'schen Körper verschwinde, ein anderer aber auf die Bildung des Nebenhodens verwändjt weixle. Auch dies kann ich nicht zugeben j nach meinen Beobachtungen verschwindet alle Spur der Wolff'schen Körper sowohl bei männlichen als weiblichen Embryonen, und der Nebenhode bildet sich auf ganz selbstständige Art, wie ich eben von den Vögeln gezeigt habe und bei den Säugethieren von Schritt zu Schritt augenscheinlich machen werde. Säugethiere und Vögel unterscheiden sich, dass bei diesen auch nach der Zeit des Auskriechens noch Reste der Wolffschen Körper vorhanden sind und sehr allmählig verschwinden ; dass dagegen bei den Säugethieren schon früher und am frühesten bei menschhcliea Embryonen die letzte Spur des Wolff'schen Körpers vergeht, ohne weder zum Nebenhoden, noch zu irgend einem Theile verwandt zu werden,

§. 49.

Hiermit glaube ich nun auch die Frage entschieden zu haben, ob die Vögel einen Nebenhoden besitzen oder nicht, worüber man oft entgegengesetzte Aeusserungen von Beobachtern gehört hat. In dem Sinne wie bei Säugethieren haben die Vögel kaum eine Spur von Nebenhoden; denn die vasa efFerentia gehen ohne viele Krümmungen zum ductus deferens über, und bilden bei erwachsenen Vögeln eine äusserst dünne, fest auf der albuginea aufliegende, ovale Platte, welche nach unten wie in einen Stiel und sofort sogleich in den ductus deferens ausläuft.

Aber bei jungen Vögeln, besonders kurz nach dem Auskriechen, wird diese Stelle durch die Reste des Wolff'schen Körpers sehr vergrössert. Bei den neugebornen Säugethieren dagegen ist kein Rest des Wolff'schen Körpers mehr übrig, es ist ein aus gewundenen Kanälen bestehender sehr ansehnlicher Nebenhoden vorhanden, der keine Metamorphose der Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers ist, wie wir zur Genüge erweisen "werden.


D r I t t e r A 1) s c li n i t t.

Beobachtungen über die Entwickelang der Genitalien an Embryonen der S a u s; e t h i c r e


§. 5o.

Einzelne Notizen oder grössere Mllllieilungen iiljer die Wolffscliea Körper der Säugelliiere haben folgende Scbriflsleller gegeben.

1. Kulilemann, observationes (juaedani circa negotium geüei-ationis in ovibus faclae. LIps. 1754. 4. bat die Wolff'scben Körper von einem jungen Scbafembrjo abgebildet, aber mit den Nieren verwecbsell. Tab. II. fig. 8.

2. "VVrisberg, commentat. medici , plnsiologici , anatomlcl et obstetrlcii argumenti. Golting. iSoo. 8. bat Beobachtungen über die Wolff'schen Körper bei Aveiblichen Schweineembryonen, vergleicht dies Organ mit dem Nebenhoden, verwechselt aber leider die blinddarmförmigen Röhreben des Organes mit den Blulgefässen und nennt es corpus paiiipinifornie; dieser Name ist indessen unpassend, weil das Geflecht der Sainenvenen im funicukis Sperma licus und in der Nähe der Eierstöcke den Namen plexus pampiniCormis hat, ein Geflecht blosser Blutgefässe, -womit die Blinddärmchen des AYol ff sehen Körpers durchaus keine Aehnlichkcit haben.

5. Dzondi, Suppl. ad auat. et jihvsiol. comparat> Lip.s. 180G. , hat diese Organe von sehr jungen Thierembt^onen gut beschrieben und abgebildet, aber fälschlich für Nieren gehalten.

4- Oken in seinen und Kieser 's Beiträgen zur vergleichenden Zoologie, Anatomie und Physiologie. Bamberg und AVürzburg iSoö. H. 1. p. 74?


- 45 giebt zuei'st genauere Beobaclilungen über diese Organe, unterscbeiclet sie von den Nieren und keimbereitenden Gescblecbtstbeilen; seine Beobacbtiingen sind an sebr jungen Schweine-, Hunde- und Ziegenembryonen angestellt.

5. J. Fr. Meckel, in der unter seinem Vorsitz erschienenen Dissertation von J. Christoph Müller de (mammalium) genitalium evolulione Halae i8i5. In dieser Schrift, die ich mir nicht verschaffen konnte, soll der Uebergang der 'VVoIlf'schen Körper in die Nebenhoden kurz angegeben seyn. Vergl. Meckel in Cuviers vergl. Anatomie. Leipz. T. IV. p. 53o. ferner Meckel' s Beiträge zur vergb Anat. B. 11. H. II. p. i8i.

H. Bathke bat in der angeführten Schrift die meisten Beobachtungen, doch vorziiglich nur aus späterer Zeit der Entwickeluug. Er nennt jene Organe bei den Säugelbierembryonen Oken'sche Körper, weil Oken sie zuerst genauer beschrieben bat. Ich habe die Benennung Oken'sche Körper aus dem Grunde nicht beibehalten, weil es auf eine gemeinsame und bleibende Benennung eines Organes ankommt, welches allen Wirbellbieren zukömmt und die doppelte Benennung desselben bei den Vögeln und Saugeihleren nur Verwirrung bringen kann. Ich bleibe daher bei dem vou Bathke eingeführten Namen Wolff'sche Körper für alle Klassen. Bathke glaubte übrigens früher auch bei den Säugethieren gesehen zu haben, dass der "VVolffsche Körper bei den Weibchen verschwindet, bei den Männchen zum Nebenhoden Avird. Seine spätem Beobachtungen, welche dies wieder zweifelhaft machen, sind im II. Bande von Burdacb's Physiologie enthalten. Ich werde zeigen können, dass sowohl bei den Männchen als bei den "Weibchen jene Organe ganz verschwinden.

I. Entwickelungsgeschichte der Wolff'schea Körper.

§. 5i.

Ich war so glücklich die Wolff'schea Körper auch bei Säugethierembryonen der allerfrühesten Zeit untei-suchen zu können. Durch die Güte des Herrn Professor Weber, meines verehrten Collegen und Fieundes, konnte ich mehrere ganz kleine Eierchen aus dem Uterus einer Maus untersuchen. Leider hatten die Theile schon über einen Tag in Weingeist gelegen, sonst würde ich auch über die Beschaffenheit der Foetushüllen bei einem noch ausserordentlich kleinen Embryo beiüchten können.


- 44 Die Eierclien waren 3 1/2 Linien gi'oss und oval. Der Embryo, dessei Nabelstrang breit und äusserst kurz ^var, mass 5 Linien in der Krümmung. Das Amnion Jag dicbt auf dem Embryo, wie in so frübcr Zeit auch beim Hübncben. Der unlere Tbeil des Eoctus war von der linken zur recblea Seite berübergekriimmf, so dass das Stbwanzende , welclies überdiess dicht vor dem Ende eine zweite leichte Spirale Drehung erlitt, gegen die rechte Kopfseite geAvandt war. Die Extremitäten ei\schienen als kurze blattförmige Stümpfe, die obern waren etwas weiter entwickelt und der blattförmige Stumpf zeigte, ohne Spur von Fingerabtbeilung, nur eine ganz kleine seichte mittlere Längenfurche. Von Rathke's Kiemenspalten war nur eine mehr deutlich zu sehen. Von den Augen war noch kerne Spur zu sehen. Die Oeiluung in den Rachen war überaus weit ^), der Vordcnkopf an der Stelle des spätem Oberkiefers und Unterkiefers durch eine liel'e Bucht in der Mitte eingeschnitten, gleichsam eine noch natürliche obere und untere Hasenscharte. Ich habe den Embryo mit gi-osser Sorgfalt unter dem Microscop gezeichnet, Aveil genauere Beobachtungen aus so fiüherZeit sehr selten und schätzbar sind. Siehe (ig. 1. Tab. IIL A.

a. Mundspalte oder vielmehr Eingang In den Rachen.

b. Unterkiefer.

c. Obere linke Extremität.

d. Untere linke Extremität.

e. Herz.

y. Nabelstrangscheide.

Als ich den Unterleib näher untei'suchte, faad Ich im hintern Theile desselben , la der ganzen Länge bis zum Anfange des Schwanzes, zu beiden Seilen der Wirbelsäule, die Wol ff sehen Körper gerade so wie beim nühnclien in frühester Zeit. Sie waren fast überall gleich breit, endigten oben in gleicher Höhe mit stumpfer Spitze. Ihre untere Endigung ist mir nicht recht deutlich gewoi-den. Beide Körper sind ia der Mitte gelrennt, sieben auch ziemlich weit von einander ab, indem


•3 Gprtieinliin niirmt man an, ilasj die MiinJhülile anfangs geselilossen sei; <li«ss irt ab'T sicher nie'il der Fall. Im Anfang ist dpr Rachen zwar hinten geschlossen, aber vorn weit offen, sowohl beim irenschlicheii als als beim Säugetliierenibrjo , wie bei den eierlegenden Thicren. Erst später, wenn sich die äussere 1Ia-it ausbildet, geht dies« als ein zartes Häutchen über die ausserordentlich breite Spalte zwischen Oberkiefer und Uoterkiefer weg, uad wird darauf in der Mitte durdibrochcD.


- 45 sie an den Seiten der Wirbelsäule aufzusitzen scheinen, durcli die Platten des Mesenteriums aber gleichsam getbeilt werden. Man sieht sie daher auch sogleich, nachdem man die Seitenwand des Leibes, die von der Wirbelsäule seitlich ausgeht, weggenommen bat. Von welchen Tbeilen sie urspriinglich ausgehen, weiss ich nicht und konnte es hier auch nicht bestimmt ei'mitteln. Es wäre möglich, dass sie auch aus dem Innern Blatte der Keimhaut entstehen, welches den Darmschlauch bildet und dessen Blätter zwischen den Wo 1 ff sehen Körpern zur Bildung des Mesenteriums sich zusammenlegen ; oder dass sie in dem hintern dreieckigen Zwischenräume dieser Blätter hervorkeimen.

Die innere Bildung des Wolff'schen Körpers schien ganz wie beim. Hidinchen zu dieser Zeit zu seyn, so viel sich bei den in Weingeist aufbewahrten Embryonen mit dem Microscop erkennen Hess. Deutlich nämlich sah ich die queren Einkerbungen zwischen den Tbeilen, die später als ßlinddärmcben erscheinen. Siehe fig. i. B. den untern Theil des Rumpfes desselben Foetus, der in fig. i. A. abgebildet ist,

a. Wirbelsäule.

b. Untere Extremität der linken Seite,

c. c. Wolff'sche Körper.

d Falte zwischen den Wolff'schen Körpern, an welcher der einfache Darm^chlauch befestigt war , Mesenterium.

An diese meine Beobachtung aus der allerfrühesten Zeit schliessen sich nun die Beobachtungen von Dzondl an Thierembryonen von 6 — 8 Ein. Länge an, obgleich Dzondi die von ihm richtig beschriebenen Organe fälcblich für JViereu hielt. Dzondi sagt '•'•'):

Observationes, quas de primis renum originibus in hrutis inslitui, me docuerunt, renes in numero earum foetus partium esse, quas natura a primo statim initio formet, et cum corde, hepate, et cercbro fere simul adesse. In iis enim embryonibus, quos Incidi, tum cum vix sex et octo hae


•^ Dzondi Supplementa ad anatomiam et piiysiologiara polijsimum comparatam. Cum 3. tab. Lip«.

ibüü. 4. p. Go — G2.


- 46 rum essent, inlegumenta lotlus ventrls et thoracis tarn pellucida reperl, ufc cor et hepar ahdomen tolum replens oplime disllnguerentur ; remoto hepate, renes apparebant a diaphragmate ad pelvim iisqiie sese exteudentes; inlestinorum nulJa aderant vcsLigia(?), i(a iit cerebrum, cor, hepar et renes lanquam prima nalurae instiumenla considerari possint, quorum ope totuin organismnm conlicere atquc aedilicare solet. Cum primos iaciderem ejusmodi foetiis, tanlo reiium volumine deceptus, eos pro praeteraaturali lusu ualurae habuij at cum pliires examiuarem, de rei veritate cerlior f;ictus sum. Necjue etiam capsulas renales, quae in foetu humano majores sunt, eas esse, examen saepius repetilum ostendit; illas enim perexiguae in briitis sunt. Sunt vero renes primo illo tempore forma prorsus singulari, atque ab illa, quam postea in adultis uon modo, verum etiam embrjoaibus habent, plane diversa. Neque enim couglobati sunt, ut in adultis, atque hilo praediti, neque pluribus lobulls constant, uti in foetu pauIo magis pei-fecto, sed massa sunt granulosa, intestinulorum miuimorum instar convoluta, non secus ac gyi-i cerebri, in quibus permulla vasa, sanguinea praesertim in cortice, aut potius in ambitu conspicua sunt; ßgura quoque externa a natural! renum plane dilfert-; elliplica enim est , irregularis, superiore parte magis acumiuala, inferiore magis rotunda , difficile verbis describenda.

Die Abbildungen, -welche Dzondi gegeben hat, zeigen unsere Organe iheils in dem. frühen Zustande, avo noch keine Spur von keimbei-eiteuden Geschlechtstheilen zu erkennen ist, 1. c. Tab. III. fig. III. IV. V. VI. , tlieils in dem spätem Zustand, avo die keimbereitenden Genitalien, vorn am iuneru Rande der Organe erkennbar sind. Tab. III. iig. VII. VIII.

§. 53.

Auf diese Beobachtungen folgen, der Zeit der Entwickelung nach, die von Oken an 5 SchAveineembrvonen und 5 Ilundefoetus.

Bei vierwüchentlichen Schweineembryonen beschreibt Oken jene Avuaderbaren Organe folgendermassen :

«Hinter der Leber, zu beiden Seiten der Lenden, liegen 2 ungeheui*e cylindriscbe Organe, die beim Anfange der Harnröhre entspringen, über die Stelle, avo sonst die IXieren liegen, heraufsteigen, und hoch unter dem Zwergfell, Avie erst in der Brusthöhle , sich enden, Avelclier Schein daher


- 47 kommt, dass das Zwei'gfell am Rückgralli sehr hocK in die Brastliöhle liinaufreicht und mit der Wirbelsävile nach unten einen sehr spitzen Winkel macht, in den diese Organe aufsteigen ')• Oken hielt diese Organe anfangs für die Nebenniei-en, indem er sich auf die Angabe der Anatomen stützte, dass die Nebennieren anfangs grösser seien, als die Nieren. Bei den übrigen Schweineembryonen desselben Alters beschreibt Oken diese Organe nochmals:

«Sie sind wenigstens halb so lang als der ganze Leib, den Kopf mitgei'echnet, also über einen halben Zoll, und länger als die Leber, betragen auch wohl in dem Volumen eben so viel als diese. Sie sind durchgängig über eine Linie dick, enden sich oben unter dem Zwergfell stumpf zugespitzt, aber so, dass die beiden Enden sich beinahe berühren; ihr unteres Ende verengert sich gleichfalls schnell, giebt aber einen Faden ab, der dem äussern Ansehen nach ein wahrer Canal ist, und hinter den Urachus läuft, gerade dahin, wo die Harnblase einst hinkommen soll, hier vereinigen sie sich so dicht an dem Urachus, dass man nicht unterscheiden kann, ob sie hinter ihm 'zusammenlaufen oder in ihn eintreten ; aber statt in die Mitte der Concavität dieser Körper zu laufen, Avie es bei den Nieren sejn müssle, inseriren sie sich bestimmt in ihr unteres Ende *-'■)."

"Was Oken ferner über den Bau dieser merkwürdigen Organe sagt, ist ungenau und unrichtig; diese Organe sind nie im Innern hohl, sondern bestehen zu jeder Zeit aus denselben Tbeilen, welche Dzondi richtig ])eschrieben hat, aus den artigsten Blinddärmchen oder blind endigenden Röhreben, die meist queer und wenig geschlängelt liegen, übrigens so lokker miteinander .verbunden sind , dass alles Zellgewebe zwiscben ihnen zu fehlen scheint.

§. 54.

Alle bis jelzt beschriebenen Embryonen zeigten noch nichts von Nieren und Genitalien. Die Nieren erscheinen mit den fast eben so grossen Nebennieren zuerst ganz klein hinter den Wolff 'sehen Körpern, uugefäbr


  • ) Oken und Kieser's Beiträge zur vergl Zoologie, Anatomie und Pliysiologie. Bamberg und

Würzberg 1806. I. p. j4.


- 43 in der Mille ihrer Länge; die Hoden rind Eierslöcli.e aLer erscheinen an dem innern Rande der Wolff'schen Körper als kleine weisse Körnchen, die wenigstens aomal kleiner als die Wolffschen Körper sind. Die erste Beobachtung aus einer Zeit, wo zuerst die keimhereilenden GeseLlech'.slheile sichtbar sind, ist von mir. Sie betrill't einen Kuhfoelus von i Zoll Rhein. Länge vom Kopfe his zum After, i Zoll aLin. bis zu dem Ende der uulera Extrem iläten. Fig 2. A. Tab. III. Die Beine Avaren noch übeiaus kurz; -Die Lungen bestanden noch aus einem Häufchen von kleinen am Eude bläschenförmigen Cjlinderchen.

Die Wolff'schen Körper reichen auch jetzt noch bis ans Zwergfell, nach unten sind sie einander genähert, oben weichen sie auseinander; sie sind etwas gebogen, aussen convex , innen concav, sonst aber fast Avalzeaförmig mit oben stumpfer Spitze und unterm rundlichem Ende. Ihr Gefüge besteht aus lauter sehr arligen, überall gleich dicken Röhrchen voa massiger Länge, welche wenig gekrümmt, meistens quer übereinander liegen. In der Älille der concaven Seite jedes Wolff'schen Kör|>ers liegt auf seiner vordem Fluche ein hirsenkornähnlichcs weisses Körperchen, Hoden oder Eierstock, eng mit seinem Wolff'schen Körper veibunden, ohne dass aber die Bünddärmchen an der Verbindungsstelle eine Verunderuu" erleiden.

Aus dem untern stumpfen Ende jedes Wolff'schen Körpers gelit ein sehr kurzer starker Gang nach innen und abwärts zum Urachus. Beide Ausführungsgänge treten nicht zusammen, ehe sie in den Urachus übergehen, sondern jeder Gang mündet gesondert ein.

§. 5S.

Merkwürdig ist ein üher den äussern convexen Thcll des Wolff'schen Körpers verlaufender Faden, welcher sehr viel dünner ist, als der aus dem untern Ende des Körpers ausführende starke Gang. Dieser Faden nimmt, ehe der ausfiihrende Gang in das unlere Ende des WolfFschen Körpers tritt, von diesem ausführenden Gang seinen Ursprung, verläset aher an dem untern Ende des Körpers diesen Gang und verläuft als eine ganz dünne fadenförmige Leiste über die convexe äussere Seile des W^olffschen Kü:pers, ganz oberflächlich, bis au das obere Ende des Organes, wo er ohue feiner zu werden endigt. Unter dem Wolff'schen Körper sind


- 49 dieser Faden und der stärkere Ausf ülirungsgang noch verbunden , aber so wie sie an das untere Ende des Körpers treten , senkt sich der stärkere Gans; ins Innere des Körpers ein', vim sich mit den Blinddärmchen des Wolf r sehen Körpers zu verbinden^, während der feine Faden nur oberflachlich über die queeriiegenden Blinddärmchen hinläuft, ohne die geringste Verbindung mit ibnen einzugehen. Ich habe mich vollkommen mit Hülfe des Microscops iiberzeugt,. dass in so früher Zeit der starke aus"führende Gang und der noch sehr kleine oberfläcbliche Faden zwei ganz verschiedene Dinge sind, sie hängen mir unten zusammen oder liegen hier aneinander. Jedenfalls ist ihr Ursprung gemeinsam aus dem hintern Ende des Urachus oder dem Sinus urogenitalis^, der ehe eine Spur der Harnbliase sichtbar ist, von vorn den Urachus aufnimmt, und abwärts in die noch gemeinschaftliche äussere ^i'^ura uragenitalis führt. Jener über den Wo 1 ff sehen Körper verlaufende Faden, welcher später sehr zunimmt, ist die erste Spur des ductus deferens bei den Männchen oder der Trompete bei den Weibchen,

i 56." Zieht man das zarte Häutchen, welches den Wo Iff sehen Körper ein schliesst, vorsichtig ab, so bleibt jener Fadett niit dem Häutchen verbur^den. Man sielit dann die überaus schönen Blinddärmchen des Wolf fSchen Körpers queer über einander liegen iind überzeugt sfich, dass jener Faden durchaus keine Verbindung mit den Blinddärmchen hat. Jene äussere Oberhaut des. Wolf f sehen Körpers ist, wie sich später ergiebt , eine Fortsetzung des Bauchfelles, das sich vom Wolff'schen Körper in einer noch zarten Falte zum Hoden oder Eierstock herüberschlägt.

Der ductus deferens und die Trompete entstehen also aus dem untersten Stück des Ausfiihrungsganges vom Wolff'schen Körper, sie sind aber vom Hoden oder Eierstock durch die ganze Breite und Dicke des Wolff'schen Körpers getrennt und bleiben es auch in der Folge, bis dieser Körper allmählig zwischen beiderlei Organen verkümmert; sie liegen an der äussern convexen Seite dieser Körper, während Hode oder Eierstock an der innern concaven Seite liegen, sie reichen endlich bis ans Ende der Wolff'schen Körper hinauf, während die Hoden oder Eierstöcke nur die Mitte der innera Seite dieser Körper einnehmen.

i 57.

Die Nieren liegen als ganz kleine Körperchen, nicht grösser als die keimhereiteuden Geschlechtstheile, mit dea fast eben so grossen Nebennieren

1'


— 5o —

liinter dea Wol ff sehen Körpern. Der Harnleiter ist bereits sehr deutlich und. geht jederseits hinler dem Wo 1 ff sehen Körper herab, um sich mit dem hintern Ende des Uracbus ebenfalls zu vei-binden. Zu dieser Zeit ist der Ureter noch dünner als der Ausführungsgang des Wo 1 ff sehen Körpers.

Siehe die Abbildungen des ganzen Foetus und der einzelnen Theile fig. 2. 3. Tab. HI.

Fig. 2. A. Kuhfoetus in natürlicher Grösse. Brust- und Bauchhöhle i.ind geöffnet.

a. Das Herz.

h. Die aus Cylindercheu bestehenden Lungen.

c. W o 1 ff sehe Körper mit den an ihrer Innern Seite liegenden Hoden oder Eierstöcken.

Fig. 2. B. Tab. JH. Wolff sehe Körper mit den Genitalien von demselben Foetus.

a. Wolff sehe Körper aus quer liegenden Blinddärmchen oder Röhrchen bestehend.

h. Ausführungsgänge derselben,

c. Faden, an der äussern Seite jedes Wolff sehen Körpers, später Schwanz des Nebenhoden oder Trompete.

d. Hoden oder Eierstöcke.

§. 58.

Ich habe noch mehrere Schafembryonen, die kaum älter waren, in Bezug auf jene Organe genau zergliedert und von älteren eine grosse Anzahl uutei'sucht. So deutlich und verschieden nun auch in späterer Zeit die männlichen und weiblichen Genitalien werden, so konnte ich doch bei Embryonen, die nicht viel grösser als i Zoll waren, durchaus nicht den geringsten Unlei'schied der inneren Geschlechtslheile bemerken, alle hatten dieselben weissen hirsenkornähnlichen kleinen Körperchen an der innern, dieselben Fäden an der äussern Seite der W o 1 ff sehen Körper. Wir heben nur noch eine Beobachtung im Detail hen'or, weil sie in Hinsicht des Altera der Embryonen den Uebergang zu den später zu erwähnenden Beobachtuavou Oken bildet.

§. 5g.

Bei einem SchafToetus von i Zoll, 6 Lin. Länge, den man wegen der Enlwickelung des äusseren gespaltenen Geschlechlsgliedes für männlich


- 5i —

haltcü konnte, waren die Nieren schon mebr vergrössert, dle-Wolff'scLea Körper ungefähr 4mal so gross als die hinter ihnen liegenden Nieren; die keimbereitenden Genitalien lagen, wie früher, klein an der iuaern Seite der grossen Wolf f 'sehen Körper. Siehe fig. S A. Tab. III.

a. Wolff'sche Körper.

b. Die bekannten Fäden.

c. Ausführungsgänge der Wol ff 'sehen Körper.

d. Kelmbei-eltende Geschlechtstheile, Hoden oder Eierstöcke;

Die Nieren, hinter den W o 1 ff sehen Käirpern, ungefähr in der Mitte ihrer Länge gelegen, bestehen aus getrennten Läppchen, die durch das Nierenbecken verbunden slnds.

Der Harnleiter ist sehr stark und jetzt fast stärker al» der Ausfiihrungsgang des Wolff'schen Körpers und geht hinter dem letztem herahc

Fig. 3. B. Tab. III. W o 1 ff 'scher Körper und Niere der rechten Seite, der Wolff'sche Körper ist nach der linken Seite herübergeschlagen, dass man die hinter ihm liegende Niere und den Harnleiter sieht.

a. Wolff'scher Körper.

b. Ausführungsgang desselben, c Niere.

d. Harnleiter.

§. 6o.

Was nun weiter uasere Aufmerksamkeit; bei Embryonen dieses und efnes wenig spätem Alters auf sich zieht, Ist die immer grössere Erhebung und Entwickelung jener anfangs so zarten Fäden, welche über die Wolff'schen Körper bis zu deren oberem Ende hinlaufen , dagegen das Unscheinbarwerden der kurzen früher dickern Ausführungsgänge ^eser Körpet selbst. Früher ist der oberflächliche Faden der feinste, der Ausführungsgang aus dem untern Ende des Wolff'schen Körpers ungemein viel stärker ; später ist es der oberflächliche Faden , der übei-all von gleicher Dicke über das ganze Organ hloiÜiuft, und unten in gleicher Dicke vom Organ abgeht, wo früher der relativ viel dickere Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers in den Urachus übergieng. So sahen wir es schon bei einem Schafembryo von i Zoll 7 lin. j es wird aber bei altern Embryonen noch viel auffallender.


— 52 —

Je melir sich jener Faden entwictelt, in glelcliem Masse wird der zwischen dem Faden und dem Hoden oder Eierstock liegende Wolffsehe Körper kleiner, wodurch die Lage der Nieren hinler den Wolff«chen Körpern relativ immer höher rückt; immer aher sind die Wolffschen Körper noch ausserordentlich viel grösser als die IXieren, Nehennieren und die Hoden oder Eierstöcke.

Ich könnte hier noch eine Reihe von Ahhildungen Hefern, sie würden indessen kaum einige Untevschipde als die der relativen Grösse, aher noch keine innern Geschlechtsunterschiede zeigen. Ehe ich aber das Detail der Weilern eigenen Untersuchungen mittheile^ will ich erst einige Beobachtungen von Oken aus dieser Zeit anfuhren.


S- Gl. ' ,

Die Huudeemhyonen , welche Oken untersuchte, und deren Alter wohl unrichtig auf 20 Tage angegeben ist, mdssen 1 1/2. Zoll von der Stirn bis zum Afler. Oken's Beschreibung ist folgende *):

((Wird die braune Leber mit ihrer Nahelvene aufgehoben, so erscheinen dieselben zwei Organe, welche ich bei den Schweinen wurmförmig genannt habe, auf derselben Stelle und mit derselben längUchtrunden Form, aber sie sind hier kürzer geworden, steigen nicht mehr so hoch unter das Zwergfell hinauf, das aber seihst durch die Verlängerung der Brusthöhle mehr herabgerückt ist, und stehen mit ihrem obern stumpfen Ende weiter aviseinander, doch aber immer so, dass sie halbmondförmig einwärts gebogen erscheinen; aus den untern Enden geht ein Canal zu den Seiten des Urachus an die Stelle, wo die Ureleren sich in die Harnblase begeben; denn diese ist auch hier noch nicht gebildet. Wenn es bei den Schweinchen für das blose Auge zweifelhaft geblieben, ob die Verbindungscanüle sich etwa in den weiblichen hinter dem Urachus vereinigen, um als Multerhörner den Uterus zu bilden, so ist hier die Insertion dieser Canäle in den Urachus so täuschend, dass man sie geradezu für Ureteren hallen möchte. "


') a. a. O. H. II. p.


. - — 53 ^

Oken sah aucL die Keime dei' Hoden oder Eierstöcke als weisse Köra-r clien an der innern Seite der "Wol ff 'sehen Körper, welche von den halbmondförmigen, überaus grossen, wunderbaren Organen gleichsam umfasst Tsurden. Oken fährt nun weiter fort:

„Ich theilte diese Untersuchung wieder Herrn Hofi-ath Hiraly mit. Er versuchte nun mittelst einer Anelschen Spritze durch das Genitale Fernambuctinctur zu injiciren, und was unser einziger Wunsch war, wurde befriedigt, die Tinctiir drang nämlich in den linken F'erbindungscamd , aus diesem in das wumiförmige Organ und färbte das untere Ende desselben, eine Linie hoch, wie auch selbst den Canal ganz roth an. Die offene Verbindung des Genitale mit diesen Organen isf daher aufs strengste bewiesen, aber dennoch nichts für die Natur dieser Organe entschieden, da sie gemäss dieses .Versuchs noch immer Nieren oder Geschlechtsorgaue seyn können"

In einem andern Embrjo trieb ich die Tinctur durph das Genitale in beide f^erbindimgscanäle , in den untern Jiand des linken Organes und auf dem Rücjicn eines jeden Organes in einen engen Canal, der gerade, ohne alle Verzweigung, bis zum obersten Ende der Organe fortläujt; auf der linken Seite war er nur bis zur ßfitte , auf der rechten bis zur Spitze schön roth angefüllt. Zugleich färbte sich der Urachus roth, aber wieder nur etwas über die Hülfte.^^

§. 63.

Oken untersuchte die Wo 1 ff 'sehen Köi'per auch bei 3 achtwochenalten Ziegenembryonen und fand auch die Nieren und Nebennieren endlich hinter den Wolff'sohen Körpern. «Die Niere nämlich, eine Linie breit und etwas länger, bat ihr Becken, aus dem ein höchst feiner Harnleiter, ganz vei'schieden von den Canälen aus den langen Organeft, gebogen zvim Urachus herabsteigt- Oben* am vordem Rande lag die Nierendrüse (Nebenniere) ganz in derselben Form, Grösse und Lage, wie beim reifen Foetüs, nämlich wenigstens drei bis vieimäl kleiner als die Niere, und noch einmal so lang als breit." Oken schliesst nun, dass es ganz falsch sei , wenn man behauptet, dass die Nebenniere zu irgend einer Zeit grösser als die Niere sei, vind noch falscher, dass sie die Niere wie eine Kapsel umfasse, dass man daher immer, wenn man von einer grössern Nierencapsel redete,


- 54 das wurmförmige Organ verstanden, dass man von den wahren Nebennieren nichts gewusst habe, ausser hei einer Epoche, wo das grosse Organ verschwunden war und maa dann die Nebennieren immer kleiner als die Nieren gefunden.

Dieses Ralsonnement ist, wie mar» aus meinen übereinstimmeuden Beohachtungen ersieht, für die Classe der Säugethiere allerdings wahr, aber nui- fiir die Säugethiere, nicht für den Menschen. Nie habe ich die Nebennieren bei Säugelhieren giösser als die Nieren gefunden. Ich habe Embryonen jedes Alters von Schafen untersucht; in den jüngsten wie in dea älteslea , sind die Nebennieren nie grösser als die Nieren , zu keiner Zeit werden die Nieren von ihnen umfasst, immer liegen sie üher denselben, und bei Säugelhieren mag man wohl die verschiedensten Theile verwechselt haben. Kuhlemann *) bildet den Wolff 'sehen Körper ab und nennt ihn Niere, und Hall er, welcher die Sectionen zu Kuhlemann' s Schrift machte, redet an dlesec Stelle von Nieren und Nebennieren '^*).

Allein beim Menschen hat Okeu Unrecht und 6s ist, wie ich später beweisen werde, voUkomn ea richtig, wenn die Anatomen von den ausserordentlich grossen Nebennie:en sprecben. Bei sehr jungen menschlichen Embryonen von 8 Lin. bii* i Zoll Länge sind die Wolff'schen Körper schon sehr verkleinert, dagegen die Nebennieren ganz ausserordentlich gross und bedecken due kleinen Nieren vollkommen.

§. 64.

Oken hält die Wolff'schen Körper Tür die Anfänge der Ductus deferentes und derCornua; uteri. Dies ist nun freilich ganz unrichtig. Diese Organe bestehen noch im Rudiment, wenn über die Ductus deferentes und Trompeten kein Zweifel mehr übrig seyt kann, wenn Hoden oder Eierstöcke, Ductus deferentes oder Trompeten, Nieren und Nebennieren aussex den "SV oiff sehen Körpern zugleich vorhanden sind. Sie bleiben bei der Verlheilung der Oi'gane rein übrig^ und sind ganz eigenthümliche


•) 1. c. T. II. Gg. 8. "j Hillor op. mia. T. U . 440.


— 55 —

Organe, -welclie, wie wir bereits gesehen haben, in allerfrühester Zeit einen starken Ausführungsgang haben, späterhin zwischen dem Schwanz des ]V';^>enhoden und dem Hoden, oder zwischen der Trompete und dem Eierstock liegen und in dieser Lage bis auf ihren letzten Rest bei beiden Oeschlechtern verkümmern.

S 65.

"Was nun die weitern Veränderungen der relativen Grösse und Lage zwischen IViei-en, Nebennieren, Hoden oder Eierstöcken betrifft, so habe ich darüber folgendes beobachtet.

Bisher lagen die noch kleinen Nieren mit ihren Nebennieren ganz hinter den sehr grossen Wolff'schen Körpern, und reichten über die Mitte der Länge dieser Körper hinauf. Die Lage der Nieren und Nebennieren erscheint aber nun immer höher, je weiter der Embryo sich ausbildet, sie werden bald am «bern Ende der Wolff'schen Körper sichtbar, werden immer weniger von dem obern Theile dieser Körper bedeckt und erscheinen endlich ganz frei über den ^yol ff sehen Körpern und etwas mehr nach eiu'.värts gelegen.

Die Ursachen dieser A'eränderun2;en sind

I. Die allmählige Verkleinerung der Wolff'schen Körper, so zwar dass sie von ei-nem gewissen Zeitpunct an abs&lut nicht mehr wachsen, und selbst kleiner als früher werden.

3. Das allmählige Auseinanderweichen der obern Enden der Wolff'schen Körper, welche früher fast senkrechl standen , aber immer mehr .«schief und geneigt nach aussen zu liegen kommen, je weiter sich der Embryo entwickelt Hierdurch müssen ebenfalls die früher bedeckten Nieren an der innern Seite der Wolff'schen Körper, über den Hoden oder Eierken zum Vorschein kommen und immer weiter binaufrückea.

3. Das allmählige Grösserwerden der Nieren selbst

Man vergleiche über die relative Lage der Organe mit den frühern Abbildungen besonders fig. 4. und 5. Tab. IIL

Fig. 4. Wolff'sche Körper, Hoden oder Eierstöcke, Nieren und Nebennieren von einem 1 Zoll 7. Lin. langen Schaffoetus (vergrössert).

fl. W o 1 ff 'sehe Körper.

b. Ausführende GeschlechtsllKale.


— 5G —

c. Hoden oder Eierstöcke.

d. Nieren mit dea Ureteren.

e. Nebennieren.

Fig. 5. Dieselben Theile bei einem noch altern SchafToetus. Rechte Seile. (Vergrössert).

a. "VYol ff 'scher Körper mit dem ausführenden Geschlechlslheil.

b. Hoden oder Eierstock.

c. Niere mit dem Ureter. ' d. Nebenniere.

Bei noch altern Embryonen haben nun die Nieren so zugenommen, <äie Wolff'schen Körper dagegen sich so sebr verkleinert, dass letztere mit den an ihnen befestigten Hoden oder Eierstöcken durch einen immer grössern Zwischenraum von den Nieren getremat wei-den, und die Nieren absolut viel grösser als die Wolff'schen Körper werden, diese auch im Yei— hältniss zu den an ihrer innern Seite liegenden Hoden oder Eierstöcken allmählig abnehmen. Man vergleiche die Abbildungen aus späterer Zeit der Entwickelung. .

§. 66.

Nachdem die Theile sich mehr und mehr von einander allgesondert haben, hängen sie nur durch Falten des Bauchfells zusammen, welches vor ihnen hergeht und die Hoden oder Eierstöcke mit den Wolff'schen Korpern selbst umfast. Indem das Bauchfell vor den Nieren herabgeht vind. das oliere Ende des Wolff'schen Körpers erreicht, um dieses Organ einzuschliessen, entsteht eine Falte zwischen den Nieren und dem obern Endp dieser Körper. Die Hoden oder Eierstöcke sind durch eine Querfalte an die innere Seite der Wolff'schen Körper befesligt, und von lelztern i-eicht eine ähnliche Falle nach abwärts, da wo das Peritoneum, welches ihnen einen Ueherzug giebt, von ihnen herabsteigt.

§• 67

Während diese Veränderungen in der relativen Lage und Grösse der

Organe sich vorbereiten, fängt auch der Geschlechtsunterschied an deutlicher zu werden. Diese DilJerenz, welche bei Aviederkäuenden Thieren ziemlich fridie äusserlich , später aber innerlich erkennbar ist , zeigt


- 57 -•

sicti aü den Innern Tlieilen zu einer Z^elt, Wo der Wolff'sche Körper fieine vollkommenste Entwickelung erreicht hat und bereits anfängt, merklich sich zu verkleinern. Ehe wir jedoch diese verschiedene Entwickelung der männlichen und weiblichen Genitalien weiter verfolgen , miissen wir erst den innern Bau des Wo Iff 'sehen Körpers näher ins Auge fassen, damit wir auf die richtige Würdigung der weitern Metamorphose vorbereitet sind.


II. Innerer Bau des Wolff'schen Körpers.

§. 68.

Zieht man den Ueherzug, welchen der Wo Iff 'sehe Körper vom Bauchfell erhält, ab, was ausserordentlich leicht und ohne alle Verletzung der innern Theile geschieht, so bleibt der über die Oberfläche des Körpers verlaufende Gang mit diesem Ueberzug verbunden. Die darunter liegenden Röhrchen oder Blinddärmchen sind überall von gleicher Dicke bis an ihr stumpfes rundes blindes Ende, sie liegen meist quer und wenig gekrümmt oder geschlängelt und scheinen mit ihren Ursprüngen aus dem Innern des Körpers zu kommen, wenigstens sieht man äusserlich nirgends eine .Verbindung dieser Röhrchen, alle sind unverzweigt, alle von gleicher Dicke. Sie liegen ganz lose aneinander vind scheinen kaum durch ßindestofF aneinander geheftet, was unter der Loupe oder dem Microscop ein überaus schönes Ansehen gewährt. Siehe Fig. 6. Tab. III. den von seiner Oberhaut entblössten Wolff'schen Körper eines Schaßbetus, massig vei'grössert. Die innere Verbindung lässt sich nicht mehr enträthseln , ich habe aber früher gezeigt, dass der frühere Ausführungsgang dieses Körpers am untern Ende mit den Blinddäi^mchen zusammenhänet.

Dies bitte ich aber festzuhalten, worüber ich vollkommene Gewissheit erlangt habe, dass der iiber den Rücken des Organes verlaufende Faden in durchaus keiner Verbindung mit den Blinddärmchen selbst steht Dieser Faden ist anfangs ausserordentlich fein und viel dünner als die Blinddärmchen , später, nachdem er sich allmählig entwickelt, viel stärker; Oken und Himly haben diesen Faden in seiner ganzen Länge vom Genitale

8


^ -58 —

aus eingespritzt, oline dass etwas aus ihm über das Organ sich verbreitete; endlich habe ich den Mangel alles organischen Zusammenhanges in allea Fällen unter dem Microscop erwiesen, und ich werde zeigen, dass diese ausfuhrenden Geschlechtslheile eben so wenig später durch die Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers in organischen Zusammenhang mit den Hoden oder Eierstöcken gesetzt werden, sondern dass dieser Gang selhststäudig bei den Männchen sich verbindet.

Haben sich nun jene Gänge, Avelche über den convexen Theil der Wolff'schen Körper verlaufen, etwas weiter entwickelt, so sind sie selbst vom Wolff'schen Körper durch eine feine Leiste erhaben, >yelche von einer ganz schmalen Falte des Bauchfells entsteht, das, indem es den Wolff'schen Körper überzieht, diesen Gang in eine saumförmige Falte mit aufnimmt. Zu dieser Zeit fällt der Mangel des Zvisammenbaugs selbst bei oberflächlicher Untersuchung in die Augen, und man bemerkt zwischen dem ,deutlit:h ausgehöhlten Gang und dem Wolff'schen Körper selbst einen Zwischenraum, der eben durch jenes Fältchen ausgefiillt ist. Dana reicht der Gang auch oben etwas weiter als die Spitze des AYolff'schen Körpers hinauf, zeigt sich hier alsü etwas selbstständiges und endigt mit einer kegelförmigen Anschwellung. Siehe fig. y. Tab. IH.

.§• 70.

Uass die Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers wirklich hohl sind, davon kann mau sich leicht überzeugen, wenn man den Wolff'schea Körper der Länge nach mit einer feinen Schere durchschneidet, und untej* das Microscop bringt; man sieht dann die Lumina aller durchschnittenen Röhrcheu höchst deutlich, wie in iig- 8. Tab. HI. microscopisch abgebildet ist

Der W o 1 f f 'sehe Körper ist ausserordentlich reich au Blutgefässen und

enthält in den Zwischenräumen der Blinddärmchen bei frischen Embi-yo nen ein rothfleckiges Wesen, über dessen Bedeutung wir bereits Rathke's

schöne Beobachtung früher angeführt haben. Es sind nämlich feine Blul cefässkuäuel , welche Rathke bei Schweinen und Schafen durch Einspriz ... . .1

zunceu in die Aorta mit Bestimmtheit also solche nachwiess, nämlich als

eine sehr schön geformte Anhäufung der feinsten Arterien. Vergl. §. 2G.

dieser Abhandlung.


- 59 -.

Endlicli scheint mir nocli bemerkenswertli , dass die äussere Haut deä "Wo Iff sehen Körpers zwar ganz lose auf den Blinddärmchen aufliegt, aber doch von den unter ihr liegenden Biegungen der Röhrchen leichte Eindrücke erhält. Man sieht daher an -der innern Fläche der abgezogenen Oberhaut lauter wurmformige seichte Vertiefungen.

III. Weitere Entwickelungsgescbichte der männlichen und weiblichen innern Genitalien.

§• 71 Bisher waren die männlichen und weiblichen innex'n Genitalien nicht zu unterscheiden,- alle Embryonen haben entlang dem W o 1 ff 'sehen Körper einen Gang, den man für Ductus deferens eben sowohl als für Trompete halten könnte, an der entgegengesetzten intiern Seite ein keimbereiteodes Genitale, das man eben so gut für Hoden als für Eiei-stock anzusehen berechtig^; ist.

Von der Qegend des Bauchriuges erhebt sich eine Falte des Peritoneums nach aufwärts zum untern Ende des Wolff'schen Körpers und zu dem über diesen Körjier verlaufenden Gang. Diese Falte enthält ein Bündel Fasern; noch ist die Inserlionsstelle dieses Bandes, welches bei männlichen Embryonen später zum Giihernaculuni Hunter i ^ bei weiblichen zum Ligdmentum uteri rotundum wird, bei allen Embryonen gleich; es inserirt sich nämlich an den ausführenden Gang seiner Seite, am untei'n Ende des AYol ff sehen Körpers.

Man kann indessen bald die männlichen und weiblichen Embryonen schon äusserlich unterscheiden. Haben auch alle Embryonen im Anfang ein unten gespaltenes äusseres, ziemlich langes Gesohlechtsglied, so unterscheiden sich doch die Männchen bald durch die Länge dieses Gliedes, und die Stelle, wo der Hodensack aus Hautfalten entsteht, liegt viel weiter nach vorn als bei den Weibclien die Schamlippen j dies wenigstens bei wiederkäuenden Thieren. r

§• 72Bald unlerseheiden sich auch die innern Genitalien. I. Bei den männlichen Embi-yonen sieht man den über den äussei'n


.^ 6o —

Theil des WoJ ffscliea Körpers verlaufenden Gang, nach einer Anschwellung am obern Ende dieses Körpers, einen weissen granulösen Fortsalz an der innern Seile des Wolff'schen Körpers gegen den Hoden und an dem. Hoden enllang herabschicken. Vom obern Ende des ijodens geht auch ein weisser, noch dickerer Fortsatz, allmählig dünner gegen die innere Seite des Wolff'schen Körpers herab. Diese beiden Fortsätze, nämlich der vom obern Ende des genannten Ganges herabsteigende, und der vom Hoden gleichfall? herabsteigende, und unten mit ersterem vereinigle Forlsalz deuten das erste Rudiment des Kopfes vom Nßbenhoden an.

Diese Fortsätze fehlen bei den Weibchen, sowohl am ausführenden Gang, als an dem Eierstock. Letzterer hängt immer noch mit seinem Wolff'schen Körper durch ßlne einfache Falle zusammen. Das obere Ende des Ganges, der über den Wolff'schen Körper aufsteigt, reicht etwas über diesen Körper hinauf und endigt hier mit einer kegelförmigen Anschwellung, welche später eine OelTnung ei'hält.

Bei den Männchen entsteht daher eine neue Verbindung zwischen dem genannten Gang und dem Jt^oden, ohne yermittelung des Wolffschea Körpers, sondern dui'ch neue Subslanzentwickolung; bei den Weibchen fehlt diese Wechselwirkung zwischen jenem Gang und dem Eierstock,


§• 73 2. Ein zweiler Unterschied besteht darin, dass der über den Wolff'schen Körper veil^ufende Theil des Ganges bei den Männchen nicht besonders dick wird, dagegen mit der Verkleinerung des Wolff'schen Körpers sich in derselben Lage, welche er früher gerade eingenommen, zu kräuseln anfängt, was man mit Hülfe des Microscops sehr wohl unterscheiden kann; dass dagegen der über den Wolff'schen Körper verlaufende Theil des Ganges bei den Weibchen gerade bleibt, aber viel weiter wird. Aus »demselben Theil de§ Ganges, soweit er über den Wolff'schen Körper weggeht, entsieht daher mit zunehmender Verkleinerung des letztern, der Schwanz des Nebeuuoden bei den Männchen, die Trompete bei den Weibchen. Der untere freie Theil des Ganges, nachdem er den Wolffschea Körper verlassen hat, wird bei dem Männchen zum duclus deferens, indem


— Gier sich melir und mehr verlängert ; derselbe Theil wird bei dea Weibcheu zjiim untern Theil der Trompete oder zum Hörn de« Uterus,

S 74 5. Nachdem der über den Wolff'schen Körper verlavifende Theil des Ganges durch Kräuselung zum Schwanz des Nebenhodens geworden , der Wolff'sche Körper aber sich ganz verkürzt hat, ist die Insertionsstelle des Gubernaculum Hunteri nur scheinbar verändert worden. Dieses Band setzt sich jetzt an den Schwanz des Nebenhodens an , aber es ist noch dieselbe Stelle wie früher, mit dem Unterschied, dass der über der Insertionsstelle gelegene Theil des Ganges früher noch gerade und lang war, wie die Trompete bei den Weibchen, jetzt verkürzt und geschlängelt ist. Man sieht * hieraus , dass das Ligamentum uteri rotundum und das Gubernaculum Hunteri ursprünglich ganz dieselben Dinge sind. Allein das Ligamentum uteri rotundum bleibt dem Hörn des Uterus verbunden, wenn der untere Theil des aufführenden Ganges jeder Seite sich zum Hörn des Uterus erweitert hat. Beim Menschen werden selbst diese Hörner zum Fundus des Uterus iimgewandclt , und die Insertion des Ligamentum ist zuletzt am Uteriis selbst.

§• 7-5.

4- Der vierte Unterechied zeigt sich in der veränderten Einmündungsstelle der beiden Gänge in den gemeinschaftlichen Sinus uro genitalis , der vorn und abwärts zum Genitale externum, nach aufwärts und vorwärts zum Urachus übergeht. Im Anfang münden beide Gänge getrennt in diesen Sinus oder in den hintersten Theil des Urachus; bei den männlic'ien Jlmbryonen bleiben die untern Theile der Gänge auch getrennt, sie liegea nur dicht aneinander, können aber leicht und ohtie Verletzung von einandergelöst werden. Bei den Weibchen dagegen verbinden sie sich unten wirklich zu einem unpaaren Stück, welches durch eine Verlängerung auS/ jenem Sinus oder aus dem hintersten Theile jenes Schlauches hervorzu wachsen scheint, welcher Urachus, Meatus genitalis externus und die inserirenden Gänge verbindet. Das unpaarige Stück ist schmal, kaum weiter als die paaren Gänge selbst und anfangs sehr kurz, verlängert sich später


melir und mehr und ersclieint als Mittelstuck des Uterus, naclidem die Harnblase aus einer Erweiterung im untern Theile des Uracbus entstandea ist.

§.76..

5. Endlicli untersclieiden sich später auch die keimhereitenden Geschlechtstheile durch ihre Beschaffenheit 5 die Eierstöcke früher den Hoden voUkommea gleich, "sverden uneben und gleichen mehr einem unregelmässigen länglichen Läppchen, die Hoden dagegen bleiben oval und zeigen dea schoa genannten Fortsatz, welcher das Bündel der im Nebenhoden sich entwickelnden vasa eß'erentia enthält. Dies sind die allgemeinen Resultate unserer Untersuchungen, die wir nun im Einzelnen durch Mittheilung des Details der ßeobachtungea erhärteu werden


IV. Entwickelungsgeschl chte des TNehenhodens bis zum Verschw indea des WolfTschen Körpers.

§• 77 Der AYichtigste Punkt der Untersuchung wird nun die Eulscheidiing der Frage , ob bei den Männchen der spätere iSebenhode nur ein Rest des frühern W 1 ff 'scheu Körpers, oder ob der IVebenhode der Säugethiere ein eigenthümliches und neues Gebilde ist, und der Wolff'sche Körper ebenso wie bei den Weibchen verschwindet. Rathke hatte aus seinen frühern Beobachtungen das Resultat gezogen, dass der Wolff'sche Körper' bei den .Säiigelhierembi-yonen, Avie überhaupt bei den Thieren, Avelche einen Nebenhoden besitzen, ganz zum Nebenhoden werde. Diese Metamorphose war schwer zu begreifen; denn der Wolf f'sche Körper besteht, solange er zu erkennen ist, wie von Anfang, aus sehr vielen kurzen wenig geschlängelten , am Ende blinden Röhrchen. Der Nebenhoden aber besteht aus den Knäueln der sehr Aveni"en, unsemein langen vasa efferentia des Hodens, welche im Kopf des Nebenhodens die coiii vasculosi bilden, nirgends blinde Enden zeigen, sondern in den einfachen, vielfach gewundenen CanaL übergehen, welcher den Schwanz des Nebenhodens bildet.


— 63 —

Indessen Lat Ratlike jene Ansicht nacli neuern Untersucliungen zurückgenommen. In seinen Beiträgen zum II. Bande von Burdach's Physio- " logie als Erfahrungswissenschaft p. 592. änderte Ra ih ke seine frühere Ansicht dahin, dass der Nebenhode sich nicht aus dem Wolff'schen Körper, sondern aus den Windungen des Samenleiters selbst hilde. In einer noch neuern brieflichen Mitlhellung vom 18. Febr. 1829 war mein verehrter Freund so gütig, was er neuerdings durdi Beobachtung hierüber ausmitteln konnte, mir zu erölTnen, dass er nämlich bei Schweinen und Hühnern deutlichst wahrgenommen, wie ein Thell des AYolff'schen Körpers, währejad der andere schwindet , zum Nehenhoden sich umwandelt.

§• 78 Da dieser Gegenstand von der grössten "Wichtigkeit ist, und meine altern Beobachtungen nur aus der frühern Zeit der Foetusentwickeluag genaue und genügende Resultate geliefert hatten, so beschloss ich, über diesen Punkt eine Reihe neuer Untersuchungen anzustellen, um ihn zur • Entscheidung zu bringen. Diese Beobachtungen wurden an vielen Schafembryonen augestellt, die man sich im October, November und December in Menge in jeder Stadt verschalfen kann. Ich kann nunmehr beweisen, dass die Bliuddärmchen des AVolfi'scheu Körpers sich nicht in die coni vascvilosi des Nebenhoden umwandeln. Es giebt eine Zeit, wo dieWolffsclien Körper mit ihren gelblichweiss .gewordenen Blinddärmchen im R^udiment noch vorhanden sind, und wo zngleich ein diesen Blinddärmchen ganz fremder Nebenhoden aus Knäueln starker weisser Canäle vorhanden ist, der dem Wolff'schen Körper nur anliegt und bei frischen Embryonen auf das bestimmteste sich schon duich die Farbe von den gelben Bliuddärmchen des AVol ff 'sehen Körpers mit Hülfe der Loupe unterscheiden lässt. Ich kann ferner beweisen, dass der über den Wolff'schen Körper verlaufende Gang, in dieser ganzen Länge zum ScliAvanz des Nebenhodens wird, in dem Masse, als sich der Wo 1 f f'scke Körper verkürzt und der Über ihn verlaufende Gang sich kräuselt und Windungen bildet.

S- 79 Im Anfang, so frühe jener Forlsatz des Hodens bemerkbar ist, welcher vom obern Ende des Hodens umbiegend an die innere Seite des Wolff


- 64 seilen Körpers lierabgelit, sielit man nocli keine deutliclie Verbindung zwischen diesem Fortsatz und dem an der andern Seite des Wo 1 ff 'sehen Körpers aufsteigenden Gang. Siehe fig. g. Tab. IIL von einem Schaßbetus.

a. Gelappte JNieren.

b. Ure leren.

c. Hoden.

d. Der beschriebene Fortsatz, welcher die vasa eiFerentia enthält.

e. Wolff'sche Körper, sehr verschmälert.

f. Der über dieselben an der äussern Seite verlaufende Gang.

i '" §• 80.

Wenn man aber etwas später den innern Rand des AVolff'schen Körpers mit dem Microscop untersucht, so siebt man, dass jener schweiiTörmige Fortsatz des Hodens, vom obern Ende des Hodens herabgehend, au der innern Seite des W o 1 £ f 'sehen Körpers abwärts nicht aufhört, sondern hier umbiegt, als ein ganz dünner weisser Saum, der an der innern Sejle des Wo 1 ff 'sehen Körpers zurück nach aufwärts läuft, bis an die Spitze dieses Körpers, und dass dieser weisse Saum an der Spitze mit dem angeschwollenen Ende desjenigen Ganges verbunden ist, welcher an der entgegengesetzten oder äussern Seile des Wolff'schen Körpers aufsteigt. Jener Gang und der Hoden stehen dann miteinander in Verbindung und zwar durch eine umgekehrt S-förmige Schlinge vom obern Ende des Ganges bis zum obern Ende des Hodens.

Siebe fic. 2. Tab. IV. den Hoden, Nebenhoden und W o 1 f f sehen Körper linker Seite von einem fast 3 Zoll langen Schafembryo, von der Vorderseile vergrössert abgebildet. In der natürlichen Lage ist der Hoden an der äussern Seite von dem Wolff'schen Körper halb bedeckt und dadurch die Verbindung zwischen Hoden und dem iiber den Wolff'schen Körper verlaufenden Gang unsichtbar. Siebe fig- 2. A. Tab. IV. Zielit man aber Hoden und Wolff'schen Körper etwas von einander, so sieht mau sogleich den absteigenden Forlsalz vom obern Tlieile des Hoden. Siehe fig. 2. B.j und hält man die genannten Theile noch mehr auseinander, um sie microscopisch zu untersuchen, so sieht man die ganze Verbindung zwischen dem Hoden und dem obern Ende des, an der entgegengesetzten Seite des W o 1 ff sehen Körpers aufsteigenden , Ganges. Siehe llg. 2. C


— 65 —

a Hoden.

h. Wolff'sclier Körper.

c. Der ausfiihreude Gesclileclitslliell an der äussern Seite des Wolffschen Körpers.

d. Absteigender Fortsatz des Hoden, an der innern Seite des Wolf fschen Körpers.

e. Die granulöse Verbindung zwischen diesem Fortsatz und dem ausfiihrenden Geschlecbtstbeil.

Alle diese Tlieile sind darum leicht mit dem Microscop von einander zu unterscheiden, weil der nebenhodeuartige Saum ganz weiss, derWolffsche Körper und seine Blinddärmchen aber gelblich erscheinen.

§. 8i.

Da der Hoden in der Mitte der Länge des Wol ff 'sehen Körpers liegt, der ausführende Gang aber bis an die Spitze des Wolf f'schen Körpers au der entgegengesetzten Seite hinaufgeht, um von da aus erst die Verbindung mit dem Hoden einzugehen, so reicht der Nebenhoden anfangs viel höher als der Hoden aufwärts. Jemehr sich aber der Wo Iff 'sehe Körper verkleinert, um so mehr verkürzt sich auch der Nebenhoden, und um so mehr kräuselt sich der über dem Wo Iff 'sehen Körper gelegene Theil des ausführenden Geschlechtstbeils; aus diesem gekräuselten Theil des Ganges entsteht der Schwanz des Nebenhodens. Bei einem Schaffoetus von 5Zoll3Lin. Länge bis zum After ist die Verkürzung und Verkleinerung des Wolffschen Körpers schon so bedeutend geworden , dass er nicht länger als der ansehnliche Hoden ist und zwischen dem Kopf und Schwanz des Nebenhodens wie von einer Schlinge umfasst ist. Die Canäle des Nebenhodens sind weiss und stark 5 die, ganz verkümmerten Blinddäx'mchen des Wo Iff 'sehen Körpei'S aber schmutzig gelblich.

Siehe fig. 3. A. Tab. IV. a. Hoden. b- Der vom Hoden oben abgehende Anfang des Nebenhodens.

c. Die nach oben zurückkehrende Fortsetzung des Nebenhodens 3 beide zusammen bilden später den Kopf des Nebenhodens.

d. Schwanz des Nebenhodens, der gekräuselte Canal, welcher früher

9


— 66 —

über die ganze Länge des Wolff'schen Körpers verlief, nun gleiclizeitig mit diesem Körper verki;irzt. e. Ductus deferens. f. Rest des Wolff'schen Körpers.

Fig. 3. B. Tab. IV. Dieselben Theile von der Rückseite. Die Bezeichnung ist dieselbe. Der Schwanz des Nebenhodens ist von dem Hoden verdeckt und unsichtbar.

§.82.

Bei einem Hirschfoetus von 5 Zoll Länge bis zum After, den ich aus derSammlung von Dr. Heinrich Meyer in Berlin erstanden habe, fand ich keine Spur des Wolff'schen Körpers mehr, den Nebenhoden dagegen schon viel mehr ausgebildet. Der Kopf des Nebenhodens reicht noch sehr lief herab, vom obern bis zum untern Ende des Hodens und bildet eiue zuerst herab, dann wieder aufsteigende breite Schlinge, welche oben in den Schwanz des Nebenhodens umwendet. Dieser Schwanz des Nebenhodens besteht nur aus Avenigen Windungen eines einfachen Canals, desselben Canals, der früher über die ganze Länge des Wolff'schen Körpers aufsteigt. Fig. 4. Tab. IV.

a. Hoden.

b. Schlingenförmiger Kopf des Nebenhodens.

c. Schwanz des Nebenhodens.

d. Ductus deferens.

§. 83.

Während auf diese Art die Wolff'schen Körper bis auf die letzte Spur verschwinden, der Nebenhoden aber sich ausbildet, sinken die Hoden an ihrem Gubernaculum immer tiefer gegen den Bauchring herab; der Ductus deferens, die Fortsetzung des Schwanzes vom Nebenhoden verlängert sich mehr, und früher aufsteigend zum Hoden, liegt er nun mehr horizontal mit dem gesunkenen Hoden, um seinen Verlauf bald noch melir zu verändern, indem der Hoden dui-ch den Bauchring tritt. Der Ductus deferens steigt dann bis zum untern Ende des Nebenhodens herab, und indem er dasselbe VeihäUniss zum Nebenhoden behält, wendet er sich zum untern Ende des Nebenhodenschwanzes.


- 67 - Bei einem Scliaffoetus von 8 Zoll Länge vom Scheitel bis zum After fand icli den Hoden durch den Bauchring getreten, aber noch nicht in der Tiefe des Hodensacks, sondern itn ehern Theile der grossen Höhle, welche noch mit der Bauchhöhle dui-ch den weiten Bauchring zusammenhängt, und sich später zum Sack der Tunica vaginalis testiculi von oben abschliesst.

Der Kopf des Nebenhodens, welcher früher vom obern bis zum untern Ende des Hodens reichte, hat sich jetzt schon aufgerichtet, liegt am obemTheil des Hodens und zeigt noch eine Spur der langen Schlinge, aus welcher er früher bestand, der Schwanz des Nebenhodens besteht immer noch aus einem rechts- und links abwechselnd sich biegenden Ganal, der unter dem Hoden zum Ductus deferens umwendet. Siehe flg. 5. Tab. IV.

A- Höhle des pi^ocessus vaginalis peritonei.

B. Hoden von dem Bauchfell überzogen, welches durch den Bauchring sich fortsetzt und diese Höhle auskleidet.

a. Kopf des Nebenhodens.

h. Die frühere lange Schlinge, dasselbe Was h. in fig. 4- Tab. IV.

e. Schwanz des Nebenhodens.

d. Ductus deferens.

Junge Kälber zeigen noch am Kopf des Nebenhodens eine Spur jener Schlinge, in einer zuerst abwärts, dann wieder aufwärts sich wendenden Biegung, welche dann durch eine umgekehrte Biegung in den Schwanz des Nebenhodens übergeht. Letzlerer besteht dann aus viel zahlreichern AVinduugen eines einfachen Canals. Die Samenvenen bilden einen ausserordentlich starken plexus pampiniformis über dem oberen Ende des Hodens im Samenslrang. V. Weitere Entwickelung der weiblichen inneren Geschleclitstheile bis zum Verschwinden der Wolffschen

Körper.

. §. 84.

Ich habe schon bemerkt, dass bei den weiblichen Embryonen die über die W o 1 ff ' sehen Körper verlaufenden Gänge, statt an ihrem obern Ende in Wechselwirkung mit den an der Innern Seite der Wolffschen Körper


— 68 —

liegenden Eierstöcken zu treten , mit ihrem oberen Ende vielmehr frei hervori'agen und eine kegelförmige AnschwelluDg bilden, vekhe sich später öITaet, und dass der über den "VVolff'scben Körper verlaufende Theil des Ganges, statt wie bei den Männchen mit der Verkürzung des Wolff'schen Körpers sich zu kräuseln und zu vviuden, vielmehr gerade bleibt und sich erweitert. In diesem !^ustande ist die Trompete unveikennbar , welche bogenförmig den verkleinerten Wolf f 'sehen Körper von aussen umfasst, oben mit der Oeffnung über ihn hei-aus ragt, unten aber mit einem kurzen freien Theile sich mit der Trompete der andern Seite zu einem unpaaren Schlauclie verbindet. Diese Gänge haben noch überall dieselhe "Weite bis zu ihrer Verbindung miteinander. Eine Abtheilung des Ganges im Uterushorn urfd engere Ti-ompete ist noch durchaus nicht vorhanden und die Stelle dieser spätem Abtheilung wird nur durch den Ansatz des Ligamentum uteri ror lundum angedeutet. Zwischen Trompete und Eierstock liegt der verkleinerte Wo 1 ff sehe Körper von schmutzig gelblicher Farbe, den Eiei'stock gleichsam umfassend. Doch bewirken die Blinddärmchen dieses Körpers durchaus keine Verbindung zwischen den Trompeten und den Eierstöcken , die Trompete liegt nur dem Wolf f sehen Körper an und ist' selbst durch eine kleine saumföi-mige Falte des Peritoneums von diesem Körper getrennt. Alle Theile, früher aufrecht, haben sich sehr gesenkt. Siehe fig. lo, Tab. III- von einem Schaßbetus. Vergrössert.

a. Wieren.

h. Ureteren.

c. Eierstöcke.

d. Wolff'sche Körper.

e. Trompeten und Hörner des Uterus. "• , y. Ende der Trompeten mit den Franzen.

g. Mittelstück, des Uterus. i

$. 85.

Bei älteren weiblichen Embryonen sind die Trompeten dicker und etwas wellenförmig, die Wol ff sehen Körper sehr verkleinert und ihre Spurea nur in einerVerdoppclung desPeritoneums zwischenEierstock und Trompete enthalten. Die Eierstöcke selbst sind verhältnissmässig sehr gross und uneben. Der untere Theil der Trompeten erweitert sich und die Abtheilung zwi


- Gg ~

seilen Trompete und Ilorn des Uterus ist ausgebildet, oLgleicli die Trompete verhältnissmässig bis an das Abdominalende noch sehr weit und nicht gewunden, wie bei erwachsenen Schafen, sondern nur wellenförmig ist.

Ritzt man dann die Verdoppelung des Bauchfells zwischen Eierstock und Trompete an der Rückseite auf und nimmt man das Peritoneum zwischen'^dem Ende der Trompete und dem Eierstock weg, so sieht man mit Hülfe des Microscops noch ein fast kegelförmiges Häufchen der weissgelben Blinddärmchen des Wol ff 'sehen Körpers. Diese weissgelben noch überall gleich dicken Gefässe sind viel dünner geworden und liegen in einem schleimigen Stoff verborgen.

Diesen Zustand habe ich durch eine Abbildung an einem 5 Zoll gi-ossen Hirchfoetus erläutert, den ich mit dem bei fig. 6. T. IV. beschriebenen männlichen Hirschfoetus gleicher Grösse ausDr.H einrieb Meyer's ehmaliger Sammlung habe.

Fig. 6. Tab. IV- Innere Geschlechtstheile von der Rückseite.

a. Uterus.

h. Hörner desselben.

c. Trompeten.

d. Eierstöcke.

e. Wolff'scher Körper.

Rathke -'■') sah noch eine geringe Spur jener Körper bei einem neugebornea Lamm.


VI. Besondere Entwickelung des unpaarigen Geschleclits ganges.

§. 86. .

Dass bei den Säugethierembryonen die Allan toide ursprünglich nicht vom Endstück des Darmkanals getrennt ist, sondern, wie bei den Vögeln, in dieses einmündet, ist eine Beobachtung von Rathke *). Die Säugelhiere besitzen also, wie die Vögel, ursprünglich eine Cloake, deren äussere Oeffnung, wie


  • ) Beiträge zur Geschichte der Thierwelt III. p. 82.
  • J B urdach's Physiologie T. II. p. SjS.


auch TieJemaan beim menschlichea Embryo beobacblet bat, dea Damm eiQuimmtuad dem Darmkaaal, dea Genitaliea uad Harawerkzeucrea eemeinscbaftlicb ist. Nacb Rathke näbera sich die Seilenwäude der Cloake einander und es treten zwei Längenfalten hervor, Avelche späterbin mit einander verfliessen und eine Scheidewand zu Wege bringen, die den After und den andern Theil des Scblauches von einander abscheidet'"'). Eine Hemmunssbildung ist also die Communication des Afters und der Harnwerkzeuge.

§• 87 In Hinsicht der nunmehr folgenden Periode der Ausbildung folge ich meinen eigenen Beobachtungen. Der vom Endstiick des Darms abgetrennte Schlauch ist mehreren Theilen gemeinschaftlich , in ihn münden die Ureteren, die ausführenden Gänge der Genitalien vonj hinten, von vora der Urachus, nach abwärts führt er in die gemeinschaftliche Uro - Genitalspalte. Noch zeigt sich keine Abtheilung dieses Schlauches für die verschiedenen genannten Theile, er ist überall gleich ^Yeit, und gefärbte Flüssigkeit, in^die Fissura uro- genitalis eingesprützt, füllt diesen Schlauch, füllt, wieschonOken undHimly gezeigt haben, die ausführenden Gänge der Geschlechtstheile, und den Urachus zu gleicher Zeit {§■ 61.). Ich werde diesen jetzt noch gemeinschaftlichen Schlauch Sinus uro- genitalis, die äussere OefTnung forthin Fissura w^o - genitalis nennen.

§. 88.

Dieser gemeinschaftliche Sinus erleidet nun wieder eine weitere Abtheilung.

Bei den weiblichen Embryonen erhebt sich aus dem hintersten Theil des Sinus uro -genitalis ein Mittelstück, auf welchem die Trompeten aufsitzen, der unpaarige Tbeil des Uterus; indem diese Abtheilung zwischen der pars genitalis und urinaria nach abwärts vorschreitet, wird der nach abwärts führende Gang bei den weiblichen zur Scheide.

Der Urachus schnürt sieb ebenfalls, mit demjenigen Stück des Sinus urogenitalis, in welches die Ureteren treten , von dem gemeinschaftlichen Sinus ab, und indem der unterste Theil desselben sich verengt, der mittlere aber er


  • ) Ebeod.


Aveitert, entstellen die weibliche Harnröhre und die Blase. Allein die Blase selbst ist lange Zeit nur eine längliche Erweiterung des Urachus, die erst spät unten und oben sich mehr begrenzt und zuletzt in den fadenförmig gewordenen Urachus übergeht

Bei den männlichen Embryonen bleibt der meatus urinarius derHauptcanal, in welchen die ausführenden Gänge der Geschlechtstheile sich einsenken, dessen gemeinschaftlicher Theil doch immer besser CanaZ/^ urogenitalis als Urethra genannt wei'den könnte; bei den weiblichen Thieren wird der Canalis genitalis derHauptcanal als Scheide, und die Absonderung beider Wege schi'eitet al'mählig bis an den Ausgang der Scheide vor Bei mehreren Thieren kömmt es sogar zur äussern voUkommnen Abiheilung der Harnröhre von dem Ausgang der Geschlechtstheile.

VH. En t wi ckelun gsgeschich te der äussern Geschlechtstheile.

§•89.

Da bei dem Menschen bekanntlich die äussern Geschlechtstheile bei allen Embryonen in früher Zeit gleich sind, indem beide Geschlechter fast als hypospadiaei erscheinen, so schien es mir sehr interessant, die äussern Geschlechtstheile bei denjenigen Thieren im embryonischen Zustande zu untersuchen, deren Genitalien im erwachsenen Zustande die |meistea Verschiedenheiten darbieten j bei denen sich zum Beispiel die Scheide des Penis dicht hinter dem Nabel öffnet. Ich hoff'te bei den wiederkäuenden Thieren einen sehr frühzeitigen Unterschied der männlichen und weiblichen äussern Genitalien zu finden; allein bei allen Embryonen von Schafen, welche nicht über 1 Zoll Grösse haben, lassen sich durchaus weder äusserliclie noch innerliche Unteischiede der Geschlechter erkennen. Alle Embryonen haben ein verbal tnissmässig langes, gekrümmtes, unten gespaltenes Glied, dessen Sjialte bei Embryonen von i Zoll bis dicht vor den After durch den Damm sich fortsetzt, und dessen Spalte vorn sich theilt, um eine gabelförmige Furche um die deutliche Eichel zu bilden. Siehe fig. 2. C. Tab. HI. die vergrösserlen Genitalien von einem Embryo von i Zoll Länge vom Scheitel bis zum After, demselben Embryo, dessen innere Genitalien in (ig. 2. yl. B. Tab. HL. abgebildet sind.


1


Bei altem männliclien Embiyoaea Avird dieses Glied länger, bei weiblichen verklu'zt es sich, indem die Säume des unten gespaltenen Gliedes die Nymphen der vScham bilden. Siehe flg. n. Tab. IV. von einem weiblichen SchalFoetus von 4 Zoll Länge, fig. 12. Tab. IV. von einem Hirschfoelus von 5 Zoll Läge bis zum After.

Bei den Männchen wird das Glied zugleich durch Verwachsen der PenisScheide an die Bauch wand angeheftet, Avas früher nicht der Fall war, so dass die um das geschlossene Glied gebildete Scheide bald dicht hinter dem Nabel sich öffnet. Diese Scheide wird abei'mals um so länger, je mehr der anfangs sehr tief stehende Nabel gegen die Mitte des Bauches rückt.

Der Hodensack erscheint wie bei dem IMenschen zuerst als eine doppelte leere Hautfalte, zwischen welcher sich die Spalte des Dammes fortsetzt, auch diese Falten rücken allmählich mehr nach vorwärts.


Vierter Absclinitt.

Beobachtungen über die Entwickelung der Genitali en bei dem Embryo des Menschen.

1. Entwictelungsgescliiclite der Wolff'sclien Körper bis zur letzeu Ausbildung der Genitalien.

§• 90 Jjeobacbtungen über die Wolff'sclien Körper an menscblicbeu Embryonen der allerfrühesten Zeit feblen mir. Ich besitze zwar einen wunderschönen menschlichen Embryo von 5 1/4 Lin. Länge, in der Krümmung gemessen, mit Janggestieltem IVabelbläschen und Spuren der Halsspalten, den ich anderswo beschreiben werde. Allein ich wollte diesen mir höchst merkwiirdigen, etwa vierwöehentlichen Embryo nicht für die Untersuchung der inneren Theile opfern, besonders weil ich einen Säuge thiei^embryo aus eben so früher Zeit der Entwickelung bereits zergliedert hatte. Siehe §. 5i.

Wahrscheinlich würde ich bei der Untersuchung gefunden haben, was I. Fr. Meckel von einem menschlichen Embryo von mehreren Linien Länge beschreibt und was fast ganz mit unserm Resultat von der Section des winzigen Mäuseembryo übereinstimmt. Meckel sagt (Beiträge zur vergl. Anat«  I. B. L H. p. 71. 72): , . , .,

«Zu beiden Seiten des Körpers, in der Mitte verschmolzen (?), liegt längs der ganzen Wirbelsäule bis zum Kopfe hinauf, eine länglige Masse, auf der ich zwar bie und da dei' Länge nach verlaufende Einschnitte bemerkte, die sich aber nicht deutlich in bestimmte Organe schied iind end-* lieh in den INabelstrang auslief." Meckel fragt, war es die gemeinschaftliche Masse, aus welcher sich nachher Lungen, Leber, Nieren, Webennie 10


- 74 ren und Gesclileclitstlieile absondern? Dass dies nun die ersteij. Anfänge dei' Wolf f sehen Körper waren, leidet keinen Zweifel, wenn n\an die mitgellieilten friilizeitigen Beobaclitungen über die Wolf f'schen Körper bei Säugelbier - Vogel - und Eidecbsenembryonen vergleicben will. Lungen,Lebe^, Nieren, Nebennieren und Genitalien nehmen ohne hin eine ganz andere Entstehung.

§• 9^ Die hieran sich schliessende nächste Beobachtung ist von mir, imd beIrifft einen menschlichen Foetus von 8 Lin. Länge, der in natürlicher Grösse in Fig. ii.Tab. III. abgebildet ist. Dieser Embiyo steht in der Mitte zwischen denen der IV. und V.Figur von Soemmerring '■'■), die er beide auf 7 Wochen schätzt. An unserm Foetus waren die E\(tremitäten noch ganz kurz und slumpfartig, aber es zeigte sich schon ein Anfang der Abtheilung des Stumpfendes in Finger. Der Koj)f betrug if5 der Länge der ganzen Gestalt.

Nach Eröffnung des Unterleibs fand icb hinter der Ungeheuern kugligen Leber, zu den Seilen der Wirbelsäule, auf jeder Seite 5 Organe. Zunächst fielen die ungeheuren Nebennieren in die Augejj, welche am höchsten reichten; diese waren oval, an ihrem obern Ende von einander absiebend, nnten einander genährt, so dass sie hier zusammenzufliessen schienen, was aber nicht der Fall war. Hinter den Nebennieren lagen die viel kleineren Nieren, welche nur ly^ des Flächenraums und wohl ^f6 des Volums der Nebennieren ausmachten. Die Nieren, an denen ich den Ureter entdeckte, waren also ganz von den Nebennieren bedeckt, wie in der Beobachtung von I. Fr. Meckel (Beiträge zur vergl. Anat T. L H. L p. 99. Tab. V. fig. 21. 22), so zwai-, dass die Nebennieren nur wenig tiefer, aber viel höher und Aveiter ia die Breite reichten. Siehe die vergrösserte Abbildung fig. w.B. Tab. IIL a. Nebenniere der rechte Seite, h. Niere der linken Seite, nach weggenommener Nebenniere,

§• 92 Unter der Nebenniere lag jederseits ein längliches walzenförmiges Organ, schief in der Richlu;:^ von oben und aussen, nach unten und innen;


') Icooes embryonum hutnanorum Francof. 1799. foL


-. 75 etwas "weiter nach aussen lag in derselben Richtung, fast parallel, ein Ausführungsgang, der in den (§. 87. beschriebenen) Ä/zj/j' uro - genitalis communis überging. Zwischen diesem Gang und dem walzenförmigen Organ lag ein langes plattes Organ, das an jenem Gang wie eine Federfahne an ibrem Kiel seitlich anhing. Dieses Organ war länger als der an seiner Innern Seite gelegene walzenförmige Körper, viel dünner; aber ebenso breit, und reicbte oben so weit als der an seiner äussern Seite gelegene Gang, unten aber bis fast zur Einsenkung des Ganges in den Sinus uro -genitalis communis. Nachdem ich die Wol ff 'sehen Körper bei so vielen Embryonen von Säugethieren untersucht hatte, konnte ich keinen Augenblick zweifeln, dass dieses Organ der WolfTsche Körper, das an seiner innern Seite angeheftete, mit ibm parallel laufende walzenförmige Organ Hoden oder Eierstock, der an seiner äussern Seite hinlaufende Gang der ausfübrende Geschlechlstheil sei.

Siehe Fig. i\. B. Tab. III. die vergrösserte Abbildung jener Organe.

Ä. Webenniere der rechten Seite , Avelche die hinter ihr liegende Niere ganz bedeckt.

h. Niere der linken Seite, nachdem die linke Nebenniere weggenommen worden.

c. Keimbereitendes Organ , Hoden oder Eierstock rechter Seite.

d. Wolf f 'scher Köi'per der rechten Seite.

d'. W o 1 ff 'scher Körper der linken Seite, der Hoden oder Eierstock ist auf der linken Seite weccenommen.

e. e. Ausführender Geschlechlstheil, Ductus deferens oder Trompete.


Worüber ich mich nun sehr zu verwundel-n hatte, war die zwar allgemeine Uebereinstimmung mit den Säugethieren , aber die grossen Unterschiede in der relativen Grösse der einzelnen Organe.

1. Für die ausserordentliche Kleinheit des Embryo war der Wolffche Körper schon sehr verkleinevt, und Wenn auch etwas länger als der an seiner innern Seile liegende Hoden oder Eierstock, aber viel dünner oder platter als dieser, so dass der Wol ff 'sehe Körper bei diesem Embryo, wenn er länger gelebt hätte, gewiss über kurz fast verschwunden seyn würde. Gleichwohl sind die Wol ff 'sehen Körper hei 5 Zoll grossjnThieretobryonen, namentlich SchafFoetus, noch so gross, wie hier bei einem


^ 7Ö 8 Linien grossen menschliclien Embryo. Von diesem baldigen Verscbwindeu des W ol ff 'scben Körpers überzeugte ick mich denn auch bei dem zunächst zu beschreibenden, nicht viel äliern menschlichen Embryo.

2. Eigenthümlich ist die walzenförmige Form des keimbereitenden Geschlechtslhejls, während es bei den Thierembryonen anfangs nur hirseakornähnlich ist und lange bleibt, vind sehr spät bei den weiblichen Embryonen nur länglicher wird.

3. Eben so merkwürdig ist die ausserordentliche Grösse der Nebennieren, welche bei Säuget^iierembryonen niemals, auch in der frühesten Zeit nicht grösser als die JXieren sind , und die Nieren niemals in der ganzen Lance bedecken.



S. 94 Der zweite Embryo, den ich zergliederte, betrug i Zoll Länge. Dieser steht in der Milte zwischen den in der ^'L und VII. Figur von Sommer ring, welche V. Sömm erriu g auf 8 und 9 Wochen schützte. Die Extremitäten waren hier schon länger, die Zehen und Finger abgetheilt. Siehe flg. 12. A, Tab. III. unsere Abbildung in natürlicher Grösse.

Ich erkannte sogleich wieder die sehr gi'ossen Nebennieren, welche die Nieren mit ihrem untere Theil ganz deckten und noch viel grösser als letztere waren.

ünler den Nebennieren lagen die länglichen keimbereitenden Organe, Hoden joder Eierstöcke, aber schon viel mehr auseinander gedrängt und mehr geneigt. An der äussern Seite derselben waren die ausführenden Gänge sehr deulllch. Zuerst schien alle Spur der "VYolffschen Körper zwischen den Gängen und den keimbereitenden Organen zu fehlen. Bei microscopischer Untersuchung erkannte ich aber noch eine sehr schmale, aber lange Spur derselbe^ in diesem Zwischenraum.

Fig. 12. yi. Tab. IIL a. Nebenniere der rechten Seite.

h. Niere der linken Seite, von der über ihr liegenden Nebenniere befreit.

c. c. Hoden oder Eierstöcke.

d. 3. Ausfiihrungsgänge der Genitalien. Fig. 12. B. T.ib. III. vergrösserte Abbildung.


"• 77 -—

a. Nebenniere der recbien Seite. h. Niere der linken Seite. C. c. Heden oder Eierstöcke, <f, d. Ausführungsgänge der Genitalien.

e. e. Die zwischen diesen Gängen und den keimbereitenden Organe» liegenden schwachen Spuren der Wol ff 'sehen K-örper,

§• 95 Aus diesen Beobachtungen konnte ich mir nun erklären, warum ich früher einmal bei einem wenig altern, nämlich lO wöchentlichen Embryo den Ausführungsgang dicht an dem keimbereitenden Organ anliegen sah und bei unbewaffnetem Auge keine Spur des Wolff'schen Körpers auffinden konnte. Damals glaubte ich, das die Wolff'schen Körper, so gross und ungeheuer bei den Thiei'eo, vielleicht dem. menschlichen Embryo fehlen möchten. Ich hatte diese Organe noch nicht bei altern Embryonen mit Hülfe des Microscops auffinden gelernt, ich wusste noch nicht, dassRosenmüller schon im Jahr 1801 eine Spur dieser Körper bei einem ällern weiblichen Mensche nfoetus gefunden hatte, Organe, die er freilich von Thieren nicht kannte und die er falschlich für nebenhodenartige Theile der weiblichen Embryonen hielt. Ich wusste nicht, dass diese Organe so ausserordentlich frühe bei dem menschlichen Embryo verkümmern, und dass sie deswegen fast allen Zerglieuern menschlicher Embryonen entgangen sind. Worin liegt nun die Ursache dieses schnellen Verschwindens? Sollte dies mit dem frühzeitigen Verschwinden oder Mangel der Allan tois bei dem menschlichen Embryo in Verbindung stehen?

Man wird die v/eitere Ausbildung der Veihältnisse, die beim Erwachsenen statt finden, an dem in flg. i5. Tab. HI. abgebildeten 10 wöchentlichen Embryo leicht übersehen und vergleichen können.

a. Nebennieren. •',

b. Nieren. j

c. Eierstöcke. ;

d. Trompeten, * Hier kann über das Geschlecht schon kein Zweifel mehr übrig seyn ,

und die Nebennieren, noch ebenso gross als die Nieren, und wohl noch etwas grösser, haben sich indessen so verkürzt, dass sie fast ober den Nieren lietien.


^ • - 78 §■96 Ehe wir nun ■weiter in der Entwickelungsgescbiclite unJ in der Vergleicliung der Beobachtungen fortschreiten, müssen wir einige Bemei'kungea über das Verbältniss zwischen den Nieren und Nebennieren machen.

Oken ), nachdem er die Wolff'schen Körper als eigenthümliehe Organe bei den Siiugethieren erkannt hatte, schloss, dass es ganz falsch sei, wenn man behaupte, die Nebennieren seien zu irgend einer Epoche grösser als die Nieren, die Nieren seien von den Nebennieren capselförmig umfasst, lind glaubte, dass man immer jene wunderbaren Organe, falschlich für die Nebennieren genommen habe. In der That war von Seite derjenigen, welche Saugethierembryonen zergliederten, die Verwechselung mit den Nieren und Nebenniei-en nicht selten. Kublemann '■•') und D z o n d i *•') Iiielten die "Wolff'schen Körper für Nieren, und Haller spricht be Kuhlemann's Beobachtung von Nieren und Nebennieren t). Allein Oken hat vollkommen Unrecht, wenn er diese Verwechselung auch bei den Zergliederern menschlicher Embryonen annimmt.

Niemand ausser I. Fr. Meckel hatte bisher einen menschlichen Embrvo aus so früher Zeit zergliedert, wo dasWol ff'sche Organ noch sehr deutlich war. I. Fr. Meckel hatte es nicht verwechselt, denn er hielt es fiir die gemeinsame Masse , woraus die Uuterleibsorgane hervorgehen und rügt zugleich Oken's Bemerkung tt). Bei Embryonen von 8 Lin. ist unser Organ noch deutlich, bei Embryonen von 1 Zoll Länge ist es, wie ich gezeigt liabe, schon schwer aufzufinden. Die Nebennieren sind dagegen jetzt und früher ausserordentlich gross, umschliesen und bedecken wirklich die Nieren von vorne ganz, wie Capseln, und daher sind die Angaben der Anatomen, welche Oken anführt und tadelt, namentlich von Haller, Wrisberg, Bidloo, Droysen, Morgagni, Röslein, Cassebohm, Da nz volltommen richtig.


  • ) A. a. 0. Heft. 2. p: 191

"~) K. a O. T. II. flg. 8. '*-) A. a. O.

t) Op. min. T. It. p. :'|4o: "ttJ Beiträge zur yergU Aoal. B, I. H. i , p. i oS


— 79 — ■

§•97 Die genauesten bisherigen Angaben' über die Nebennieren der mensclilieben Embryonen sind die von I. Fr. Meckel. Meckel's erste Beobachtung von einem g Linien grossen Embryo stimmt ganz mit meiner ei'stea Beobachtung von einem Embryo von 8 Linien. Aucb bier waren die kleinen Nieren von den 2 Lin. grossen Nebennieren bedeckt. '■'•') Bei einem andern, 1 Zoll grossen Embryo *=) fand Meckel die Nebennieren 5 Linien lang, die Nieren lagen hinter ihnen und waren nicht völlig halb so voluminös. Meckel bemerkt auch, dass die Nebennieren unten verwacbsen waren und eine Masse bildeten. Dies war aber wohl nur scheinbar, wie an dem von mir beschriebenen i Zoll grossen Embryo.

Nach Meckel ändert sich dieses Verhältniss erst in die Gleichbeit der Grösse beider Organe bei lo — 12 wochentlicben Embryonen -■'-■■-=•'). Hiemit stimmen axicb meine Beobachtungen. Man sebe fig. 8. von einem lo wöchentlichen Embryo. leb habe bei einem weibiicben Embryo von 01/2 Zoll Länge bis zum After, 5 Zoll Länge bis zu den Fussspitzen, noch kein Missverbältniss zwischen Nieren und Nebennieren beobachtetj letztere sind vielmehr noch breiter, wenn auch platter als die deutlich gelappten Nieren. Siehe fig. g. Tab. IV. die Abbildung.

§. gS.

Nach dieser nolhwendigen Episode über das Verhältniss der Nebennier'en und Nieren zu den Wolff'schen Körpern, wodurch wir Oken's Bemerkung und Missverständniss zu berichtigen halten, kehren wir zu unsern Organen zurück, um diejenigen Beobachtungen avxfzüf iibren , in welchen noch später Spuren des Wolff'schen Körjiers aufgefunden wurden.

Bei einem weiblichen Embryo meiner Sammlung von 3 1/2 Zoll Länge vom Scheitel bis zum After, den ich der Güte des Herrn Di\ Wolf in Bonn verdanke, waren die Wolff'schen Körper, dreieckig, indem der


  • ) Ebend. p. 8i.
    • ) Ebeud. p. 99. Tab. V. fig. 21. 22.
    • ') AbhandluDgen aus der meoscUlicIien und vevgleichenden Atfatomic und Physiologie Halle 1806. 8p. 385 — 3oo. Leider habe ich diese Schrift nicht selbst zur Hand gehabt.


— So —

dickere Tliei] zwisclien dem Abdomiaalende der Trompete und dem Eierstock, der düane spitzere Tbeil zwischen Eierstock und Trompeten gegen dea Uterus hin gerichtet Avar. Der Wolff'sche Körper war noch fast so lang als der Eierstock, sehr deutlich uod dessen Biinddarmchen mit der Loupe sehr erkenntlich. Der Uterus >v2ir noch zweihörnig. Siehe fir. q. B.

a. Der noch zweihörnige L terus.

h. Ligamenta uteri rotunda.

c. Trompeten.

d. Eierstöcke.

e. "SV ol ff "sehe Körper.

§• 99 Bei einem weiblichen menschlichen Embryo meiner Sammlun", der vom Scheitel bis zum After 4 1/2 Zoll , bis zu den Füssen 6 Zoll 10 Liniea misst, und also vom Ende des ^teo. Monats sevn mag, waren die Eierstöcke sehr gross, unehen und unregelmässig und reichten vom Abdominalende der wellenförmigen Trompete bis fast zum Uterus. Das Abdominalende der Trompete ist weit geöÜnet und schön gefranztj in der Bauchfellverdoppelung zwischen dem Abdominalende der Trompete und dem Eierstock bemerkte ich an der Rückseite, nachdem ich das Bauchfell an dieser Stelle weggenommen hatte, eine grauliche Substanz, in welcher mit Hülfe des Microscops gewundene, weisse, gleichf örmigdicke Caniilchen oder Blinddiirmchen sehr deutlich zu erkennen waren, die meist queer von der Trompete zum Eierstock sich wendetan. Dies ist der Rest des AVol ff "sehen Körpers, eines früher so grossen und wichtigen Organes.

Siehe fig. 7. Tab. IV. innere weibliche Genitalien jenes menschlichea Foetus, Ton der Rückseite vergrössert abgebildet.

a. Uterus.

h. Trompete.

c. Abdominalende mit den Franzeu.

d. Eierstock.

e. Blinddärmchen oder blinde weisse Gefässe, Reste des "Wolffschea Körpers.


— 8i —


§. 100.


Bei einem in enscli liehen Embryo meiner Sammlung, tler vom Sclieilel bis zum Afier 61/2 Zoll, bis zu den Fiissen 10 Zoll Rh. misst, und also aus dem 5. Mouai ist- sah ich dieselben microscopischen weissen i31indgefisse wieder, in der Verdoppelung des Bauchfelles zwischen dem Abdominalende der Trompete und dem Eierstock, nachdem ich an der Rückseite das Bauchfell vorsichtig abpräparirt hatte. Siehe fig 10. Tab. IV. die vergrösserte Abbildung. Die Bezeichnung ist dieselbe wie in der vorigen Figur.

§ 101.

Hieran schllessen sich Rose nmii 11 er s Beobaclilungen über diese Organe bei neugebornen weiblichen Kindern. Rose nmül 1er beschreibt das Organ bei einem zwölfvvöchentlichen Kinde folgendermassen.

Das merkwürdige Organ zwischen Eierstock und Trompete, in einer Verdoppelung des Bauchfells gelegen , war sehr ansehnlich und aus einer Menge von kleiuen Canälen zusammengesetzt, die vielfach gewunden, an ihrem untern Ende viel weiter als an ihrem obern schienen, wo sie sich einander näherten und allmählich verschwanden. Solcher Canäle fanden sich ohngefähr zwanzig. Die Spitze des ganzen Körpers war an das Ovarium geheftet. Rose nmül 1er nennt das Organ Corpus conicum, eine Benennung die nur auf seine jetzt verkümmerte Gestalt passt '•).

I. Fr. Meckel führt diese Stelle in seiner deutschen Ausgabe von C uV 1er 's Vorlesungen über vergleichende Anatomie im 4. Bande p. 55o. an und erinnert hierbei an die ursprüngliche Uniformität der Genitalien bei beiden Geschlekhtern.

In seinen Beiträgen zur vergleichenden Anatomie, II. B. 2. H. Leipzig 1812. p. jSi. bemerkt Meckel, nachdem er dieselben Beobachtungen von R^osenmüller angeführt hat, dass er diese Beobachtung bei allen weiblichen Foetiis, die er anatomirt habe, jedesmal genau bestätigt gefunden- Er fügt hinzu: »W^enn es mir gleich nie gelang, weder durch lujectlon von Quecksilber, noch von andern Massen, vom Ovarium oder von der Troin


  • } R oaenmülle^r de ovariis embrydomn et foetum hum«Qorum Lips- 1S02. cum tab. aen. 4>


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T)ele aus diese Gefässe, oJer unter ersterer Bedingung dnrcli sie die Trompeien, unier letzterer das Ovarium anzufallen, so ist doch >volil keinem Zweifel unterworfen, dass, wie Kosenmüller sehr sinnreich verrauthet, dieser Körper dem männlichen Nebenhoden entspricht.« Dass indessen diese Vermuthung von Rosenmüller unrichtig ist, ist früher bei den Säugethieren erwiesen worden. Die Wolff'schen Körper der männlichen Embrvonea verschwinden; ganz , der Nebenhodea ist dagegen ein neues Gebäde.

Man sieht übrigens aus allen diesen Beobachtungen, dass die EntwicLelung der Wolff'schen Körper und der innern Genitalien sich ebenso verhalten muss, wie bei den Säugethieren, mit dem Unterschied, dass die Wol ff sehen Körper bei menschlichen Embryonen ausseiordentlich frühe verkümmern, und- schön bei i Zoll grossen Embryonen unscheinbar vrerden. Wenn nun meine Beobachtungen beim Menschen an Vollständigkeit noch vieles zu wünschen übrig lassen, was nur von meiner isolirten Stellung herrührt, so werden sie durch meine zahlreichen Beobachtungen au Säugethieren vollständig ergänzt.


IT. Ueber die Eutwicßelü'ng des Uterii^.

§. io5.

Dass in frühester Zeit, wenn die Anlage zu den Trompeten schon vorhanden ist, das verbindende unpaare Mittelslück, als etwas selbstständiges noch nicht vorhanden ist, habe ich beim menschlichen Embryo zwar nicht gesehen, aber bei den Säugethieren gezeigt, und dasselbe halte R a thke von Säugethieremhryonen beobachtet. Jene Ijeiden Gänge münden vielmehr getrennt in den gemeinschaftlichen Sinus urogenitalis {S. §. 87.), welcher nach unten in die Fissura urogenitalis , nach vorn und oben in den Urachus führt. Der mittlere unpaare Theil entsteht erst, indem das zwischen


— 83 —

den Inserllonsstellen der beiden Gänge gelegene Stück jenes gemeinscliaftliclien SclJaucbes allmälilig ausgezogen wird und sich zum Grundslück der beiden Canäle selbstsländig verlängert. Dieses ttnpaare, im Anfang kurze, später längere Stück ist aber nicht allein das Rudiment des Uterus, sondern der Fundus des Uterus bildet sich zum Theil aus dem untern Theil der Seitengänge oder Trompeten, wie J.Fr. Meckel sehr schön gezeigt hat.

§• J04.

Bei einem 1 Zoll langen Embryo fand Meckel '■■) noch keine uterusähuliche Anschwellung an der Stelle, wo sich die beiden Trompeten zu einem dünnen unpaarigen, kaum merklich weitern Thefl verbanden, ebenso wenig einen Unterschied zwischen Uterus und Scheide. Von jenem kurzen unpaarigen Stück an , waren die beiden Gänge oder Ti'ompeten noch ganz gleich in ihrer ganzen Länge. Die Grenze zwischen Uterus und Trompete war nur durch die Insertionsstelle des Ligamentum uteri rotundum angedeutet, welches sich unter der untern Exti-emität des Ovariums, an den Gang ansetzte, der in dem untern Theil Ulerushorn, in dem obern Trompete wird. Der untere Theil dieses Ganges war kürzer als der obere. Meckel schliesst hieraus mit Recht, dass der Uterus des Menschen im Anfang ebenfalls zweihörnig ist, weil die spätere Insertionsstelle des runden Multerbandes nicht die Trompete mehr, sondern der obere Theil des Seitenrandes der Gebärmutter selbst ist. Gegen diesen Beweis lässt sich nichts einwenden , und es lässt sich aus der Annäherung der Insertionsstelle des runden Multerbandes auf die gleichmässige Verkleinerung der Plörner bis zum vollkommenen Verschwinden deiselben in den Fundus des Uterus schliessen. Meckel fand auch die Hörner des Uterus desto länger und unter einem desto spitzem Winkel verbunden, je jünger der Embryo ist und fand die Gebärmutter bis zum Ende des dritten Monats zueigebörnt. Erst um das Ende des vierten Monats erweitert sie sich au ihrem obei'n Ende , indem die anfänglich vorhandenen Hörner verschwinden und eine einfache Höhle darstellen '■'•').


  • ) Beitr.'ige zur vergJ. Anal. I. p. loo.

") Meckel, Handbuch der menseliliclien Anatomie T. IV. p. Sgi.


&>


, ^ 84 ~

la der Tbat selie icli an elaem menschliclien Foetus, den ich vor mir habe, und welcher 5 \f^ Zoll vom Scheitel bis zumAfter misst, den nahen TJebergang der schon sehr verkürzlen Hörner in einen einfachen Fundus des Uterus. Der Fundus des Uterus zeict in der Mitte eine seichte Furche, von wacher jederseits eine hornähnliche Erweiterung ausgeht, an deren Ende das Ligamentum teres sich ansetzt. Siehe ßg. 9. B. Tab. IV.

a. Utej-us bicornis.

h. Ligamenta uteri rotunda.

c. Trompeten.

d. Eierstöcke.

e. Wolffsche Körper.

in. Ausbildung der Samenbläschen.

§• io5.

Ueber die Ausbildung der Samenbläschen beim Menschen habe ith keine Beobachtungen. Indessen hat Piathke hei den Säugethieren aus Beobachtung wahrscheinlich gemacht, dass sie zuerst als ein gemeinsamer unpaariger Vorsprung an der Insertiousstelle der Ductus deferentes erscheinen, ein Vorspruug, der sich später erst in der Mitte tbeileu soll, und zuletzt erst auf jeder Seite in die einzelnen Locull sich abtheiit. BeiScliweineembryonen von 2 Zoll 10 L. — 5 Zoll 2 L. flössen beide Samenleiter zusammen und giugeu in einen kurzen und kleinen, fiist kegelförmigen Körper über, dessen Grundfläche mit der Harnröhre verwachsen war *). Bei einem &' grossen Schweineembryo waren die Samenblasen paarig , aber noch nicht lappig -'■'). AVenn dem so ist, so hätten die Samenbläschen eine analoge Eulslehungsart wie der Uterus, und es miisste bei einer llemmungsbildung die ursprüngliche Einfachheit des Schlauches bleiben. So scheint es bei dem bekannten Acker mann'schen Hypospadiacus. Alle Innern Organe sind männlich, die Hoden mit ihren Nebenhoden ACrsehen, sind nicht in den Hodensack herabcctreten , liefen aber in der Lelslen^e


  • ) Beitrüge cct. Hl. p. 77. 78.
    • ) Ebend. p. 7y. 80.


- 85 gencl. Hinter der UrinLlase liegt aber ein runder lioliler Körper, zu dessen Seiten die Ductus deferentes verlaufen, um auf einem Vorsprunge ia dieHarni'öhre auszumünden. Sie münden nicht in jenen Schlauch, sondern verlaufen in den Wänden desselben. Dieser hohle Körper war wahrscheinlich ein Rudiment der Prostata oder der Samenbläschen im verbildeten Zustande. Ackermann hielt ihn ohne Grund für einen Uterus, der ohne Eierstöcke iind Trompeten vorhanden seyu sollte, wozu viel Glaviben. gehört. Allein Ackermann war von den Vorurtheilen über hermaphroditische Bildungen befangen und dies hat ihn verleitet, in einer einfachen Verknäuelung der Ductus deferentes die Samenbläschen zu suchen, eine Windung, die auf jeder Seite den Verlauf der Ductus deferentes weit von der Insertion zu unterbrechen schien, und von der er doch seihst sagt, dass sie sich in einen einfachen Canal habe auseinander ziehen lassen. Diese Bemerkungen als ein Beitrag zur richtigem Erklärung sogenannter hermaphroditischer Bildungen. Samenbläschen und Uterus entstehen wahrscheinlich zuei'st auf eine analoge Art, soviel sich nämlich aus Rathke's Beobachtvingen ergiebt ; kein Wunder, wenn eine Bildungshemmuug der ei'stern für eineji Uterus imponirt. '

IV. En t w ickelungsgesch ichte der äussern Genitalien.

, • §. io6.

Dass die äussern Genitalien hei den menschlichen Embryonen ursprünglich keinen Untei-schled des Geschlechtes zeigen, dass die mäanlichen Embryonen Im Anfang durch die Spaltung des Hodensacks, dessen Fallen noch leer sind und Schaamllppen ähneln, den weiblichen Embryonen mit penlsähnllcher Clitoris gleichen, ist eine aligemein anerkannte, vorzüglich durch Meckel und Tiedemann genau bewährte Tliatsache, woraus sich die blos scheinbare voi'zugswelse Häufigkeit der JVIIsbildungen bei scheinbar weiblichen Embryonen erklärt. Ich habe schon erwähnt, dass man hieraus fälschlich auch auf einen ursprünglich weiblichen Typus der Innern Genitalien bei allen Embryonen geschlossen hat. Die ursprüngliche Bildung der Innern Genitalien Ist weder vorzugsweise männlich, noch, weiblich, sondern es existirt eine bisher unbeachtete Form, aus weichet' sich sowohl das männliche als weibliche Geschlecht durch auf beiden Selten elgenthümliche f^ej'ünderimg entwickelt. Dieselben merkwürdigen Oi-gaue zwischen


- 86 Eierstöcken odei' Hoden und den ausführenden Gängen. Aber diese Gänge sind bei allen Embryonen anfangs blind; nur bei den AVeibchen werden sie in die Baucbhöble geöITnel, nur bei den männlichen kräuseln sie sich zum Schwanz des Nebenhodens und treten- in AVechselwirkun" mit den vasa elFerentia des Hodens. Ist das Geschlecht entschieden, die Genitalien vollkommen entwickelt, so sind die friiher beiden Geschlechtern gemeiaschaftlichen Organe, die Wol ff 'sehen Körper verschwunden.

§• 107.

"NVas nun die Bildungsgescbichte der äussern Geschlechtstheile -bei den menschlichen Embryoneu belriilt, so haben wir dariiber so vollständige und vortreflliche Beobachtungen von Tiedemann, dass neue Untersuchungen hieriiber überflussig und ohne HolFnung neuen Gewinnes sind. Ich muss mich daher begnügen die Resultate von Tiedemann's Beobachtungen an igEmbryonen von frühester Zeit bis zur 20. Woche anzuführen. Tiedemann zieht aus ihnen die Schlussfolge :

Ddss der Embryo des Menschen in der frühern Zeit bis in die fünfte "Woche gar keine äussern Genitalien hat, so wie ihm auch dann noch in der Regel die Mündung des Afters, des Mundes '■'), der JNase und der Ohren fehle. «Gegen das Ende der fünften oder zu Anfang der sechsten Woche bildet sich eine gemeinschaftliche Oeffnung für den After und die Genitalien, und es erhebt sich ein kleiner Wulst vor dieser Gi'ube. Gegen die 7. oder 8. Woche gestaltet sich der Wulst zu einem vorspringenden Körper, der Clitoris ähnlich, an deren unterer F.'äche eine Furche oder Spalte von der Aftergrube aus verläuft. Gegen die neunte AA oche ist die Clitoris mehr ausgebildet, sie hat eine knopfähnliche Eichel, bis zu welcher die Spalte der Genitalien verläuft, und es ist der Anfang der grossen Schamlippen vorhanden, in Gestalt kleiner länglicher Hautlallen. Gegen die lo. oder 11. Woche scheidet sich die OelFnung des Afters von der Spalte der Genitalien durch die Bildung eines Querhautstückes, dem anfangenden Damm, die grossen Schaamlippen sind grösser geworden


  • ) Vom Munde ist dies nicht stallhaft. Die MundölTnang isl um so grösser, je jünger der Embryo ist,

und anfiii^s ein sehr weiter Einging in den hinten noch geschlosseaea Rachen , über den noca iaum vorsprlujjendea Leisten des Unterkiefers.


und die angeschwollenen Ränder der bis zur untern Fläclie derClitoris verlaufenden Spalte sind den kleinen Schamlippen oder Nymphen analog. Erst gegen die vierzehnte Woche ver^Yächst in mehreren Embryonen die Spalte der Genitalien Aom After aus zu einer vorspringenden Nath, der Raphe, welche auch die grossen Schamlippen zum Hodensack verbindet, der jedoch noch keine Hoden enthält; an der untern Fläche befindet sich noch eine längliche Spalte, die sich bis ziu' Eichel erstreckt. Gegen die fünfzehnte bis sechszehnte Woche verbindet die Raphe in den männlichen Embryonen die grossen Schamlippen nicht nur zum Hodensack, sondern sie verbindet avich die angeschwollenen Ränder der Spalte an der untern Fläche der Cliloris bis zur Eichel, oder die kleineren Schamlippen, die Nymphen vereinigen und schliessen sich zur Harnröhre, und die Raphe erstreckt sich bis an die untere Fläche der nun zum männlichen Glied gewordenen Clitoris. Das männliche Glied ist jetzt perforirt und hat eine kleine Vorhaut. Auf die eben beschriebene Art verhalten sich nun die äusseren Genitalien bei allen männlichen Embryonen; sie bilden sich mehr aus und gegen den 8. Monat senken sich auch die Hoden in den Hodensack herab. Die- äussern weiblichen Genitalien bleiben gespalten und bilden sich der Masse nach mehr aus, ohne sich der Form nach wesentlich zu verändern '■'). " So wei t Tiedcmann.

§. io8.

Die Beobachtungen , welche dieser Darstellung zu Grunde liegen und welche wir in jener classlschen Schrift selbst zu vergleichen bitten, sind höchst schätzbar und genau, die Darstellung der Picsultate .selbst lichtvoll und überzeugend, und dennoch scheint uns letztere noch einer Ergänzung in Hinsicht der weiblichen Embryonen bedürftig. Auch die äussern Geschlechtstheile sind im Anfänge nicht bei allen Embrvonen ausschliesslich weiblich, die mannliehen Genitalien entstehen nicht blos durch Fortschreilen eines J'roccsses, der bei den weiblichen Embryoneu stehen bleibt, wie Tiedemann hier dargestellt hat. Vielmehr scheint uns auch bei den äussern'Genitallen im Anfang ein Typus obzuwalten, der sich sowohl bei den Männchen als bei


  • J Tiedemann, Anatomie der kopflosen Missgeburlen. Landshut i8i3. p. 84


— 88 —

den Weibclien auf besondere und ausscliliessliclie Art verändert. Warum liaben die >veiblicliea Säugelbiere vind Menseben anfangs eine so sebr lange, unten gefurcble Clitoris, vvenn dieser Tbeil von einer gewissonZeit an nur sieben bleiben und nicbt sieb umbilden soll? Bei einem menscblicben Embryo von 3 \f2 Zoll Länge Fig. 6. Tab. IV., dessen innere AveiblicbeGescblecbistlieile vollkommen ausgebildet sind, finde icb die Clitoris überaus lang, vollkommen Penis-äbnlicb , mit deullicber Elcbel verseben, nur fein gespalten oder gefurcbt; allein nocb fülirt die Scbam nicbt zwiscben den langen Säumen dieser Furcbe in die Scbcide, sondern ganz am bintersten Tiieile der seicbten Furcbe; die ganz runde Oefinung in die Scbeide ist sebr klein; nolbwendig muss dieScbamöIFnung sieb auf Kosten der langen Clitoris immer ausdebnen , nolbwendig müssen die Lippen der langen berüberbängenden Clitoris durcb das Wacbstbum des Vorbofs von unten aufwärts immer mebr auseinander weicben , diese zugleicb sieb verkürzen , die Scbamlippen ibre kurze Gestalt verlieren und langausgezogen die Clitoris überwacbsen , "wenn aus einem so langen Gliede die sj)ätere so kurze Clitoris, aus den grösstenlbeils dicbt aneinander liegenden, nur ganz binten auseinander weicbenden Lippen oderSäumen der Clitoris die spätem Nympben werden sollen. Die Clitoi'is verkleinert sieb daher nicht allein, sondern die SchamöfFnung dehnt sich mehr und mebr zwiscben den friiber viel mebr verbundenen Lippen der Clitoris aus, bis zuletzt blos das vordeisle Stück diese Lippen verbindet und fast nur die Eichel übrig bleibt. Alles dies wird aus der Abbildung der äussern Gescblechlstheile des genannten Aveibllcben Foetus klarer Averdea.

In fig. Q. A. Tab. IV. sieht man die innern Genitalien desselben Foetus von dem in Fig. ii. Tab. IV. die äussern vergrösscrt dargestellt sind.

a. Nebennieren.

b. Die noch gelappten Nieren.

c. Die Eierstöcke.

d. Die Trompeten.

e. Der noch gehörnte Uterus mit den runden Mutterbändern. f- Das unlere Darmstück.

g. Die Clitoriis.

Fig. 10. Tab. IV. Vergrösserte Ansicht der äussern weiblichen Geschlechtstheile dieses Foetus.

a. Die noch kiuzeu Schamlippen,


- 89 b. Die Seitenstücke der Clltorisfurche , welche durch Spaltung von iintea nach aufwärts und Ausdehnung der Schamöffnung zu Innern Schamlippeu oder Nymphen werden.

c. Die Eichel.

d. Der noch kleine Eingang am untersten Theil der Clitorisfurche. Die Furche am Kitzler ist ein förmlicher Halbcanal, der hinten in die

Oeffnung führt. In der Mitte der ganzen Länge dieses Canals sah ich einen feinen häutigen Vorsprung, der in jene Oeffnung sich hineinzieht. Diesen Vorsprung bemerkt aber schon Meckel Handb. der Anat. IV. p. 698. und zwar im dritten Monat. Vom Hymen sah ich keine Spur.

Wir schliessen aus allem diesem wohl mit Recht, dass auch die äussern Genitalien anfangs nicht ausschliesslich weiblich gebildet sind, dass sie ebenso viel männliches als weibliches enthalten, dass bei den Männchen die Theilung sich einigt, dass sie umgekehrt bei den Weibchen vorschreitet.

§■ 109 Ein Umstand, den sowohl Tiedemann's als Meckel 's classische Untersuchungen nicht aufgehellt haben , ist die Ausbildung des spätem Verhältnisses der Harn Werkzeuge und Genitalien, Das Verhältniss der Erwachsenen, dass sich über dem Aditufif vaginae die Harnröhre öirnet, hat bei jungen Embryonen noch nicht statt, und zwar solchen, bei denen doch Harnröhre und Scheide schon vollkommen ausgebildet sind. Bei dem genannten Embryo von 3 1/3 Zoll vom Scheitel bis zum After, von dem in fig. g, A. B. die Innern, fig. 10. Tab. IV. die äussern Genitalien abgebildet sind, sind der Anfang der Scheide und der Harnröhre noch zu einem gemeinsamen Schlauch vei-bunden, der etwa iLin. Länge, iy'2 L.Breite beträgt und etwas weniges weiter als dieScheide selbst ist. Die genannte Oeii'nung ist daher nicht der spätere adiliis vaginae , sondern noch adiius iirogeiiitalis. Von dem gemeinschaftlichen Stück gehen nun 2 Wege aus, der vordere ist die noch sehr weite Harnröhre, der hintere die Scheide; noch ist die Harnröhre kavim enger als die Scheide. Die Uriublase ist schmal und verhüllnissmässig sehr lang und geht ganz unmei'klich in die Harnröhre iiber, so dass die Urinblase nur wie der weitere Theil des Ganges zwischen Urachus und Harnröhre aussieht. Auch zeict sich noch keine deutlicheGreuz3 zwischen dem Uterus und der verhältnissmässig sehr langen Scheide.

12


— 9° —

Sielie Fig. 9. C. Tab. IV. die von der Seite Wos gelegten Genitalien des Embryo,

a. Urinhiase.

h. Harnröhre.

c. Uterus bicornis.

(h Vagina.

e. Vorderes noch gemeiuscbafüicbes Stück der Harnröbre und Vagina.

f. TNocb gemeinscbaftlicber aditus urogenitalis.

g. Cüloris.

li. Grosse Schamlippen.

Eine blosse Vergleichung dieser Abbildung mit dem Zustand des ErAvachsenen zeigt, dass eine vollkommene Absonderung der Urimvege von dem Fruchlgang in früherer Zeil nicht existirt, dass die Trennung durch Abschnürung von hinten und oben, nach unten und vorn vorscbreitel; bis die OefTnung der Harnröhre auch äusserlich von dem aditus vaginae gelrennt ist.

Ich erinnere hier an das, Avas ich bei den Säugeiliieren entwickelt habe. In frühester Zeit nämlich zeigt sich so wenig ein Unterschied von Hai-nröhre, Urinblase, Uterus, Scheide, dass vielmehr Alles noch in einem gemeinschaftlichen Sinus, Sinus uro- genitalis verbunden ist, der nach abAvarls in die gemeinschafllich^^Pi'.S'j'w/'fl urogenitalis , nach vorwärts und aufANÜrls in den Urachus führgf'Iä noch früherer Zeit ist selbst der After noch mit der Fissura urogenitalis , der Mastdarm noc'.i mit jenem Sinus verbunden.

Die Art, wie die Abiheilung des Harn"\veges von dem Fruchtgange geschieht, ist nach meinen Beobachtungen an Säugethieren bloss eine von oben nach abwärts vorschreitende Abschnürung. Die gegenwärtige Beobachtung am Menschen bestätigt dies, nicht aber ganz die Art, wieRa thke"^') diese Abtheiluni^ dargestellt hat, dass nämlich die rechte und linke AVandüng der Röhre sich einander in der IMittellinie nähern, theils von der Mittellinie zwei kleine Längeufallen in die Höhle der gemeinschaftlichen Röhre sich erheben und zuletzt an ihren freien, einander zugekehrten Rändern mit einander verwachsen. Auch darin kann ich Rathke nicht beipflichten, dass er den Fruchlgang als C'nen von der weilen Ilarnrühre sich


  • ) Burdacli's Physiologie als Eifabrnngswisseii^diaft. T. II p. Sgi.


- 91 —

abscbnürentten Tlieil betrachtet. Man kann den urspiüoglicben Scblaucb weder Harnröhre noch Fruchtgaug nennen, er ist gemeinschaftlich, wie icli laich bei Säugethieren übei-zeugt habe, im Anfange ohne alle Spur der Trennung, und wird mit Recht Sinus urogenitalis genannt. In ihn fähren vor der Entstehung der Urinblase der Urachus, die Ureteren, vor der Entstehung des Uterus die Trompeten und sein Ausgang ist noch gemeinschaftliche Fissiira urogenitalis. Selbst wenn die Absonderung des Ilarn^veges von dem Fruchtgang im Innern schon vorgeschritten ist, ist xler Eingang noch gemeinschaftlich Aditus urogenitalis , und führt in einen kurzen gemeinschaftlichen Schlauch Ductus urogenitalis , der mit <"ast gleich weilen Oefinungen in die Harnröhre und die Fortsetzung des Fruchlganges ii'iergeht. Erst allmählig rückt die Abtheilung vor, indem sich zugleich durch Auseinanderweichen der Clitorisspalle der Vorhof ausbildet , und das Endresultat ist der Zustand des Erwachsenen, wo Aditus vaginae und Orificiinu Urelhrae in den äussern Genitalien vorliegen.

In Hinsicht der spätem Veränderungen der Genilalien verv.eise ich auf unseres hochverdienten Meckel's genaue Angaben '■).


V. Veränderungen in der Lage der Geschlechtst heile.


Descensus testiculoru


r'i!i '


m.


I ,, Hoden und Eiers^töcke sind in der Bauchhöhle von dem Bauchfell bis auf eine Stelle ihj:er hintern Fläche überzogen, wo die Blutgefässe zu ihnen treten. Dieser Ueberzug schliesst früherhin auch den grossen VToIff'schen Körper ein und bildet später an der Slclie, wo er in das übrige Bauchfell übergeht, eine Art Gekröse, welches Seiler Mcsorchiuni nennt. Ein anderer Fortsalz des Bauchfells verlieft sich beuteiförmig in den LeisleuKanal; l>ei den weiblichen Embryonen haben Paletta, Brugnone und JXuck hierauf zuerst aufmerksam gemacht, wie Bur dach anfülirt; bei den männlichen Embryoneu wird dieser Forlsalz zum processus vaginalis, in welchen der Hoden sich senkt. Mesorchiwn und processus vaginalis pcritonei sind


') Haadbucb der Anatomie des Meoschen. T. IV. p. Sgj — 90.


— 9^ —

durch eine Falte veibunclun, in welcher ela rundlicher Strang von Muskel«nd Sehneufasern liegt. Bei den Weihchen ist dies das Ligamentum uteri rolundum, hei den Mannchen das Gubernaculum Hunteri. Es ist früher gezeigt worden, dass die Ausführungsgänge der Geschlechtslheile durch dieses Band hei den heiden Geschlechtern auf ganz gleiche \Veise an den Bauchring befestigt sind, so lange nämlich die Ausfiihrungsgänge noch. wenig verschieden sind. Allein durch die Metamorphose des Uterushornes in den [Fundus des Uterus ri'ickt das Ligamentum, rotundum zuletzt an den Köi'per des Uterus seihst an j das Gubernaculum Hunteri, friiher auch mit dem noch geraden Ausführungsgange, am untern Ende des Wolffschen Körpers, verbunden, bleibt in dieser Verbindung mit dem. Gange, dessen oberer Theil , so weit er über den "VVoIff'schen Körper geht, zum Schwanz des Psebenhodens sich kräuselt, iuserirt sich also späteihia an derselben Stelle, nämlich am Schwanz des Nebenhodens.


^. 111,

Was nun das Senken der Genitalien hetrifTt, so ist es anfangs gleich. FToden und Eierstöcke senken sich allmählig von den JXieren abwärts in das grosse Becken, die Lage der Ausfiihrungsgänge wird dadurch mehr horizontal, und sie selbst mehr auseinander gerückt. Die Hoden, welche bei vielen Säugethieren für immer in der Bauchhöhle bleiben, bei andern abwechselnd in den processus vaginalis aus der Bauchhöhle herabsteigen und wieder zurücktreten, steigen bei einer andern Abtheilung der Säugethiere und heim Menschen für immer in den beuteiförmigen processus vaginalis durch den Bauchrins herab. Dies geschieht beim Menschen gewöhnlich im S.Monat.


§. 112.


Ueber das Herabsteigen der Hoden werde ich mich nicht weiter veiv breiten, da meine Aufgabe nur die Bildungsgeschichte der Genitalien ist, auch hierüber nur bekanntes zu wiederhohlen wäre- Ich verweise dcsshalb auf die Werke von Hunt er, Scarpa, Paletta, Brugnone, Wrisberg, Lobstein, Seiler, Langenbeck und Andern. Seiler scheint über diesen Gegenstand am meisten Klarheit gebracht zu haben. Seiler zeigt, „dass der Hoden sich nicht auf das obere Ende des Scheidenfortsalzes oder Gekröse« 


- 95 des Hodens (Mesorcliium) stelle und dasselbe niclit wie den Fingex' eines Handscliuhes umstülpe; sondern dass die Bildung des Sclieidenfortsatzes an dem Bauchiiuge schon anfange, ehe der Hoden auf demselben liegt, und dass das Leitband zugleich mit herausgebildet, nicht durch das Einsenken des Hoden umgestülpt -werde. Die kleine Stelle des Bauchfelles , mit dessen äusserer Seite der Neberhoden auf die Art, wie der Blinddarm an der innern Seite des Bauchfelles verbunden ist, wird mit dem durch den Leistencanal herabsteigenden Hoden sackförmig herabgezogen, gelangt hinter dem Nebenhoden bis in den Hodensack und bildet so den Scheidencanal, der sich in der Folge schliesst ■'). "

Eine lichtvolle Zusammenstellung aller bisherigen Untersuchungen über den Descensus testiculorum hat Burdach im zweiten Theil seiner Physiologie als Erfahrungswissenschaft, p. 58/].. folg. gegeben.


  • ) Scarpa neue Abhandlung übet die Schenkel- und Mittelfleischbrüche cet. nach der zweiten

Aufl. des Originals bearbeitet, mit einer Anleitung zur Zergliederung der Leistengegend und einer Erläuterung der Entwickelungsgeschichte der Hoden vermehrt von Dr. B. W. Seiler. Leipz. 1822 Leider kenne ich letztere Abhandlung nur ausBurdach's Darstellung und aus der Salzb. med. Zeit. 1824. 142., woraus obige Stelle entnommen ist. Seiler obserr. de testiculorum descensu et partium genitalium anomaliis. Lips. 1817.


Fünfter Abschnitt.


Schlussätze aus den vorhergehenden Beobachtungen über die En twickelung der Genitalien beim Menschen und bei den Thieren.

I. Jbei allen Thieren, welche ich iintersucht habe, nämlich Batrachiern, Eidechsen, Schlangen, Vögeln, Säugethierea und beim Menschen kommen im embryonischen Zustande 2 merkwürdige Organe vor, welche vor den Wieren und Genitalien entstehen, zuerst ausserordentlich gross sind, aus Blinddärmchen und einem Ausführungsgang bestehen, der an die Stelle führt, wo später auch die Ureteren einmünden, nämlich entweder in die Cloake oder in den Sinus urogcnitalis communis, dessen Fortsetzung der Urachus ist.

II. DieseOrgane, die W ol ff'scben Körper stehen Ijei den Batrachiern iti keiner Verbindung mit den später entstehenden kelmbereilcndcu Geuitalieu, erstere liegen weit entfernt und höher als die Keime der ?\iei'en, Eierstöcke und Hoden.

Bei den Batrachiern bestehen die "Wolff'schcn Körper am längsten von allen Thieren, sie finden sich noch mit ihren Ausfuhrungsgäugeu duich den ganzen Larvenzustand vor, zu welcher Zeit sich erst die iVieren und später noch an der Seite der Jelztern die Genitalien bilden.

Diese Organe verschwinden bei der Metamorphose, gehen nicht in die sogenanatea Fettkörperchea dieser Thiere über.


• - 95 §. m5.

III. Bei allen übrigen Thieren, nämlich bei den Eideclisen , Scliiangen, Vögeln, Säugetliieren und beim Menschen nehmen diese Organe in der frühesten Zeit der Entwickelung des Embiyo den grössten Theil des Rumpfes ein, zu beiden Seiten der Wirbelsäule, von unten bis zum Herzen gelegen, und ziehen sich allmählig mehr in den mittlem und untern Theil des Unterleibes zurück. Bei allen diesen entstehen die Hoden nnd Eierstöcke an der Innern Seite dieser Köi'per, nachdem letztere ihre vollkommene Ausbildung erreicht haben. Dass aber der Keimstoff der Hoden oder Eierstöcke von den Wol ff 'sehen Körpern selbst ausgesondert werde, wie Ralhke annimmt, ist durch keine Beobachtung erwiesen. Die Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers können diese Ausscheidung nicht bewirken, sie sind sämmtlich am Ende blind und sie sondern zwar aus, aber in ihren gemeinschaftlichen Ausfübrungsgang. Ueberdiess stehen die Hoden und Eierstöcke bei den Batrachiern in gar keiner Verbindung mit den Wolff'schen Körpern, liegen weit entfernt von ihnen, und vielmehr an der innern Seite der Nieren, von denen sie eben so wenig ausgesondert sind.

IV. Bei den Vögeln verkümmern die Wolff'schen Körper sehr spät, aber nicht so spät als bei den Batrachiern. Man findet bei ihnen, wie bei Schlangen und Eidechsen, immer noch Spuren derselben nach dem Auskriechen und eine Zeitlang bei jungen Vögeln.

Bei den männlichen Embryonen der Vögel entsteht neben dem Ausführungsgang des Wol ff'schen Körpers kein neuer Samenleiter, sondern dieser Gang wird selbst zum Samenleiter (§. Sy - 09), indem die vasa efferentia des Hodens sich innig mit dem obern Theil dieses Ganges verbinden. Auf diese Art scheint der AVolff'sche Körper zum Nebenhoden zu werden j diess ist aber doch bestimmt nicht der Fall; er verkümmert vielmehr gänzlich mehr und mehr, und dasjenige, was man bei erwachsenen \ ögeln Nebenboden nennt, besteht nicht aus den frühern Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers, sondern aus wenigen Verschlingungen der vasa efferentia.

Bei den weiblichen Embryonen der Vögel entsteht dagegen neben dem Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers, ganz von diesem getrennt, ein


— 96 —

neues Gebilde, der Eierleiter. "Wo Iff 'sclier Körper und sein Ausfüliruagsgang verschwinden gänzlich. (§. 40 - 44).

Alle Vögel haben früher 2 Eierstöcke und Eierleiter; bei dea meisten verschwinden beide auf der rechten Seite vor dem xluskriechen {}. 41.). Der unpaare Eierstock und Eierleiter der Vögel entsteht daher nicht durch Verwachsung, wie ein grosser Anatom annahm, sondern ist der linke desFoetus §.117.

V. Bei den Säugethieren verkümmern die Wolff'schen Körper viel früher als bei den Vögeln, sie verschwinden schon im embryonischen Zustande gänzlich. Zur Zeit der vollkommensten Ausbildung dieser Körper liegt an ibrer innern Seite der Keim des Hodens oder Eierstocks, an ibrer äussern Seite bis an ihr Ende hoch hinauf ein Gang, der mit dem AVolffschen Körper nicht zusammenhängt, aber aus dem früher vorhandenen, viel stärkern kurzen Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers entsprungen scheint. (§. 54-55).

Bei den weiblichen Embryonen wird dieser Gang, so weit er über dem W o 1 ff 'sehen Körper liegt, zur Trompete, indem er sich oben öffnet, und mit der Verkleinerung des Wolff'schen Körpers gerade bleibt und sich erweitert (§• 72 - 73).

Bei den männlichen Embryonen verbindet sich das obere Ende jenes Gances mit den vasa efferentia des viel tiefer liegenden Hodens. Indem



sich aber der Wo Iff 'sehe Körper mehr und mehr verkleinert, näbert sicli das obere Ende jenes Ganges dem früher tiefer liegenden Hoden immer mehr, die zwischen beiden liegende Gefässverbindung zeigt immer stärkere Schlingen oder Knäuel und ist der J^op/ des ZSebenbodeus. Der Schwanz des Nebenhodens entsteht dadurch, das der über den Wolff'schen Körper verlaufende Gang, statt wie bei den Weibchen gerade zu bieibeu und sich zu erweitern, mit der Verkleinerung des Wolff'schen Körpers sich kräuselt und schlängelt. Die grosse Strecke des Ganges, so weit er aul dem gi'ossen Wolff'schen Körper früher auflag, Avird bei den 'N'Veibchea canz zur Trompete, bei den ^lännchcn ganz zum Schwanz des Nebenhodens (J. 73. "-n - 84-). Nur der unlere freie Thcil dieses Ganges verlängert sich bei den Männchen zum Samenleiter, verkürzt sich aber vielmehr bei den Weibchen, indem aus dem untern Stück das Hörn des Uterus sich


— 97 * bildet, die Hörner aber wieder zuletzt beim Menseben in dem Körper des Uterus vex-scbinelzen (§. 84- io4)'

§. ii8.

VI. Der Wolf f'scbe Körper trägt nicbt zur Bildung des Nebenbodens bei, letzterer bildet eine Schlinge um den Wolff'scben Körper, in welcher Schlinge dieses Organ immer kiirzer und schmäler wird bis zum allmähligeu Verschwinden (§. 77 - 84)'

§• "9'

VII. Auch bei den "Weibchen verschwindet der Wolff'sehe Körper ebenso und gleichzeitig wie bei den Männchen (§■ 89- io5). Dies Organ ist daher kein Analogon des Nebenhodens bei den weiblichen Embryonen, wie Rosenmüller, Meckel und Tied emann) vermuthelen- Auch riihrt die Trennung des Eierstocks von der Ti'ompete nicht von dem Verschwinden früher vorhandener verbindender Gefässe her. Denn die Btixiddärmchen des Wolff'schen Körpers vei'biuden den Eierstock nicht organisch mit der Trompete, auch ist der duclus deferens früher, ebenso wie die Trompete, von seinem Hoden getrennt und die Vermittelung hat dann wie bei den Weibchen bloss durch die Wolff'schen Körper statt.

i 120.

VlII. Beim Menschen verschwinden die Wolff'schen Körper am früher sten von allen Thiereö, sie sind schon bei Embryonen von j Zoll Grösse sehr klein und unkenntlich.

§. iai.

IX. Die Nebennieren sind bei dem Menschen nicht mit diesen Organen verwechselt worden. Bei den Säugethierembryonen sind die Nebennieren niemals grösser als die Nieren, bei den menschlichen Embryonen aber Anfangs ausserordentsich gross, bedecken die Nieren ganz, sind aber ^Nohl von den Wolff'schen Körpern zu uat€rscheidea {§. gG - 98). Bei keinem

  • ) Aaatooiie der fcopflosetf Missgebarten.

i3


- 98


Thlere stehen die Wolff'sclien Körper mit den Nebennieren in irgend einem engen Yerhällniss.

§. 122.

X. Die Nieren entstellen Lei den Balracliiern "weit unter den Wolff'sclien Körpern, bei den Vöge'ln, Säuge lliieren, aber mit den Nebennieren hinter den W o 1 ff 'sehen Körpern. Sie liegen bei den letzlern Thieren und auch beim Menschen später um so höher, je mehr sich die Wo'l ff 'sehen Körper verkiirzen und oben auseinander weichen. Sie bestehen, so wenig als die W o 1 ff 'sehen Körper, jemals aus einer geraeinsamen zuerst unpaarea Masse. "VYolff hat sich hierbei auf eine doppelle Welse geirrt, zuerst, dass er die Wol ff 'sehen Körper für die Nieren hielt, dann, dass er einen gemeinsamen in der Mitte verbundenen Ursprung dieser Organe beschrieb. Meckel, gestützt auf Wolff's Beschreibung, -welche durch seine Fig. i5» Tab. II, noch mehr befestigt wurde, halte ebenfalls angenommen, dass die Nieren zuerst eine Masse bilden , und hieraus die angeborne yer^vachsung der Nieren als Ilemmungsbildung erklärt, was nach unsern Beobachtungen unstatlhaft ist. Eine ausführliche Entwickelungsgeschichle der Nieren und ihrer riarncanälchen bei allen Thierclassen ist in meiner zweiten Schrift: über den Innern Bau der Drüsen enthalten, ^vorauf ich hier verweise,

§. 125.

XI. Die ursprüngliche Form der männlichen und weiblichen innern Gonilalien ist vollkommen gleich, aber nicht in der Art, ^vie man diess sich ecdachl halle. Bei den männlichen Embryonen der Vögel wird der Ausfuhr an "Siian" des Wolff'sclien Körners zum Samenleiler, bei den weiblieben verschwindet dieser Ausführuugsgang und der Eierleiter ist ein neues Gebilde.

Bei den Säugelhieren im Anfang dieselben Wolff'schen Köi'per mit ihren kurzen Ausfüliiungsgängen, später bei allen Embryonen jederseils ein neuer Gang an der äussern Seile des Wolff'schen Körpers, ohne Gemeinscli.ifl mit diesem, an der innern Seite der Keim des Hodens oder Eierstocks. Diese Gänge sind anAings bei allen Embryonen oben blind; nur bei den weiblichen werden sie in die Bauchhöhle geöllnel , und bleiben

"crade und erweitern sich, nur bei den männlichen kräuseln sie sich mit

ö


. — 99 —

der "Verkleinerung des Wolff'scheu Körpers zum Schwanz des Nebenbodens und treten in Wechselwirkung mit den vasa eflbientia des keiinbereitendca Organes oder Hodens. Ist das Geschlecht entschieden, so sind die früher beiden Geschlechtern gemeinschaftlichen Organe verschwunden. Es ist daher unrichtig, wenn man im Anfang, bei beiden Geschlechtern eine vorzugsweise männliche, oder eine vorzugsweise weibliche Bildung voraussetzt.

- . §. 124.

1

XII. Aucb die äussern Gescblechtslheile sind anfangs nicht vorzugsweise weiblich (§. 108-109). Die Cliloris ist ein langer, unten nicht gespaltener, sondern nur canalförmig seicht gefurchter, Körper, die SchamölFnung ist klein und nimmt den hintersten Theil dieser Furche ein. Bei den Weibchen erweitert sie sich nach oben und vorn in jene Furche der langen Clitoris hinein, und die Säume' der friihern Furche werden, je kürzer die Clitoris wird, zu Spaltlippen oder innern Schamlippen.

i 125.

XIII. Es entsteht die Frage, aus welchem Theil des Embryo zuerst alle jene merkwürdigen Organe entstehen, welche zum Systema urinarium et genitale gehören, nämlich Wolff'sehe Körper, Hoden und Eierstöcke, Nieren, Nebennieren, Harnleiter, Ausführungsgänge der Wolf f 'sehen Körper und der Geschlechtsthelle? Die Drüsen, welche ihr Secret in den Darmkanal ergiessen , entstehen auch aus der ersten Anlage des Darmschlauches, wie von Baer zuerst so schön von der Leber gezeigt hat und ich in meinem Drüsenwerk durch mehrere Beobach tunken bestätigt habe. Diese Drüsen entsteben also aus demjenigen Theil der Keimbaut, welche sich von der Carlna des Embryo aus zum Darmschlauch abschliest. Jene Organe des Syslema urinaiium et genitale münden nun in die Cloake oder in den Sinus uiogenitalis bei Säugethieren aus. Es könnte daher jemand vermuthen, dass jene Organe mit ihren Ausführungsgängen zuerst ebenfalls aus dem Endstück des Darms, oder aus dem.' Urach vis bei den Säugthieren hervorkeimen. Diess ist aber gewiss nicht der Fall. Keines dieser Organe wächst von unten herauf. Die Wol ff 'sehen Körper sind im Anfang gerade am allerläng£ten, sie erscheinen bei den Vögeln zuerst zu derselben Zeit, wo man die erste Spur der Allantois oder Choriontblase als eine ganz kleine bläscheu


100 ■—

förmige Hervortreibung des untersten Theiles von dem geraden einfachea Darmschlauclie sieht. Die Eierleiter waclisen nicht von unten herauf, sie erscheinen hei den A'ögeln zuerst in ihrer ganzen Länge als solide Cylinder, die in ilirem Innern schmelzen und sofort eine Höhlung erhalten. Die Nieren wachsen nicht von unten herauf, sie entstehen nicht aus den Harnleitern, jedes Organ entsteht an dem ^hm angewiesenen Ort. "Wenn man nun ferner bedenkt, dais hier in einem gemeins-Tmen gewissermassen von dem Systeme chylopoetieum, abgeschlossenen Raum, Hoden und Eierstöcke, Isieren und Nebennieren, Wolff'sche Körper und mehrei'e Ausfiihrungsgänge entstehen, so muss man den Gedanken ganz aufgeben, dass diese Orgaue eipe gewisse Beziehung zu den ursprünglichen Blättern der Keimhaut haben sollen, man muss vielmehr annehmen, dass der Keimstolf zu diesen Organen in einer gewissen Zeit von den Blutgefässen abgesetzt wird, wo diese Ausscheidung ia AeiaEiiLwichelwigsprocess der einzelnen Theile aus de/n Keim des Ganzen noihwendig wird, dassdieser bei jedem Organ eigenthümliclie und virtuell verschiedene Keimsloflr(blastema) sodann wieder in die dem Organ eigen thümliche Bildung aus sich selbst organisirt wird^ ungefähr so wie es bereits Caspar Friedrich AYülff sich gedacht hat. Bei der Leber, beim Pancrcas ist es allerdings etwas anders Hier quillt der KeimstofT der Drüse aus der aufschwellenden Schiclit des ui-sprünglichen Darraschlauchs selbst hervor, und mehr und mehr sondern sich Drüse und Darmcanal durch den läugei' ausgezogenea Ausführungsgang von einander ab,


§. »aß Cloake, Allautois, Urachus stehen allerdings in nächster Beziehung zu jenen Organen des Svstenia uropoellcum et genitale, allein es scheint mir jetzt miii: der ]^)Cobachtung ganz unvcrlräglich anzunehmen, dass jene Schläuche das Bildungorgan der Theile seien, die in sie clnfiihren- Die Allanlois und der Lrachus sind übcrdiess keine beständige Eischcinungen. Alle Balrachler und Eische haben keine .Spur des einen noch des andern. Bei den Vögeln aber entsteht die erste Spur der Chorionsblase vollkommen gleichzeilig mit den AVolff'schen Körpern. Eierleiler , Hoden, Eierstöcke, Nieren entstehen nicht aus jenem Oigane, wenn sie auch zu einer Z.eit auftreten , wo Chorionsblase, Cloake sicli längst ausgebildet haben.


— 101

§■ 127.

XIV. Nur der Sclilaucli, in welchem ursprünglich die Ausfiihriingsgänge der Genitalien, der Wolff'schen Körper, der Nieren und selbst das Endstück des Darms zusammenkommen, theilt sich später in hesondeie Abtheilungen, wenigstens bei Säugelhieren.

Dass bei diesen im Anfang die Allantois ebenso wie bei den Vögeln Tom Endstück des Darms hervorkeime, macht eine höchst schätzbare Beobachtung von C. V. Baer-') wahrscheinlich, indem er die erste Spur des Allantoisbläschens so wie bei den Vögeln sah. Rathke beschreibt den frühen Zusammenhang der Allantois und des Endstücks' vom Darmkanal nach seinen Beobachtungen ")■ Dass die Fissura urq^enilalis , so frühe eine Spalte sich zeigt, mit der Afleröffnung zusammenhänge, hat Tiedemann ■■'■••'■'■') beim menschlichen Embryo gezeigt. So wie nun äusserlich eine Commissur zwischen Genital- imd Afterspalte eintritt, so muss sich auch das Endsliick des Darms, Mastdarm von dem geineinscltaflliclicn Sinus absondern, in welchen die Ausführungsgänge der Genitalien und Harnwerkzeuge einmiinden. Dieser Sinus uro- genitalis zeigt sich uns dann von hinten geschlossen und hier jene Ausführungsgänge aufnehmend, nach unten in die Uro-genital-spalte, nach vorn luid oben in den ürachus übcigehend, wie alle Säugethier- und menschliche Embryonen zeigen, die ich aus frühester Zeit untersucht habe. Der gemeinschaftliche Sinus erleidet nun wieder eine weitere Abtheilung.

Bei den weiblichen Embryonen ei'hebt sich aus dem hjnersten Theil ein Mittelsliick , auf welchem nur die Trompeten aufsitzen, djr Uterus^ der nach abwärts führende Theil wird Scheide.

Der Urachus mit demjenigen Stück, in welches die Ureteren einmünden , schnürt sich ebenfalls mehr und mehr von dem gemeinschaftlichen Sinus ab und zwar rückt seine sich verengernde Insertionsstelle immer mehr


  • ) De ovi niammaliiim et hominis genesi. Lips. 1827- p. 5. Fig. VII. Z.
    • ) Burdach's Piiysiologie T. 11. p. Sjä.
      • ) a. a. O.


— • 102

nacli' vorwärts, und indem der unterste Theil des abgescbnürtea Stücks sicli v.erengt, der mittlere aber erweitert, entsleben weiblicbe Harnrübre und Blase. Allein die Blase siebt lange Zeit nur wie eine länglicbe Erweiterung des Urachus aus, die erst spat unten und oben sieb mebr begränzt und zuletzt in den fadenförmig gewordenen Tbeil des Uracbus übergebt.

Bei den männlicben Embryonen bleibt der Gang zwiscben Urinblase vind Orificium urogenitale der Hauptcanal, in welcben die ausführenden Gänge der Gescblecbtslbeile sieb einsenken, bei den Weibeben schnüren sieb, der Harn weg und der Frucbtgang allmäblig ganz ab. (§. 87 — 89. 109.)


5. laS:

XV. Alle ausführenden Canäle, die der Nieren und Genitalien, und die der andern Driisen, bilden sich niemals aus einem Blatte, das sich zur Röhre uraJegt. Die Entwickelungsgeschicbte aller grossem Drusen beweist dies vollkommen 5 diese Gänge erscheinen entweder als hoble Kegel, welche sich verlängern, wie zuerst von Baer von der Leber gezeigt hat, oder sind gleich anfangs in ihrer ganzen Länge vorhanden, und erscheinen dann als Cylinder, in; welchen sich erst später eine innere Höhlung zeigt, die durch Schmelzung des Kernes zu entstehen scheint. Die ausführenden Gescblechtsibeile insbesondere sind zu Anfang in ihrer ganzen Länge vorbanden und vollkommen faden- oder cylinderförmig, nach den übereinstimmenden Beobachtungen von Ratbke, v. Baer und mirj die Eierleiter sind ei'st solid', dann im Innern ausgehöhlt und oben geachlitzt. Bei keinem Thiere findet die vorausgesetzte Krümmung eines ursprünglichen Blattes,, welche Albert Meckel -'-J Idos hypothetisch aaaahm^, statt f. 139..

XVL Auch die ürinblase bildet sich nicht durcli Umlegen eines Blattes, sondern,, wie sich, bei dea Säugelhierea Schritt vor Schritt beobachtea.


  • la J. Fr. Meck.el'i.Bcitr. zur vergt Anat. T.^ II. H. II. p. iG.


lässt, durch allmälilige Erweiterung des mit demUraclius vomS. urogenllalis sicTi abschnürenden Schlauches^ der Urachus seihst aher bildet sich eben so wenig durch Umlegen eines Blattes, sondern ist eben nur derHalseiner Blase, der AUnntois, welche von Anfang an als Bläschen aus dem Endstück des Darmkanals hervorwächst. Es folgt aus allem diesem, dass der bekannte angeborneBildungsfehler, dev angehorne 3langel der vordernJVand der Uriiiblasemh entsprechendem Mangel der Bauchdecken, mit oder ohne Epispadia, oder die sogenannte invcrsio 'vesicae' urinariae keine Hemmungsbildung seyn kann, wofür sie öfter angesehen worden -■'). Dieser Mangel der vordem "Wand in einem Schlauche, der von Anfang an vollständig ist, ist auf doppelte Weise möglich, i. Dadurch, dass die Spalte, welche anfangs in den Sinus urogenilalis führt, zu weit sich nach vorn und zwar bis an den anfangs noch tiefstehenden Nabel verlängert, so dass der TheiJ , aus dem sich Ilarnrölire und Blase bildet, selbst bis an den noch tiefen Nabel gespalten wird. Diese Erklärung würde uns befriedigen, wenn nicht manche Umstände für den 2 Fall, für eine secundäre Ruptur sprächen. Diö sccundäre Zerstörung oder Ruptur der vordem Wand müsste eintreten zu einer Zeit, wo die Bauchdecken noch ganz unvollkommen ausgebildet sind. Eine solche Ruptur der Blase kann möglichweise nur durch Ausdehnung von Flüssigkeit herrühren. Diese Erklärung, welche übrigens nicht 1 ea ist, Avird wahrscheinlicher, wenn man bedenkt, dass von Bonn und andern, welche solche Fälle genau untersucht haben, immer Verstopfung oder Verschliessung der Harnröhre vorgefunden, Avorden ist, dass bäuHg a'le Spur derselben fehlt. Man könnte sich daher die Entstehung jener Misbildung so denken:

Der Mangel der Harnröhre oder ihre Verschliessung bedingt Anhäufung von Flüssigkeit in der Blase und im Urachus und Ausdehnung derselben. Diese ist die Ursache einer Ruptur dieses Schlauches in seinem vordem Theil zu einer Zeit, wo die Bauchdecken noch nicht vollkommen ausgebildet sind. Es entsteht eine OelTuung zwischen Nabel und Schamgegend, der erste Grad davon ist Epispadia, Abfluss des Harns über dem Penis oder ober der Scham, der zweite Grad Vorfall der hintern Blasenwand duich eine grössere Oelfnung zwischen Schambeinen und Nabel.


'J Weckel's pathol. Analotr.ie T. I. p. 'ß'^.


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In dieser z^veilen Erklärung ist nicht erwiesen die Voraussetzung, dass bei Verseil 11 essung oder Mangel der Harnrölue sich frühzeitig der Urachus oder später die Harnblase mit Flüssigkeit fülle oder ausdehne. Al>ev auch die Ausdehnung der Urinblase ist erwiesen in den Fällen, wo die Hararöhre verschlossen, die Blase aber ganz ungeheuer ausgedehnt gefunden wurde '■'■). Derselbe Fall in einer frühern Zeit der Entwickelnng, wo die Bauchdecken noch nicht vollkommen ausgebildet waren und keinen hiareichendeu Widerstand leisten konnten, mussle prolapsus vesicae uriuariae i'uptae hedingen.

Bei den Säugethieren , welche eine Allantois besitzen, die in Verbindung mit dem Urachus bleibt, sind alle diese Bedingungen nicht wohl möglich, eine Anhäufung von Flüssigkeit im Urachus ist fast unmöglich. Daher denn auch die höchst merkwürdige Thatsache erklärbar wäre, welche Rudolphi zuerst bemerkt hat, dass die inrersio vesii'ae urinariae bei den Säugethieren gar nicht vorkommt^, bei denen doch alle übrigea angebornen Ausbildungen so sehr häufig sind. Nur dem Menschen ist jene Misbildiing eigen und könnte sie nach der letzten Erklärung eigen seyn, weil die Allantois selbst frühzeitig nicht mehr vorhanden scheint, und der Urachus mit seiner hJinden Endigung im Nabelstrang den geringen Umfang eines Gebildes bezeichnet, das bei den Säugethieren blasenartig aiis dem Nabelstrang vortritt und von ungeheurer Ausdehnung das Ei zuischea Amnion und Chtjrion umgieht.

§. iS^o.

XVII. Dies sind die Consecpienzen , zu welchen wir aus den rorhergehenden Beobachtungen berechtigt sind. Sie gelten blos für die Classe der "Wirbellhiere und den Menschen, aber für die ^^ irbelthiere mit Ausschluss der Fische, woriibcr ich keine Beobachtungen aus dem embryonischen Zustande habe. Dass bei den Fischen schon grössei-e Verschiedenheiten eiatrel-en , wird aus dem VII. Abschnitt dieser Schrift schon wahrscheinlich; dass noch grössere bei deu Wirbellosen Thieren eintreten, ist noch walvrscheinlicher. Doch möchten wohl: bei allen Thieren die Geschlechtsorgane


•) .Mgckel's Archiv für Physiologie. T. VII. 1822, p. 1. p- i^ p. »••


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anfänglich gleich verhalten. Herold -'-) hat zWar bei den Raupen gezeigt, dass sie bereits verschiedene Keime, die einen männlicber, die anderen weiblicher Genitalien enthalten; aber dies gilt nur von den bereits aus dem Ei ausgekrochenen Thieren; aus noch früherer Zeit besitzen wir keine Beobachtungen. Bei dem Flusskrebs sind nach Rathke's classischem "Werk die Genitalien anfangs ganz gleich gebildet •')'


  • ) Entwickelungsgeschichte der Schmetterlinge, Kassel und Marburg i8i5. 4") Ueber die En^ickelung des Flusskrebses. Leipzig iSsQ. Fol.


U


Sechster Abschnitt.


Schlusssätze aus den vorhergehenden Beobachtungen über die Bedeutung der Wolfif'schen

Körper.

i\ achfolgende Bemei'tiingen bitte ich recht sehr von den Beobachtungen , welche ihnen zu Grunde liegen, zu trennen. Denn letztere werden immer ihren Werth behalten, so viel neue Erfahrungen ihnen auch folgen könnten, die Schlussätze aber können durch noch glücklichere Forschungen bald überflüssig werden. Diess allein muss uns schon bestimmen, nur das hervorzuheben, was wir mit Gründen oder Ge"en"ründen beweisen können- "VVie freuen uns, dass wir es endlich mit den Organen zu thun haben, von denen aus die wirkliche ofganische DiHereuz der Geschlechter auf eine, unsern Sinnea so offenbare und unserm Begreifen so fern liegende Weise vor sich geht. Aber man kann die Enlscheldung dieser Frage auf dem Wege der Einsicht nur vorbereiten, wenn man mit aller Strenge der Logik nur das hervorhebt, was aus den Beobachtungen folgt, und was nicht folgt.

§. l32.

I. So lange man die Wolff'schen Körper der Frösche, Kröten und Salamander nicht kannte, Thiere, welche wie die Fische keine Spur von Amnion und Allantois besitzen, so lange konnte man vermulhen , dass der angebliche Älangcl der Wolff'schen Körper bei den Batrachiern und lischen mit dem Mangel des Amnions und der Allantois in Verbindung ste


— 107

Le. Diess vermutliete aucli Ratlike; allein diese Vei'mulhung fällt nun weg, nachfJem diese Organe bei den Batrachiern beschrieben worden sind.

§. i55.

II. Rathke glaubte ferner, dass die Wolff'schen Körper die gemeinschaftliche Grundlage fiir die Ausbildung der Harnwei-lzeuge und Genitalien bilden. Allein die Wolff'schen Körper haben ihre besondern Ausführungsgänge neben der Harnwerkzeugen und bilden sich bei den Fröschen , Kröten und Salamandern an ganz andern Stellen als die Nieren und Genitalien. Auch bei den übrigen Thieren bilden sich die JNieren zwar hinter den Wolff'schen Körpern, aber ganz selbstsländig nach meinen Beobachtungen an Vögeln, Sävigethieren und am Menschen.

§. 154.

III. Rathke deutete aber ferner an, dass zwischen den Wolff'schen Körpern und den wahren Nieren vielleicht dasselbe Verhältniss obwalte, wie zwischen Kiemen und Lungen, welche nacheinander bei einem Thiere auftreten können, wie bei den Batrachiern. Vielleicht sind die Wolff'schen Körper eigenthümliche und nothwendige Absonderungsorgane des Foetus, da sie so frühzeitig vor den liieren, ja selbst vor der Leber entstehen , da sie im Bau so sehr mit den Nieren der niedern Wirbelthiere, nämlich der Fische und Batrachier übereinkommen, indem sie, wie I^tneren der Frösche, aus Blinddärmchen oder blind geendigten Röhrchen von überall greichem Durchmesser bestehen. Diese Vermulliun<:;, welche zuerst Rathke ausgesprochen und welche neuerlich auch v. Baer theilt, erhärt eine grosse Wahrscheinlichkeit, ja Bestätigung, durch unsere neuere Beobachtung, dass die Wolff'schen Körper bei den Vögeln wirklich absondern , ja in späterei'^eit in ihren Blinddärmchen und ihrem Ausführungsgang eine IMaterie enthalten , welche weissgelblich wie der Harn der Vögel ist. Wir dürfen uns aber hier einen Einwurf nicht verschweigen. Der weisse Stoff in den Blinddärmchen und in dem Ausführungsgang, den man hinä X6nd her bewegen und aus den Blinddärmclien rn den gemeinschaftlichen Ausführungsgang: fortrücken kann, beweist noch nicht absolut, dass jene Organe Absonderungsorgane sind. Denn jene weisse Materie könnte dadurch entstehen , dass die Blinddärmchen. und der Ausführungs-'


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gang fi-ülier solid, durch CoUicjuation ihres Kernes, Röhrchen und hohl werden. Dennoch ist uns von keiner Drüse des Vogelfoetus bekannt, dass ihre Canäle bei der Colliquation ihres Kernes eine so eigenthümliche ^^eissgelbe dichte, Vogelharn -ähnliche Materie enthielten. Dasselbe findet sicher ajich nicht an den Lungen statt, wenn ihre cylindrischen Blinddärmchen im Innern colliquesciren und hohl werden.

§. i55.

Aber vorausgesetzt, dass jene Materie blos das Hohlwerden dieser Röhrchen bezeichnete, wozu jene hohlen, am Ende blinden, in einem hohlen Ausfi'ihrungsgang vereinigten Röhrchen , welche so sehr den Harncanälchen der Frösche gleichen, wenn sie nicht absondern sollen? Wozu ein Ausführungsgang in die Cloake, welcher später (wenigstens bei den Weibchen der Vögel) ganz abstirbt? Wozu diese Beziehung des Organes zur Cloake, einem Organ, welches nur Secreta und Exci^eta aufnimmt?

§. i56.

Bei den Säugethieren , so viele Embryonen derselben vom verschiedensten Alter ich auch untersuchte, habe ich nie jene weissgelbe INIaterle, weder in den Blinddärmchen, noch in den Ausführungsgängen der AVolffschen Körper gefunden; allein auch der Harn dieser Thiere ist niemals wie bei den Vögeln weiss und consistent. Uebrigens verhalten sich die Wolf fschen Körper in ihrem Bau ganz wie bei den Vögeln. Alle diese Röhrchen sind hohl, wie ich gezeigt habe (§■ 70.), sie besitzen in frühester Zeit ihre hohlen Ausführungsgänge, die von den spätem Ausführungsgängen der Genitalien verschieden sind (§. 63. 55.).

Auch bei den Batrachiern, welche keinen weisslichen Harn haben, enthalten die Blinddärmchen der Wol ff 'sehen Körper niemals eine weisse Älaterie.

§. 137.

Die Wolff 'sehen Körper verkümmern in demMaasse, als sich die Nieren entwickeln, sie sind geraume Zeit vor der Entwickelung der IVieren in ihrer vollkommensten Ausbildung; sie führen bei den Vögeln jene gelbe


Materie, während die Nieren erst in den letzten Tagen des Foetuslebens eine Spur der gelben Materie in den Harncanälchen zeigen. Diess Wechselverhältniss zu den Nieren ist höchst auffallend , und am meisten erwiesen bei den Batrachiern. Die wahren Nieren der Frösche, Kröten und Salamander entstehen erst sehr spät, lange Zeit nach dem Auskriechen, wenn die Larve schon eine geraume Zeit im Wasser frei gelebt und sich selbststäudig genährt hat. Bei der jungen Lai've ist nicht die entfernteste Spur einer Niere vorhanden. Die Nieren sind ferner, auch wenn sie sich zu bilden angefangen haben, fast durch das ganze Larven- Leben in einem rudimentären Zustand. Sie bestehen bei Wassersalamandern von iS.Lin. Länge noch aus einer Reihe gestielter überaus zarter Bläschen. Nun aber leben alle Larven der Batrachiei so wie ausgebildete Thiere, sie nehmen sehr viele Nahi-ung zu sich, verhältnissmässig viel mehr als im erwachsenen Zustande, beständig geben sie Excremente von sich, ja sie verzehren diese sogar wieder und die Larve ist überaus gefrässig. Da nun bei jungen Larven und eine geraume Zeit noch keine Spur der Nieren vorhanden ist, so müsste man annehmen, diese Thiere seien einer vollkommenen Chylification ohne Ausscheidung von Harn oder zersetzter thierischer Materie fähig, was doch von keinem Wirbelthiere für die kürzeste Zeit gilt. Dagegen besitzen diese Thiere ihre ,Wolff 'sehen Körper mit den Ausführungsgängen die lange Zeit des Larvenzustandes ohne Veränderung. Nichts ist wahrscheinlicher, als dass die Nieren hier von den Wolff'schen Körpei-n, wie die Lungen von den Kiemen vertreten werden.

Es ist eben so wahrscheinlich, dass dasselbe vicäre Veihältniss im Foetuszustand bis zur Ausbildung der Nieren stattfinde. Denn warum sollte der Foetus nicht auch die Stoffe, welche keiner fernem Belebung fähig, welche durch den Lebensprocess zersetzt worden sind, ausscheiden? Diese Organe sind aber am allerersten von allen Eingeweiden vorhanden.

§. i38.

Ich schliese aus allen diesen triftigen Gründen i) dass die Wolff'schen Körper Absonderungsorgane sind, 2) dass sie in einem vicäi'en Verhältniss zu den Nieren, wie die Kiemen zu den Lungen stehen, 5) dass sie einen dem Harn ähnlichen Excretionsstoff aussondern , der wenigstens für den Foe


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tus dasselbe, Avas für deu Envacbsenen der Hara ist; -womit ich noct nicht Leliauple, dass es wirklicli Harn sey. Dass das Secret der Wolff'schea Körper in frülier Zeit iu die Allantois gelange, bei Vögeln und Siiiiglbiercn, ist ganz unvermeidlich. Dennoch aber bebaupte ich nicbt, dass der Liquor Allanloidis nur Secret der W ol ff 'sehen Körper sei. Zwar stimmt die Grösse der Allantois bei den Saugetbieren mit derGrösse der Wo Iff'schen Körper, und das frübe Verscbwinden der Allantois bei dem Menschen stimmt mit dem frübcn Verkümmern der Wolffscben Körper. Allein es ist nicht direct zu erweisen, dass der Liquor Allanloidis bloss Secret der AVolff'schea Körper sei , und nicbt zum grössern Tbeil Secret dieser Membran selbst sei. Soviel ist nach Jacobson gewiss, dass bei den Vögeln der anfangs klare, hernach mit weisser zäber Materie vermiscble liquor allantoidis iu den ersten Taaen schon Harnsäure enthalt , die in der ersten Zeit unmögliciji von denNieren kommen kann , da ibre ers-len Spuren erst am 6. Tag erscbelnen. Siehe Ovei'sigt over det kongelige Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlingar 1821 — 1822. af Prof. Oersted 1822. 4.

§• 139. Die Aehnlicbkeit mit den Nieren steigt noch, wenn man bedenkt, dass die Verzweigung der feinsten Arterien, nacb Rathke's Entdeckung sich in den Wolffscben Körpern gerade so wie in den Nieren verbält, indem die Arlerienzweige Knäuelchen zwiscben den Blinddärmeben der Wolffscben Körper bilden, gerade so wie die glomervxli sanguiueovasculosi_oder Corpora Malpigbiana zwiscben den Harncanälchen in den Nieren.

§.40. IV. Dass die Wolffschen Körper in keinem so innigen Veihäliniss zu der Enlslebung der Genitalien stehen, wie Rathke glaubte, ist, hoffe ich, bewiesen worden. Schon: die einzige Tbatsacbe ist beweisend, das diese Organe bei den Batracbiern nicbt die geringste Verbindung mit den Genitalien baben. Wenn also eine solcbe Beziebung zu den Gcnilaliea bestcbt, so ist es nicht die wichtigste und auch keine beständige. Die Thatsachen welche für diese Beziehung sp^ecben sind folgende:

1. Dass bei den Vögeln aus dem Ausfübruugsgang des Wolff'schea Körpers der Samenleiter wird.

2. Dass bei den Saugetbieren die ausführenden Gänge der Geschlcchtstheile zwar ganz vcrschiedea" von dea Ausgängen der W olff schea Körper


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sind, aber clocli unten miteinander zusammenhängen und die ausführenden Gänge der Genitalien von dem untern Ende jener Canäle ausgehen, und später bleiben, während diese verschwinden.

Diess sind die einzigen Thatsachen, welche jene Beziehung bei 2 Classen erweisen, wovon aber bei der dritten Classe nichts ähnliches vorkommt.

Dass eine gewisse Beziehung zwischen den ausführenden Gängen und zwischen den Keimbereitenden Organen der Genitalien herrscht, ist sicher; denn durch ihre Wechselwirkung entsteht bei den Männchen der Nebenhoden; aber es ist bis jetzt ganz unerwiesen, dass die zwischen jenen Gängen und den Hoden oder Eierstöcken liegenden Wolf fachen Körper diese Beziehving vermitteln. Die Organe verschwinden ebenso bei den Weibchen zwischen Eierstock und Trompete, als sie bei den Männchen zwischen Schwanz des Nebenhoden und Hoden verschwinden.

Die Lage xind Entstehung der Hoden und Eierstöcke an der inuern Seite, so wie die der ausführenden Genitalieaander äussern der Wol ff'schen Körper scheint auch nichts wesentliches zu seyn ; denn Hoden und Eierstöcke entstehen bei den Batrachiern, ohne allen Zusammenhang mit den Wolf fschen Körj)ern an der innei-n Seite der Nieren.

Wenn nun endlich bei Vögeln und Säugelhieren eine accidentelle Beziehung zu den Genitalien in der oben bestimmten Art stall findet, so hat diess nichts widersprechendes mit der wesentlichen Function der Wol ff'schen Körper als Ahsonderungsorgane. Denn die Genitalien und Harnwerkzeuge sind ja überhaupt accidenlell bei den meisten Thieren vor ihrer Ausmündung verbunden. Auch hat ähnliches bei anderen Organen statt. Das Kiemengerüst der Fische hat die wesentliche Function , ^ die Alhemorgane 7Ai tragen; bei den Batrachiern aber, geht dasselbe Gerüst, nachdem die Kiemen verschwunden sind, zuletzt verkümmernd in den Apparat des Zungenbeins üher^'-'); wie denn der Apparat des Zungenbeins selbst bei den Eidechsen das ganze Leben bindmxh noch die grösste Aehnlichkeit mit dem Kiemengerüst beibehält.


) SieLe die schönen Abbildungrn über diese Met.imorpliose in C u v ie r 's Ossemem fossiles T. V. p a.


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V. Es wird für eine künftige Theorie der GesclileclitsenUvickelung von der grössten Wichtigkeit sejn, dass man bei den Fischembryonen ermittele, ob die Wolff'schen Körper vorhanden sind. Denn die Fische bieten gerade so höchst merkwürdige Verschiedenheiten in dem Bau der Geschlech Istheile dar, dass schon hierdurch, mit Beachtung derEntwickelungsgeschichte sich ganz neue Aufschlüsse ergeben müssen. Leider habe ich diese Fragen zu lösen gar keine Gelegenheit durch die Entfernung Aom Meere; und ich werde mich wohl hier Avieder an Herrn Dr. Rathke v, enden müssen, der uns wenigstens die Entwickelungsgeschichte des Blcnnius v'niparus versprochen hat. Ich frage zuerst, sind die "Wolff'schen Körper bei den Fischen überhaupt vorhanden? wenn sie vorhanden sind, Avie veibalten sie sich bei den Fischen mit röhrigem Bau der Hoden? Avle bei den wenigen Fischen mit durchaus körnigem Bau der Hoden , welche keinen Samengang besitzen und wo vielmehr der Samen in die Bauchhöhle austritt und von hier durch eine Oeffnung ausgeführt wird , wie beim Aal und bei der Pricke-'-)? wie verhalten sich die Wolff'schen Körper bei den Weibchen derjenigen Fische, deren Eierleiter nicht in die Bauchhöhle führen, sondern wirkliche ausführende Gänge der hohlen Eierstöcke sind? wie verhalten sie sich bei den Fischen, deren Eier von dem Eierstock in die Bauchhöhle fallen und von hier aus durch eine einfache Oeilnung ausgeführt werden? wie verhalten sich endlich die Wolff'schen Körper bei den Rochen und Haien, zuerst bei den Weibchen, welche zum erstenmal vom Eierstock getrennte Eierleiter und zugleich OelFnungen der Bauchhöhle besitzen, wie verhalten sie sich bei den Männchen, welche körnige Hoden ohne Samengang, OelTnungen der Bauchhöhle und nebenbei noch eine sehr grosse aus gewundenen Canälen bestehende Genitaldrüse besitzen, die man fälschlich geAvöhnlich für einen Nebenhoden ausgiebt ^^^)?


■•) Ralhke Beiträge zur Geschichte der Thierwelt. II. Abthl. p. i83.

  • "^ Siehe irbcr diese Drüse meioe Schrift über den innern Bau der Drüsen.


Siebentel' Abschnitt.

Kritik der vorausgesetzten Analogie der männlichen und weiblichen Genitalien.


§■ 142 Uie Vergleichung der männlicben nnd weibliclien Genitalien in Beziehung auf einen ihnen zu Grunde liegenden gemeinsamen Typus ist ziemlich alt. Schon Galenus hat in einer merkwürdigen von J. Fr. Meckel -) angefiihrten Stelle diese x\nalogie sehr umständlich zu erweisen gesucht. Daubenton, Haller, Home, Ph. v. Walther, Ackermann, Schubert, Autenrieth, Rosenmüller, Jörg, Tiedemann haben diese Analogie mit Gründen zu erweisen gesucht, welche der heutige Zustand der Wissenschaft darbietet. Am gründlichsten und gelehrtesten haben darüber wohl Meckelund Tiedemann gebandelt. Man kann indess nicht läugnen, dass, so auffallend die Aehnlichkeit gewisser Theile bei ihrer Entstehung ist, so gross ihre spätem Unterschiede werden, und dass zwischen manchen Thellen, deren Analogie man gerühmt hat, die Verschiedenheit grösser als die Aehnlichkeit ist. Man hat bei dieser Vergleichung wohl übersehen, dass die Geschlechtstbeile verschiedener Thierorduungen nach ganz verschiedenen Typen organisirt sind. Eine nähere Untersuchung dieser Typen und die beständige Rücksicht auf die Entwickelungsgeschlchte sollen uns nun die Mittel an die Hand geben, das Wesentliche in dem Verschiedenen vind das Zufällige in dem Aehnllchen genauer zu würdigen.


') Beiträge zur vergl. Anat. 2. B. 3. H. p. 167.


- ii4 Es giebt nämllcli 3 ganz verscliiedene Typen in dem Baue der Gesclileclitstheile in der gesammtea Tliierwelt, ausser den liermapliroditisclien Thieren. Der erste ist der Typus der Wirbellosen, 2. Typus ge^\'isser Fisclie, 3. Typus aller liöliern Wirbel tili ere.

I. Typus in dem Bau der Geschlecbtstheile.

Bei den Insecten und Crustaceen ist die Analogie der Aveiblichen und männlichen Gescblecbtslbeile niclit zu liiugnen. Bei den Männeben und Weibchen sind Samenleiter und Eiei-leiter etwas ganz analoges, unmittelbare Fortsetzungen der rührigen keimbereitenden Organe, des Hodens und des Eiei'Stocks. Den Träubchen, Capseln , Blinddärnacben der Hoden entsprechen die vielgestaltigen Röhren, in Avelchen die Eier keimen und reifen*).

Unter den Insecten kom^men ül^erdies bei Männchen und Weibchen ähnliche blinddarmföi'mige oder röhrige Hiilfsdriisen vor, die sich mit den Samenleitern so wie mit den Eierleitern verbinden.

Dieser Typus der Geschlecbtstheile umfast noch die Mollusken mit getrennten Geschlechtei-n , nämlich die Cephalopoden , ja selbst den grösslen Theil der Fische.

Bei den meisten Fischen ist der Eierstock ein hohler Schlauch, dessen Wände nach innen die Eier absondern und sich unmittelbar in den kurzen Eierleiter fortsetzen; auf ähnliche Art, wie der ductus deferens das Secretum der Samenröhrchen s unmittelbar ausführt. Noch giebt es keine vom Eierstock getrennte Trompete. Hier herscht die vollkommenste Analodie, der einzige Unterschied besteht darin, dass hier Eier in Bläschen, gort Samen in Röhrchen gebildet und ausgeführt werden.

IL Typus in dem Bau der Geschlechtstheile.

§. i44 Der zweite Typus in dem Bau der Genitalien besteht dai-in, dass Eierlelter unol Samenleiter ganz fehlen, dass weder Hoden noch Eierstock einen


  • } Siebe über die Formen der Eieisliickc bei din rnsetlen, recine.Ujhandlung. Kov.acl. nat. ciir.T. Xll. p. a


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Ausfülirungsgang haben, so class Samen, so wie Eier In die Baucliliöble treten viud von liier durch eine einfache oder doppelte OelTnung am untersten Theile des Bauches abgeführt werden. Dieser Typus ist nur mehreren Fischen eigen.

Bei einigen Gräthenfischen, beim Lachs, bei Cobitls taenia beim Aal und unter den Knorpellischen bei der Pricke fallen die Eier vom Eierstock in die Bauchhöhle, und werden ohne alle Spur eines wahren Eierleiters aus der Bauchhöhle durch eine einfache Oeffnung ausgeführt, wie Ratbke'-'-) gezeigt hat.

Ganz ähnlich giebt es bei mehreren Fischen weder Samenkanäle im Hoden, noch einen Ductus deferens; sondern die Hoden sind vollkommen körnig und der Samen wird in vollkommen geschlossenen Bläschen abgesondert. Von hier aus tritt er, wie die Eier in die Bauchhöhle, indem wahrscheinlich die Bläschen platzen, oder die Samenkörnchen sich ablösen. Aus der Bauchhöhle wird der Samen durch eine einfache oder doppelte Oeffnung ausgeführt. Dass dieser Bau mehreren Fischen, nämlich dem Aal und der Pricke zukommt, wissen wir ebenfalls aus Rathke's sehr genauen Untersuchungen '). Zweifelhaft aber ist es, wie weit sich dieser Ban unter den Fischen ausdehnt. Beim Aal und bei der Pricke ist der Eierstock ganz dem Hoden ähnlich, was auch zu der falschen Behauptung Veranlassung gab, dass diese Thiere Zwitter seien, die Eier unterscheiden sich von den Samenkörnern im Zustand der Reife nur durch ihre Grösse.

Hier ist also ebenfalls die Analogie der männlichen und weiblichen Genitalien ganz vollkommen- Dass es noch mehr Fische mit körnigem Bau der Hoden gebe, ist ganz gewiss. Rathke rechnet hieher den Knurhahn und den Slöi'.

Vom Knurrhahn habe ich keine Beobachtungen ; allein bei einem grossen Stör fand ich in dem ausserordentlich grossen kuglig gelappten Hoden auch nicht die geringste Spur von Samencanälchen , und eben so wenig konnte ich eine Spur von Samenleiter finden. Die Substanz des Hodens ist solid und besteht aus lauter länglichen microscopischen Theilchen , die wie ganz kleine Reiserchen durcheinander gewirkt sind und dieselbe Richtung


  • ) Rathke Beiträge zur Geschichte der Thierwelt. II. Abth. p. ia3.

•") Beiträge cet. II. Abth. p. i83.


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haben, übrigens aber durchaus solifl sind. Merkwürdiger Weise besitzt a])er der Stör auch jene Oellaungen. der Bauchhölile.


Dass die Hoden der Rochen und Haien nur aus Körnchen bestehen, ist eine von allen Beobachtern gemachte Erfahrung. Monro, Cuvier, Tr e vira n US) stimmen vollkommen mit den frühern überein 5 und wenn Treviranus dennoch glaubte, es müsse sich unter günstigen Bedingungen vielleicht eine Spur von Samenkanälchen entdecken lassen, so habe ich mich abermals vom Gegentheil und von der Richtigkeit dessen überzeugt, was alle und auch Treviranus selbst gesehen haben. Der Samen ist in vollkommen geschlossenen Bläschen enthalten , die ich microscopisch untersucht habe. Was man bisher als Nebenhoden beschiieben hat, jene aus gewundenen Canäleu bestehende, mit einem starken Ausführungsgang versehene Drüse, steht in duixhaus keinem Zusammenhang mit dem körnigen Hoden, auch hat Niemand bisher einen solchen Zusammenhang beobachtet. Dies ist eine Drüse ganz eigen thümlicher Art, wie ich in einer besondern Abhandlung über die Genitalien der Rochen und Hayen zeigen werde. Wahrscheinlich gehören daher auch die männlichen Rochen unter den zweiten Typus j waln-scheinlich tritt der Samen auch bei den Rochen und Haien zuerst in die Bauchhöhle, und wird von hier durch jene mei'kwürdigen zwei Oeffnungen abgeführt, die übrigens auch bei den weiblichen Rochen und Haien vorkommen, obgleich diese schon vollkommene Trompeten zum Ausführen der Eier besitzen, Eierleiter, welche in keiner ^ erbindung mit dem Eierstock stehen. Hier haben wir bei Rochen und Haien bereits einen ganz A'crschiedenen Bau der weiblichen Geschlechtslheile und nichts von Analogie. Die männlichen Genitalien der Rochen und Haien gehören dem. zweiten, die weiblichen Genitalien dem dritten Typus an. Aber es giebt auch andere Fische, deren männliche Genitalien nach dein zweiten Typus gebildet sind, während die weiblichen ganz dem ersten entsprechen.


  • ) TieJcmann unit Treviraöus Zeitscluift für Physiologie I. K,


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III. Typus in dem Bau der Gescblech ts theile.

§ '46 Zu dem drittea Typus geliören alle Ampliibien, Vögel, Säugelhiera tind der Mensch. Männchen und Weibchen entfalten sich hier vom embryonischen Zvistande an nach ganz verschiedenen Richtungen.

Nämlich die Hoden sind niemals körnig '•'); sondern enthalten immer samenbereitende Canäle. Bei den Männchen ist der ductus deferens immer eine unmittelbare Fortsetzung der vasa efferentia des Hodens oder der Samenkanäle, indem die vasa efferentia entweder einfach in den ductus deferens übergehen , wie bei den Batrachiern , oder sich mehr oder weniger verschlingen, vvodurch ein Anfang von Nebenhoden entsteht, der indessen nur bei den Säuge (liieren als ein eigenthümliches Gebilde zwischen Hoden und ductus deferens auftritt.

Bei den Weibchen giebt es eine vom Eierstock ganz getrennte , nicht in den Eierstock , sondern in die Bauchhöhle führende Trompete. Diese Trompete ist wesentlich Ausfiihrungsgang der Bauchhöhle und ihre Genesis scheint in den einfachen Oeffnungen der Bauchhöhle gegeben zu seyn, durch welche bei mehreren Fischen Samen und Eier aus der Bauchhöhle ausgeführt werden. Dies sieht man, wie Rathke bemei-kt, bei derPricke, wo die Oeffnung der Bauchhöhle sich bereits in einen kurzen Eierleiter verlängert hat.

Trompete und ductus deferens, im entwickelten Zustande betrachtet, haben sehr wenig mit einander gemein , und ihre Verschiedenheit ist eben so gross wie ihre Aehnllchkeit; denn der ductus deferens geht durch ein eigenthümliches Gebilde, den Nebenhoden, in den Hoden selbst und seine Canäle über. Der Eierleiter oder die Trompete führt nur in die Bauchhöhle und hier hat jene bisher ganz unerklärliche Anomalie statt, dass die innere Haut der Trompete oder die Schleimbaut der Genitalien mit der


  • ) Nach Cuviet sollen die Hoden der Frösche auch körnig seyn; allein die scheinbaren Körner

sind nur die blinden Enden der strahlig steheirden Samenröhrchen , wie bereits Swam me rda nr gezeigt hat.


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serösen Haut des Unterleibs ziisaminenliängt, und dass beim ATeibe der seröse Sack des Peritoneums gegen das Bildungsgeselz aller serösen Häute nicht geschlossen ist.

Diese Anomalie ist selbst da noch vorhanden , ayo die Eiers'töcle in einer beuteiförmigen Fortsetzung des Bauchfells, gleichsam in einer Scheidenhaut liefen. Bei den Hunden sind die Eierstöcke in einem ungeschlossenen Beutel des Bauchfells enthalten. Bei der Fischotter^ bei Muslela und bei den Phoken ist diese Einschliessung noch enger. Siehe E. H. AYeber in Meckels Archiv 1826. p. io5. Treviranus in der Zeitschrift für Physiologie. B. I. H. 2. p. 180. So ähnlich diese Beutel der Scheidenhaut des Hodens beim Menschen und einigen Säugethieren sind, so bleibt doch auch hier der Hauptunterschied, dass die Trompete nur in die äussere Umgebung, nur in eine mit der Bauchhöhle zusammenhängende oder von ihr ausgehende Höhle führt. AYas nun die Yergleichung des Ductus deferens mit der Trompete betrifft, so sind sie bei den Yögeln, selbst bei der ersten Entstehung ganz verschiedenartige Dinge. Allein bei den Säugethieren mit A-ollkommenem ]Vebenhoden sind ductüs deferens und Trompete beim ersten Entstehen ganz analog. Dann besitzt weder der Hoden einen Nebenhoden , noch die Trompete eine Oeffnung ; und der Hoden ist von seinem Ductus deferens ebenso gut getrennt, wie der Eierleiter vom Eierstock. Der Ductus deferens ist aber früher nicht etwa trompetenähnlich ^ sondern das unterscheidende der Trompete fehlt auch noch, nämlich die Oeffnung in die Bauchhöhle. A ollkommen ähnliche Theile ent^Yickeln sich vielmehr nach ganz entgegengesetzten Richtungen und werden verschiedenes, Ductus deferens und Trompete.

Bei allen Embryonen der Säugethiere gieht es in frühester Zeit der Entwickeluug, ohne Unterschied des Geschlechtes, einen vora^ Hoden sowohl als vom Eierstock getrennten Gang, der in seinem obern Theile blind ist und höher als Hoden und Eierstock hinaufreicht. Es ist ganz ausser Zweifel , dass im Anfang zwischen Hoden und jenem Gang dui'chaus keine Yerbindung statthat und dass beide, entfernt voneinander, an den entgegengesetzten Seiten eines und desselben Organes, des AY o 1 ff sehen Körpei-s liegen. Bis dahin sind die Theile bei beiden Geschlechtern ähnlich oder vielmehr es exislirt noch kein Geschlecht. Sobald aber Zeichen des männli


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cTien und weibliclien Gesclileclites eintreten, netmen ancli, wie icli gezeigt habe , jene Theile eine ganz verscliiedene Atisbildung an.

Derselbe Gang Nvird bei den Weibeben ■sveit, kürzer nnd gerade und in seinem obern Tbeile durchbohrt, "wodurch eine in die Bauchhöhle geöffnete Ti-ompete entsteht. Derselbe Gang kräuselt und verkürzt sich bei den Männchen zum. Schwanz des Nebenhodens und, statt in seinem obern Ende durchbohrt zu werden, tritt er in Wechselwirkung mit dem Hoden, je mehr er durch das Schwinden des Wolf f sehen Körpers an den Hoden heranrückt , und so entsteht der Kopf des Nebenhodens zwischen dem gekräuselten Gange und dem Hoden. Nach dieser Entwickelung sind Eierleiter und ductus. deferens die verschiedensten Dinge.

§• i47 Das Ligamentuvi uteri rotunduni und das Guhernaciduni Hunteri sind allerdings anfangs dieselben Dinge. Beide reichen vom Rande des Leistencanales bis zum untern Ende des Wolff'schen Körpers; später Avird die Insertion dieser Theile scheinbar canz verschieden. Dis Lii^anientun uteri rotuiidum ist zuerst an den ausführenden Geschlechtstheil geheftet, da wo dieser den AVolff 'sehen Körper erreicht, um über ihm aufzusteigen. Was unter dieser Insertionsstelle gelegen ist, wird Hörn des Uterus und zuletzt in den Fundus uteri verwandelt. Bei den männlichen Embryonen setzt sich das Gubernacidum Hunteri anfangs auch an das untere Ende des Wolff'schen Körpers und an den ausführenden Gang, der über den Wolff'schen Körper aufsteigt, an. Dieser Gang, so weit er über den Wolff'schen Körper geht, wird, indem er sich kräuselt, Schwanz des Nebenhodens, und so kömmt es , dass das Guhernaculum Hunteri später an das untere Ende des Schwänze» vom Nebenhoden befestigt ist.


§• 148.

Auch die ühvigen Geschlechtstheile sind nur bei der Entstehung gleich, insofern sie auch einen Typus zeigen, der bei Männchea und Weibchen nach ganz verschiedenen Richtungen sich ausbildet.

1. Samenbläschen und Uterus haben zwar auch beim Erwachsenen


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eine entfernte Aehnlichtelt der Function und des Bauesj beide dienen zum

<\ufenlbalt und zur Ausbildung der von den keimbereitenden Organen aus gescbiedenen Tbeile, beide Organe sind im höcbsten Grade irritabel j allein

nur beim ersten Aufti-eten können diese Organe in Hinsiebt ibrer Form

und des Ortes ibrer Entstebung verglicben werden, wie gezeigt worden

ist. Sie wacbsen beide zuerst aus demselben Tbeile des gemeinscbaftlicbea

Scblaucbes hervor, aber jeder in ganz verscbiedener Weise.

2. Nur im Anfang der Entwickelung sind Hodensack und grosse Scbam lippen analog.

5. Nur im Anfang gibt es einen bei beiden Gescblecbtern gleicben Canalis urogenitalis.

4- Nur im Anfang ist dje Clitoris dem gespaltenen Penis äbnlicb. Allein bei den Männchen scbliesst sich die Spalte, bei den Weibchen erweitert sie sich nach aufwärts zwischen den Seitenstücken der sich verkürzenden Clitoris, welche fi'über nicht durch eine tiefe Spalte, sondern durch eine Furche getrennt waren , und indem das Endstück der Clitoris übrig bleibt, werden die Seitenstücke der gespaltenen Clitoris zu Nymphen oder Lipj)en der vergrösserten Spalten, zu innern Schamlippen.

Alles dies ist durch die Bildungsgesphichte der Genitalien bei den Säugethieren und dem Menschen und durch die darüber milgetbeilten vollständigen Beobachtungen erwiesen.


Achter Abschnitt.


Kritik der Lehre vom Hermaphroditismus.


Anerlannf giebt es keinen Tbeil der Medicin, worin noch so viele abergläubiscbe Vorstellungen herrschen, als in den Ansichten über Hermaphroditen Die Beschreibungen derAeltern sind grossentheils aus diesem Grunde unbrauchbar geworden und in der That sind zuverlässige anatomische Untersuchungen von wahren Hermaphroditen so überaus selten, dass mehrere der ausgezeichnetsten Anatomen wie Wrisberg, Haller, Portal die Existenz des wahren Hermaphroditismus ganz läugßen.

Wrisberg sagt in seiner denkwürdigen Abbandlung, de singnlari genitalium deformitate. Comment. Soc. Reg. sc. Gotting. V. XHI. : Ex mea itaque senlentia, quum hanc observationem ad couvincendum minime idoneam et suflieientem ci^edam, lotam bermaphroditorum (verorum) classem in animalibus perfectioribus inler figmenla cum Gl. Pietsch, Arnaud et Heye rmann refero, et existenliam illorum, sive jam evictam, si tales historiae praestent, sive adhuc in posterum evincendam et asserendam^ tantum in rarissimo isto casu admitto, si in manstro bicorporeo utriusque sexus unica modo pelvi instructo , partes generationi in quolibet sexu inservientes ita junctae et tali modo combinatae inventae sunt, ut nullum primariorum organorum nee careat, nee deforme sit. Gratlas cuilibet in cispri et pi'aejudicüs libero habebo observatori, qui casum ejusmodi beneTole comutrunicaturus erit.

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Die Misbildungen, Avelclie maa für hermaphroditisch tält. geliören einer dreifachen Gruppe an, die man Avohl untei'scheiden muss bei den Untersuchungen viber ihre ursprüngliche Entstehung und bei ihrer Kritik. Sie sind entweder i. blos äusseilich unentschiedene Geschlechtsbildung bei innerlich vollkommener Ausbildung entweder männlicher oder weiblicher Theile, oder 2. innere theilweise Duplicität der Genitalien bei äusserer Unentschiedenheit, 3. vojlkommener seitlicher Hermaphroditismus.


§. i5o,

I Die Misbildungen der ersten Art sind mit Unrecht für hermaphrodilisch gehalten worden j sie sind blosse Hemmungsbildungen. Innerlich sind entweder Hoden oder Eierstöcke vorhanden, aber die Hoden sind durch Hemmungsbildung in der Bauchhöhle zurückgeblieben. Der erste Grad solcher äussern Misbilduog bei Männern ist Harnröhren- Spalte, Hypospadia , was bei den männlichen Embryonen in :frü herer Zeit normal ist, der zweite Grad Fortsetzung der Spalte durch den Hodensack bis gegen deu Damm, was in früherer Zeit ebenfalls normal ist. In diesen Fällen könnea die Innern Gcschlechtstheile, nämlich die in der Bauchhöhle zurückgebliebenen Hoden und Samenleiter vollkommen entwickelt seyn. Alles reducirt sich hier auf eine einfache Hemmuugsbildung und die fälschlich sogenannten Hermaphroditen dieser Art sind in der Regel vollkommen männlich, haben diesen Habitus und auch männliche Triebe, Avie allgemein jetzt von den Ihpospadiaeen bekannt ist. Eine gehemmte Ausbildung vollkommener Männlichkeit, und noch dazu in den bloss äussern Theilen, ist aber noch gar kein Schritt zur Weiblichkeit; so wenig als eine gehemmte Ausbildung des Weiblichen ein Schritt zur Männlichkeit ist.

Ich sehe gar nicht ein, wie man jene Misbildungen nur entfernt hermaphroditisch nennen könnte. Denn was ist die Spalte des Hodensacks, und die Hypospadia an den Geschlechtstheilen anders als die Spina bifida an dem Rückgrath , Hasenscharte, \Yolfsrachea an Lippen und Gaumen. .Coloboma iridis an der Iris? In der That so wenig die Hasenscharte ein Schritt zur weiblichen Bildung ist, so wenig ist die Hypospadia hermaphroditisch.


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Die Virogines mit Hemmung vollkommener Ansbildung des weiblicTiea Geschlechlscharacters sind ebenso wenig Zwitter. Zu einem Manne ist eia für allemal das männliche Secretionsorgan, Hoden, zu einem Weibe Eierstock nolliwendig. Man prüfe aber doch nur jene Zeichen, die man für Symptome der Männlichkeit bei den Yiragines ansieht, nämlich einen etwas grossem Kitzler, was in der Tliat eine Hemmungsbildung ist , Enge des Scheideneinganges, ein ganz unsicheres Merkmal, welches in früherer Zeit normal , und. wie ich gezeigt habe, zum Theil von der Grösse des Kitzlers abhängig ist, vmd ebenso mit der Verkleinerung des Kitzlers abnimmt; Kleinheit der Trompeten und der EierstöcUe , die 'vielleicht nie Bläschen enthalten sollen. Ein Theil dieser Zeichen beruht auf Vermuthungen, die anderen beweisen gar nichts sicheres, höchstens eine unvollkommene Ausbildung des Weiblichen; allein es ist eine blosse Voraussetzung, dass die unvollkommene Ausbildung des weiblichen etwas männliches enthalt Der Durchbruch der Eierstöcke aus der Bauchhöhle durch den Bauchring In die Schamlippen, der von zuverlässigen Männern beobachtet scheint, dieser Vorfall ist doch wohl ebenso natürlich, als jeder andere angehorne Leistenbruch und ist so wenig ein Beweis für etwas männliches, als jeder andere Vorfall. Der Unterschied liest nur in der ausserordentlichen Seltenheit des ersteren Falles« 

Selbst wenn ein Weib bei vollkommenen inneru Geschlechtsorganen weiblicher Art eine durch einen Theil des Kitzlers sich fortsetzende Harnröhre besässe, ein Fall, der ein einziges mal beobachtet, •) nicht genügend verbürgt ist, so wäre selbst diess kein entscheidender Uebergang, da wie Meckel auch bemerkt und einwirft, bei mehreren Thieren diess normaler Zustand ist, wie bei den Maki's und Lori's.

Wie wenig Werth man auf die Beschaffenheit der Brust legen kann, wird jeder einsehen. Oft wird eini3 starke Fettansammlung an der Brust eines Mannes als etwas weibliches in den Museen aixfbewahrt, als wenn der Turgor der weiblichen Brust bloss durch eine Fettanhäufung entstände. Zu einer weiblichen Brust gehört ein für allemal eine Milchdrüse.


'*) Siehe hierüber Meckel 's Patholog. Anatomie. T. II. i. p. 202;


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§. iSa;

leh scliliesse daher alle Hemmungsbildungea der äussern Gescblechtstheile, bei welcbea innerlich ein entscbiedener Gescblecbtscharakler vorbanden ist, wo entweder Hoden oder Eierstöcke zugegen sind, mit vielen andern Gelehrten, mit Recht von den hermaphroditischen Bildungen aus. Aon ibnen kann man höchstens sagen, was Wrisberg von den T^iragines und P^iri effeminali bemerkt: Haberemus itaque in utroque sexu individua, in quibus, non obslante sexus regula, characteris quldquam^ nee adeo parvi momenti in uno alteroque connubium genii, naturae et indolis alterius sexus adesse videtur. Licet nemo tarn unum quam alterum pro he^^-mahprodito declarat.uriis erit. 1. c ^. 21.

Diese Unentschiedenheit ist in der That, wie gezeigt worden ist, bei Embryonen sowohl innerlich als äusserlich vorhanden ; sie ist Anfangs weder vorzugsweise männlich, noch weiblich, jede dieser Richtungen bildet sich aus einem Anfangs gleichem Zustande auf ganz verschiedene AVeise aus. Wai'um sollten nicht auf beiden Seiten Hemmungsbildungen entstehen, welche an die ursprüngliche Uniformität, nicht Dupücität ei-in.nern?

§. i53;

n. wir wenden uns nun zur Kritik der zweiten Art sogenannter hermaphroditischer Bildung, wo neben den vollkommen entwickelten Genitalien einer Art noch Spuren der zweiten Art vorhanden seyn sollen. Diess ist nun gerade der Gegenstand , zu dessen Ei-klärung und Aufhellung ich die fridier mitgeiheilten Beobachtungen über die Entwickelung der Genitalien bei den Säugelhieren mit entschiedenem Erfolg anzuwenden gedenke.

§. 154.

Es is,t durch die vorhergehenden Untersuchungen erwiesen, dass in friiJier Zeit der Entwickelung bei den Säugethiererabryonen, sowohl den später weiblichen als männlichen, ohne Unterschied, die keimbereitenden Organe, Hoden oder Eierstöcke von den ausführenden Gängen getrennt sind , dass /diese Gänge anfangs blind sind, yiel höher als Ho.den und Eierstöcke hia


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atifrelcben , und Jass jederseits zwischen diesem Gang und dem Hoden oder Eierstock der Wolff'sche Körper liegt, der in frühester Zeit selbst wieder einen Ausführungsgang aus seinem untern Ende hat. Man denke sich nun den Fall, der bei allen Organen entstehen kann, hier eintretend, maa denke sich den Fall, dass die inneren Geschlechtsorgane eine Ileminungshildung erleiden, die hier ja wenigstens eben so leicht eintreten kann, als sie bei den äussern Geschlechlsthellen häufig is:. Dann wird der Wolff'sche Körper bleibjen , jener Körper, von dem sich nach Rosenmüllers Beobachtungen seihst bis zua- Geburt ohnehin eine geringe Spur erhält. Jeder ununtorrichteie würde einen solchen Fall von Hemmungsbildung, wo ein keim bereitendes Organ mit dem Wolff'schen Körper, und zugleich noch ein Trompetenähnlicher Gang auf jeder Seite vorhanden ist, zumal wenn äussere Zeichen von Hemmungshildung da sind, für die vollkommenste Zwitterbildung hallen. Keimbereitendes Organ mit sammt dem Wolff'schen Körper könnte für Hoden und INebenhoden Imponiren; hat doch selbst Rosen mül 1er -den W o 1 ff 'sehen Körper der Weibchen fälschlich für etwas Nebenhodenartiges angesehen. Der an der Seile des Wolff'schen Körpers aufsteigende Gang würde für Trompete gehalten werden, um so mehr dieser Gang bei den Weibchen wirklich zur Trompete wird. Man hätte also einen Schein von Hoden und Nebenhoden nebst einer Trompete; wäre der ursprüngliche Ausführnngsgang des Wolff'schen Körpers, der so ausserordentlich frühe verschwindet, noch vorbanden, so hätte man selbst einen falschen Anschein von Samenleiter. Der mit der Bildiingsgesjchichte nicht sehr genau vertraute würde uns nun leicht einen Zwitter beschreiben, bei dem sich Trompeten, Hoden und Nebenhoden, ja selbst eln£ Spur von Samengang vorfinden sollen. Auch der Uterus könnte vorbanden seyn, wenn das Individuum wirklich weiblich war und nur der Wolff'&chfi Körper mit dem Eierstock verbunden geblieben ist.

Vorausgesetzt also nur dies eine, dass Hemmungshildung an den Innern G«schlechtstheilen eben so häufig als an den äussern vorkomme, entsteht eben so häufig auch innerlich ein falscher Anschein von Hermaphrodilismus. Ich will nicht behaupten, dass es keine Hermaphroditen mit theilwelser Dupllcität gebe, diess wäre eine rein dogmatische, von einer künftigen beweiskräftigen Erfahrung yielleicht z^ widerlegende Behauptung; Ich habe hlos6 gezeigt, dass hier die allergrösslea Täuschungen leicht und verzeihlich


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sind, dass wir vorsichtig dadurcli werdea müssen und viele Fälle dieser Art W ihrer Erklärung ganz andere Kenntnisse in derEmhrvotomie voraussetzen, als wir bei den altern Beschreibungen voraussetzen können, dass> sie hingegen eine einfache Erklärung zulassen^

§. i55.

Das zweite, worauf ich nun aufmerksam mache, ist, dass mehrere Fälle von Duplicität der Geschlechtsorgane auf beiden Seilen unter den oben bezeichneten Fall zu gehören scheinen. J. F. Meckel's vortreffliche Arbeiten über die Zwitterbildungen in ReiL's Archiv für die Physiologe T- Xt und in seiner pathologischen Anatomie, worin fast alle bisher beobachteten Fälle zusammengestellt sind, können uns bei dieser Revision zur Grundlage dienen. Bis auf 3 zweifelhafte Ausnahmen, die ich sogleich erwähnen werde, gehören alle dort aufgeführlenFälle zu dieser Form. Man hat eineTrompete, ein keimbereitendes Geschleclitsorgau mit einem nebenhodenartigen Anhang und Ausführungsgang versehen beobachtet. Man vergleiche die von Me'ckel aufgenommeneu Fälle von Petit"), B r u n n '•'■'-') , Schneider'^**), Märet t), Schrei 1 tt). Niemals hat man mit zureichender Zuverlässigkeit, Hoden und Eierstöcke zugleich beobachtet. Wer bürgt uns nun ferner für eine genaue Untersuchung jener Organe in den bisher beschriebenen Misbildungen. Wer hat die Samenkanäle in den Hoden gesehen , wer den JXehenhoden untersucht, und wer konnte ohne Kenntuiss der Wolffsclien Körper hier einer Täuschung entgehen, da die Wolffscben Körper immer aus geschlängelten BlindJärmcheii bestehen? Jedermann weiss übcrdiess, wie oberllächlich die meisten Fälle dieser Art untersucht worden, "wie crass die Vorstellungen der altern über Hermaphroditen waren, Avie leichtfertig oft die Angaben sind, wie z- B. folgende: eine ylrl Tlotlcn, eine uirt Nebenhoden, eine Art Riuliincnt des Eierstocks , etwas der Trompete, dem Eierstock iihrdic/ies, wie oft sind Hydalidou für Eierstöcke beschrieben worden, und wie Iciclit ist man in der Annahme eines Rudimentes von Fterus ohne Trompeten ^ wo alles andere entschieden männlich ist, und ein


•) Mcckcl in II eil 's Archiv T. .\I. p. Si^. ") F.bend. p. 33;.

•") Meckel's palliol. Anatomie T. U p. ai6. f) Ebeod. p. 218.

tt) Ebend. p. uiS.


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unpaariger Sclilaiicli an der Insertion der Samengänge viel passender für eine verbildete Prostata oder verbildete Samenbläschen gehalten werden mussten, wie in Ackerma nn's Fall. J.Fr.Meckel vertheidigt zum Theil die Hermaphroditen gegen manche Zweifel mehrerer Gelehrten, wie Haller, Parson, Osiander, Portal, Voigtel cet. In der That ich baue mit vollkommenstem Vertrauen auf jeden von diesem, allverehrten grossen Anatomen untersuchten Fall, nicht aber auf die meisteo Fälle von Andeicn, die Meckel mit seltener Gelehrsamkeit zusammengestellt hat.

§. i56.

Hierzu kommt endlich noch, dass bei den Weibeben der wieJcrkäuenden Thiere und der Schweine zwei Gänge vorkommen , welche von der Scheide entspringen, und bis über die Hörner <les Uterus an der äussern Seite des Uterus zu verfolgen sind, wo sie blind endigen. Diese Gänge sind bei jenen Thieren im normalen Zustand neben den Trompeten vorbanden j sie sind zuerst von Malpigbi erwähnt, dann von Gärtner ausführlich beschrieben worden. Gärtner Anatomisk Beskrivelse over et ved nogle Dyr - Arters Uterus untei'sögt glandulöst Organ. Besonders abgedr. aus Kongellge Danske Videnkabs Selskabs Skrifter 1822. mit 4 K.- Med. Chirurg. Zeit. 1824. n. p. 104. Diese merkwürdigen Kanäle, welche zu zerstreuten Drüsenkörnern führen , habe ich an einem sehr schönen Präparat in der Thierarzneischule zu Berlin gesehen. Es darf kaum erwähnt werden, wie leicht die Gar t n er'schen Canäle neben den Trompeten bei den Thieren Verwechselungen vei-anlassen und wie sehr sie die Beobachtungen über Zwitterbildung bei den Thieren unzuverlässig machen müssen.

§. 157.

Nun will icb die Requisite einer zuverlässigen Beobacbtung über Duplicität der Genitalien auf beiden Seiten anfiüiien;

1. Es ist nicht hinreichend, dass ein Ausführungsgang neben dem EIerleiter beobachtet werde. Denn dieser könnte möglicherweise der übriggebliebene Ausführungsgang des Wo Iff 'sehen Körpers seyn.

2. Es ist nicht hinreichend, dass neben dem Eierleiter ein hodenartiger Körper mit einem nebenhodenartigen Körper verbunden beobachlet


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wird; denn dieser scheinbare NeLenliode kann der ütriggebliebene W olffsche Körper, der angebliche Hode aber der an ihm liegende Eierstock seyu.

3. Es muss jedesmal durch genaue Untersuchung ermittelt werden, dass das, was man für Hoden hält, wirklich Hoden ist, nämlich dass er Samenkanäle enthält..

4- Die Eierstöcke müssen durch die Graafschen Bläschen erkennbar und erweisbar sejn. In Fällen, die ich hier und dort gesehen ,, gehörte eine stärkere Phantasie als ein gutes Gesicht dazu^ die Rudimente von Ovarien zu erkennen.

5. Nach allem, was bisher vorgetragen worden, gebort zu einem entscheidenden Beweis von Hermaphrodilismus oder DnpJicität der Organe auf beiden Seiten, nolhwendig gleichzeitiges Vorhandenseyn der Hauptorgane, des Eierstocks und des Hodens mit seinem Nebenhoden. Alle anderen Fälle, wo das überzählige nicht Eierstock, sondern nur ein trompelenähnlicher Gang oder der Uterus ist, können vielleicht unvollkommen herraaphroditisch seyn, aber sie können nicht streng als hermaphrodilisch erwiesen werden, und diese Fälle werden durch die Entwickelungsgeschichte der Genitalien wenigstens sehr unkrufllg.

6. Alle Fälle, wo ausser der Duplicität von gewissen Theilen der Genitalien auch Zeichen von Duplicität in äussern Gliedern und Theilen , überzählige Theile von Extremitäten oder ganze Glieder vorkommen , können nicht als Beweise für die Existenz eines wahren Hermaphroditismus angenommen werden, sie gehören Jen Duppeluiissgeburten an.

Man misverslehe mich nicht; ich will nicht den Hermaphroditismus ül>erhaupt widerlegen, ich will Kritik, Genauigkeit der Unlcrsuchung, logische Soudciung dessen, was aus den Beoljaclilungen folgt, und was nicht folgt, und Iiiiezu fordere ich ein genaues Sliuliiitn der Entwickelungsgeschichte. Dies ist allerdings eine hinreichende Reaction gegen eine von der Idee des Hermaphrodilisuius befangene Phantasie,


§ iSS.

kl ich 1k mens von Hoden und Eierstock auf derselben Seite. Von allen bisher


I«h erwähnte zuvor eines wirklich l>eobachleten aleichzeili"en Vorkom


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Jjekannt gewordenen Fällen gcLören nur lileber die Fälle von Mascagni, Borkliausen, Huntcr, welche zum Tlieil selbst aber keine strenge Kritik ausballen. Mascagni beobachtete in der Tbat bei einem Stier einen zweihörnigen Schlauch mit Trompeten j an der Stelle d,er Eierstöcke lagen wahre mit Saamengängen versehene Hoden, welche Mascagni nebst den Nebenhoden mit Quecksilber fiülte. Hoch oben lag dicht neben dem linken Hoden, ein dünner Körper von der Structur des Eierstocks {?), und im Hodensacke kleine, gleiclifalls Eierstock ähnliche Körperchen (?), welche Mascagni wiiklich für Eierstöcke nahm ) ! In dem Fall von Borkhausen waren bei einem Widder normale Hoden vorhanden, ausserdem eine Gebärmutter , verschlossene Trompeten und Eierstöcke, welche voll yon Eiern waren ( ? ! ) •')

Hunter fand bei einem Rinde einen zweihörnigen engen Gang als Fortsetzung der Scheide. Ausser dem Eierstock fand sich auf jeder Seite neben ihm der Hode, der die Gestalt und Grösse einer Muskatnuss hatte j die Samengänge endigten gegen den Hoden blind -■■=-■). Hier frage ich abermals nach dem Beweis, dass der angebliche Hode mit seinem Gang wirklich Hodcj'imd nicht Rudiment des Wolffischen Körpers vmd seines Ausführuugsganges war.

Endlich fand Hunter bei einem Eselszwitter eine zweihörnige Gebärmutter ohne Trompeten, Ovarien, und Hoden ohne Samengänge f).


§• iSg.

Diess sind die wenigen Beobachtungen von wirklich angeblich doppeltem Vorhandenseyn der Hoden und Ovarien. Sind diese Fälle richtig beobachtet, woran sich nach der zum Theil so sonderbaren Beschrcibunc immer noch zweifeln lässt, so giebt es allerdings auch Hermaphroditen, welche von unserer Erkläruqgsart nicht interpretirt wei'den können. In


  • ) Siehe Meckel's erwähnte Abhaadlung in Keil's Archiy T. XI p. 33o.
  • ') Ebend p. 33 1.

"•) F.beiul. p 33 1. 332. t) Ebeud p. 332.


— i3o —

4essea bedarf es liier abermals neuer und genauerer Beobacblungen, welcbe mit Rücksicht auf die Wolff scheu Körper der Embryonen und auf die Gartnerschen Canäle der Thiere(§. 1 56), unternommen werden müssen» Von einem E^llgemeinen Gesichtspunkt erscheint eine solche vollkommne Duplicilät nicht geradezu unmöglich, da sie bei den niedern Thieren normal vorkömmt. lede neue genaue Beobachtung sey wi^Hkommen. "V\'ie gerne werde ich mich belehren lassen durch eine Ueberzeugung, die mau mit den Augen gewinnt Sollten nun in der Folge solche von der Kritik unantastbare Fälle von einem uubefangenen Anatomen beschrieben werden, so sind meine Einwürfe gegen die bisherigen Fälle nicht widerlegt, sondera es gecbieht nur, was ich sehnlichst wünsche. Unrein würde aber .schoa jeder Fall seyn , wo ausser den Genitalien noch andere Zeichen von Du-', plicilät an den untern Theilen des Rumpfes oder Zeichen einer Doppelmissgeburt vorhanden sind.

§. 1 60.

III, Die letzte Reihe hieher gehöriger ^issbildungen bilden diejenigen^ wo auf einer Seite Hoden, Nebenhoden und Samengang, auf der andern Eierstock und Trompete befindlich sind. Diess sind die einzigen streng zu erweisenden Fälle von Zwitterbildung, für 'deren Existenz viele zuverlässige Beobachtungen, besonders von niedern Thieren sprechen. Ueber diesea Gegenstand besitzen wir eine treffliche Arbeit von Rudolph i in den Abliandluncen der Academie zu Berlin vom. Jahre 1825. Bei den Insectea ist diese Art von Zwitterbildung, Hermaphroditlsmus lateralis, der si.h auch in der Zeichnung und Form der Flügel, so wie in der Form der Antennen rechter und linker Seite ausspricht, schon häufig beobachtet, und ich habe selbst die von Rudolphi berührten überzeugenden Praeparate von Insectea gesehen. Von höhern Thieren sind diese Fälle sehr seilen j hieher gehören die ällern noch ziemlieh unzuverlässigen von Sue, Mo r ra u d, Ve r d i er*), \lnd der neue genau untersuchte von Rudolphi, der- um so merkwürdiger ist, als er den Menschen betriirt.

Der Hermaphroditismus lateralis lässt übrigens schon eher eine Erklärung aus der Entwickelungsgeschichte zu. Denn da in frühester Zeit bei


•) Siebe Meckel a. a. O. p. 3aa. 33a. Patholog. Anat II. B, p. aig.


— i3i —

allen Embiyonen dieselben Gänge vorlianden sind, welche bei den "Weibchen sich nachher in die Bauchhöhle öffnen, bef den Männchen aber, mit ded Hoden sich verbindend, sich kräuseln und den Schwanz des Nebenhodenji bilden, so ist es denkbar, wie eine solche Terschiedene Entwickelung auf beiden Seiten desselben Individuums eintreten' könne. "Was aber eine solche DifTefenz der beiden Seiten verursache, können wir nicht edtfernt ahnden, lene letztern Fälle lasse ich daher unangetastet und begnüge mich gezeigt zu haben, wie auf eine doppelte Art, innerlich und äusserlich ein falscher Schein tou Hermaphroditismus entstehen könne.


Anhang

über die cliir urgische Behandlung

fl € r

H y p o s p a d i a.


  • Jnlei'


§. 161.

den angebornen MissLildungen sind keine häufiger als die Spaltbildüngen, ich rechne dahin;

1) die Hasenscharte,

2) die Gaumenspalle ,

5) die Brustspalte mit Ectopia cordis ,

4) die Harnblasenspalte oder Mangel der Bauchdecken z^vischen INabel und Schaamgegend, mit Hai'nblasenspalte und Vorfall der hintern "NTand der Urinblase, Hieven ist die einfache Epispadia der geringste Grad, wo der Harn, bei Spaltung der Scbaambeinfuge, durch eine kleinere Oeffnung über den Rücken des Penis abfliesst.

5) Die Hypospadia oder die Spaltung der männlichen Harnröhre bis zum Hodensack, oder mit gleichzeitiger Hodensackspalte.

6) Die Spina bifida oder das gespaltene Rückgralh.

7) Das Auseinanderweichen der Ropfknochen Ton hydrocephalus congenilus.


— i33 —

• ' 8) Das Coloboma iridis, oder die Spaltung der Iris aa der iintera Seite, wo ia frühern Zeit bei allen Thierea eine Spaltung der Iris und Choriodea vorkömmt '•'■')•

§. 163.

Mehrere dieser angebornen Bildungsfehler, wozu man wohl auch g) das Offenbleiben desUrachus am Nabel rechnen könnte, sind der Chirurgie zugänglich. Die Hasenscharte ist es längst, die Gaumenspalte ist es in neuerer Zeit geworden 3 man hat überdiess erworbene Spalten und Verluste besser behandeln und durch Ueberpflanzung von Hautstücken zu hellen gelernt; die kimstliche Nasen,- Augenlied- und Lippenbildung sind in die Chirurgie kunstmässig eingeführt und zeigen die Möglichkeit zu noch andern Versuchen. Allein mehi-ere der genannten Missbildungen sind der Chirurgie noch ganz unzugänglich geblieben. Noch Niemand ist es gelungen, selbst bei vollkommener Ausbildung der Harni-öhre, den offengebliebenen Urachus am Nabel zur Verschliessung zu bringen und den Abfluss des Urins an dieser Stelle zu verhindern '•^'■').

Die sogenannte inversio vesicae urinariae kann überdiess nie den Gedanken an irgend eine Behandlung nähren, da es ausgemacht ist, dass nur die hintere Wand der Blase vorhanden ist und mit ihrer Innern Fläche vorliegt. Allein es ist zu verwundern, warum man nicht auf den Gedanken verfiel, die Hjpospadla oder Hai'nröhrenspalte, welche zur Ausübung des frachtbaren Coitus unfähig macht, auf eine ähnliche Art zu operiren, wie man den gespaltenen Gaumen herzustellen gelernt bat. Ich weiss zwar,


  • ) Dass dieser von Ph. v Walther zuerst als Hemmungsbildung beschriebene Bildungsfeliler diess

wirklich istj ist nun vollkommen erwcisbar. Bei den Vögeln war die Spalte der Iris und der Choriodea in früherer Zeit der Entwickelung längst bekannt , ich habe sie bei Embryonen der Kiüten und Eidechsen gesehen, bei Fisclien bleibt sie in einem Theil der Chor:oidea durchs ganze Leben. Kuhlemann und Haller haben die Irisspalte bei jungen Schaffoelus bemerkt, J Autenrieth und Meckel beim menschliclien Embryo, ersterer an einem sechs wöchentlichen Embryo, wo die Iiis unten und innen ganz mangelte, letzterer an einem sitben wöchentlichen Embryo, wo an derselben Stelle noch eine theilweise Spalte übrig war. Sielie IM e ck eis Beiträge zur vergl. Anat. T. 1. H. i p. 76.

    • ) Siehe He y fei der über einige Fälle von Bildungshemmung Nov- Act. Nat Cur. T. MV- p 2. p. 8S7


dass die Chirurgie schon lange sich mit den Fällen beschäftigt hat, wo die Harnröhre entfernt von der Eichelspitze ausmündete, und nur einen Theil des Penis durchlief.

Schon Heister verbesserte die barbarischen Vorschläge von Paul Aeglneta und Abulcasem, und empfahl ein kuastmässiges Verfahren; M a r a s 1 1 n "'-'), D u b o I s , P h. v. W a I h t e r '■'"■), Uupuy tren '•") , versuchten die Durbohrung der irapei-forlrten Eichel und zum Theil mit Glück. Aliein es giebt Fälle von Hypospadla, wo keine Perforation, sondern nur Vereinigung der schon vorhandenen, mit einer Schleimhaut ausgekleidetea Lippen der Spalte zur Verlängerung der Harnröhre nöthig ist. Diese Fälle hat sich die Chirurgie noch nicht angeeignet, und dennoch ist sie gezwungeu , erworbene Spalten dieser Art von oft noch schlechterer Vorbedeutung, Harni'öhreufisteln, Hypospadla accidentalis.J^Blasenscheidenrisse, Dammrisse nicht von sich abzuweisen.

§. i65.

Der einzige Vorschlag dieser Art, der mir bekannt geworden, kömmt in einer anonymen Recension von Chelius Chirurgie in der Salzb. med. Zeil. 1824. S. 53o vor, wo es heisst: "üeber den Hypospadlaeus geht der Verf. kurz weg. Rec. kann nicht umhin, zu dessen Heilung ein Verfahrea Torzuschlagen, das sich auf die nämlichen Grundsätze stützt, wie die Rhiuoplastik und die Chirurgia Curtorum überhaupt. Man sollte nämlich «neben die angefiischten Wundränder der Harnröhre mit einer frischea Schenkehvunde per primam reunlonem zu vernarben , und sodann das Stück, das hier gleichsam das Schlussstück bildet, aus dem Schenkel auszuschneiden und so viel davon wegzunehmen, als nolhwendig ist, um die natürllcb runde Form zu erhalten«. Dieser Vorschlag ist sehr beherzigenswerlh, obgleich Ich an dessen Ausführbarkeit zweifle.

♦ §. 164.

Vielleicht würde man indess längst die Wiedervereinigung der angebornen Harnröhrenspalte unter günstigen Umstäadea vei'sucht haben, weaa


  • ) Seil reger Operationslehre, p. ia8.
  • ') Sahb. med. chirurg. Zeit. i8i3.'
    • ') Sabaiier medeciue operatoire nour. edit. par Sanspn et Begin. Vol. IV p. 435.


— i35 —

dieser Operation nicht ein ziemlldb allgemeines Vorurlheil im Wege gestandea hätte, nämlich die Vorstellung, als wenn mit der Hypospadia zugleich Hermaphroditismus oder wenigstens Unentschiedenheit des Gefichleclitos verbunden wäre, was in der That in der Regel durchaus nicht der Fall ist.

Wie viel Aehnliches die Jlypospadia mit den angehornen Spalten an andern Theilen habe, ist in dem vorhergehenden Abschnitt gezeigt worden. Die Bildungsgeschichte macht es evident, dass eine blosse Hypospadia so wenig hermaphrodiit^sch ist ajs eine Hasecscharle und andere Spajten, welche von Hemmungsbildung entstehen. Der wissenschaftliche Zustand der physiologischen und medicinisch- forensischen Ansiebten über die Hypospadia ist auch der Volksmeinung und dem ärztlichen Aberglauben ganz entgegen. Es ist oft genug erwiesen worden , dass diese Individuen vollkommen ausgebildete Hoden besitzen, die zuweilen in der Bauchhöhle zurückgeblieben , zuweilen selbst durch den Bauchring herabgestiegen sind; es ist bekannt, dass sie einen meist männlichen Habitus besitzen, dass sie einer Erectiou d*is männlichen Gliedes vollkommen fähig sind, obgleich dieses seilen so lang als gewöhnlich ist, einer Erection, die auch bei dem von Ackermann in der lugend untersuchten, der bekannten, noch lebenden, früher für weiblich gehaltenen Jnna Maria Dorothea Derrier vorhanden war und wenigstens 3 Zoll betrug. Es ist bekannt, dass diese In-> dividuen Pollutionen haben, dass sie Ergiessung des Samens bei geschlechtlichen Reizungen erleiden , dass sie zuweilen mit Weibern verheirathet sind, in der Regel ihren Umgang bei männlichem Geschlechtstrieb suchen. la die medicina foren^s nimmt selbst die Möglichkeit der Befruchtung durch einen Hypospadiaeus an. Denn in der That $ind sie zur Begattung, aber nicht zur Ejacultation bis in die Tiefe der Scheide fähig. Alles dieses steht fest und ist auch von unterrichteten Aerzten und Anatomen anerkannt.

$. i65.

Die Unyvissenheit , der medicinische und der Volksaberglaube stempeln dagegen diese Individuen fast immer zu Weibern, sie treten meist als solche zuerst in der Gesellschaft auf Bei der Entwickelung der Pupertät zeigt sich nun ein entschiedener Widerspruch. Ein männlicher Habitus spricüt


— i36 —

immer entschiedener sich aus 5 der Hypospadiacus sucht heimlich den Umgang mit dem Aveihlichen Geschlecht und kann zu den sonderharstea Täuschungen Veranlassung gehen. Dennoch ist es schon vorgekommen, dass ein in Aveiblicher Kleidung erzogener Hypospadiacus, der nach seinen Trieben, und Avie sich nachher vollkommen auswiess, überhaupt entschieden männlich war, mit einem Manne verheirathet wurde. Siehe den merkwürdigen nachträglich von S. Th. von Sömmerring untersuchten Fall in Kopp's Jahrbüchern für die gerichtliche Medicin X. Jahrg.

Jedenfalls sind diese Unglücklichen in der Gesellschaft meist annullirt, sie sind den beständigen Neckereien, ja Verfolgungen des Pöbels ausgesetzt j sie werden gelehrt, sich für Hei-maphz-oditen zu halten, und sie Avürden über sich selbst vollkommen ungewiss werden, Avenn ihre Triebe sich nicht ziemlich bestimmt äusserten. Leider sind Hypospadiaeen sehr häufig. P'ast in jeder grossem Stadt giebt es einen oder mehrere, in einer Nachbarstadt lebt sogar eine Familie E., bei welcher entschieden mehrere sogenannte Töchter Hypospadiaeen mit sehr robustem Habitus sind "•)• Warum sollte auch dieser Bildungsfehler sich nicht, wie andere dieser Art, bei Kindern derselben Familie wiederhohlen können?

N.

§ 166.

Wenn alles dieses richtig ist, so ist es einmal Zeit, die crassen Vorstellungen von Hermaphrodilenbildung fahren zu lassen, diese Unglücklichen dem Einflüsse einer populären, mährchenhafien, mit Prätension sich aufdringenden und behauptenden Vorstellung zu entziehen, und die Chirurgie hat die xVufgabe, diesen Bildungsfehler, wenn es in einzelnen Fällen möglich ist, so wie die Hasenscharte und die Spalte des Gaumensegels herzustellen.

Es kömmt auf nichts weniger au, als ein Individuum, das sich durch seine Triebe für männlich halten muss und das Avirklich männlich ist, den Folgen einer traurigen Nullität in der Gesellschaft su entziehen; wenn {es der Chirurgie möglich wäre, diess zu bewirken, so würde sie in der That


  • )7.\\e\ derselben, welche fiiilier immer weüiliclie Kleidung trugen, entgingen den Verfol^uugea

und bestäodiijen Neckereien dadurch, djss sie unter den Franzosen Kticgsdienslc Lahiuen.


— iSy —

einen Act der Gerechtiglieit ausüben^ da sie in andern Fällen zur Rettung des Individuums noch öfter die Exlirpation des kraukliaflen Hoden, die Castration vorschlä"t und ausübt.


'O"


§. 167.

VergleicLt man diese Operation mit der schon längst ausgeübten Perforation der Eichel , so ist sie ^vohl keinesfalls schwieriger als diese, ja viel leichter, wenn eine hinlänglich tiefe Spalte und nicbt eine blose Furche in ganzer Länge vorhanden ist. Ob die Operation in einzelnen Fällen möglich ist, ob sie grössere Schwierigkellen, als die Operation der Gaumenspalte, des Blasenscheidenrisscs, des Dammrisses hat, muss die Erfahrung lehren. Ich zweifle aber an der absoluten Unmöglichkeit, hege vielmehr schon lange die üeberzeugung von der Möglichkeit in gewissen näher zu bezeichnenden Fällen. Als ich Hcrrfi Dr 1) i e ffe n bac h's glückliche "Versuche über so manche andere Operationen dieser Art in seiner ebenso interessanten als nützlichen Schrift: Chirurgische Erfahrungen über die Wiederherstellung zerstörter Theile des menschlichen Körpers. Berlin 1829. kennen lernte, erneuerte sich diese Idee lebhaft in mir und ich machte bereits im Sommer 182g meinem sehr verehrten Freunde hierüber eine vorschlagsweise Mittheilung.

§. 168'.

Öie Hypospaden bieten ftiehrere Varietäten dar, die man hierbei wohl untei'scheiden muss.

1. Vollkommene Imperforation des Penis ohne alle Reste der gespaltenen Harnröhie, die sich ganz an der Basis des Penis öffnet.

2. Theilweise Imperforation , Imperforation der Eichek Dieser Fall war immer ein Gegenstand operativer Behandlung.

3. Eine geringe Spur der Harnröhre an der ganzen untern Fläche ^e& Penis , in Form einer seichten mit Schleimhaut übei-zogenen Furche.

4. Es giebt aber Fälle von Hjpospadia, wo an den Seiten der Penis«palte ein artiger Saum von Substanz, von der Eichel bis an den Hodensack sich fortsetzt, und wo es nur auf eine künstlich zu bewirkende Raphe ankömmt. Eia solcher Penis gleicht ganz dem der Schildkröle.

»8


— i38 —


Diese 4 Fälle der HypospaJia reduciren sich ia Beziehuag auf die operative Behandlung auf 2, nämlich 1. Harnröhreaspalte im ganzen Verlauf des Penis. 2. Imperforation des Penis. Wir wollen beide Hauptformen der Hypospadia nunmehr näher in Bezug auf operative Technik, betrachten.


I. Harnröhrenspalte im ganzen Verlauf des Penis.

Dieser Fall ist ein Stehenbleiben auf der Bildungsstufe des Foetus, die Imperforation des Penis ist mehr, sie ist erst das Resultat der Verwachsung zwischen den Lippeja der Penisspalte. Alle Fälle der ersten Art , wo die Hai-nröhre an der untern Seite des Penis gespalten, die Lippen dieser Spalte erhallen, die Spalte tief genug ist, sind der Operation fähig.

Von dieser Art ist der Aon Ackermann in der bekannten lufanlis androgyni historia beschriebene Fall.

Schon die Ansicht der überaus schönen Abbildung erregt den Gedanken an eine mögliche "Wiedervereinigung lebhaft. Die zu einer Harnröhre nöthige Schleimhautfläche, ohne welche kaum die Entstehung roa Fisteln zu vermeiden wäre, ist hier vorhanden; es würde nur auf eine röhrenförmige Verbindung der starken Lefzen angekommen seyn. Alle andern ^ erhältnisse sind wie bei der Hasenscharte, die Ränder der Lippen wund zu machen und dui'ch Nath zu vereinigen.

Dass nun ferner die Operation gelänge, ist Abhaltung alles Urinreizes und Enthaltung von Getränk nölhig; die Nath und Vereinigung durch adhäsive Enlzimdung Avird 'über einem eingelegten und bis zur Heilung in der Blase verweilenden, dem Lumen der neuen Harnröhre entsprechenden elastischen Catheier bewerkstelligt werden müssen. Auch hierbei sind die Schwierigkeiten wie bei der Operation der Harnröhrenfistelu und die Befürchtung zurückbleibender Discontinuiläten, die durch den Reiz des Lrins zu Fisteln werden , gleich gross.


Was endlich Jie Indicationen für die mögliche Anwendung des Operativen ^'erfallrens hetrilFt, so sind alle Fülle ausgeschlossen, wo die Furche des Penis nur oberflächlich ist und wo die Harnröhre ohne Verpflanzung von Hautslücken nicht zu vervollständigen wiire. Denn das Gelingen kaim möglicherweise nur darin bedingt seyn , dass der Urin später über gewohnte Schleimhautähnliche Flächen binfliesst, die früher olfen, durch die Operation nur au ihren Säumen verbunden worden. Jedes andere Hautstück, würde leicht zur Entstehung von Fistelu Veranlassung geben.

Endlich würde eine Operation nvir da gerechtfertigt werden können, wo das Individuum bestimmte Anzeigen männlichen Characters und Geschlechtes an sich trägt.

§■ 171 Nachdem ich meine Gedanken über diesen G"5gC!istand in der Haupt Sache aufgesetzt hatte, hatte ich Gelegenheit mit Herrn Geheimen Rath von Walther, den ich so glücklich war , meinen Lehrer und Col legen nennen zu können , über diesen Gegensland zu sprechen. Hier ei'fuhr ich das Delail der von ihm früher ohne vollkommenen Erfolg imlernommenen Perforation der Eichel bei einer angeboruen Hypöspadia. Ich vernahm zugleich, dass Hr. von Walt her einen Manu gesehen und anderweitig behandelt hat, bei dem in Holland vor langer Zeit, und noch in der Jugend eine Hypöspadia mit Glück operirt worden, so dass die Flüssigkeiten an der Spitze der Eichel ausflössen Der gli'ickliche Erfolg dieser Operation dauerte nach Versichei'ung des Mannes 10 volle Jahie, worauf der Harn sich wieder einen Ausweg aus der frühern Stelle bahnte.

Hr. von WariheiV äusserte hierbei die gewiss stehr glückliche Idee, bei einem Fall, wie der oben von mir detailHrte, wo die Säume und Lippen der gespaltenen Harnröhre noch ganz vollständig vorhanden oind und wo es nur der Vereinigung zu einer Röhre bedarf, keine künstliche Nath anzulegen, sondern die Säume der Haruröhre von hinten an ganz allmählig zur Verwächsung zu bringen, iaJem man immer einen ganz kleinen Thell dieser Säume wund macht, ihrer Verwachsung bei gehöriger Ruhe überlässt, und so ganz allmählig mit dem Wundmachen von hinten nach Torn ru vorschreitet. So heilte eine Hypöspadia accidentalis unter von Walther's Behandlung ohne Catheter ganz von selbst. Auf diese Art


— i4o — "

icliliesst sich ja auch die Harnröhre bei der Entwickelung des Foetus. Ich enlhalle mich über diese höchst glückliche Idee aller Aveitern Reflexion.

|. 172.

An der Ausführbarkeit der Bildung einer neuen Harnröhre durch An heiluns des Penis au ein Hautstück des Schenkels zweifle ich. ludesseu

verdient auch dieser Vorschlag des ungenannten Recensenlen, weniger iu

Beziehung auf Hypospadia congenita, als vielleicht auf Hypospadia atciden talis alle Beherzigung. Denn, was Dieffenbach in einem Fall misslang'-'),

gelang A. Co o per iu einem andern, nämlich eine Harnröhrenfistel durcli

Hautiiherpllanzung zu heilen. A. Cooper bat eine balbzoUige Abscessöff nung am hintern Theile des Penis und der Urethra gehoben, indem er

auf einem Catheter das Callöse wegnahm, ein Stück der Scrotalhaut löste,

'aber die OelTnung schlug, und 'mit 4 Heften und Pflasterstreifen an die

VVundränd&i- des Penis befestigte. Surg. Ess. b. Cooper a. Travers p. 2.

Loud. 1820.

t

II. Fall. Imperf oration der Eichel.

§• 173 Dass die Bildung einer neuen Harnröhre durch Perforation möglich, beweisen die Fälle von Pb- v. Wall her und Dupuytren, die, da die Methode der Operation verschieden war, genauer anzuführen sind.

1. von AYalther's Fall. v. Waltber perforirte die Eichel und err hielt den neu angelegten Canal durch elastische Bougien ollen; ein Versuch zur Vereinigung der Oellnung an der Krone der Eichel durqb blutige Näihe misslansr; wie in einer ähnlichen von Walther zu Paris gesehenen Operation, welche Dubois unternommen halle. Der Harn tloss nun zur grossem Hälfte durch den neu angelegten Canal iii [der Eichel, zur kleinern Hälfte durcb die Oellnung an der Krone derselben, der Samen bei Ereclionen aber durcb die erste aus. Der Operirle, welchen man


') a a. O.


- - ,4i vorher zur Elie nicht zulassen wollte, war nun zur Ausübung eines befruchtenden Beischlafes lauglich. V. Walt her hält dafür, dass man hei der Imperforation der Eichel, wenn die Geschlechtstheile nur sonst wohl gebildet sind, die Eichel durchbohren, sich aber um die hinter derselben befindliche OelTaung nicht weiter bekümmera soll. Wenn sich auch der Strom des Urines und selbst der ejaculirten Samenflüssigkeit (heile, so sei doch weniger, in der gehörigen Richtung ausgespritzter Samen zur Befruchtung hinreichend. Siehe med. chirurg. Zeitg. i8i5. p. iS3.


§. '74 2. Dupuytren's Fall. Bei einem Kinde, dessen Harnröhre sich an der Wurzel des Gliedes öß'nete, wo also die Imperforation ganz vollständig war, hat Dupuytren die Operation mit Glück gemacht; er bildete mittelst eines dünnen Troikars einen Canal , den er in seiner ganzen Ausdehnung mit dem Glii/ieisen cciuterisirte, und nachdem die heßigeii Entzüudiingszutälle vorüber waren, und die Brandschorfe sich abgestossen hattea, mit elastischen Sonden offen erhielt, die Fistel schloss sich. "Sabatier, medecine operatoire. nouv. Edit. par Sanson et Begiu. Vol. IV. p. 455.


§. 175.

So glücklich das Resultat dieser letztern Operation war, so scheint das Verfahren doch nicht nachahmungswürdig. Dagegen scheint mir viel geeigneter, die Imperforation des Penis in eine gespaltene Harnröhre zu verwandeln und in einem zweiten Zeilraum , wo also dieser zweite Fall dem beschriebenen ersten Fall ganz gleicht, die Lippen der Harnröhrenspalle zu vereinigen. Im ersten Act wäre demnach die Harni'öhre zu spalten. Das gehörige Lumen der spätem Hai-niöhre müsste mau durch Cauterisation zu erzielen suchen. Unterdessen können die Wundflüssigkeilen aus der Spalte gehörig abfliessen und die Schoi-fe sich auf demselben Wege abstosseu. Erst dann, wenn die Wände der Harnröhre gehörig verheilt wären und sich gegen den Reiz der Atmosphäre abgehärtet haben, wären in einem zweiten Act der Operation die Spaltlippen der neuen Harnröhre über einem eingeleg


112


ten elastischen Callietcr zu vereinigen. Euvas älinliolies hat man schon ans^erathen *), nicht aher, was mir durchaus uothweiulig scheint, «lass die Operation in a vei-schiedeue Zeilräume gelheilt werden soll. Ohne diese Trennung scheint mir die Bildung einer zvveckniässigea Harnröhre und die ^'erhl^luag von Fisteln ganz unmöglich.

§.. 176.

Uehrigens wiirden sich für diese Methode alle Fälle von Imperforation eignen, auch diejenigen, wo an der untern Seite des Penis nocli ein feiner Saum von Schleimhaut oder Rest der Harnröhre vorhanden ist. Auch hier wäi-e zuerst die Spaltung, und in späterm Zeilraum die Wiedervereinigung zu versuchen- Diese Methode hat den grossen Vorzug, dass sich das mir mündlich von Herrn von Walther vorgeschlagene Verfahien ehenfalls im zweiten Act zur Anwendung hringcn Hesse, nämlich die Spalle durcli allmählig fortschreitende Scariiicatiou von hinten nach vorn, selbst ihrer Verheilung zu überlassen.

Möge man diese Bemerkungen so nachsichtig, wie jeden Vorschlag zu einer entfernt liegenden, schwierigen, aber doch wichtigen Sache, aufnehmen. Sie sind ohne alle Praetension gemacht, und wiJnn sie sich als unanweudbar erweisen sollten, so mögen sie, wie so viele andern Vorschläge und als ein fremdartiger Anhang zu einer anatomischen Arbeit vergesien werden.


•) Wie Clicliiis in seinem Handbuch der Cliiruigie T II. p. 91. o!inf Cit^itJnn anfiiliTt.


ERKLÄRUNG DER KUPFERTAFELN.


E r s t e T a f e 1.

Zur Entwickeliingsgescliiclite dei- Genitalien bei den

Amphibien.


Fie. 1. Froschfoetus von vorn. Fic. 2. Derselbe von der Seite.


a. Die falschen Nieren oder Wolf f sehen Körper.

h. Der Ausfiihiungsgang derselben. Fig. 5. Ansicht des Foelus von hinten, nachdem der Darmschlauch 'weggenommen worden. Die Bezeichnung ist dieselbe. Fig. 4- Derselbe Foetus von vorne. Fig. 5. A. Froschlarve. iVnsicht in den hintern Theil der Rumpfhöhle.

a INieien. „ —_

h. Vv'olffsche Körper unter den Kiemen.

c. x\usführungsgänge derselben. Fig. 5. B. Der "Wolff'sche Kür2:)er dieser Larve einzeln.

a. Bünddärmchen des Wolff'schen Körpers.

b. Häufchen weissgrauer körniger Substanz an der Innern Seite des

W o 1 ff 'sehen Körpers

c. Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers.

Fig. 6. Nieren, Wolff'sche Körper und Rudimente der Genitalien von einer Froschlarve, die bereits 4 Extremitäten besitzt, aber den Schwanz noch nicht verloren hat.

a. Niei-en.

b. Keimbereitender Geschlechtstheil, Hoden oder Eierstock.


' - U4 c. "Wo 1 ff 'sclier Körper, «nler den Kiemen liegend.

d. AusfiihruQgsgang desselben, wohl zu unterscheiden von den beiden Bösen der Aorla , die sich üiber den Nieren zur Aorta abdominalis vereinigen.

e. Harnleiter, vom äussern Rande der Nieren entspringend.

Fig. 7. Nieren, Hoden, Fettkörperchen von ein«r Froschlarve mit 4 Fxtremitäten und bereits verkürztem Schwänze.

a. Hoden.

h. Fellkörperchen. Fig. 8. Dieselben Theile aus etwas späterer Zeit.

a. Hoden.

b. Fettkörperchen.

Fig. 9. Dieselben Theile aus noch späterer Zeit.

a. Niere.

b. Hoden.

c. Gefranztes Fettkörperchen.

Fig. 10. Wolffsche Körper zu den Selten des Rückgraths bei einem ganz jungen Foetus der Lacerta viridis. a .Herz.

b. Doppelter Arcus aortae.

c. Venenstamm.

cL Uebergang des Darmschlauchs in den Dottersack.

e. Leber, aus einem doppelten Auswuchs des Darmschlauchs bestehend. /. Wolffsche Körper. g. g. Extremitäten. Fig. 11. Wolffsche Körper, Nieren und Genitaliea von einem fast ausgebildeten weiblichen Eidechsen Embryo.

a. Nieren.

b. Wolffsche Körper.

c. Eierstöcke.

d. Eierleiter.


— 47 —

d. Falte zwischen den "Wo 1 ff 'sehen Körpern, an welchen der einfache Darmschlauch hefesligt war, Mesenterium.

Fig. 2. ^. Kuhfoetus von i Zoll Rh. Länge bis zum x\fter.

a. Das Herz.

b. Die aus Cjlinderchen bestehenden Lungen.

c. Wolff'sche Körper mit den an ihrer innei-n Seite liegenden Hoden oder Eierstöcken.

Fig. 2. B. Wolff'sche Körper mit den Genitalien von demselben Foetus, vergrössert.

a. "Wolff'sche Körper aus querliegenden Blinddärmchen oder Röhrchen bestehend.

b. Ausführungsgänge derselben.

c. Faden, an der äusse-n Seite des Wolff'schen Körpers, später Schwanz des Nebenhoden bei den Männchen, oder Trompete bei den "Weibchen.

d. Hoden oder Eierstöcke.

Fig, 2. C. Aeussere Genitalien desselben Foetus.

a. After.

b. Gespaltenes Glied.

Fig. 3. u4. "V"Vo Iff'sche Körper, Genitalien von einem Schaflbetus von 1 Zoll 5 Lin. Länge.

a. "Wolff'sche Körper.

b. Die bekannten Fäden.

c. Ausfübrungsgänge der "Wolff'schen Körper.

d. Keimbereitende Geschlechtstheile , Hoden oder Eierstöcke.

Fig. 3. B. Wolff 'scher Körper und Niere der rechten Seite von demselben Foetus. Der "Wolff'sche Körper ist nach der linken Seite herübergeschlagen, dass man die hinter ihm liegende Niere und den Harnleiter sieht.

a. "Wolff'scher Körper.

b. Ausführungsgang desselben.

c. Niere.

d. Harnleiter.

Fig. 4- "Wolff'sche Körper, Hoden oder Eierstöcke, Nieren und Nebennieren von einem i Zoll 7 Lin. langen Schaflbetus.


— i48 —

a. Wolff'sclie Körper.

b. Ausführende Geschlecb Istheile.

c. Hollen oder EierstiJcke.

d. Nieren mit den Ureterea. e- Nebennieren.

F'ig. 5. Dieselben Theile bei einem noch altera SchafToetus. Rechte Seite. a. Wolff scher Körper mit dem ausführenden Geschlechtstheile. h. Hoden oder Eierstock.

c. Niere mit dem Ureter.

d. Nebenniere.

Fig- 6. Wolff'scher Körper eines SchafToetus, von seiner äussern Haut entblösst.

Fig. 7. Wolff'scher Körper eines andern SchafToetus mit seinem Ueberzug und dem an seiner Seite liegenden, in einer Falte dieses Ueberzugs befestigten, etwas abstehenden ausführenden Geschlechtstheil.

Fig. 8. Durchschnitt des Wolff'schen Körpers eines SchafToetus, microscopisch. Man sieht die Lumina der durchschnittenen Blinddärmchen.

Fig. g. Harnwerkzeuge und Genitalien von einem männlichen SchafToetus von 5 Zoll 9 Lin. Länge bis zum After.

a. Gelappte Nieren.

b. Ureleren.

c. Hoden.

d. Fortsatz des Hoden , welcher die Vasa efferentia enthält. c. Wolff'sche Körper, sehr verschmälert.

f. Der über dieselben , an der äussern Seite verlaufende Gang.

Fig. 10. Harnwerkzeuge und Genitalien von einem weiblichen SchafToetus.

a. Nieren.

b. Ureteren.

c. Eierstöcke.

d. "W o 1 f f'sche Körper.

e. Trompeten und Hörner des Uterus.

f. Ende der Trompeten mit den Frauzen. g. Mittelstück des Uterus. Fig. II. A. Menschlicher Embryo von 8 Lin. Länge.


— 49 —

Fig. 11. B. Yergrösserte Abbildung der Harnwerkzeuge und Genital ien

dieses Embryo. a. Nebenniere der rechten Seite, -welelie die hinter ihr liegende Niei'e

ganz bedeckt. h. Niere der linken Seite, nachdem, die linke Nebenniere weggenommen

worden.

c. Keimbereitendes Organ, Hoden oder Eierstock rechter Seile.

d. Wolf f'scher Körper der rechten Seite.

d'. Wolf f'scher Körper der linken Seite, der Hode oder Eierstock ist auf der linken Seite weggenommen.

e. e. Ausführender Geschlechtstheil, ductus deferens oder Trompete. Fig. 12. A. Menschlicher Embryo von i Zoll Länge.

a. Nebenniere der rechten Seite.

b. Niere der linken Seite , von der über ihr liegenden Nebenniere befreit.

c. c. Hoden oder Eierstöcke.

d. d. Ausführungsgänge. Fig. 12. B.

a. Nebenniere der rechten Seite.

b. Niere der linken Seite.

c. c. Hoden oder Eierstöcke.

d. d. Ausführuagsgänge der Genitalien.

e. e. Die zwischen diesen Gängen und den keimbereitenden Organen liegenden schwachen Spuren der Wolff'schen Körper.

Fig. i5. Genitalien und Harnwerkzeuge eines weiblichen lo wöchentlichen Menschenfoetus,

a. Nebennieren« 

b. Nieren.

c. Eierstöcke.

d. Trompeten.

•Vierte Tafel.

Zur letzten Entwickelungsgeschichte der Genitalien bei Vögeln, Säugethieren und beim Menschen.

Fig. I. Hoden mit dem letzten Rest des Wolff'schen Körpers von einem ganz jungen Falken. Sehr vergrössert.


— i5o —

a. Obere Abtbeilung der rechten Niere.

h. Rechte Nebenniere.

c. Rechter Hoden.

d. Rechter Wolff 'scher Körper.

e. Vasa eireröntia vom Hoden zum Ausfiihrungsgang.

f. Ductus defereus von der ganzen Liinge des Wolff'schen Körpers entspringend, früher Ausfiihrungsgang der Blinddärmchen des "Wolff'schen Körpers. §■. Hai-nleiter.

Fig. 52. Hoden, Nebenhoden und Wolff'scher Körper linker Seite von einem fast 5 Zoll langen Schaffoetus, von der Vorderseite vergrössert abgebildet.

'A. Natürliche Lage.

B. Hoden und Wolff'scher Körper etwas von einander abgezogen, so

dass man den absteigenden Fortsatz vom Hoden sieht.

C. Dieselben Theile noch mehr auseinander gehalten. a, Hoden.

h. Wolff'scher Körper.

c. Der ausführende Geschlechtstheil an der äussern Seite des Wolffschen Körpers.

d. Absteigender Forlsatz des Hoden an der Innern Seite des Wolff'schen Körpei's.

e. Die gi-anulöse Verbindung zwischen diesem Fortsatz d. , und dem ausführenden Geschlechtstheil c.

Die Bezeichnung ist für A. B. C. dieselbe.

Fig. 5. Hoden, Nebenhoden und Rest des Wolff'schen Körpei-s linker Seile, bei einem SchaHbetus von 5.Zoll 5Liu. bis zumAftex-. Vergrössert. A. Vorderseite. B. Rückseite.

a. Hoden.

h. Der vom Hoden oben abgehende Anfang des Nebenhodens.

c. Die nach oben zuiückkebrcnde Fortsetzung des Nebenhodens j beide zusammen bilden später den Kopf des Nebenhodens.

d. Schwanz des Nebenhodens, der gekräuselte Canal, ■welcher früher in gerader Richtung über die ganze Länge dös W o I ff "sehen Körpers verlief, nun gleichzeitig mit diesem Körper verkürzt.


— i5i —

e. Ductus tleferens.

f. Rest des "Wolf f'sclien Körpers.

Fig. 4. Dieselben Tlieile von einem Hirsclifoetus von 5 Zoll Länge bis zum After.

a. Hoden.

b. Sclilingenförmiger Kopf des Nebenhodens.

c. Scliwanz des Nebenbodens.

d. Ductus deferens.

Der Wolff'sclie Körper ist bei'eits ganz verschwunden.

Fig. 5. Der Hoden im obern Theile des Scheidencanals, nachdem er durch den Baiichring durchgetreten, von einem SchafFoetus von 8 Zoll Länge bis zum After.

A. Höhle der spätem tunica vaginalis testiculi.|

B. Hoden von dem Bauchfell überzogen, welches dui'ch den Bauchring sich fortsetzt und diese Höhle auskleidet.

a, Kopf des Nebenhodens.

b. Die frühere lange Schlinge, dasselbe was b. in Fig. 4- Tab. IV.

c, Schwanz des Nebenhodens.

d. Ductus deferens.

Fig. 6, Innere weibliche Genitalien eines Hirschfoetus von 5 Zoll Länge bis zum After. Yei-gi-össert.

a. Mittelslück des Uterus.

b. Hörner desselben.

c. Trompeten.

d. Eierstöcke.

e. Rest des Wolff'schen Körpers.

Fig. 7. Innere weibliche Genitalien von einem menschlichen Foetus von 4 1/2 Zoll Länge his zum After. Von der Rückseite vergrössert abgebildet a. Uterus.

b. Ti'ompeten,

c. Abdominalende mit den Franzen.

d. Eierstöcke.

e. Blinde weisse Gefässe, Rest des Wolff'schen Körpers.

Fig. 8. Dieselben Theile von einem menschlichen Foetus von 6 1/2 Zoll Länge bis zum After, Die Bezeichnung ist dieselbe wie in Fig. 7


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Fig. g. A. Harnwerkzeuge und Genitalien von einem bis zum After 3 1/2 Zoll langen menschlichen Foetus. a. Nebennieren. h. Die noch gelappten Nieren.

c. Die Eierstöcke.

d. Die Trompeten.

e. Der noch gehörnte Uterus mit den runden Mutterbändern. f. Das untere Darmstück.

g-. Die Clitoris.

Fig. g. Innere Genitalien desselben Foetus.

a. Der noch zweihörnige Uterus.

h. Ligamenta uteri rotunda.

c. Trompeten.

d. Eierstöcke.

e. Wolff'sche Körper.

Fig. g. C Genitalien und Harnwerkzeuge desselben Foetus von der Seite. a Urinblase. h. Harnröhre.

c. Uterus bicornis.

d. Vagina.

e. Vorderes noch gemeinschaftliches Stück der Harnröhre und Vagina.

f. Noch gemeinschaftlicher Aditus urogenitalis.

g. Clitoris.

h. Grosse Schamlippen. Fig. 10. Vergrösserte Ansicht der äussern weiblichen Genitalien dieses Foetus.

a. Die grossen Schamlippen.

h. Die Seilenstücke der Clitoris-Furche, welche durch Sj^altung von unten aufwärts und Erweiterung der Schamöifnung zu innern Schamlippen oder Nymphen werden c. Die Eichel der Clitoris.

d. Die noch kleine Schamöffhung am untersten Ende der Clilorisfurche. Fig. n. Aeüssere weibliche Genitalien von einem SchalFoelus von 4 2ioll

Länge bis zum Afler. Fig. 12. Dieselben von einem weiblichen Hirschfoetns von 5 Zoll Länge.