Talk:Atlas of the Development of Man 1 - Part 2

From Embryology
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II. Teil.

Keimesgeschichte, Blastogenie.

Die Keimesgeschichte beschreibt die Entstehung der Körperform and die Entwicklung der Gewebe. Die ersten Vorgänge, welche nach

erfolgter Befruchtung eintreten, sind mit Ausnahme der Protisten im ganzen Tierreich wesentlich dieselben und bestehen in der x^enannten Eifurchung. Bald ordnen sich dann die Furchungszellen zu den primären Keimblättern. Sie sind der Ausgangspunkt für die Gestaltung des Tierkörpers.

I. Furchung, Segmentatio.

Äussere Y mchungserscheinnngen. Innere Furch ungserscheinungen.

Mitosis und Amitosis. Regeneration.

Furchung heisst der im Tier- und Ptlanzenreich weitverbreitete Prozess, der die Eizelle in mehrere kleinere Zellen, aus den in ihr liegenden inneren Kräften, teilt. In einer ausserordentlich grossen Zahl von Fällen bei Wirbellosen und Wirbeltieren geschieht dies nach einer ganz bestimmten Regel. Der Protoplasmaleib trennt sich mitsamt dem Kern erst in zwei, dann vier, acht u. s. f. kleinere Ballen. Blastomeren. Der Furchungskern teilt sich ebenfalls und zwar so. dass jede Furchungskugel einen neuen Kern erhält. Die neuen auf solche Weise entstandenen Blastomeren. Figg. 15 und 16, werden durch Teilung immer kleiner und heissen dann Embryonalzellen, da sich der Embryo aus ihnen aufbaut. Das endliche Resultat dieses Furchungsprozesses ist zunächst die Bildung eines Zellhaufens, der im- Inneren der Eihülle zusammengeballt liegt. Die Oberfläche der zu äusserst liegenden Embryonalzellen überragt kugelartig die tieferliegenden, wodurch eine entfernte Ähnlichkeit mit einer Maulbeere entsteht (Fig. 17). Diese Entwickelungsstufe des Keimes wird deshalb die Maulbeerform des Keimes genannt. (Morulastadium, Haeckel.)

Im allgemeinen morphologischen Sinne i-t jede Furchungskugel einer kernhaltigen Zelle des reifen Organismus gleichwertig und unterscheidet sich von einer gewöhnlichen Zelle nur in der Grösse und in dem gewöhnlich, aber nichl ausnahmslos vorhandenen Reichtum an körnigem Inhalt. Allein physiologisch betrachtel isl der Unterschied sehr beträchtlich. In dem reifen Organismus ist jede Zelle funktionell spezialisiert, sie isl Nervenzelle, oder Drüsenzelle, oder Epidermiszelle u. -. w.; die Furchungszellen enthalten dagegen noch kollektiv die zahlreichen Kräfte, welche sich erst während der weiteren Eutwickelung entfalten und in neuen Zellen von anderer Form und verschiedenem Inhalt, also differenziert, wirksam werden.

In jeder Furchungskugel steckl die Zukunft zahlloser Generationen von Körperzellen, welche trotz aller Verschiedenheit in Form und Grösse und vor allem auch der Funktion dennoch ihren Ursprung in einer einzigen Furchungskugel haben. Eine bestimmte Summe morphologischer und physiologischer .Merkmale wird dabei gemeinsames Erbe jeder Zelle des reiten Organismus, weil jede Zelle in letzter Linie von einer Furchungskugel stammt.


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Fig. 15.

Zwei Furchungskugeliij j«-<l<- mit einem Kern. Furchung eines Säugetiereies (Fledermaus).

E v. Beneden. Die tiefdunkeln Körner siml Dotterkörner.

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I >■< -• Thatsache giebl dem Furchungsprozess -eine grosse Bedeutung für den Oiganismus, weil er den genealogischen Zusammenhang der Zellen beweist Dieser Prozess der Vervielfältigung der Eizelle mit gleichzeitiger Abänderung und Differenzierung, so dass nichl allein eine endlose Zahl, sondern eine fast endlose Verschiedenheil der Zellenformen und ihrer Funktionen entsteht, lässl sich mit den unendlich verschiedenen Tier- und Pflanzenwesen vergleichen, welche vielleicht aus wenigen Stammformen hervor2 a igen sind. Die Vögel mit all ihren über die Erde verbreiteten Varianten stammen, samt der formenreichen Klasse der Reptilien, von einer allen gemein


Furchimg.


.-Minen Urform ab, welche offenbar mit Paläohatteria, dem ältesten Vertretei der Reptilienklasse verwandt ist. Ein Bild unermesslicher Entfaltung zieht vor der Erinnerung herauf bei einem Blick auf die lebenden nml fossilen Vertreter der Sauropsiden. Ähnlich i>t es, nur ein Bild in anderem Rahmen, mit den Furchungs-, den Embryonalzellen und den daraus hervorgehenden Zellen eines Organismus. Sie sind zahllos, zeigen die stärksten Verschiedenheiten und stammen dennoch aus einer Quelle. Aus einem Homogenen, Gemeinsamen bilde! sich allmählich das Heterogene und spezielle hervor. Die ganze Breite dieser Thatsache, welche die Entdeckung Schwanns bestätigte und erweiterte, hat R. Virchow erfassl und als das cellulare Prinzip bezeichnet, welches in der Anwendung auf den zusammengesetzten, lebenden Körper zu einer Cellularphysiologie und zu einer Cellularpathologie geführt hat.

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Fig. 16. Nach E.

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GelluLaree Prinzip.


Die Furchung des Menscheneies geschieht während der Wanderung durch den Eileiter, wozu es zwischen 5 — (5 Tage Zeit braucht.

Eine direkte Beobachtung

dieser Art existiert hierüber freilich nicht. Die Gelegenheit ereignet sich nur sehr selten. Vor einem Jahrhundert (1789) wurde ein etwas entwickeltes Ei im Eileiter ^ gefunden*) und 50 Jahre

später hat sich dasselbe ereignet*); beide Eier waren mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen und sollen einige Tage nach der Befruchtung zur Beobachtung gekommen sein. Aber es bestanden leider in keinem dieser Fälle normale Verhältnisse. Seit einem halben Jahrhundert sind diese beiden Funde nicht vermehrt worden. Es ist deshalb notwendig, diesi Vorgänge am Tiere zu studieren.

Im Beginn des Eileiters erscheint das Ei von Discuszellen, in welche es in dem Follikel eingebettet war. umhüllt. Sie werden während der Wanderung durch den Eileiter allmählich abgestreift, so dass beim Eintritt in den Uterus das Ei nur mehr von der Eihiille umgeben ist. Die Eihiille schwillt während dieser Tubenwanderung auf. indem sie sich durch Aufnahme mit Flüssigkeil tränkt. An die äussere Oberfläche lagern sich überdies noch Erweisschichten an.

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i) Bums. The Anatomy of the gravid uterus. p. 10. Glasgow 1789. — -' Seiler.

Die Gebärmutter und das Ei de9 .Menschen. Tat. IX. Fig. 2. Dresden 1

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Während der Wanderung des Eies durch den Eileiter vollzieht sieh der Furchungsprozess, wobei die entstandenen kleineren Kugeln von der Eihülle zusammengehalten werden. Unterdessen li.it aber das Ei durch Aufnahme von Plasma (aus dem Eileiter) bedeutend an Umfang zugenommen. Schon auf dem kurzen Wege ernährt es sich also, es reisst ueue Stoffe an sich, wie die beträchtliche Grössenzunahme beweist. Schon jetzt zeigt es sieh als ein lebendiger Organismus, der aufnimmt und assimiliert. Die Furchungskugeln erhalten dadurch mehr Raum (Fig. IT). An der inneren Oberfläche der Zona legen sie sich dann nach bestimmten Regeln als einfaches Stratum von /eilen an und bilden SO eine mit der Eihülle konzentrische Blase, welche Keimblase (Yesicula germinativa) genannt wird. Nicht alle Furchungskugeln werden

bei den Säugern und dem .Menschen zur Herstellung dieser Blase verwendet, ein ansehnlicher Teil bleibt zurück und drängt sich auf eine Stelle zusammen (Fig. 18). Diese Stelle erscheint bei der Betrachtung von aussen als weisser Fleck und dieser Fleck ist der Ausgangspunkt aller ferneren auf die Bildung eines Embryo abzielenden Vorgänge. In diesem „Emb r y on alf 1 e c k" vermehren sich die vorhandenen Furchungskugeln fort und fort, sie werden dadurch kleiner und nähern sich gewöhnlichen mit Kern und Kernkörperchen versehenen Zellen. Allein mit dieser Vermehrung der Zellen schreitet auch gleichzeitig die schon begonnene regelmässige Anordnung weiter fort. Die neu entstandenen Zellen schichten sich an der inneren Oberfläche der Keimblase übereinander und bald erscheinen sie auf der Stelle de- Embryonalfleckes als eine zarte Membran von kleinem gerundetem Umfang als Fruchthof, Area germinativa. In diesem Fruchthof sind die Zellen in zwei Lagen geordnet, die man unter günstigen Umständen von einander trennen kann: die zwei ersten Keimblätter, ein äusseres, Ektoderm, und ein inneres. Entoderm.

Die Keimblase i-t <-in<- weitverbreitete Entwickelungsstufe , welche viilc Eier au- allen Tierklassen bei ihrer Ausbildung zu dem reifen Organismus durchlaufen müssen. Wirbeltiere, welche aus Eiern mit totaler Furchung


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Fig. 17. Ki \uiii Kaninchen aus dem Ende des Eileiters. -Nach Bisehoff. Die Eihülle verdickt, viele Spemiatozoen in ihr, welche uirlit mehr in das Ei dringen konnten.

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hervorgehen, zeigen die nämliche Keimblase aus Embryonalzellen. Ein klassisches Paradigma ist die Keimblase von Amphioxus, von dem Lanzettfischchen (Fig. 19, im Durchschnitt gesehen). Sic wird von Cylinderzellen begrenzt, die zu einem einschichtigen Epithel fest zusammenschliessen. An dem Bildungspol sind die Zollen etwas kleiner und heller als an dem entgegengesetzten, • lein vegetativen Pol, wo sie auch durch Dotterkör nehen mehr getrübt -in* i. Diese Letzteren Zellen sind jetzl schon für die Entodermzellen, also für die Funktionen der Zellen des Dannrohres bestimmt, Die Höhle der Zellenkugel heisst Furchungshöhle (oder Baersche Höhle). Ganz ähnliehe Blasenform wie Amphioxus zeigen auch viele Geschlechter der wirbellosen Tiere aus den Klassen der Coelenteraten, Echmodermen, Würmer und Brachiopoden während ihrer Entwickelung. Allein nur viele Genera, durchaus nicht alle, zeigen


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Fig. 18. Keimblase eines Kanincheneies. Nach E. w Beneden.

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diese reine Form. Zahlreiche Abänderungen erschweren schon dort die Gruppierung. Bei den Amphibien ist die Furchungshöhle ebenfalls deutlich nachweisbar, denn auch bei ihnen wird das Fi durch die Furchung zu einer Blase, die aber aus mehrfachen Gründen Blastula genannt wird, umgewandelt; allein sie i-t nicht mehr durch eine einfache Zellenlage begrenzt. Es sind mehrere Zellenlagen; aber wie bei dein Amphioxus ist sofort das für das äussere und da- für das innere Keimblatt bestimmte Zellenmaterial durch die Grösse und den dotterreichen Inhalt verschieden. Die für das Entoderm bestimmten Furchungskugeln sind auch bei den Amphibien grösser und bilden einen gegen die Furchungshöhle verdickten Zellhaufen. Also auch bei den Amphibien prägt sich sofort der Unterschied zwischen ekto- und entodermalen Zellen aus durch ihre Grösse und ihre ganz bestimmte Lage zu der Furchungshöhle.

Die Furchuneshöhle ist auch hier mit Flüssigkeil erfüllt. Bei der Keünseheibi .


Bei grossen Abteilungen anderer Wirbeltiere


Betrachtung eines axial durchschnittenen Amphibieneies wird leichl verständlich, dass die Eier im Wasser stets mit dem Bildungspol gegen das Licht und al.-o auch gegen die Wärme gewendel schwimmen und die entgegengesetzte Hälfte vom Licht.- abgewendet ist. Denn es isl klar, dass «las Gewicht der am Dotterpol aufgehäuften Zellen wie ein Senkblei wirken um—.

welche durch Eier mit Nahrungsdotter ausgezeichnet sind , wie die Knorpelfische, viele Teleostier, darunter die Salmoniden, ferner bei Reptilien und Vögeln i>t die Stufe des bläschenförmigen Embryo nicht mehr kugelig, sondern bildet eine platte Scheibe, die K e i in - c h e i h e. Sie glei< ht einer flachge wölbten Linse die auf dem Bildungspol und zwar Fig. io_ auf einer flüssigen Dotter Blastula des ^mphioxus im Durchschnitt. schichte ruht. Auf diese

flüssige Dotterschichte

folgt tiefer der übrige Dotter. Die Furchungshöhle ist bei dieser Form der

Keimscheibe sehr unregelmässig und verschwindet rasch.


Bildnngspol


Wahrend sich im Inneren des Kies diese bedeutenden Veränderungen ereignen, wodurch aus einer einzigen Dotterkugel durch den Furchungsprozess eine aus Zellen gebaute Blase mit zwei Keimblättern

sich aufbaute, ist die durchsichtige Eihiille verschwunden und an ihre Stelle du ich Vermittelung des äusseren Keimblattes eine mit feinen Zotten besetzte Zellenhülle getreten, welche den Namen Chorion oder Zottenhaut führt (Fig. 20.) Die ersten Anfänge der Chorionzotten werden schon in dem Eileiter bemerkbar, im Uterus nehmen sie rasch zu und helfen dort die Verbindung zwischen Embryo und Mutter vorbereiten. Durch die Furchung entstandene Zellen bilden also bei dem Menschen und den Säugern eine schützende Hülle um das Ei. Auf der Wanderung durch den Eileiter geht die Zona pellucida zu Grunde; an ihre Stelle tritt eine Zellschichte, welche nach und nach, dicht stehende cylindrische zellige Erhebungen — Chorionzotten — produziert. Später wächst embryonales Bindegewebe (Mesoderm) in das Innere dieser

Gi genpol ' borionzotti n

Fig. 20. Menschliches Ei vom 10 — 12 Tagen, auf dunklem Hintergrund. Nach Rei c li <• rt. ."> ] yergr.


Zotten hinein, welche in ihrem ersten Auftreten primäres Chorion genannt werden.

Die Vorgänge bei dein Zerklüftungsprozess weiden der Übersichl halber am besten in zwei verschiedenen Abschnitten betrachtet, nämlich insofern sie sich äusserlich sichtbar an dem Ei abspielen, äussere Furchungserscheinungen, oder insofern sie sieh in der Tiefe des Dotters als innere Furchungserscheinungen vollziehen.

a) Äussere Furchungserscheinungen.

Die äussere Erscheinung des Furchungsprozesses umfasst jene Vorgänge, welche an der Oberfläche des befruchteten Eies sich abspielen. Es zeigt sich zunächst eine Furche, welche über das ganze Ei herum fortschreitet, so dass dieses aussieht, als habe man es durch einen herumgelegten Faden eingeschnürt. Die Furche wird immer tiefer und teilt endlich den Dotter in zwei getrennte Halbkugeln. Unterdessen hat sich aber schon eine zweite Furche gebildet, welche im rechten Winkel zu der ersten steht, und jede Halbkugel wieder in zwei gleiche Teile teilt. So schreitet die Furchung vorwärts und schliesslich ist das ganze Ei in eine Menge von Kugeln geteilt, deren jede einen Kern und ein Kernkörperchen besitzt, kurz sich als eine wahre Zelle darstellt. Nach der streng geregelten Bildung (sie vermehren sich nach arithmetischer Progression) gruppieren sie sich nach bestimmten Regeln zum Aufbau des Embryo. Man kann also die Dotterfurchimg vergleichen mit der Herstellung der Bausteine, welche zur Aufrichtung eines Hauses zugehauen und vorbereitet werden. Der Unterschied liegt nur darin, dass dort ein Baumeister das Behauen anordnet und ausführt, während sich hier durch die in den Molekülen ruhenden lebendigen Eigenschaften der ganze Vorgang abspielt.

Bei der Regelmässigkeit des Vorganges, z. B. an dem Froschei, verhält Eiaehse.

sich die dunkle und die helle Stelle des Eies, die sich gegenüber liegen, sehr verschieden. Denkt man sich mitten durch die hellen und dunkeln Stellen eine Achse gelegt, so sind hier, wie bei der Erdkugel, die Eiaehse, ferner zwei Eipole, den Vergleich weiter spinnend, zu unterscheiden. Ferner können äquatoriale und meridionale Orientierungslinien unterschieden werden. Das Ei vom Frosch oder Triton schwimmt im Wasser stets so, dass der dunkle Pol nach oben, der helle nach unten gekehrt ist. Der Dotter ist offenbar im Bereich des hellen Poles schwerer, am dunkeln Pol leichter. Die Achse des Eies -lein also senkrecht oder nur wenig zum Horizont geneigt. Der Kern liegt auch, wahrscheinlich wegen seiner grösseren Leichtigkeit, nicht in der Mitte der Kugel, sondern dem dunkeln Pol näher.

Die erste Furchung tritt nun stets, und tiarin zeigt sich schon der Unterschied der Pole, an dem dunkeln Pol auf und schreitet in meridionaler Richtung zu dem hellen Pole fort. Sie trennt das Ei in zwei Hälften. In manchen Fällen soll sofort damit auch schon die Längsachse des Tiere- he stimmt sein. Für manche Species wäre schon durch die erste Furchungsrinne eine Entscheidung für den zukünftigen Ausbau des Körpers getroffen worden.

Nach dieser ersten Furchung entsteht eine Ruhepause. Dann beginnt in gleicher Weise eine zweite Furche. Sie schneidet die erste in einem rechten Winkel.

Diese zweite Furche soll bei vielen niederen 'Fielen von mein minder weittragender Bedeutung als die erste sein und Vorn und Hinten scheiden. Eis bezeichnet die höchste Stelle des hellen Poles das spätere Schwanzende 1 ). Es wird wohl niemals gelingen, denselben Beweis für die Säuger zu erbringen, aber wenn dieses Gesetz schon für die Klasse der Amphibien, dann für die Tunicaten (van Beneden und Julin 2 ), für einen Knochenfisch (M. v. Kowalewski) seine Geltung hat, so wird es dennoch zum Beweis dafür, dass in dem Innern des Eies schon in der allerersten Zeil die


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Fig. 21.

Furchung an dem Ei von Rana temporaria. Nach Ecker. l>ic Zahlen gehen die voi

handenen Furchungskugeln an.

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Totale Fnrehung.


Kräfte schlummern, die wir bei der endlichen Ausgestaltung in Wirksamkeit treten sehen.

Die Dotterfurchung zerlegt bei der totalen Furchung der Placentalier den ganzen Dotter in Furchungskugeln. Es bleibt kein ungefurchter Dotter zurück. Solche Eier heissen holo blastische [o/.og ganz) und ist die Dotterteilung eine totale. Dabei sind aber nicht notwendig alle die aus der Teilung hervorgegangenen Blastomeren von gleicher, sondern oft auch von ungleicher Grösse. Man hat diese ungleiche Art der Furchung deshalb, zum Unterschied von derjenigen, bei


Die erste der ebenerwähnten wichtigen Thatsachen ist von Newport, Philosoph. Transact. 1851, 18ö3, 1854. Dann haben sich unabhängig von einander Pflüger. (Arch. f. d. ges. Physio). Bd. 35. 1882. Bd. 32. 1883 und Bd. 34. 1884) und Roux. Über die Zeit der Bestimmung der Hauptrichtungen des Froschembryo. Leipzig 1*83. mit diesem grossen Problem beschäftigt und die Newportsche Entdeckung bestätigt nnd wesentlich bereichert. Zusammenfassend hat Roux über seine Arbeiten beruhtet in Virchows Arch. Bd. 114 1888. — -) Beneden, E. van und Julin. Arch. de Biol. Tom. 5 l vv 4 M. von Kowalewski. Zeitschr. f. wiss. Zool. 1886.


A assere Furchungserscheinungen. ö.

der alle Furchungskugeln gleich gross sind, als totale aber inäquale tnäquaie

• Furcmi i|

Jburcnung benannt.

Dabei zeig! sich bei vielen Tieren ein fundamentaler Unterschied zwischen dunklem und hellem Pol, /.. 1». des Froscheies. Die Blastomeren des dunklen Poles sind ausnahmslos die kleinen, diejenigen *h-^ hellen die grossen. Siehe die Fig. -] (16—64). An dem dunklen Pol sind also andere Bedingungen für die Anfänge der Entwicklung aufgespeichert, als an dem hellen Pol, denn dort beginnt die Furchung, dort ist die Zerlegung des Dotters in Kugeln schneller, dort treten zunächst die Keimblätter auf und so ist es überall, wo totale aber inäquale Furchung beobachtet wird. Man nennt deshalb auch denjenigen Eipol, an welchem sich die Anlage zuerst zeigt, den Bildungspol. — Furchungs- Biidungspoi. kugeln besitzen isoliert untersucht ein ausgezeichnetes Bewegungsvern mgen.

Nicht jedes Ei enthält soviel Dotter in den nach der Befruchtung entstandenen Furchungskugeln, um den Aufbau des Organismus soweit zu fördern, bis das junge Wesen sich selbst an dem von der Natur für seinesgleichen gedeckten Tisch ernähren kann, wie die meisten Amphibien. In zahlreichen Fällen wird dem Bildungsdotter noch Nährmaterial in konzentrierter Form beigegeben, sog. Nahrungsdotter. Nahrungsdotter ist also Vorrat für längere dauernde Entwickelung. Dann furcht sich nur der Bildungsdotter, aus dem der Embryo geformt wird, der Nahrungsdotter bleibt für die weitere Ausbildung des Jungen in dem Ei vorbehalten. Solche Eier heissen meroblastische (/.(€Qog Teil). Der Nahrungsdotter sammelt sich in der Regel dort zumeist an, wo später das Entoderm, die ernährende Zellenschicht des Urdarmes, sich anlegt. Die Stelle befindet sich bei dem Ei der Batrachier ausnahmslos an demjenigen Eiende, das dem hellen Pol des Froscheies entspricht und das bei dotterreichen Eiern als Dotterpol bezeichnet wird, im Dotterpoi. Gegensatz zu dem oberen oder dunklen für die Furchung bestimmten Bildungspol. Aus dieser Thatsache eines Unterschiedes von Bildungsund Nahrungsdotter ergab sich die naturgemässe Unterscheidung von Eiern mit partieller und totaler Furchung. Beispiele pa rtieller Furchung zeigen unter den Wirbeltieren die Eier der Vögel, Reptilien und Furchung Knorpelfische.

Das Vogelei ist viel studiert worden, weil es am leichtesten erreichbar ist. Die Furchung des Hühnereies beginnt ausnahmslos im Bereich des weissen Dotters, also dort, wo der Furchungskern auf der Höhe des weissen Dotters (Fig. 3) aufruht und wo sich auch später die Keimhaut rindet. Um die Furchung zu studieren, muss man die Eier im Anfang d e s Eileiters auf su chen.

Die Keimscheibe zerfälh zunächst in zwei Segmente dadurch, dass in ihrer Mitte eine kleine Furche auftritt und von oben her in vertikaler


Richtung durch die Tiefe des Bildungsdotters dringt. Bald darauf erscheint rechtwinkelig zu der vorhergehenden wie bei dem Frosch eine zweite Furche, wodurch die Keimscheibe in 4 Segmente zerlegt wird wie in Fig. 21 4 . Weitere radiäre Furchen zerklüften die Keimscheibe, wobei im Centrum durch Furchen, welche der Peripherie der Scheibe parallel sind, kleinere Teilstücke entstehen. Indem sich dieser Prozess öfters wiederholt, entstehl schliesslich eine linsenförmige Masse kleiner Furchungskugeln, die in der Mitte am dichtesten liegen, an dein Rande allmählig spärlicher werden und endlich scharf abgegrenzt aufhören. Naehfürch- Die Furchung gehl bei den Eiern mit totaler Furchung unmerklich in

,
i - die Bildung von Embryonalzellen über. Sehr verwickelt werden aber die

Vorgänge bei Eiern mit partieller Furchung. Sic dauert bei den Knorpel« und Knochenfischen, bei Reptilien und Vögeln lange Zeit in der unter der Keimhaul liegenden Dotterschichte fort. VValdeyer hat dafür den Namen „Nachfurcnung" vorgeschlagen. Die so späl erscheinenden Furchungskugeln haben schon viele Studien und Deutungen veranlasst.

Bei Säugern ist die Furchung zwar oft eine total«', aber dabei inäquale. Schon die beiden ersten Furchungskugeln sind ungleich. So


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Fig. 22. I'.i von einem Knochenfisch

Nach Ryder.

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bei dem Kaninchen und der Maus. Noch in einem späteren Furchungsstadium sind beim Opossum von Selenka 1 ) neuestens einzelne Zellen grösser als die übrigen Furchungskugeln gesehen worden. Die den Blastoporus umschliessenden und ihm nahe liegenden Furchungszellen sind die grössten. Sie sind auch relativ reicher an Dotterkörnern. Das stimmt mit vielen verwandten Vorgängen hei Wirbellosen und Wirbeltieren (Spongien, Würmern, Amphioxus) überein. — Der Nahrungsdotter kann auch im Centrum de- Eies sich befinden, oder diffus überallhin zerstreut im Ei liegen.

Eine Unterart der partiellen Furchung ist hei den Arthropoden häufig, bei denen der Furchungskern, von Bildungsdotter umgeben, central in der


Selenka, K. Stadien über die Entwickelungsgeschichte der Tiere. 4. Heft. Wiesbaden 1886.


Masse des Nahrungsdotters liegt. Di«' Furchung vollzieht sich im Innern zunächst an dem Eiern, und später folgt ersl derDotter, nachdem die Kerne an -eine ( berfläche gerückl sind.

Der Embryo, der auf einem dotterreichen Ei entsteht, isl im Verhältnis zum Dotter sehr klein. Das Hühnchen schwimmt lange Zeit so auf der Dotterkugel (Fig. 2) oder wie der in Fig. 22 abgebildete Fisch, bei dem auch der Dottersack den Nahrungsdotter umschliessl . während aus dem Bildungsdotter schon der Fischembryo hervorgegangen ist.

Da- Vogelei isl für die Entwickelungsgeschichte von ganz besonderer Bedeutung, weil sehr viele und wichtige Untersuchungen über die Entwickelung der Wirbeltiere sich auf Beobachtungen am bebrüteten Hühnerei stützen. Das Ei der Säugetiere ist viel schwieriger zu erlangen und aus diesen Gründen seltener untersucht worden. Hingegen können wir das Vogelei (Huhn und Ente) jederzeit in beliebiger Menge erhalten und durch künstliche Bebrütung desselben Schritt für .Schritt jedes Stadium der Veränderungen verfolgen, welche der daraus hervorgehende Embryo im Laufe seiner Entwicklung erfährt.

Von <\>-u Wirbeltieren eignen sich die Kaltblüter für die Studien der Furchung besser als die Warmblüter, weil sie nicht so rasch der Zerstörung verfallen; allein sj e sind nicht immer in dem entsprechenden Grade durchsichtig. Das volle Verständnis wird erst durch die Ausdehnung der Forschung auf die Vorgänge bei den Wirbellosen gewonnen.

Die Furchung des Dotters der Froscheier : Prevost und Dumas. Ann. d. sc. nat. Bd. 2. 1824. — Rusconi, Developpement de la grenouille commune .Milan 1826. — v. Baer, Müllers Arch. S. 4SI. 1834. — v. Bambecke, Mein, der belg. Akad. Bd. 34. 1868. — Für das Hühnchen: Ol lach er, J.. Zeitscbr. f. wiss. Zool. Bd. 22. 1872. — Götte, A., Die Unke. Leipzig. — A. Ecker hat Modelle von der Furchung des Froscheies angefertigt und durch Ziegler in Freiburg i. Br. in den Handel bringen lassen.

b) Innere Furchungserscheiiiuiigeii. Mitosis. Die innern Furchungserscheinungen beruhen auf einer komplizierten

Umlagerung der Dotterelemente, welche durch die Kernteilung eingeleitet wird. Die Kerne übernehmen die führende Rolle bei den Vorgängen. Die inneren Furchungsvorgänge bestehen:

1. In der Ausbildung einer fadenförmigen Figur im Kern nach einer sehr komplizierten Regel, Kernfigur genannt, wobei der mit gewissen Farbstoffen färbbare (chromatische) Teil der Kernsubstanz eine hervorragende Rolle spielt. Der Vorgang heisst Mitosis 1 ) (Fig. 23).

2. In der gleichzeitigen Ausbildung einer anderen fadenförmigen Figur, an welcher sich aber der weniger färbbare (achromatische) Teil der Kernsubstanz in hervorragender Weise beteiligt, diese Figur

ssl die Kern spindel (Fig. 23 B).

3. In der Ausbildung einer Strahlenfigur , Dotter-Strahlung genannt, welche durch den Dotter verläuft (siehe die Figg. 23 B und C);

') ftiio;. Faden, auch Karyokinese (gr. i<) x<xqvov, Kern und xcvrjoig, Bewegung.


die Strahlen ziehen gegen eine A.ttraktionsphäre, in deren Mitte sich der Centralkörper, «las Centrosoma, befindet.

Alle diese tiefgehenden Änderungen spielen sich bei jedem Furchungsstadium des Eies und bei der überwiegenden Menge der Zellteilungen im reiten Organismus ab, um nach der Nullendung des Vorganges in dem Inhalt der Zellenleiber wieder zu verschwinden. Es wechseln Pausen der Ruhe, in denen weder Kern noch Zellinhall irgend welche /eichen dieser erwähnten Strukturen aufweisen, mit Phasen der Bewegung, in denen alle Moleküle des zelligen Organismus in Bewegung versetzt sind. Im Beginn des Prozesses verrät, soweit die Beobachtung reicht, nichts ' die späteren weitgehenden Veränderungen. Das Wesentliche des Pro- besteht darin, dass ein Teil der im Kern vorhandenen chemischen, organisierten Substanzen in die Erscheinung tritt, erst in Form von färbbaren Körnern, dann von kleinen Fäden, endlich von Schleifen, die sich verdoppeln, teilen, um wieder nach einer bestimmten Zeit in dem Kern zu verschwinden. Ein /weiter wichtiger Inistand ist die Vermischung der Substanzen des Kerns mit denjenigen des Zellprotoplasma : die Kernmembran verschwindet und die ungefärbten Teile der Kernfigur, namentlich die Spindel, senden Strahlen in «las Protoplasma hinein, wodurch die Beteiligung aller Gebiete des Eies oder der Zelle an dem ganzen Prozess unverkennbar wird.

1. Auftreten und Umwandlung der dunkeln (chromatische n) K e rnteil u n g s f i gu r.

In dem Furchungskern . der wie jeder Zellkern eine sehr grosse Anziehungskraft für die in der embryologischen Technik gebrauchten Farbstoffe besitzt, treten unter Verschwinden (lex Keimfleckes feine Körner, Chromosomen auf. aus denen durch Aneinanderlegen Fäden werden. Sie zeigen anfangs weder Regelmässigkeit der Anordnung, noch

Imässigkeit der Konturen. Bald aber weicht die scheinbare Unordnung. Die Fäden richten sich nach einer bestimmten Seite des Kerns, der „Polseite" (Fig. 23^4, auf der a die Polseite, b die Gegenpolseite des Kerns bezeichnet), biegen dort schleifenförmig um und wenden sich in zackigen Linien nach der entgegengesetzten Polseite. Bald wird die Zahl der Fäden geringer, dafür aber ihre Breite bedeutender (Fig. 23 I>. in welcher die Breite der Fäden im Vergleich zu der Fig. 23 A schon beträchtlich zugenommen, während die Zahl abgenommen hat). So sind in dem Kern jetzt dicke Fäden entstanden, die an der Polseite mehr und mehr auseinanderweichen und dort ein bestimmtes Gebiet vollständig frei

i. Abei- noch ist die Figur der Kernfäden einem ..Knäuel'" (Spirem 1 )

in dem Kern vergleichbar. Nunmehr entsteht eine sternähnliche Um . iing der Fäden, sie verlassen die Pole, und rücken nach der .Mitte


Spirem (von gr. 16 n.-rflot^iu. die Windung).


der Kernkugel, nach dem sogen. Äquator des Kerns allmählich zusammen. Man nennt diese Phase diejenige des einfachen Sterns. Monaster 1 ) oder des Muttersterns. Kin Augenblick in dieser Wanderung ist in der Fig. 23 11 festgehalten, in welcher die Fäden melir und mehr von dem Pol sich entfernen, verkürzen, verdicken und doppelt erscheinen, sodass nun


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Fig. 23. Zellteilung (Salamanderlarve). Nach Babl.

mehr jeder bandförmig erscheint, während sie früher cylindrisch waren. ..

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Die doppelt gewordenen Laden stellen sich nunmehr als „Schleifen" quer platte, in die Ebene des Äquators und ordnen sich zu einem abgeflachten Stern, der sogen. Äquatorialplatte, welche senkrecht zur Längsachse dt^ jetzt ovalen Kernes steht, Die Schleifen drängen sich dabei in der Mitte des Kerns, in der Äquatorialebene zusammen (Fig. 23 j?), wobei sie ihre Schenkel nach aussen kehren. Nunmehr vollzieht


i) fiövog einzig, aster (von gr. ö &gir}Q, der Stern).


sich die Spaltung der Fäden. Jeder trennt sich der Länge nach, und zwar so, dass die eine aus der Trennung eines Fadens hervorgegangene Schleife nach dem einen Pol des Kerns, die andere nach dem Metakinesis. entgegengesetzten hingeführt wird. Die Spitzen der Schleifen richten sich dabei stets polwärts, die Schenkelenden nach dem Äquator. Diese eigenartige Umlagerung, Metakinesis 1 ) ist aus der Fig. 23 G ersichtlich. Die Schleifen rücken nunmehr weiter auseinander und nähern sich den Polen des Kerns mehr und mein-. Damit ist die demnächst sich vollziehende Teilung des Kerns schon angedeutet. Aus dem früher einheitlichen Padengerüsl (Fig. 23 A) sind jetzt zwei solche Gerüste entstanden, der Doppelstern. Dyaster, wobei vollkommene Gleichheit der inneren und äusseren Zusammensetzung erreicht wurde.

Nunmehr verliert sich aber die streng pyramidale Form: das Fadengerüst formt sich zu einem neuen Kern, in den es eingeschlossen wird. Doppelknäuel, Dispirem (Fig. 23 D): dann biegen sich die einzelnen Fäden und lösen sich wieder in feinere Schleifen und Körnchen auf, wie man sie seit langer Zeit kennt. Von den gröberen Gerüststrängen bleibt nichts mehr erkennbar. Nichts deutet auf den Bau des Knäuels und die typische Anordnung seiner Schleifen hin, bis eine neue Furchung oder eine neue Zellteilung den ganzen Prozess aufs neue in all seinen Phasen hervorruft.

2. Auftreten und Umwandlung der achromatischen (farblosen) Kor n f i g u r , Kernspindel g e n a nnt Die Kernspindel ist ein aus farblosen feinen Fäden gebautes Gerüste, das wie das eben beschriebene sich allmählich ordnet. Kurz bevor die Längsspaltung der Fäden der chromatischen Figur stattfindet, verlaufen nach den Polen hin blasse, farblose Fasern. Die Zahl der Fasern wird auf 800 Ins 1001) geschätzt. Die Figg. 23 und 24 geben nur eine schwache Vorstellung von dem Reichtum dieser hellen Züge die stets in grösserer Zahl von den einzelnen chromatischen Fäden ausgehen. Mit grosser Zierlichkeit streben sie nach den beiden Polen hin. um sich in einem kleinen schwer sichtbaren Körperchen, dem Centrosoma, wie in einem Brennpunkt zu vereinigen, und dann aufs neue divergierend über die (irenzen des Kerns hinaus in die Dottermasse auszustrahlen. Wenn die achromatische Figur aufgetaucht ist. ist die Kernmembran geschwunden. Die achromatischen Fasern hängen mit den chromatischen Fäden zusammen. Wie die chromatische Figur, .-<» wird auch die achromatische nach der Vollendung der Teilung undeutlich, und dann taucht auch die Kernmembran, welche unterdessen verschwunden war. wieder auf (siehe Figg. 23 A — D) 2 ).

■ | Metakinese (gr. und nach, xlwqaig Bewegung). — 2) Dj e ausführliche Schilderung dieser Vorgänge findet sich in den Untersuchungen bei: Flemmine, Zellsubstanz etc. a. a. 0., und Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 20. S. 1. 1882, feiner Rabl, Muriihol. Jahrbuch. Bd. 10. 1885. und Anat. Anz. Nr. 1. 1889.


[nnere Furchungserscheinungen.


63


Die Spindelfasem sind mit den Chromosomen, d. h. den gefärbten Fäden, in Verbindung. Viele von ihnen sind überdies von den Centrosomen ausgehend zwischen den mitotischen Fäden ausgespannl und so hal sich die Anschauung entwickelt, dass die Spindelfasern die Wanderung der gefärbten Fäden bei der Zellteilung beeinflussen. Man hal sie geradezu als Direktionsfasern bezeichnet. Dass solche Spindelfasern in einer verwandten Anordnung auch künstlich hervorgerufen werden können, wirft ein interessantes Schlaglicht auf diese Vorgänge bei der Teilung der Furchungskugeln und der Zelle.

3. Strahlungen in dem Dotter.

Die Vorgänge der Zellenteilung greifen über die Grenzen des Kerns hinaus und bis in die Substanz de- Zellenleibes des Eiprotoplasma (also des Dotters) hinein. Dies geht sebon daraus hervor, dass der Kern sich vergrössert, seine Hülle sich

während derümordnung der Fadenmasse ^,. — __^^

verliert und erst nach dem Abschluss des Prozesses wieder hervortritt. Allein es giebt noch andere /eichen von der Beteiligung des Zellkörpers. Er lässt mit dem Beginn der Phase des Mutterkerns zwei übrigens nicht scharf geschiedene Zonen erkennen, eine dichtere Innen- und eine weniger dichte Aussenzone. Die Aussenzone zeigt ungemein feine durcheinanderliegende Faden (Fig. 23 A). die an der Grenze <\f± Sichtbaren liegen. Von den Polen der Kerne laufen ferner lichte Strahlen in den Dotter und in die Zellsubstanz aus, ein Verhalten, das man als Dotter- „Strahlung" oder, wenn sie in Zellen vorkommt, einfach als „Strahlung" bezeichnet. Diese Strahlen sind weniger lichtbrechend als die Linien der Kernspindel und -ehernen sieh aus der Substanz der Innenzone aufzubauen i Fig. 23 und 24)

Die eben beschriebenen Erscheinungen sind vorzugsweise nach den an Zellen gewonnenen Erfahrungen erzählt, allein auch im Eiprotoplasma tauchen dieselben Umlagerungen auf. Es handelt sich dabei nicht nur um eine Aufreihung von Dotterkörnern, sondern zugleich und hauptsächlich um eine Differenzierung des Protoplasma, in welches die Dotterkörner gebettet sind, also um eine vorübergehende Protoplasmastruktur. Fol und Hertwig sprechen geradezu von radiär geordneten Strängen verdichteten Protoplasmas, wobei die Dotterkörnerreihen zwischen diesen Strängen und damit natürlich auch wieder sie selbst in radiärer Anordnung gelagert sind. Siehe Fig. 24.


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Fig. 24. Ei von einem Seeigel (Sphaerechinus brevispinosus . 1 Stunde nach der Befruchtung, in zwei Furchungskugeln sich teilend: mit Dotterstrahlung.


i.l Keimesgeschichte.

Für die I i * »1 1 « - des Eiprotoplasma und seiner Strahlungen i>t wichtig, -la--- die Sterne in dem Eiprotoplasma zeitlich nicht genau zusammenfallen mit den Sternformen der Mutterkern- und Tochterkernfiguren.

Nachdem alle erwähnten Vorgänge, die als chromatische Kerntigur, als Kernspindel und als Strahlungen Im Dotter bezeichnet werden, massig abgelaufen sind, wird erst die Trennung des Eies oder der Zelle in Zwei auch äusserlich vollendet, /wischen die beiden Tochtersterne (Fig. 232)) drängt sich Substanz. Dieser Abschnitt erfährt dann bald wichtige Veränderungen. Die helle Innenportion, welche die beiden Tochtersterne miteinander verbindet, verschmälert sich und zugleich macht sich immer an der dunkleren Aussenportion eine Einschnürung bemerkbar. Zwischen den beiden Tochterknäueln tritt eine Ringfurche auf. ebenso an dem Dotter (Fig. 24), welche an der einen Seite tiefer einschneidet, als an der anderen. Am Boden der Furche zieht eine stark lichtbrechende Substanz rund herum. Endlich schneidet die Furche durch, die Teilung ist vollendet. An solchen Furchungskugeln, wie Fig. 24, erkennt man noch geraume Zeit die beiden Zonen d>-v Zellsubstanz, die hellere Innen- und die dunklere Aussenzone, dann aber gleicht sich selbst diese Erscheinung aus und auch das Protoplasma der neuentstandenen Gebilde geht in einen Zustand der Ruhe über, wobei es die erwähnten Strukturen nicht unterscheiden lässt, obwohl sie wahrscheinlich nicht völlig verschwinden, sondern nur unsichtbar werden 1 ).

Teilung«- Höchst bemerkenswert ist die Art, wie sieh die Teilungsebene der

Furchungskugeln und der Zellen in den von uns betrachteten Füllen zu der Achse >\>'V Kernspindel stellt: Die Teilungsebene — auch „Teilungsachse" steht senkrecht auf der Achse der Kern spindel. (Vergl. die Figg. 23 und -4.) Für eine Menge von Wachstumsvorgängen, ii. a. der Wachstums- Richtung ist diese Erscheinung von grosser Bedeutung.

Die Vorgänge der Furchung wie der Zellteilung hängen noch mit einer anderen Erscheinung zusammen.

Sphäre. Dort, wo sich diePole des£ies und der Zelle als eine Attraktions sphäre, neuerdings kurz Sphäre genannt, bemerkbar machen, befindet sich ein winziges Gebilde, das Centrosoma, der Centralkörper. Im Innern der Attraktionssphäre liegt derselbe wie ein kleines Korn von 1 u Durchmesser, scharf konturiert, dunkel. Er ist von einer stark t'ärbbaren Masse umgeben, der Sj>häre, deren Durchmesser 4— 5 (i beträgt. Um die Sphäre bildet die Zellsubstanz einen dunkelpigmentierten Hof, wobei die Fäden drr Kernspindel eine Rolle spielen. Die Kontur der Sphären ist nicht gleichmässig. Die zarten Fädensollen in ihr inserieren.


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i) Carnoy, a. a. 0. I'lattner, Internal. Monatsschr. f. Anat. und Histol. Bd. 3. S. 341. .Mir 1 Tat'. Rabl, Anat. An/., a. a. 0.

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Die Sphäre liegt mit dem Centrosoma ausserhalb des Kerns; "1» sie Gebilde der Zellsubstanz oder des Kerns sind, ist noch nicht entschieden 1 ). Viele Beobachtungen sprechen für die erstere Annahme. Die Xukleolen und die nukleolenartigen Gebilde, die in dem ruhenden Kern

liegen, schwinden während der Mitosis allmählich und gehen, wie es .scheint, in der Bildung der chromatischen Fäden auf.

Wahrscheinlich handelt es sich hier um permanente Gebilde, oichl bloss der ersten Furchungskugeln, sondern (überhaupt jeder Zelle. — Die physiologische Vorstellung die mau sich von der Sphäre und dem Centrosoma gemacht hat, ist eine -ehr weitgehende. Man sieht sie als Anheftungs- und Stützpunkte für die Spindelfasem an, welche ja die Umlagerung der Kernfäden gleichsam dirigieren, daher auch Direktionsfaseru genannt Während mau schon den Kern für das Hauptelement der in der Zelle sich abspielenden Prozesse ansah, scheint dein Centralkörper auch eine hohe Bedeutung zuzukommen und zuletzt hahen selbst jene recht, die noch ein „Centralkorn" im Innern des Centralkörpers erkennen wollen, ein neues — Rätsel.

Wahrscheinlich hat jedes Ei eine besondere Abart des mitotischen Prozesses aufzuweisen, ebenso wie jede Zelle in dem Organismus, je nach dem Grade ihrer funktionellen Differenzierung. Das Prinzip ist durch das Tierund Pflanzenreich das nämliche, allein die Varianten sind wohl zahllos. Verschiedenheiten sind schon beobachtet. All' diesen Vorgängen liegt also ein grosses Gesetz zu Grunde. Man kann che Thatsache kaum stark genug betonen, dass zu gleicher Zeit, sowohl bei Pflanzen als bei Tieren, ein Modus der Kern- und Zellteilung gefunden wurde, der sich prinzipiell als völlig übereinstimmend erweist, nachdem >o lange Zeit eine fundamentale Verschiedenheit hinsichtlich der Kernvermehrung in beiden organischen Reichen angenommen worden war. Wir begreifen dadurch mehr und mehr, was der Scharfsinn des Aristoteles ausdrückte, als er sagte, zwischen dem Beseelten und Unbeseelten besteht ein Übergang durch Geschöpfe, welche leben, aber keine Tiere sind (die Pflanzen). Die Übereinstimmung so vieler physiologischer Prozesse bei Pflanzen und Tieren erhält durch die Mitosis eine weitere greifbare Unterlage. Die Übereinstimmung erstreckt sich selbst auf scheinbar untergeordnete Dinge. Die von Balbiani und Pf it zu er bemerkte Körnelung der chromatischen Fäden existiert nicht nur bei tierischen, sondern auch bei pflanzlichen Zellen. Hier spielt -ich ein elementarer Vorgang ab, welchen fast alle Zellen bei ihrer Teilung durchmachen. Er erfordert Zeit und Kraft und muss einen sehr bedeutenden Nutzen haben, wie Roux 2 ) ausgeführt hat, denn sonst wäre er nicht durch die Züchtung erhalten worden. Diese Vorgänge sind offenbar Mechanismen, welche den Kern nicht bloss seiner Masse, sondern auch -einer einzelnen Qualitäten nach teilen. Die chromatischen Fäden der ersten Furchungsfigur sind zur Hälfte mütterlichen, zur Hälfte väterlichen Ursprungs. Dies gehl aus der Entstehung des ersten Furchungskerns hervor. Bei manchen Säugern, wahrscheinlich auch bei Reptilien, vielleicht auch bei Selachiern treten die getrennt in den Vorkernen entstandenen Hälften der chromatischen Fäden zu dem Mutterstern (Äquatorialplatte) zusammen. — Die Centralkörper der ersten Furchungsfigur stammen wohl bei allen Wirbel


i) Beneden, E. van. Aren. Biol. Vol. 5. 1883. Boveri. Zellenstudien. Jenaische Zeitschr. Vol. 22. 1888. Vol 24 1890. Rabl, a. a. 0. Mark. Bull. Mus. Comp. Zool. Vol. 6. Nr. 12. 1881. Flemming, a. a. 0. und Ergebnisse. Bd. 3. 1893. — -) Roux. Über die Bedeutung der Kernteilungsfiguren. Leipzig 1884.

Coli in a n n . Eilt wirk. 5

deren ebenso wie bei fasl allen Wirbellosen vom Centrosoma des Samenfadens, dem Mittelstück desselben, ;il>. An den Furchungsfiguren der meisten Wirbeltiere sind dieselben nicht punktförmig, sondern Kugeln von ansehnlicher Grösse 1 ). — I>i< Annahme, dass die chromatischen Fäden der Furchungsßgur wahrscheinlich zur Hälfte mütterlichen und zur Hälfte väterlichen Ursprunges sind, hal Weismann veranlasst, die Teilungsvorgänge der chromatischen Fäden für die Erklärung der Vererbungserscheinungen zu verwerten. Jedenfalls bieten sie die erste Handhabe, etwas tiefer in diese dunklen Beziehungen hineinzublicken. Die Erfahrungen von dem Lehen des Eies und der Zellen sind die Grundlage für die wichtigsten Vorstellungen von dem Leben des Organismus im gesunden und kranken Zustünde. An diesen

organisierten und so kompliziert gebauten Teilen hängt ferner die Übertragung körperlicher und geistiger Eigentümlichkeiten der Eltern auf die Kinder und damit berühren sich alle Fragen , welche der Menschengeisl je über Men-eheii-Sein aufgeworfen hat.

Bei der Tragweite dieser inneren Furchungserscheinungen folgt die kurze Darlegung derselben bei einem Säuger und zwar der Maus. Die erste Kernteilungsfigur ist sehr gross und nimmt fast die ganze dotterarme Zelle ein. Die zwei ersten Furchungskugeln sind ungleich gross (Fig. 25 a). Die kleine teilt sich früher als die grosse. Die mitotische Figur gleicht ganz der ersten. Der Kern der grösseren Furchungskugel zeigt unterdessen noch einen ruhenden Kern. Es entstehen dann zunächst die Furchungskugeln (Fig. 25 b), aber die Teilung der grossen Kugel folgt unmittelbar nach, so dass die Regel der Entstehung der Furchungskugeln zwei, vier, acht u. s. w. doch gewahrt bleibt 2 ). Durch die bei der Furchung und bei dem verwandten Prozess der Zellteilung auftretenden Vorgänge erscheinen die Furchungskugeln, ihre Nachkommen: die Embryonalzellen und die Zellen überhaupt als kleine, organisierte Wesen. Diese Auffassung bleibt bestehen, trotz der Granula, auch Bioblasten, genannt, welche im Inneren des Zellleibes entdeckt worden sind (Ehrlich. Alt mann) oder der hypothetisch angenommenen Keimchen (Ch. Darwin), der Micellen (Nägeli), der Idiosomes iWhitman) u. s. w. Die Zelle ist und bleibt dennoch derjenige elementare Organismus, in welchem sich die Lebensverrichtungen


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Fig. 25. Die erste Furchung des Eies der Maus. Diebeiden Furchungskugeln sind angleich gross. I>i>- Kerne sind nicht verschieden. I>i'- kleinere der beiden a teilt sich stets früher. Nach Sobotl a.

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i Agassiz, A.. und Whit mann, C. 0., Mem. Mus. Comp. Zool. Vol. 14. 1889. Todaro, Ricerebe Labor, di Anat. norm. K, Univ. Roma. Vol. 8. 1893. — 2 ) Sobotta, Arcb. f. mikroskop. Anat. 1895.


abspielen. In der Zelle liegt, wie in den Furchungskugeln, die formative Fähigkeit, die ßich in den Dienst des ans Zellen erzeugten Ich setzt, sei dasselbe Tier oder Pflanze. Die Summe dieser Fähigkeil macht trotz der Autonomie der Zelle die höchsten Lebensformen dennoch erhaben über die Zelle, wie unser Planet vollendet ist gegenübei einem Haufen von ürnebelatomen. —

Die ersten Teilebenen, durch welche das Ei in zwei, vier und acht Zellen zerfällt, stimmt bei einzelnen Tierarten ziemlich genau mit den drei Hauptebenen überein, welche man durch den Körper der bilateralsymmetrischen Tiere hindurchlegt. In manchen Fallen stimmt die erste, in anderen Fällen die zweite Teilebene mit der Medianebene des werdenden Wesens überein (Nematoden, Ascidien, Rana, Triton). Bei manchen Tierarten ist es sogar möglich, noch vor der ersten Teilung dem Ei anzusehen, wie später der Embryo in demselben orientiert sein wird. So wird die Längsachse von ovalen oder langgestreckten Eiern auch stets zur Längsachse des Embryo und zuweilen lässt sich bei ihnen aus kleineren Unterschieden in der Substanzverteilung, in der Pigmentierung und aus anderen Merkmalen bestimmen, an welcher Seite der Längsachse Kopf- und Schwanzende zu liegen kommen werden und welche Flächen des Eies sich zur Rücken- und Bauchmiche gestalten werden.

Für das Hühnerei kann man sogar, ohne die Kalkschale zu öffnen. nach einer von K u p f f e r , Koller. Ger lach und D u v a 1 aufgestellten Regel mit grosser Wahrscheinlichkeit angeben, was für eine Laue der sich entwickelnde Embryo einnehmen wird. Wenn man ein Ei so vor sich hinlegt, dass der stumpfe Pol nach links, der spitze nach rechts sieht, so zerlegt eine die beiden Eipole verbindende Linie die Keimscheibe in eine dem Beobachter zugekehrte Hälfte, welche zum hinteren Ende des Embryo wird und in eine vordere, welche sich zur Kopfhälfte entwickelt.

Durch diese überraschenden Wahrnehmungen haben manche Forscher gehofft, auf dem Wege rückläufiger Beobachtung den Ort für die Anlage eines jeden Organs im unbefruchteten oder mindestens in dem eben befruchteten Ei räumlich zu bestimmen. Man könnte sich ja denken. dass ilie Keimchen oder die Micellen als virtuelle Träger bestimmter Potenzen die besondere Organanlage enthielten. Eine unsichtbare Organisation läge sonach im Ei, welche schon in den allerersten Anfängen die Moleküle für Kopf und Schwanz und Arm und Beine enthielte. Diese Hypothese -tösst aber auf grosse Schwierigkeiten, wie neuere Experimente gezeigt haben. Befruchteten Eizellen mancher Tiere kann ein Teil ihres Inhaltes entfernt werden und dennoch entsteht ein normaler Embryo. Man kann ferner bei manchen Tieren die ersten Teilhälften eines Eies trennen, jede Eihälfte entwickelt -ich weiter und liefert einen normalen Embryo, aber nur von halber Grösse, da er -ich aus der halben Sub 5*


Keimesgeschichte.

stanzmasse des normalen Eies gebildet hat. Man hat so aus einem einzigen normalen Ei eines Seeigels oder einer Meduse, eines Amphioxus oder eines Frosches zwei Seeigel- oder Medusenlarven, zwei Amphioxusoder zwei Froschembryonen künstlich herangezüchtet. Solche Thatsachen >iml anvereinbar mit der Annahme einer strengen Sonderang und Richtung der Substanzen in dem dien befruchteten Ei. Das Tier wird, - sl das Produkt des Eies, in welchem nicht ein einziges von dem hei dem ausgewachsenen Tiere sichtbaren Gebilden existiert. In diesem Ei entstehen die verschiedenen Gewebe und Organe durch einen allmählichen Entwickelungs vor gang. Seine Untersuchung stellt die Aufgabe der Ontogenie dar und sie wird durch die festgestellten Thatsachen ein Hauptkriterium aller morphologischen Spekulationen.

c) Amitosis oder Teilung von Zellen ohne Auftreten der Zellenteilungsfiguren (gr. d privativum und uhog, Faden). Amitosis heissen jene Formen der Teilung, bei denen die obenilderten Fadenmetamorphosen dem Kern und dem umgebenden Protoplasma, die Mitosis, ausbleibt. Bei manchen niederen Organismen und in normalen Geweben (Epithel-, Wander-. Knorpel- und Bindegewebszellen) und in pathologischen Zustünden wird sie häufig beobachtet. Es fehlt die Spindelbildung, die Bildung von regelmässig geformten Chromosomen (chromatischen Fäden) und die Umlagerung dieser letzteren in bestimmter Form und Reihenfolge. Diese Zellteilung heisst auch direkte Teilung, weil die Zelle vor den Augen des Beschauers direkt in einzelne (zwei, drei und mehr) Teile getrennt wird. Im Falle mehrere Teile entstanden sind, spricht man auch von ..Fragmentierung". Der Kern der Zellen, der wie bei den Leukocyten oft Stäbchen- oder schleifenförmig ist, zerfällt zuerst (Fragmentierung des Kerne-), der Zellenleib folgt dann nach. Die Stellung der Amitose ist noch nicht klar. Sie wird bald für eine ganz verschiedene Form der Zellteilung gehalten und strenge gesondert, bald für nicht prinzipiell verschieden erklärt 1 ).

(1) Wachstum und Regeneration in Verbindung mit dem Prozess der

Zellteilung.

Da- Wachstum tindet an allen Orten im Leibe des Embryo statt unter den Erscheinungen der Mitose. Wo sie auftritt, vermehren sich die Zellen und dadurch tritt eine Vergrösserung des Organes ein. Das Wachstum findet in einem Organ an mehreren Stellen gleichzeitig statt, welche zerstreut liegen, oft sind bestimmte Partien des Organes bevorzugt, wovon später Beispiele folgen. Aus der Stellung der Kernspindel 3st sich die Wachstumsrichtung eines Organes erkennen. Die Teilung

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1 1 V o in Fl a t h , Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 57. 1893 und Biol. Centralbl. Bd. 14. 1894. Rabl. H., Arch. f. mikroskop Anat. Bd. 45. 1895. Flemming, Morphol. d. Zelle. Referat in den Ergebnissen von Merkel und Bonnet. 1896.

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erfolgt senkrecht zur Längsachse der Kernspindel (Figg. 23 und 24). Die neuentstandenen Tochterzellen entfernen sich von einander in der Richtung der Längsachse. Es kann auch die eine an der Stelle bleiben, während sich diu andere entfernt. — Denkt man sich die /eilen der Figg. 23 und l'4 nicht, wie in den Abbildungen senkrecht, sondern quer gestellt, so erfolgt die Zunahme des Organes in einer anderen Richtung, welche zu der in der Abbildung sichtbaren in einem Winkel von 90° gedreht ist. So sind viele Wachstumsrichtungen erkennbar je nach der Richtung der Spindel. Nach allen Erfahrungen führt nur die normale Mitose zu dem regelmässigen Wachstum. Dadurch wird sie zu einem morphologischen und physiologischen Ereignis ersten Ranges. Ihre Bedeutung ist eine universelle, seitdem nachgewiesen ist, dass auch das Wachstum der Pflanzen denselben Hegeln unterworfen ist, dass also dieser Prozess schon seit der Schöpfung der Pflanzen seine grosse Piolle spielt.

Die Regeneration, der Wiederersatz verlorener Teile, vollzieht sich nach derselben Regel. In dem Epithel der entzündeten Frosch- und Kaninchencornea wurden bei der Ergänzung des zerstörten Epithels mitotische Figuren in grosser Menge beobachtet (Eberth): ebenso in der Haut (Unna). In malignen Geschwülsten findet ebenfalls Zellvermehrung unter den Zeichen der Mitose statt, allein sie ist unregelmässig (Dreiund Vierteilung). — Die Pflanzen regenerieren sich auch in fast unbeschränktem Grade. Allein die Fähigkeit der Regeneration wird mit der höheren Organisation beschränkt. Viele Würmer ergänzen das verlorene hintere, andere auch das verlorene vordere Körperende: Schnecken die abgeschnittenen Fühler und Augen. Salamander und Tritonen ein verlorenes Bein. Bei den höheren Wirbeltieren und dem Menschen tritt eine noch grössere Beschränkung ein. Kein altgeschnittener Finger regeneriert sich mehr. Die Regeneration beschränkt sich auf das Heilen der Wunden. Hierbei wird Epithel nur von Epithelzellen regeneriert. Bindegewebe von Bindegewebszellen. Muskeln von Muskelzellen. Die Nachkommen der ersten Furchungskugeln haben sich differenziert und verschiedene Eigenschaften ausgebildet : die Ersatzfähigkeit ganzer Organe ist aber verlorengegangen. Nur das Teilungsvermögen ist noch den spezialisierten Zellen erhalten geblieben unter dem Prozeil der Mitose.

IL Die Keimblase (Vesicula blastodermica) mit dem Fruchthof (Area embryonalis), von aussen betrachtet.

Die Gliederung des Frucht hofes beginnt: Primitivstreif. Primitivrinne und Primitiv wülste; Med ulla rr inne und Medullarwülste; Stamm zone and Parieta lzone treten auf.

Nach der Dotterfurchung stellt das Ei der Säuger und des Menschen eine mit Urlymphe gefüllte Blase dar. Die Embryonalzellen haben sich nämlich innerhalb der Eihülle zu einer zusammenhängenden Lage geordnet und umschliessen

1. die mit Urlymphe gefüllte Keimblase, Vesicula blastodermica, J. einen kleinen Hauten von Embryonalzellen, Embryonalfleck Macula embryonalis, der an einer Stelle der Blase festhaftet und bei der Betrachtung von aussen als ein heller Fleck erkennbar ist (Fig. 18).

Unter Vermehrung der Embryonalzellen entsteht sodann an der Stelle des Embryonalfleckes erst eine rundliche, dann eine ovale Scheibe, der Fruchthof Area embryonalis (Figg. 26 und 27). Er besteht anfangs aus den sehen oben erwähnten Blättern : dem äusseren Keimblatt, Ektoderm und dem inneren Keimblatt. Entoderm. Diese beiden Blätter sind von einander trennbar. Der zukünftige Embryo hat sich aus den Embryonalzellen zunächst in der Form von „Keimblättern" differenziert, welche


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Fig. 26. Runder Fruchthof einer Keimblase vom Kaninchen . aufgeschnitten und auf schwarzem

Untergrund ausgebreitet. 30 mal vergr.

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als die primitiven bezeichnet werden. Alle Metazoen haben zunächst diese beiden primitiven Keimblätter. Schon jetzt repräsentiert das äussere Keimblatt im wesentlichen das primitive Integument und überdies die empfindende Schichte. Aus ihr gehen die überhaut (Hornschichte) und das Nervensystem mit den Sinnesorganen hervor. Das Entoderm ist im utlichen die verdauende und absondernde Schichte, und lässt die Epithelauskleidung des Darmrohres und der mit ihr zusammenhängenden Drüsen entstehen. Diese Regel herrscht durch das ganze Tierreich, soweit Keimblätter für den Aufbau in Betracht kommen.

Die erste Keimblase dieser Art vom Menschen, welche bei äusserer Betrachtung einen Fruchthof zeigte, ist von Reichert beschrieben und abgebildet worden (Fig. 28).


Die Keimblase von aussen. , 1

Solche Keimblasen sind von der Grösse einer Erbse, dabei etwas abgeplattet: messen 4 — 6 nun im grössten Durchmesser und 2— 3mm

im kleinsten Durchmesser. Sie sind in der Mittelzone, zwischen den Polen, mit einem Mantel von kleinen aus /eilen bestehenden Zotten bedeckt. Dieser Zottenmantel rührt samt der äusseren Zellenhülle der Keimblase von dem primitiven Ektoderm her. In dem Innern der Zotten erscheint bald Mesoderm in Form embryonaler Bindesubstanz, ebenso wie an der innern Oberfläche der Zellenhülle der Keimblase.

An den Keimblasen der Säuger, die zumeist zur Untersuchung verwendet werden, lässt sieh bei durchfallendem Licht auf der Area embryonalis bald eine dunkle innere und eine helle äussere Zone unterscheiden (Fig. 2G). Bei auffallendem Lichte ist das Verhalten umgekehrt,


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Fig. 27. Ovaler Fruchthof mit einem Teil der Umgebung, von der Keimblase losgeschnitten. 30 mal vergr.

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da erscheint die Mitte weiss und der Rand dunkel wegen der verschiedenen Durchgängigkeit des Lichtes durch die Zellen. Bei den Insektivoren und den Schafen ist das bei durchfallendem Licht dunkle, innere Feld von einer mehrfachen Schichte von Zellen im Ektoderm hergestellt ; diese lässt weniger Licht hindurch als der dünne Rand und so erscheint das innere Feld dunkel. Untersucht man bei auffallendem Licht, so reflektiert diese mehrfache Schichte das Licht stärker und so erscheint das Centrum hell. Dieses dunkle Feld liegt beim Kaninchen etwas uhrschalenfürmig erhöht, man hat es deshalb auch Schild genannt — lauter Zeichen, dass auf diesem kleinen Terrain jene weiteren Bildungen eintreten, welche die Körperanlage des Embryo begleiten.

In dem hellen Teil des Fruchthofes sind die zwei, um diese Periode vorhandenen Zellenschichten nur aus je einer einzigen Lage bestehend und bei durchfallendem Licht deshalb hell. Jenseits dieser Area pellucida bildet sich einige Stunden später wieder ein dunkleres Gebiet, der


Keimesgeschichte.


Fruchthoi


Mesodermhof (namentlich beim Schaf sehr deutlich). Dort taucht zunächst in Form von spindelförmigen und dreieckigen Zellen das „periphere Mesoderm" auf.

\"on dieser Entwickelungsstufe dea Menschen sind noch sehr wenige Früchte zui Beobachtung gelangt, und diese — nein an der Zahl — verteilen -ich auf den grossen Zeitraum von 50 Jahren!! Manche von den Objekten waren krank oder ungenügend konserviert, und so konnten die Fortschritte der Embryologie nur durch eingehende Beobachtungen an den Tieren geleitet werden. Immerhin hat schon dieses spärliche Menschenmaterial wertvolle Aufschlüsse gebracht M.

her ovale Fruchthof (Fig. 27) erhält demnächst einen dunkeln Streifen. Primitivstreifen genannt. Dieser verbreitet sich, sinkt dann

in der Mitte der Länge nach, rinneniormig ein, wodurch auf ihm eine helle Linie hervortritt, die Primitivrinne, welche nun von zwei Wülsten begrenzt ist, den Primitivwülsten (Fig. 29).

Das Auftreten des Primitivstreifens ist durch eine stärkere Vermehrung der Embryonalzellen in der Längsachse des Ovales bedingt. Die Verdickung durch Zellen kehrt in den Primitiv wülsten wieder, sobald neben der Rinne die Wülste hervorgetreten sind. Die ganze auch später noch fortschreitende Verdickung des Fruchthofes im Bereich des Primitivstreifens hat den Namen Achsenplatte erhalten, dieselbe wird später in den tiefen Schichten durch die Chorda dorsalis ausgezeichnet.

Am vorderen Ende des Primitivstreifens tritt bald ein schmaler trüber Streifen, der Kopffortsatz auf, der der Achse entlang zieht und nun auch den vorderen Abschnitt des ovalen Embryonalfleckes in einerechte und linke Hälfte trennt. Er ist jedoch sehr schwer zusehen, und deshalb lange Zeit der Beobachtung entgangen.

Der Primitivstreif ist l»<-i den Vögeln (Huhn, noch besser Ente) besonders schön zu beobachten wegen der Grösse des Objektes. Namentlich sind die


++++ Fig. 28. Keimblase vom Menschen. 6 mal verer. Nach Reichert.

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!) Die Litteratur über diese Entwickelungsstufe des Menschen enthält folgende Abhandlungen: Wharton-Jon es, Philosoph. Trausaetions. p. 39. 1837. Reichert, Verh. d. Berliner Akad. 4°. 1873. Breuss. K.. Wiener med. Wochenschr. S. 502. 1877. Beigel und Löwe, Arch. f. Gvnäk. Bd. 12. S. 421. 1877. Ahlfeld. F., Ebenda, Bd. 13. 1878. Schwabe, Dissert. Berlin 1879. Bruch. Abhandl. der Senkenbergechen <;.--, Frankfurt Bd. 4 u. 6. Kollmann, J. Arch. f. Anat. 1879. Mit 2 Tat Leopold, Gr., Uterus und Kind. Leipzig 1897. 8°. Mit Atlas von 30 Taf., Fol.


Die Keimblase von aussen. 73

allerersten Anfänge erkennbar. Nach den ersten Stunden der Bebrütung taucht nämlich an der hinteren Grenze der Keimscheibe eine dunklere Stelle auf, welche wegen ihrer Form Sichel genannt wird. In ihrer Mitte entsteht eine kleine Kinne, die Sichelrinne und in ihrer Mitte eine Verdickung: Siehelknopf (Fig. 30). In den folgenden Stunden wächst dieser Sichelknopf Behr stark in die Länge und vergrüssert -ich zu einer streifenförmigen Trübung. Das i>t die erste Anlage des Primitivstreifens.

Eine verwandte Erscheinung, wie diejenige der Sichel an dem Fruchthof des Huhnes, i>t auch an dem ovalen Fruchthof des Kaninchens gesehen wurden und ist vielleicht eine allgemeine Erscheinung hei allen Eiern mit Nahrungsdotter. Vor dem Primitivstreifen taucht in dem noch übrigen hellen Feld der Keimhaut die Gestalt eine- Halbmondes auf. der seine Konkavität gegen den Primitivstreifen wendet, Lunula genannt.

Die Primitivrinne ist an einer Stelle erweitert und wallartig verdickt (Fig. 31). Dort bildet sich die äussere Öffnung eines Kanales, der als

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Fig. 29.

Embryonalfleck vom Kaninchen, losgeschnitten von der Keimblase und auf schwarzem

Hintergrund liegend. 28 mal vergr.

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neurenteriseber Kanal (Canalis neurentericus) bezeichnet wird. An einem menschlichen Embryo von 2 mm Länge . noch ohne Herz und ohne Urwirbel, wurde er ebenfalls aufgefunden, unter denselben Verhältnissen, wie bei den Tieren. Der Schluss von der Embryologie der Tiere auf das Verhalten menschlicher Entwickelung hat sich durch diesen wichtigen Fund als vollkommen berechtigt erwiesen. Der Kanal ist 0,024 mm weit (Fig. 31). Er entwickelt sich vom Ektoderm nach dem Entoderm hin, durchsetzt die Medullarplatte und mündet (bei Säugetieren oft auf Umwegen, bei den Reptilien und bei den Menschen mehr direkt) auf dem Entoderm aus, verbindet also die äusserste (Ektoderm) Schichte mit der innersten, dem Entoderm, freilich nur während der frühesten


Periode des embryonalen Lebens, denn er schliesst sich bald wieder. r Kanal stellt ein altes Erbe dar, vielleicht ebenso alt, als das der Chorda. Er besteht schon bei dem Amphioxus, bei den Knorpelfischen, den Amphibien und /war bei all diesen tiefstehenden Formen als



Primitivstn ii

Sichel


ein direkter Zusammenhang /wischen dem Medullarkanal und dem Entoderm an dem hinteren Körperende. Später schliesst sich der Gang, und Nerven- und Darmrohr sind dann von einander getrennt. Bei dem Vogel (namentlich bei dem Strauss, der Krähe und der Ente) ist die Primitivrinne ebenfalls durchbrochen und die Umgebung knopfartig verdickt. In dem Beginn der Verdickung ist dann der Canalis neurentericus entdeckt wurden. Sehr deutlich ist dieser Kanal auch bei den Reptilien, jedoch von anderer Form.

In demselben vorderen Gebiet di-< Embryonalfleckes entsteht eine breite Kinnenbildung, welche beinahe bis zu dem vorderen Ende reicht,

sich ausdehnt und


++++ Fig. 30.

Keimscheibe eines Hühnereies in den ersten

Stunden der Bebrütung. Nach Koller

aus Hertwic.

++++



daselbst gerundet abschliesst (Figg. 29 und 31). Es ist dies die Medullarrinne. Ihre gleichfalls erhabenen seitlichen Ränder, die M e d u 1 1 a r w ü 1 ste, laufen hinten gegen die Primitivrinne aus und fassen ihren Rand

so zwischen sich, dass Medullarrinne und Primitivrinne sich nicht unmittelbar ineinander fortsetzen, obwohl sie in einer und derselben Körperachse liegen (Fig. 31). Beiderlei Bildungen nehmen nun einen differenten Entwickelungsgang. Die Medullarrinne, welche anfänglich nur in der vorderen Hälfte des Fruchthofes (als Lunula) bestand, erstreckt sieh unter fortschreitender Vergrösserung samt den begrenzenden Wülsten auf die hintere Hälfte, während die Primitivrinne und ihre Wülste im Wachstum nur sehr langsam fortschreiten. Der hintere Abschnitt des Fruchthofes bildet sich zunächst überhaupt langsam weiter im Vergleich zu dem vorderen. Hier nehmen vor allem die


++++

Fig. 31.

kienschliche Keimhaut mit offener Medullarrinne von 3 min Länge,

hintere Hälfte 30 mal vergr. Dorsalnäche. Nach Graf Spee. ++++


Die Keimblase von aussen. ( .j

Medullarwülste rasch an Umfang zu. die Medullarrinne erweitert sich

namentlich am vorderen Pmde und wird zur Anlage des Gehirns, der sich unmittelbar anschliessende Teil, zur Anlage des Rückenmarkes. In dieser Rinne hat man also das ganze centrale Nervensystem in seiner frühesten Form vor sich. Die Medullarrinne hat sich aus dem äusseren Keimblatt (dem Ektoderm) abgetrennt. Das für die Herstellung des Centralnervensystems gesonderte Gebiet wird wegen seines Verhaltens auf Durchschnitten, auf denen es als Platte mit ganz spezifischen Eigenschaften erscheint, auch als Medullarplatte bezeichnet. Allein so streng diese Sonderung auch auftritt, so ist sie doch nur durchgreifend für die Anlage des Centralnervensystems. Der seitliche Teil des Ektoderm, auch Hornblatt benannt . weil aus ihm die Oberhaut des Körpers samt den Horngebilden und den Hautdrüsen hervorgeht, liefert doch auch noch nervöse Apparate und zwar manche Endapparate sensibler Nerven. Dadurch bekunden sich auch noch in späteren Entwickelungsstadien innige Beziehungen zwischen den Abkömmlingen der Ektodermzellen und denjenigen der Medullarplatte.

Unterdessen ist zwischen den beiden ersten Keimblättern, dem Mesoderm. Ektoderm und dem Entoderm noch ein drittes Keimblatt entstanden, das Mesoderm, das anfangs nur die centralen Teile des Fruchthofes einnimmt, sich jedoch allmählich über den ganzen Fruchthof ausdehnt. Es ist dies ein weiterer wichtiger Fortschritt, ein neues Blatt für den Aufbau wichtiger Organe des Wirbeltieres. Damit bekundet sich der Embryo als ein Glied am Stamme der Metazoen, deren Charakter Metazoen. darin besteht, dass die auf einer gewissen Entwickelungsstufe angelangten Tiere immer aus drei Schichten oder Lagen von Zellen begehen, die wir mit dem Namen Ektoderm, Mesoderm und Entoderm bezeichnen. Zu den Metazoen gehört die ungeheure Mehrheit des Tierreiches. — Das Mesoderm trägt durch seine Dickenzunahme wesentlich dazu bei, dass sich der Embryo nach und nach aus der Ebene des Embryonalrleckes erhebt. Dabei hat er Biskuit- oder Sohlenform uligenommen, welche die wichtige Unterscheidung des vorderen und des hinteren Rumpfabschnittes andeutet (Fig. 32).

Auf dem biskuitförmigen Fruchthof erscheint nunmehr eine neue stammzone. Eigentümlichkeit, nämlich die von dem mittleren Keimblatt herrührende Stamm zone (Fig. 32). Sie umzieht die unterdessen verlängerte Medullarrinne als ein symmetrisch angeordneter Streifen. Die Stammzone enthält die erste Grundlage für die gesamte dorsale und ventrale Stammesmuskulatur in dem reifen Wirbeltierkörper und den dazu gehörigen Teilen. So lange der Kopf noch keine Selbständigkeit erlangt hat, ist die Stammzone vorn am breitesten und verschmälert sich etwas nach hinten, dort wo die ersten Urwirbel auftauchen, um an dem hinteren Körperende wieder an Ausdehnung zu gewinnen. Die Säuger, die Sauropsiden,



die Amphibien und die Selachier verhalten sich mit unwesentliche!] Modifikationen hierin völlig gleich. Am stärksten ist diese Erscheinung bei dem Menschen ausgeprägt, wie die bisher beobachteten Embryonen erkennen lassen. Die Einschnürung isl so stark, dass vorderer und hinterer Rumpfabschnitt wie durch eine schmale Brücke verbunden sind 1 ) 32). Die Stammzone ist durch eine helle Linie von einem anderen, unmittelbar folgenden breiten Streifen getrennt, der Parietalzone


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Fig. 32. Keimscheibe mit 5 [Trwirbelu vom Hühnchen.

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Parietal- genannt wird (Fig. 32). Aus dieser Zone bildet sich, wie später erkennbar wird, der parietale Abschnitt des cylindrischen Wirbeltierkörpers. Die Parietalzone wird ihrerseits lateral scharf begrenzt durch einen hellen Hof der Area embryonalis, am deutlichsten bei den Sauropsiden (Fig. 32, Keimhaut vom Hühnchen). Er hat anfangs die Form eines vorn schmalen, nach hinten alter breiten hellen Saumes, der die eigentliche Körperanlage des Embryo von der übrigen Keimblase und den auf ihr hervortretenden Bildungen trennt.


Namentlich der von Spee beobachtete Embryo. Fig. 33, allein auch bei Fig. 32 ist dieselbe Erscheinung erkennbar.


Die Keimbla.se von aussen.


Von nun an wird von einem Embryo gesprochen und von einem ,: "^ Dottersack, während früher nur die Keimblase in Betracht kommen embl konnte, denn jetzt, durch das Auftreten <\<^ hellen Hofes der Area pellucida, ist für jedes Auge das eigentliche < i«-l >i^t des Embryo vron dein Dottersack unterscheidbar. Der Embryo ist zwar noch -»dir unvollkommen und li.it Doch keinerlei Ähnlichkeit mit einem Wirbeltier; allein das Entscheidende für die Bezeichnung ist die zunehmende Selbständigkeit des werdenden Organismus, die Zusammensetzung aus drei Blättern, einer Chorda, und den eben erwähnten Zonen. Der Ausdruck Embryo i-t nicht gestattet, so lange die Körperanlage nur einen unbestimmten Teil der Keimhaut darstellt und ohne bestimmte Grenze ist. .Mit der Umgrenzung des Fruchthofes ist aber die Herrschaft des zukünftigen Wesens über die Keimblase entschieden. Der Embryo bedarf zwar derselben noch immer, denn mit ihrem Amnion (Schafhaut) und mit ihrem Chorion (Zottenhaut) hat er sich umhüllt, und aus einem anderen Teil der Keimblase empfängt er noch teilweise sein Blut, allein die Hauptabschnitte seiner Körperform sind jetzt angedeutet.

Dieser Gegensatz auf der Keimhaut, der in dem \Y'>rt embryonal und in dem Wort äusserem bryonal hervortritt, besteht in Wirklichkeil schon auf dieser frühen Entwickelungsstufe. Der Embryo" ist jetzt erkennbar, er i-r die Hauptsache der Keimhaut Die Individualität erhebt sich aus der Keimblase, und andere Teile derselben liegen zu dem Embryo ausserembryonal, wir der Dottersack, der Bauchstiel, das Amnion und das Chorion.

So zusammengesetzt auch der innere Bau eines ausgewachsenen Wirbeltieres i-t, so einfach und aach allen Richtungen gleichmässig i-t der Fortgang der Ausbildung in der ersten Zeit. Zuersl die Scheidung in die Dicke als äusseres, mittlen- und inneres Keimblatt. Dann folgt eine Differenzierung in der Flache in eine Achse, die Chorda, zu deren Seiten eine

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Fig. 33. Menschlicher Emhryo mit schuhsohlenartiger Keimhaut, mit

Medullarfurche und Medullarwülsten, olme Urwirbel. Das

Amnion geöffnet. Länge 2 mm. Dorsalansicht. 30 mal vergr.

Nach GraJ Spee. Rekonstruktion.)

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doppelt symmetrische Entwickelang die Stamm- und Parietalzone hervorruft. Gleichzeitig entsteht auch eine Differenzierung in der Länge, insofern ein Vorn und Hinten sich bemerkbar macht Auf dieser frühen Stufe der Entwickelung, die noch ein durchaus unbestimmtes und unvollkommenes Gepräge an sich trägt, isl dennoch schon die ganze Zukunft des späteren Organismus enthalten und zwar innerhalb ganz bestimmter Gebiete dieses ovalen Fruchtliefe- (Fig. 29); denn durch die lange Achse des Ovales ist über die Stelle der späteren Körperachse und damit über rechts und link- entschieden. Der stumpfe Teil des Ovales bezeichnet schon von Anfang an die Stelle, auf welcher der vordere Rumpfabschnitt auftaucht, der spitze Teil des Ovales bezeichnet das Gebiet für den hinteren Rumpfabschnitt; es lässt sieh ferner die Anlage des Centralnervensystem8 , der Stammzone (der Rückenplatten) und der Parietalzone (der Bauchplatten) erkennen.

Dies«' Einsicht i>t nicht durch das Studium menschlicher Entwickelungsstufen gewonnen worden, sondern durch die Beobachtung der Keimblase bei den Tieren. Was aber bisher vom Menschen aus so früher Zeit gesehen wurde, zeigt seinen Körperaufbau derselben Regel unterworfen.

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Fig. 34. Menschliches Ei mit ovaler Keimscheibe and seine Befestigung an der Innenfläche dea

Chorion. Länge 0,4 mm. 24 mal vergr. Nach Graf Spee.

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Eine mens chlic h e Embryonalanlage, die sich an das Reiche rtsche Ei (Fig. 28) anschliesst, hat die Form eines Zapfens, der an der inneren Seite des Chorions festhaftet. Der Dottersack ist gross und mit Blutinseln besetzt, dann folgt die Amnionsblase mit der Keimscheibe und dann ein derber Strang, der Bauchstiel. Alle diese Teile, rundlich, prall, schwimmen in der serösen Flüssigkeit der serösen Höhle, die im Vergleich sehr ansehnlich ist (Fig. 34). Die Membran der serösen Höhle ht schon aus Mesodermzellen , welche dem Ektoderm des jungen Chorion innig anliegen. Das Chorion trägt schon verzweigte Chorionzotten. Die innere Organisation eines solchen menschlichen Eies zeigt eine ovale Keimscheibe mit medianer Furche: die Länge beträgt 0.37mm, die Breite 0,23 mm. Das Ektoderm stellt eine einfache Zellenlage dar,


Die Keimblase von aussen.


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die aber in der Mitte sehr hohe Zellen (von 0,035 — 0,04 mm) aufweist. Das Ektoderm ist der Medianlinie entlang sanft geknickt, hat also eine seichte Kinne, die Primitivrinne. Das Mesoderm bildet die zweite 1. ig< dei Keimscheibe, das Entoderm in einfacher Schichte die dritte I. ige. Noch fehlt die Differenzierung der Medullarplatten und der Chorda, ferner der Canalis nearentericus. Daraus ergiebt sich, dass nur die Region des Primitivstreifens entwickelt ist. Der Dottersack ist schon bedeutend gewachsen (Figg. 34 und 35) und besteht innen ans einer einfachen Lage von Entodermzellen. Das bedeckende Mesoderm hat gegen die Spitze des Dottersackes hin grössere Blutinseln: kleinere erstrecken sich bis in die Nähe der Keimscheibe. Vorn Dottersack ans ^ j tzt sich ein 0,41mm langes, blind endigendes Divertikel, der Allantoisgang in den Bauchstiel hinein. Dieser Gang liegt am Kaudalende der Keimscheibe (Fig. 35). An dieser Embryonalanlage treten besonders auffallend


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Fig. 35. Menschliches Ei der Fig. 34. im Durchschnitt. 24 mal vergr. Nach Graf Spee.

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die Anhangsbildungen hervor. Die Zellen, welche direkt zum Aufbau des Embryo dienen, sind auf einen kleinen Raum im Innern der Amnionsblase beschränkt: jene aber, welche die schützenden Hüllen ausmachen, sind über grosse Flächen verbreitet. Das Ektoderm bedeckt die ganze Embryonalanlage und hat zahlreiche Zotten hergestellt, es kleidet überdies die Amnionblase aus. Das Mesoderm in der Keimscheibe selbst nur eine unbedeutende Lage, hat sich schon als Serosa an die innere Fläche des Chorion gelegt, überzieht den Dottersack und hat den Bauchstiel hergestellt. Das Entoderm endlich hat die innere Schichte des Dottersackes ausgekleidet und schickt sich soeben an. den Allantoisgang in den Bauchstiel vorzutreiben. — Die Schutzvorrichtungen für den Embryo entwickeln sich ungemein rasch. Die erste Anlage des Mesoderm beginnt schon bei dem Ei von wahrscheinlich kaum einem halben Millimeter Grösse und nimmt sofort einen bedeutenden Umfang an.

Dieses menschliche Ei ist von Spee beschrieben (Arch. f. Anat. Iö96j und sind die folgenden Masse angegeben worden:


vi » Keimesgeschichte.

D Fruchtkapsel oval 9 mm lang, t) r 2 nun breit,

Durchmesser der Sohle der Fruchtkapsel .7 „ „ b x h ,, „

Eidurchmesser 6 .. ., 4*/2 „

Dicke des Chorion 0,09 .,

Zottendicke :in der Wurzel 0,16 mm ■- 0,18 mm.

Ein zweites menschliches Ei, etwas weiter in der Entwickelung fortgeschritten, lässl die Differenzierung des Ektoderm in Form der Medullarrinne (Fig. 33) deutlich hervortreten und dazu den schon oben erwähnten Canalis neurentericus (Figg. 31 und 33), den man auch als Blastoporus bezeichnen kann, nachdem jetzt seine Herkunft aufgeklärt


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Fig. 36. Medianschnitt durch das menschliche Ki von Fig. 33. Nach Graf Spee.

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ist. Der in den Ei hüllen liegende Embryo kehrt den Rücken dem Chorion zu und sitzt mit dem Schwanzende durch einen Bauchstiel daran fest. Amnion und Dottersack sind bereits vorhanden (Fig. 36), durch das Amnion hindurch ist die Keimscheibe sichtbar, die sich konvex in die Amnionshöhle vorwölbt. Ihr Umriss ist birnförmig, an einer Stelle jedoch etwas eingeschnürt. Der Umriss der Medullarplatten ist biskuitförmig und im Verhältnis zu einer Amnioten-Keimscheibe sehr ansehnlich. Das kaudale Ende der Keimscheibe ist fast rechtwinkelig, ventralwärts umgebogen und von oben, nur stark verkürzt, sichtbar. Es zeigt die Primitivrinne zu beiden Seiten kleine Erhebungen, die Primitiv wülste (Fig. 33). Urwirbel fehlen noch.


1 >i< ■ Keimblase von aussen. sl

Die Fruchtkapsel des Uterus, in welcher das Ei Lag, war leicht oval. Die Durchmesser betrugen 10 : 1 1 nun. Das Ei selbsl war dicht mii Zotten besetzt, ebenfalls oval 8,5: 10 nun. Der I inraum desselben betrug 7,5:8mm.

Der Durchschnitt (Fig. 36) giebt einen Teil < 1 * ■ s; Chorion mit verzweigten Zotten, innen bedeckt von <lrr Serosa, mittelst des Bauchstieles an dem Chorion hängend; die Keimblase, mit einem ansehnlichen Dottersack, auf dessen Oberfläche bereits Querschnitte von Blutgefässen sichtbar sind. Auf dem Dottersack ruht, in breiter Verbindung mit ihm, die Keimscheibe mit folgenden Eigenschaften: vor dem Canalis neurentericus ein ansehnlicher Teil der Keimscheibe mit der Medullarfurche ; das Ektoderm ist fast im ganzen Bereich drei- bis vierschichtig. Ausgenommen ist eine schmale Zone, welche die Seite der Medullarplatten Hinzieht und zwischen diesen und dem einschichtigen Ektoderm des Amnion den Übergang bildet. Das: Entoderm ist auf der Keimscheibe ans platten /eilen hergestellt, die in der Umgebung des Canalis neurentericus höher werden. Zwischen den beiden primären Keimblättern findet sieh Mesoderm. das seitlich und vorn vom Canalis neurentericus mit verdicktem Rande dort abschliesst, wo es sich auf das Amnion und den Dottersack fortsetzt. Dort findet sich in dem verdickten Rande eine kleine Spalte, die als Perik ardspalte zu deuten ist.

Hinter dem Canalis neurentericus liegt jene Altteilung der Keimhaut, die kürzer als die vordere, die Primitivrinne und zu beiden Seiten die Primitivwülste trägt. Dieses kaudale Ende der Keimhaut ist fast rechtwinkelig ventralwärts umgebogen. Es besteh! aus den drei Keimblättern, von denen das mittlere in das Mesoderm des Bauchstiels übergeht, von wo es mit demjenigen der Serosa zusammenhängt (Fig. 36). Am vorderen und am hinteren Ende der Keimhaut, dort wo der Umschlag in das Amnion stattfindet, geht, wie hei allen Amnioten, das Ektoderm auf die innere Fläche des Amnion über, das von der Keimhaut nur durch einen kleinen Abstand getrennt ist (Fig. 36). Das Amnion liegt dem Embryo dicht an. Der Dottersack zieht sich unter die Keimhaut etwas hinein, dty Beginn der Bildung eines Kopfdarms ist damit gegeben, der BLerzwulst springt dicht unterhalb bereits stark gegen die Höhle des Dottersackes vor.

Von Grössenangaben sei hervorgehoben: Länge der Keim haut vor der AJkoholbehandlung 1,54 nun,

Durchschnittliche Breite von 0,704 — 0,741 mm

In der Mitte und hinten 0,605 mm.

Der Bauchstiel ist etwa- schmäler.

Die Keimblase nimmt schon unter der Klasse der Säugetiere verschiedene Formen an. Bei dem Hund wird sie bald birnförmig, bei dem Schaf und dem Reh wird die anfangs runde Keimblase bald von wahrhaft überraschender Länge.

Cher den bläschenförmigen Embryo des Schah- Liegt eine vollständige Beobachtungsreihe vor (Bonnet). Nach der Furchung und nach Ablauf


des zwölften Tages finden sich im Uterus rundliche, durchweg zweischichtige Keimblasen mit rundem zweischichtigem Fruchthof (Keimhaut). Dann werden daraus Längliche zweischichtige Keimblasen, noch immer mil rundem zweischichtigen Fruchthof. Demnächst wandeln sie sich in schlauchförmige dreischichtige Keimblasen mit ovaler dreischichtiger Keimhaut, mit Fortschreitender Differenzierung bis zu dem ersten Urwirbelpaar. Das Ei wird vom 13. Tage an schlauchförmig und wächsl in einer Zeit von ls Stunden von 3 mm auf 40 50 mm Länge, ;il><> circa 1 cm per Stunde. An Eiern <le> Schweines i-t diese schnelle Art des Wachstums noch auffallender. Man findet sie in ein und derselben Entwickelungsperiode bald centimeterlang, bald von über Meterlänge. Mit diesem frappanten Wachstum der Wiederkäuer und Dickhäutereier war auch schon C. E. v. Baer bekannt. Am 14. Taue ist der bläschenförmige Embryo heim Schaf ta>t ausnahmslos in das sogenannte nichtträchtige Hörn hinübergewachsen, während der Embryo in dem zum ovulierenden Ovarium zugehörigen Hörne liegen bleibt. Der Embryo ist dabei nicht immer genau zur Eilänge centriert, immer liegt er aber auf einer spindelförmigen Anschwellung und mit seiner Längsachse parallel der Längsachse des Eies.

Tli. L. VY. Biscboff, Entwicklungsgeschichte des Kanincheneies. BraunBchweig 1842, des Handeeies. Braunschweig 1845, — des Meerschweinchens.

Braunschweig 1852. — des Rehes. Giessen 1854. — Külliker, A., Festschrift für die I uiversität Würzburg 1882. — Bonnet, Embryologie der Wiederkäuer, gewonnen am Schafei. Arch. f. Anat. und Phys. (Anat. Abt.) 1884. 1889. — Keibel, Entwickelung des Schweines. In Morph. Arbeiten, herausgegeben von Schwalbe. Bd. 3. 1893 ii. Bd. 4. — Für die Reptilien: Mitsukuri, Journ. College of Sc. Univ. Japan. Vol. 10. 1896.


III. Keimblase, innerer Bau.

Die beiden primären Keimblätter, Ektoderm und Entoderm. Herkunft des Entoderm und Gastrulation. Homologie der primären Keimblätter. Fundamentalorgane. Urke imblatt, Blastosphäre und

Keimblas e.

Aus dem Embryonalfleck gehen bei den Säugern zwei durch einen Spalt getrennte Keimblätter hervor. Die äussere Lage heisst äusseres (oberes) Keimblatt. Ektoderm, die tiefere (untere) heisst inneres K e imblatt, Entoderm.

Das Ektoderm besteht aus mehreren Lagen kubischer Zellen (Schaf, Maulwurf. Schwein) (Fig. 37), welche aber bald etwas cylindrisch werden. Sie sind mit vielkörnigem Protoplasma gefüllt, deshalb reflektieren sie das Liebt stark. Sie nehmen anfangs nur den centralen Teil der Keimblase ein, der weiss erscheint und Fruchthof 5 Area germinativa 1 ), genannt wird. An der Grenze desselben nehmen die Zellen rasch an Höhe ab, sind deshalb durchsichtig im Vergleich mit denen der Mitte des Fruchthofes.

Das innere Keimblatt, Entoderm, ist aus platten Zellen gebildet : sie sind nicht so hoch Avie diejenigen des Ektoderm, aber dafür breiter, 20 -60 //. Dieser Unterschied ist anfangs sehr deutlich (Fig. 37),

1 Keimscheibe, neuerdings Schild.

später ändern die Entodermzellen wiederholt ihre Form. Das innere Keimblatt erstreckt sich anfangs auch nur auf den Bereich des Fruchthofes. Bald wächst es aber schneller als das äussere und schreitet deshalb auf der inneren Wand der Keimblase rascher fort, ein Vorgang, den man als „ (Jmwachsung* bezeichnet hat.

Von einer Furchungshöhle kann man bei Säugern erst sprechen, wenn Ekto- und Entoderm entwickelt sind, und damit die Spalte zwischen den beiden Keimblättern bezeichnen. Die Keimblase der Säuger enthält eine Keimhöhle in der monodermischen Stufe, aber keine Furchungshöhle.

Die in den Figg. 17 und 18 zusammengehäuften Furchungskugeln

ordnen sich aus inneren Kräften allmählich zu einem Ektoderm und zu einem Entoderm. In welcher Weise diese Umlagerung vor sich geht, ist noch nicht festgestellt, bei manchen Formen scheint dies dadurch zu geschehen, dass der Zellenhaufen im Embryonalfleck sich von oben her in zwei Hälften trennt, die sich dann auseinanderlegen, um den Embryonalschild herzustellen 1 ). Ekto- und Entoderm finden sich nach dem Gesagten bei Säugern anfangs, als ein noch nicht differenzierter Zellhaufen, im Innern der Keimblase.



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Fig. 37. Embryonalschild vom Schaf aus Ektoderm und Entoderm. Nacb ßonnet.

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Sind später die Furchungskugeln zu zwei deutlichen Keimblättern geordnet, dann herrscht über ihre Deutung und Bezeichnung kein Zweifel mehr. Allein zwischen dem Ende des Furchungsprozesses und der endgültigen Herstellung einer Form, wie sie in Fig. 37 gegeben ist, liefen mehrere Ubergangsstufen, welche noch nicht befriedigend aufgeklärt sind. Eine solche Stufe ist Fig. 18. Was dort als primäres Ektoderm bezeichnet i.-t, liefert wohl nur ektodermales Epithel de.- Chorion. Es ist noch nicht festzustellen gewesen, was der Anteil jeder Zellenlage bei der Bildung der primären Keimblätter ist, ob auch wirklich das primäre Ektoderm (Fig. 18) daran teilnimmt und in welcher Weise. Wenig besser liegen die Verhältnisse für eine Entscheidung auf einer weiteren Stufe, in der die Keimblase viel grösser geworden ist (Fig. 38). Die äusserste Zellenschicht stellt noch immer eine vieldeutige Schicht dar, welche bald als primäres Ektoderm, bald als Chorion-Ektoderm bezeichnet wird, und der Embryonalfleck ist nun breiter geworden, enthält aber noch immer rundliche Zellen, welche die Eigenschaften unbestimmter Furchungskugeln an -ich


i) Bubrecht, Verhandl. d. Akud. d. W'iss. Amsterdam 1895.


-I


Keimesseschichte.


. Ersl dann, wenn < 1 i * - Lagen schichtenhaft ausgebreitet sind und die

Differenzierung eine gewisse Stufe erreichl hat, wie in Fig. 37, lassen sich mit vollem Recht die Ausdrücke Ektoderm und Entoderm auf die vorliegenden Zellenschichten anwenden. Dabei liai « 1* -i- Zusatz „primäre" Keimblätter eine besondere Bedeutung, nichl nur als erste deutliche, blattartige Anlage in • In- Zeil . sondern die höhere Bedeutung, dass noch ein weiteres Keimblatt in den primären Keimblättern verborgen steckt, das sogenannte mittlere Keimblatt oder Mesoderm, »las sich später differenziert aus den vorhandenen Zellen. Dann erst i-t «las wahre oder bleibende Ekto- und Entoderm hergestellt, getrennt durch ein dazwischenliegendes Keimblatt - das Mesoderm. Die zweiblättrige Stufe der Keimblase i-i bei »lein Menschen noch niemals beobachtet worden, dennoch dürfen wir annehmen, <las> er hierin der allgemeinen Regel folge, abgesehen vielleicht von einzelnen Abänderungen.

Die Keimblase der Säuger zeig! mancherlei Varianten, von denen folgende zu beachten sind. An der Keimblase des Kaninchens ist die Wandschicht, die zuersl erkennbar wird, nicht das wahre Ektoderm

(Rauber 1 ), denn es nimmt an dem Aul'hau des Knibrvo gar keinen


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Fig. 38. Keimblase eines Säugetieres. Nach E. v. Beneden.

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Deek«hichte.


Anteil: der Embryo geht, soviel bekannt, allein aus dem linsenförmigen Embryonalfleck hervor, der im Innern der Keimblase liegt; diese WandBchichte, von Rauher .. Deckschiehte " genannt, ist von Lieberkühn 8 ) und Heape auch bei dem Maulwurf gefunden worden. An der Keimblase des Schafes fehlt sie, ebenso bei dein Opossum und dem Hund. Ob die menschliche Keimblase eine solche Deckschiehte besitzt, ist wegen Mangel entsprechenden Materials noch nicht festgestellt.

Bei dem Kaninchen breitet sich unter der Deckschicht zunächst die Ektodermlage peripher aus. um sich am Ende zu einer llohlkugel zu Bchliessen, tiefer liegt das Entoderm. Die Keimblase besteht also dann schliesslich aus drei konzentrisch ineinander liegenden Hohlkugeln


i, anher, Sitznngsber. d. naturf. Ges. in Leipzig. S. 103. 1875. — 2) Lieberkühn, Ober die Keimblätter der Säugetiere. Gratolationsschrift. Marburg 1879. 4 1 Tat


(Fig. 39), welche eine von Flüssigkeit erfüllte Höhlung umgeben : 1. der Deckschichte, später Chorionektoderm , 2. dem primären Ektoderm 1 ), .">. dem primären Entoderm. Bei dem Kaninchen bildet sich die Deckschicht vielleicht zurück; bei anderen Nagern, dem Meerschweinchen, der Gattung Mus. endlich bei zwei Arten der Gattung Ärvicula erfährt aber ein Teil dieser Deckschicht keine Rückbildung, sondern im Gegenteil eine sehr bedeutende Entwickelung zu einer kugelig oder kegelförmig gestalteten Zellmasse, welche nach innen, gegen den Mittelpunkl der Keimblase vordringt. Bischoff hat dies (iebilde mit dem Namen Zapfen belegt. Selenka nennt es Träger. Ektoderm und Entoderm erhalten dadurch eine so schwierig erkennbare Lagerung, dass man lange Zeit drr Meinung war. die beiden primären Keimblätter lägen umge


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Fig. 39. Käninchenkeiniblase, 10 mal rergr., unten rechts in nat. Grösse dargestellt. Wir in der Figur, so ist sie auch im Leben ans in einander liegenden Schalen hergestellt. Die äusserste heissl Prochorion, dann folgt die an- dem Ektoderm hergestellte Keimhaut, dann die Keimhaut des Entoderm; der Fruchthof i-i dir Stelle, an welcher später der Embryo

erscheint.


kehrt (Reichert) also in der Weise, dass das äussere Keimblatt innen liege, und das innere aussen. Die angebliche Blätterumkehr ..Inversion- i,,,. bei den erwähnten Nagern hat die Embryologen lange beschäftigt, weil diese Erscheinung im grellsten Widerspruche mit den ßildungsgesetzen stand. Die Aufklärung dieser widerspruchsvollen Anordnung ist mit den 1 Hilfsmitteln der fortgeschrittenen Technik vollkommen gelungen. Eine Umkehr der Keimblätter findet nicht statt. Die jüngsten Keimblasen dieser Nager gleichen in ihrem Bau anfangs denen aller anderen Säuger; dann treten sie unter dem Einfluss des Trägers in jene sonderbare Entwickelungsphase, wobei Ektoderm und Entoderm gegen den Mittelpunkl der Keimblase vorgewölbt werden, und das Entoderm das Ektoderm

') Für die Untersuchung dieser ersten Stufen ist das Kaninchen zwar ein bequemes, doch kein günstiges Objekt. Das Ektoderm ist our einschichtig.



umwächst. Allein die spätere Rolle der Keimblätter, welche sie bei dem Aufbau des Embryo spielen, wird durch diese Verschiebung nicht berührt 1 ).

l-i schon das Auftreten der „Blätterumkehr" und des damit verbundenen ra bei vielen Mäusearteri eine höchsl seltsame Abänderung gegenüber dem Verhalten bei einem verwandten Nager, bei dem Kaninchen, so gilt dies in oichl geringerem Grade von der Thatsache, dass die Raubersche Deckschiehl bei anderen Formen fehlen kann oder wenigstens bisher den Beobachtungen entgangen ist. Es zeigt sich mehr und mehr, dass eine solche Deckschichte bei manchen Säugern vorkomml unter der Form einer äussersten Schichte der Keimblase (beim Igel, bei der Fledermaus [Rhinolophus ferrumequinum] bei Tupaja), die sieh bald vor, bald nach der Bildung des Ektoderms, von dein Embryonalfleck abspaltet. Sie nimmt an der Bildung des Embryokörpers keinen Anteil, sondern wird zur Anheftung der Keimblase

an die CJterusschleimhaut verwendet; es entwickeln sich später zottenartige Wucherungen aus ihr, welche sich über die ganze Oberfläche erstrecken und zur Ernährung des Embryo dienen. Diese Zellen können in ihrer Totalität Trophoblast genannt werden, sie nehmen offenbar von der Uterussehleimhaut Stoffe auf, die sie in das Innere der Keimblase führen. Das erste Auftreten diese- Ektoderm oder dieser Deckschichte ist als annigfach, aber überall spielt eine ansehnlicher Teil der ersten Furchungszellen die nämliche grosse Rolle : sie verbinden den Keimling mit dem Uterus und helfen ihn ernähren; dieses Ektoderm (Trophoblast) i>t während des ganzen intrauterinen Lebens als Epithel der Chorionzotten in bedeutungsvoller Funktion. Was die Entscheidung bei all diesen Vorgängen sehr erschwert, ist >\r\- l 'instand, dass die Furchung und die Bildung < Keimblätter nicht immer zwei deutlich voneinander gesonderte Vorgänge sind, sondern allmählich auseinander hervor gehen, was in dem Wort „entwickeln" gut ausgeprägt ist Bei den Vorbereitungen für die Thätigkeit einer Dampfmaschine sehen wir jeden Akt bei genauer Betrachtung scharf gegliedert: das Entzünden des Feuers, die Erzeugung des Dampfes, das Offnen des Ventils


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Fig. 1". Sagittalschnitt. Menschlicher Embryo der 2. Woche

30 mal vergr. Rekonstruktion nach Mall 2 ). CK Chorion, 4£ Allantois, a, I Keimblase, a.b,a Inversion

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Selenka, a. a. 0. Wiesbaden 1884. 4". »Siehe dort die übrigen Litteraturangaben. — -') Mall, F.. Anat. Anz. Bd. 8. 1893. S. 630.


Keimblase, innerer Hau.

und den ersten Stosa des Kolbens, bei der Entwickelung, wie die der Keimblätterbildung der Säuger, lässl sich kein bestimmter Augenblick nachweist n, wo eben die Entstehung des Ektoderms, die des Entoderms und diejenige der I 1 :schich1 beginnt. Die Suiten gehen nichl nur unvermerkl ineinander über, sondern es herrschl bei diesen Vorgängen im kleinsten Raum ofl ein überraschender Wechsel bei verschiedenen Sinei!-. I);i- Endresultal isi schliesslich das Gleiche, aber jede Gruppe hal ihre eigene Mode sich angewöhnl und es macht grosse Schwierigkeiten, diese Mode zu verstehen, sie richtig zu deuten.

An- Beobachtungen der Keimblasen des Menschen will man vermuten, dass bei ihm auch eine sog. Blättemmkehr vorkomme. Mall li.it einen menschlichen Embryo aus der /weiten Woche untersucht, an welchem eine Art von Inversion bemerkbar war. obwohl ein „Träger" fehlt wie bei der Maus. Die Fig. 40, ein Sagittalschnitt, zeig! die Keimblase mit dem Chorion verbunden durch den Bauchstiel, und aus zwei Zelllagern bestehend, Ekto- und Entoderm. In einiger Entfernung von dein Bauchstiel sind schon Andeutungen von Blutgefässen, also eines Mesoderm. Dicht am Bauchstiel befindet sich eine tiefe Inversion [a, &, > |, deren Wände etwas dicker sind als die der umgebenden Keimblase. Die Dimensionen der verschiedenen Abschnitte sind:

Durchmesser des Bauchstiels in Länge 0.4 nun

Länge der Keimblase 1,5 „

Weite „ „ 1,0 „

Länge der Invagination 0,8 „

Weite „ „ 0,5 „

a) Herkunft des Entoderm und die Gastrulation.

Die linsenförmige Zellmasse des Fruchthofes lässi eine Sonderung in zwei Zellschichten erkennen; nicht bloss die Lage, sondern auch die Beschaffenheit der Zellen isi dabei deutlich verschieden. Solche Verschiedenheiten sind morphologisch wie physiologisch gleich bedeutungsvoll, sie treten in helles Licht, sobald niederstehende Wirbeltierformen und die Herkunft des Entoderm beachtet werden.

Besonders lehrreich sind die Ganoiden. Diese besitzen eine totale Furchung, wobei zwischen den Furchungskugeln , welche das Ektoderm und jenen, welche das Entoderm bilden, ein beträchtlicher unterschied sofort erkennbar ist 1 ). Die letzteren sind durch Grösse und Farbe ausgezeichnet. Auch bei den Amphibien tritt dies sofort hervor. Der Frosch ist hierfür ein klassisches Paradigma geworden. Am dunkeln Pol liegen die Ektoderm-, am hellen Pol die Entodermzellen, der Grund weshalb der dunkle Pol auch der animale, der helle der vegetative genannt wird.

' Salensky, Verhandl. der Naturf. Ges. d. Kais. üniv. Kasan. I878u 1879. Russisch.] Auszug in den Arch. de Und. IM. 2. lSxi. Agassi/.. Alex, Proceed. Ann,. Acad. of Arts and Sc. Vol. 13. 1878, und Balfour, Embryologie. 2. Teil. S. 100


Sehr früh ist der Unterschied auch bei den Säugern, /. B. Opossum miil Maulwurf, nachzuweisen. Nach der Furchung erscheinen in den ebenerwähnten Species, also sofort, einige Furchungskugeln dazu bestimmt, Entoderm zu bilden, sie sind dafür besonders geformt, bald durch Grösse, Farbe oder durch Lagerung, oft auch durch alle diese Eigenschaften zusammen als Entodermzellen ausgezeichnet.

Bei Wirbellosen und vielen niederen Wirbeltieren entsteht das Entoderm aber nicht als gesonderte Anlage wie in Fig. o7. sondern durch [nvagination. Das aus einer einfachen Zellenlage bestehende Bläschen, Blastula oder Blastosphäre (Fig. 44), stülpt sich nämlich am vegetativen Pole ein (Fig. 41), Ins sich die Zellenreihen berühren (Fig. 42). Die nunmehr äussere Lage heisst Ektoderm, die eingestülpte, jetzt innere Zellenlage, heisst Entoderm. Die bogenförmige dazwischen liegende Höhle, von einer einfachen Wand begrenzt, ist die Furchungshöhle. welche bei weiterer Imagination eine Spalte wird. Die neue

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Fig. 41. Beginn der Invagination bei A.mphioxus. Nach Hatschek.

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Höhle, welche durch die Einstülpung hergestellt und von Entoderm ausgekleidet wurde, heisst Urdarmhöhle, Coelenterom (auch Gastralhöhle), (Fig. 42). Die Wände derselben umschliessen den Urdarm, die einfachste und erste Form einer verdauenden Darmanlage hei einem Wirheitier. Die Urdarmhöhle öffnet sich nach aussen durch den l'rmund. Prostoma (Protostoma, ozöfia Mund). Die Begrenzung heisst der I riii und r and oder Urmundlippe.

Was diese Entwickelungsstufe eines Wirheitieres so beachtenswert macht, ist der Umstand, dass das Wesen bei dieser einfachen Organisation lebt und sich bewegt. Die Amphioxuslarve schwimmt im Meer mit Hülfe von Flimmerhaaren auf den Ektodermzellen und verdaut mit Hülfe der Entodermzellen in der Urdarmhöhle. Es giebt Tausende solcher Larven von Wirbellosen, mit Ekto- und Entoderm, mit Bewegungsfähigkeit durch Flimmerepithel und mit verdauender Kraft durch die entodermale, invaginierte Zellenschichte. Diese zahllosen Larvenformen werden unter


der Bezeichnung (Becherlarven wegen ihrer Form), oder der Darmla rven (Gastrulae) zusammengefasst.

Dir Darmlarven stellen eine weitverbreitete Entwickelungsstufe der GastraeaTiere dar. Alle Metazoen (Tiere mit drei Keimblättern) gehen durch die ,I "'" IH Entwickelungsstufen dei' zweiblättrigen Gastrula hindurch, um zu höherer Ausbildung zu gelangen. Der Durchgangsprozess i-t oft bis zur UnkenntLichkeil verwischt, namentlich bei den Eiern mit Nahrungsdotter oder bei solchen, die von Vorfahren abstammen, welche einsl dotterreiche Eier besassen, wie die Säuger, allein einzelne Zeichen sind stets erhalten. Von Haeckel stammt die Thesis, dass alle Metazoen durch 'ine Gastrulastufe hindurchgehen, dass die Becherlarve also eine alle Entwickelungsform tierischer Gestaltung überhaupt darstelle. Diese Theorie heissi Gastraeatheorie. Die [nvagination liefert nicht allein eine Durchgangsform für die Körperbildung, also ein morphologisch bedeutungsvolles Zeugnis gemeinsamer Organisation, sondern auch physiologische Organe von weitreichender Bedeutung: das Ektoderm isl schützende und empfindende Hülle, das Entoderm die eiste Form des verdauenden, des resorbierenden Darmrohre-.


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Fig. 42. Amphioxualarve mit zwei Keimblättern nach der Invagination. Nach Hatschek.

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Auch der 

ürmund, als Ein- und Ausgangsöffnung zu dem primitiven Darmrohr, i-t zu beachten. Bei vielen Wirbellosen (.Mollusken mit Ausnahme der Cephalopoden, hei Chaetopoden und Insekten wird er zu dem bleibenden Mund! Bei den Wirbeltieren, die hier vorzugsweise in Betrachl kommen, i-t der l'rmund mei-r ein vergängliches Gebilde, das noch einige Zeit persistiert. Jedoch kann er auch, wie bei einigen Fischen und Amphibien, in die Afteröffnung verwandeil werden. Die Stelle der [nvagination ist hei allen Eiern der letzterwähnten Klassen, welche totale Furchung aufweisen, oft schon mit freiem Auge zu sehen. Bei dem Frosch i-t die Stelle längst bekannt unter dem Namen des Rusc oni'schen Alters 1 ). Der Urmund, auch Blastoporus, dort neuerdings genannt, isl von einem Pfropf heller Dotterzellen ausgefüllt und deshalb leicht kenntlich. In den bleibenden Allel- gehl '1er Blastoporus über: unter den Fischen hei Ceratodus (Caldwell); hei Petromyzon


++++ ') Kusconi. Arzt in L'avia. f 1849.


(Shipley, Kupffer); unter Amphibien bei der Geburtshelferkröte (Gasse r); bei Rana temporaria (Spencer, Bald.); bei Triton cristatus (Sedgwick) ; Axolotl Duval) u. s. w. Die Bedeutung dieser auffallenden Thatsache wird dadurch nicht beeinträchtigt . dass in nahe verwandten Species der Blastoporus nicht zum After wird. Es hängt dies zunächst wohl von der Lage des Blastoporus ab. Afterbildung geht aus ihm hervor, sobald sich die Medullarplatte vor dem Blastoporus schliessl (Kupffer).

Es wurde schon angedeutet, dass die Form der Invagination grossem Wechsel unterworfen sei. Es sollen hier nur zwei extreme Formen erwähnt werden, welche für die Säuger gleich grosses Interesse besitzen: Leptogastrulae 1 ) sind Formen, deren beide Keimblätter einfache, einschichtige Epithelien sind und deren Körper nach abgelaufener Furchung keinerlei andere Elemente enthält, weder Reste von unreifen Bildungszellen, noch Reste von ungefurchtem Eiprotoplasma (wie Fig. 42). Paehygastrutae 2 ) sind dagegen alle jene Gastrulaformen, bei welchen eines der beiden primären Keimblätter oder beide gleich, von Anfang an mehrschichtig sind, oder bei denen ein Rest von Furchungszellen

neben oder zwischen den primären Keimblättern übrig bleibt, oder endlich unverbrauchtes Ei-Protoplasma sich nachträglich furcht, sog. N a c h fu r c h ung. Diese dicken Gastrulaformen (Fig. 43) kommen als platte Scheiben in vielen Varianten, besonders deutlich bei den für das Verständnis der Säugetierentwickelung so wertvollen Selachiern vor, dann bei vielen Knochentischen, den Reptilien und Vögeln 3 ). Inwiefern auch noch Säugetiere Spuren der Gastrulation zeigen, kann erst später besprochen werden.

Bei der grossen Bedeutung der Gastrulation für die Entstehung <\<-> Entoderm soll der Vorgang noch durch einen Vergleich klar gelegt werden. Mau nehme einen kleinen Gummiball, nicht von der aufblasbaren Sorte, auch nicht einen soliden, sondern einen von jener Art, die ungefähr l(i cm Durchmesser und auf einer Seite ein kleines Loch haben, durch welches, wenn er zusammengedrückt wird, die Luft entweichen kann. Nun denke man -ich. da— seine Wandung statt aus Kautschuk aus lauter kleinen


++++ Fig. 43. Blastosphäre von Triton taeniatus. Nach < ». Eertwig.

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i) P.irrrnc, dünn. — 2) na%vg, dick. - ; Kowalewsky, A.. Arch. f. raikr. Anat Bd. 7. 1871. Bd. 13 1-77. 'im Bd. 13 die Arbeit aber Ampbioxus lanceolatus. Hatschek, Arb. zool. [nst. Univ. Wien. 4. Bd. 1881. Haeckel, Jenaische Zeitsehr. f. Naturwiss. Bd. 18. I8i


Keimblase, innerer Hau.

Zellen bestehe, die durch gegenseitigen Druck eine vieleckige Gestall angenommen haben und miteinander verbunden sind. Damit haben wir ein gutes Abbild des bläschenförmigen Embryos wie in Fig. 44. Nun drücke man mit dem Finger die eine Seite des Balles ein, bis sie die gegenüberliegende berühr! , wodurch eine Art Becher oder Schale entsteht. Dieser Vorgang vertritt uns den Prozess der Invagination. Nur muss man sich noch vorstellen, dass durch Weiterführung desselben der halbkugelige Becher sich sehr stark vertiefe und seine Öffnung sich verenge, bis der Becher zu einem Sack geworden ist, dessen eingestülpte Wandung überall mit der Aussenwand in Berührung steht. Dies stellt dann die zweischichtige „Gastrula" dar (Fig. 42), die einfachste Vorfahrengestalt der Metazoen: eine Form, die durch einige sehr niedrig stehende Klassen derselben dauernd repräsentiert ist, denn es brauchen bloss noch Tentakel oder Fangarme rings um die Mündung des Sackes hervorzusprossen und wir haben die gewöhnliehe Hydra vor uns 1 ). Hier ist jedoch vor allem die Thatsache zu beachten, dass von diesen beiden Schichten che äussere , die in der embryologischen Sprache das E k t o d e r m heisst, fortan ununterbrochen den direkten Verkehr mit den Kräften und Stoffen der Aussenwelt fortführt, während die innere, das sogenannte Entoderm, nur mit solchen Stoffen in Berührung kommt, welche in die von ihm ausgekleidete Nahrungshöhle hineingelangen. Jetzt können wir die bedeutsamen Thatsachen, für welche die vorstehende Beschreibung nur die notwendige Einleitung bilden sollte, kurz anführen. Aus dem äusseren Keimblatt entwickelt sich bei dem Amphioxus wie bei allen Metazoen auch den Säugern und dem Menschen die bleibende Epidermis und alle ihre Auswüchse, so mannigfaltig sie auch sein mögen, ferner das Nervensystem und die Sinnesorgane; das Ektoderm vermittelt also die Beziehungen zur Aussenwelt. Aus der eingestülpten Schichte, dem Entoderm, entwickelt sich die resorbierende Zellen schichte des Nahrungskanales und jene Teile der an ihm hängenden Organe: Leber, Bauch Speicheldrüse, sofern sie aus Zellen bestehen. Diese Schichte dient der Ernährung im weitesten Sinne und diese Regel bleibt durch das ganze Reich der Metazoen unverändert in Wirksamkeit (Huxley).

Der Vorgang der Invagination erhält zwar zahlreiche Abänderungen. So gross dieselben aber auch sein mögen, stets sind schon bei dem ersten Auftreten der primären Keimblätter die oben geschilderten Rollen verteilt. Das Ektoderm liefert die Hautgebilde, das Entoderm die inneren resorbierenden Zellenlager — überall bei allen Formen. Auf Grund der zahlreichen Erfahrungen aus der Entwickelungsgeschichte der Säuger und den Erfahrungen, die sich auf alle Tierklassen erstrecken. darf also bestimmt ausgesprochen werden, dass auch die menschliche Entwickelung in dieser Hinsicht der allgemein giltigen Regel unterworfen ist, obwohl noch niemand den zweiblätterigen Zustand des menschlichen Fruchthofes gesehen hat. Auch bei ihm ist mit dem Erscheinen der beiden Keimblätter über die ganze weittragende Zukunft der Zellen des äusseren und inneren Keimblattes entschieden.


1) Fast in allen Kreisen der Wirbellosen tritt che zweischichtige Gastrula als junge freilebende Larve auf und im Coelenteratenkreise steht sie seihst dem ausgebildeten fortpflanzungsfähigon Formzustand nahe.


Der Prozess der Gastrulation wurde von Haeckel erkannt, in einer Reihe von Schriften beschrieben und nach allen Seiten ausgeführt Er hal die Bedeutung für die Ontogenie, für die Stammesgeschichte der Tiere, für die Keimblattlehre und für die Histologie unter dem Namen der Gastraeatheorie zusammengefasst. Die unten citierte Arbeit *) enthält eine treffende Übersicht und manche Änderungen gegenüber der ersten Darstellung. E. Ray Lankester i-i unabhängig zu verwandten Anschauungen geführt worden-), und hat ebenfalls die Tragweite der Keimblätter für die geneologische Klassifikation der Tiere ausgesprochen.

1»> Urkeimblatt, Blastos phäre und Keimblase, Homologie der primären

Keimblätter.

Die Entwickelung mancher Wirbelloser und vieler Wirbeltiere beginnt nacb der Furchung mit nur einem einzigen Keimblatt. Nach Alilauf der Furchung geht aus der Aufreihung der Furchungszellen zunächst nur ein Keimblatt hervor, das Urkeimblatt oder das UrBlastoderm, Es umschliesst mit einer einlachen Zellenlage eine kugelförmige Blase, Blastosphäre; der Hohlraum derselben heisst die Furchungshöhle. Sie ist mit Flüssigkeit gefüllt, mit der Urlympbe (Fig. 44). Das Urkeimblatt begrenzt das embryonale Wesen. Aus seinen /eilen gehen später alle anderen tierischen Gewebe hervor. Physiologisch betrachtet, sind in diesen ersten Zellen alle verwickelten Funktionen des späteren Organismus noch vereinigt. Für alle Gewebe, welche z. B. der Leib der Lanzettfischchen später zeigt, sind die Zellen der Blastosphäre der Ausgangspunkt.

Die eben bezeichneten Merkmale des Urkeimblattes sind in ihrer typischen Form bei: Polypen, Medusen, vielen Würmern, einzelnen Echinodermen und unter den Wirbeltieren bei dem Amphioxus erhalten. Bei <h-n Craniaten wird das Urkeimblatt aber mannigfach abgeändert. Unter den Fischen zeigen zwar die Ganoiden (Acipenser) wie die Amphibien noch eine einfache Blastosphäre und eine Furchungshöhle (Fig. 43). Allein sobald Nahrungsdotter vorkommt, wird die Kugelform abgeflacht und «las Urkeimblatt erscheint in Form eines linsenförmigen Zellenhaufens, so bei den Knorpelfischen, vielen Knochenfischen, den Reptilien und Vögeln. Das Urkeimblatt umspannt unter solchen Umständen auch

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' Ilaeckel. E.. Jenaische Zeitscbr. f. Naturwiss. Bd. 11. S. 78. 1877. Bd. 18. 1884. *i Anthropogenie. 3 Aufl. 1877. E. Ray-Lankester, Annais and Mag. \'at. Ili-t. Vol. 11. p. 321. 1^7:; Eierher gehören auch die Arbeiten Huxleys, der die Bedeutung und weite Verbreitung der Gastrulation sofort anerkannt und erweitert hat Quat Journ. of micr Sc. Vol 15. l v 7". . Durch 'ine Weihe von Untersuchungen ist die Existenz der Gastrula bei allen Wirbeltierklassen nachgewiesen wurden IIa über, E. v Beneden, hup Her. Selenka, Grotte, Scott, II atachek und ßabl u. a. . Bei den zahlreichen Varianten der Gastrulation bestehen freilich noch manche Meinungsverschiedenheiten aber untergeordnete Punkte, aber die Hauptpunkte stehen fest: erstens die frühe morphologische und funktionelle Anlage der primären Keimblätter und zweitens die phylogenetische Bedeutung des ganzen Vorganges.


Keimblase, innerer Bau.


keinen kugeligen Raum mehr, sondern überbrückt uur eine schmale schalenförmige Vertiefung zwischen ihm und dem Dotter. Die Spuren einer allgemein herrschenden Regel sind zwar bei den dotterreichen Eiern etwas verwischt, aber doch noch wohl erkennbar, sobald man die wesentlichen Merkmale ins Auge fasst; nämlich ein Keimblatt, Furchungshöhle und Urlymphe.

Bei den Säugern und dem Menschen sind die Abänderungen noch bedeutender geworden, weil der Nahrungsdotter, der ursprünglich bei den ürsäugern vorhanden war. im Laut'*- der Zeit wieder beseitig! wurde. Das dotterreiche Ei der ältesten Säuger, wie z. B. das von Echidna, wurde nämlich bei den höheren Formen in ein kleines nur l h — "'h nun nifSM-ndes. kugeliges, dot t e ra im e s Ei umgewandelt. Mit der Ernährung durch die Schleimhaut dc> Uterus war Nahrungsdotter, wie ihn dir Eier der Monotremen noch besitzen, überflüssig geworden.

Bei den Säugern und dem Menschen entsteht zwar aus den Furchungskugeln auch eine Hohlkugel, von einer einlachen Zellenschichte begrenzt i Fig. 4.")i. allein weder die Kugel an sich. noch das Urkeimblatt dürren mit denen des Amphioxus und der niederen Tiere direkt als gleichwertig (homolog) angesehen werden, wie sich später deutlich zeigen wird. I in jedes Missverständnis zu beseitigen, heisst deshalb bei den Säugern die aus den Furchungskugeln hervorgegangene K u gel : Keimblase, Vesicula blastodermica, und der Hohlraum: Höhle der Keimblase (Fig. 45). Hie in der Höhle befindliche lymphähnlichc Flüssigkeit kann den Namen Urlymphe beibehalten.

Die Keimblase der Säuger (Vesicula blastodermica) besitzt: 1. eine Eiweishülle, Zona pellucida (siehe Seite 36), 2. eine die Eohlkugel begrenzende Zellenschichte, Prochorion, 3. einen Haufen von Eurchungskugeln, welche als Embryonalfleck dicht beisammen liegen (Fig. 45). Dieser Embryonalfleck, Ihm auffallendem Licht als heller Fleck schon bei ganz schwacher Vergrösserung erkennbar, enthält für die Zukunft des Wesens die wertvollste Menge von Furchungskugeln. Man hat diesen Zellenhaufen deshalb bis jetzt bei allen untersuchten Säugerordnungen gefunden, bei den Beuteltieren, Nagern, Wiederkäuern, Insektivoren und


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Fig. 44. vom Lanzettfischchen Amphioxus). Nach II ai sehek. ++++


Karnivoren. Bei einem menschlichen Ei ist diese Entwickelungstufe zwar noch nicht genauer beobachtet, allein alle Erfahrungen sprechen dafür, dass der Embryonalfleck einst bei dem Menschen ebenso gefunden werden wird, wie er in Figg. L8 und 4f> erscheint. 4. Im Inneren der Keimblase findet sich eine helle klare Lymphe, ..l'rlvmphe".

Vom Menschen i-i noch keine Keimblase aus dieser Entwickelungsstufe gesehen worden. I >as Ei Kndel sich um diese Zeit wohl noch in dem Eileiter. Bei günstiger Gelegenheit, um den achten Tag nach der Konzeption, müssten also die Eileiter zuerst untersucht werden und zwar am besten dadurch, dass sie nach dem Lospräparieren in kleine Stücke geschnitten, fixier! und dann auf Schnitten untersucht werden. Vielleicht verrät sich die Stelle, wo die Keimblase sitzt, durch eine Anschwellung des Eileiters. Ist die Stelle, wo sich das Ei befindet, schon äusserlich durch eine Anschwellung des Eileiters kenntlich, so i-i es am besten, diesen Abschnitt im ganzen zu erhärten und dann nach der Einbettung im Paraffin in Serienschnitte zu zerlegen. Hat die Keimblase die Eileiter schon passiert, dann nniss die Uterusschleimhaut durchsucht werden.


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Fig. 45.

Kaninchenei. Nach E. v. Beneden, f >ie Keimblase ist grösser geworden :il> in Fig. 1'

die Eihülle jedoch sehr dünn : im optischen Durchschnitt gesellen. ++++


Auf Grund der bisherigen Beobachtungen darf man erwarten, die menschliche Keimblase verhalte sich in ihrem prinzipiellen Aulhau ebenso wie die der obenerwähnten Säuger, abgesehen wohl von kleinen Abänderungen, denn Varianten sind ja innerhalb der Säuger viele bekannt. Sie betreffen .-die einzelnen Merkmale der Keimblase und beziehen sich auf Grösse, Färbung, Durchsichtigkeitsgrad der Furchungskugebi u. s. w.

Die oben erwähnten Eigenschaften der Säugetier-Keimblase haben schon Baer und Burdach beschrieben. Der Embryonalfleck (Co ste) wurde von ihnen Keimhügel genannt. Siehe z. B. die Arbeiten von Tb. Bischoff a, a. ( ). I-I. v. Beneden, Archives de Biologie Vol. L, 1880. Den Unterschied zwischen Blastosphäre und Keimblase hat in der neuesten Zeit E. Haeckel am schärfsten betont .Jenaische Zeitschr. IM. 18. 1884.

Das Urkeimblatt der Wirbeltiere (Fig. 44), das die Blastosphäre formt, ist im allgemeinen gleichwertig oder homolog mit dem Urkeimblatt der Wirbellosen, es ist das erste embryonale Organ aller Metazoen.


Keimblase, innerer Bau. 95

Die Art der Entstehung aus den Furchungszellen, die Bildung der Blastosphäre, sei dieselbe nun eine Hohlkugel oder eine Hohlscheibe, die Lage an der Oberfläche, alle diese morphologischen Zeichen sind übereinstimmender Art. Dazu kommt noch die wichtige funktionelle Seite: in dem Urkeimblatl ruht, wenn auch ersl unvollkommen differenziert, die äusserste Zellschicht des Körpers. Mag auch die Mannigfaltigkeit der Produkte des Ektoderm unendlich sein für Wasser- und für Landtiere, für bepanzerte und unbepanzerte, mit Chitin bedeckte oder Chitinlose, das Urkeimblatt enthält doch diejenigen Zellen, oft schon schart' erkennbar, deren Abkömmlinge der Aussenwelt zugekehrt bleiben. Man kann, wie oben hervorgehoben wurde, die Blastophäre der niederen Tierformen mit der Keimblase der Säuger und des Menschen nicht homologisieren; aber sobald auf der Keimscheibe der Säugetiere einmal das äussere Keimblatt deutlich erkennbar geworden, ist auch zwischen diesem primären Organ der Säuger und demjenigen der übrigen Tierwelt eine allgemeine Gleichwertigkeit vorhanden. - Nach der Entstehung des inneren Keimblattes besteht eine allgemeine Homologie zwischen den beiden primären Fundamentalorganen aller Tiere. Das Entoderm erweist sich als die verdauende und resorbierende Schichte bei allen Metazoen. Ob es nun überall durch Invagination entsteht oder nicht, giebt keinen Grund, die Bedeutung der Erkenntnis abzuschwächen, das- das innere Keimblatt aus den Abkömmlingen jener Zellen hervorgeht, welche im Darmrohr atmen, absondern, verdauen, resorbieren und sich bewegen. Mit der fortschreitenden Differenzierung teilen sich die Zellen des Entoderm in einzelne Gruppen mit Verrichtungen ganz besonderer Art. Jene des respiratorischen Apparates übernehmen andere Funktionen als jene des Darmkanales, darin besteht eben erhöhte Entwickelung. Allein alle diese Kräfte, an eine oft sehr verschiedene Form der Zellen gebunden, sind in dem Urentoderm eingeschlossen, ja ihre spätere morphologische und funktionelle Verschiedenheit ist oft schon an den Furchungskugeln erkennbar, aus denen das Entoderm hervorgeht.

Das Gewicht dieser Thatsachen ist so gross, dass die allgemeine Homologie des Entoderm der Metazoen heute als unanfechtbar gelten darf, ebenso gut wie die allgemeine Gleichwertigkeit der Zelle und des Kernes.

Bei den Amnioten ist die Gastrulation bedeutend abgeändert, so dass man sie lange Zeit als solche gar nicht erkannte. In Wirklichkeit sind nur ihre äusseren Merkmale vorhanden wie bei dem Menschen (Fig. 31); die Bildung des Entoderm ist aber unabhängig von jeder Gastrulation. Dieses ganze Verhalten kann erst erörtert werden, nachdem die Natur {\l-s Primitivstreifens bekannt ist.


im; Keimesgesohichte.

Neben dem obenbesprocheneii Modus der Keimblätterbildung giebl es 1. noch die sogenannte Einwanderung (Immigration). Furchungszellen wandern von der äusseren Zellschichl aus in die Furchungshöhle; 2. die Abspaltung (Delamination). Alle diese Abarten führen zu demselben Ziel, zur Bildung zweier Keimblätter.

c) Die Fundamentalorgane.

Fundaments lorgane 1 ) beissen jene embryonalen ( Organe, welche mehreren Tierstämmen gemeinsam sind, wie die Keimblätter, die Chorda, die ürwirbel, das Nerven- und Darmrohr, der exkretorische Apparat und die Cölomsäcke oder Körperhöhlen. Diese Organe stellen ein gemeinsames Erbe dar, deuten auf die nämlichen Vorgänge bei der Organisation und erscheinen als das Fundament der höheren Organismen überhaupt und besonders der Wirbeltiere. Die vergleichende Anatomie kann diesen Ausdruck gleichfalls verwenden, ebenso wie die Geschichte der Funktionen, welche diesen Organen zukommt. Unter den Fundamentalorganen giebl es aber solche, die bei der Entwickelung aller Metazoen wiederkehren. Es sind dies die beiden eisten Keimblätter: Ektoderm und Entoderm. Das Werden aller Metazoen Ins hinauf zum Menschen isl an das Entstehen dieser beiden Keimblätter geknüpft. Fundamentalorgane, welche keine solche universelle Verbreitung haben, jedoch noch bei einigen Tierstämmen vorkommen, sind das mittlere Keimblatt, Mesoderm und die beiden durch Spaltung aus ihm hervorgehenden Keimblätter, welche als parietales und viscerales lilatt des Mesoderm bezeichnet werden. Mit dem Auftreten des mittleren Keimblattes entstehen neue morphologische Merkmale und damit neue Funktionen.

Ursprünglich konnten aus den beiden primären Keimblättern Muskeln, Bindesubstanzen und Fortpflanzungszellen hervorgehen, wie noch heute. bei Hydra, unserem Süsswasserporyperu Mit der höheren Organisation verloren aber die beiden primitiven Fundamentalorgane diese Fähigkeiten, sie gingen auf das Mesoderm über. IVi den Wirbeltieren entstehen Muskeln, Bindesubstanzen und Fortpflanzungszellen nur ans dem mittleren Keimblatt

Die Art und Weise, wie das Mesoderm entstellt, ist nach Umfang, Inhalt und Produkt nicht in allen Tierstämmen gleich. Unerbittliche Regel für höhere Entwickelung isl nur die Entstehung eines Mesoderm. Was die Entstehungsar t betrifft, so herrscht grosse Mannigfaltigkeit. Selbst im Wirbeltierstamm herrscht, soviel bis jetzt bekannt i-t , keine Übereinstimmung in dieser Hinsicht,

IV. Primitivstreif und Canalis neurentericus.

Der Primitivstreif en, die Primitivrinne und der Ganalis neurentericus.

Der Primitivstreifen ist eine axiale Verdickung, die im Fruchthof auftritt, ihren Anfang hinten an der Keimhaut nimmt und ge


J) Dieser Ausdruck stammt von C. E. v. Baer, Entwickelungsgeschichte der Tiere. S. 164 Dieser bezeichnende und unentbehrliche Begriff ist hier in weiterem sinne verwendet. Dort war er nur für die Keimblätter in Anwendung gebracht.


streckt bis gegen den vorderen Rand hin verläuft. Auf der Höhe der Entwicklung reicht der Primitivstreifen bis über die Mitte des Fruchthofes hinaus (Fig. 46). Die bisher untersuchten Säuger zeigen in der Hauptsache übereinstimmendes Verhalten (Kaninchen, Meerschweinchen, Schaf, Schwein), ebenso die Vögel. An dem

hinteren linde des Streifens findet eine sichelförmige Verbreiterung statt, der eine knopfartige Anschwellung, der sog. Endknopf, voraufgeht. Der

Streif erhält also dort später die form eines Ankers oder einer Sichel (Fig. 46), wobei stets zu beachten ist, dass der mittlere Streifen als axiale Verdickung, die beiden bogenförmigen Schenkel als Randverdickungen auftreten 1 ). Dieses Verhalten ist bei den Amnioten zwar ausserordentlich schwer bei äusserer Betrachtung zu


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Fig. 46. Keimscheibe eines Hühnereies in den ersten

Stunden der Bebrütang. Nach Koller

aus II ert wig. ++++

++++ Fig. 47. Fruchthof vom Kaninchen. Von der Keimblase Losgeschnitten, auf dunkelm Hintergrund

liegend.

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erkennen (Fig. 47), aber doch unzweifelhaft festgestellt, namentlich seit

die Flächenbilder mit den Bildern der Schnittserien verglichen wurden.

In weiterer Ausbildung verdoppelt sich der Primitivstreifen

in seinem axialen Abschnitt. Es treten zwei parallelverlaufende „Pri

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1 ) Die Randverdickungen sind bei dem Hühnchen als Sichel bezeichnet worden, deren Rand sich durch eine feine Rinne nach hinten von der übrigen Keimhaut abgrenzt. Koller, Sitzungsber. Wiener Akad. 1879 und Arch. f. mikr. Anat. Bd. 20. 1881. Duval, Ann. Sc. nat. Zool. Paris. Tom. 18. 1884.

Kollmann, Entwickelungsgeschiehte. 7 ++++


mitivwülste" auf, getrennt durch eine Rinne; das Licht geht 8 durch die verdünnte Stelle der Rinne mehr hindurch bei der Betrachtung mit durchfallendem Licht, sie erscheint hell /wischen zwei dunkleren ifen Fig. 47). Am vorderen Ende der Rinne befindet sich eine Verdickung, der Hensensche Knoten. Er schliesst die Rinne bogenförmig ah. ■ Von ihm aus wächst bald der soe. Kopffortsatz noch eine Strecke weit der Achse der Keimhaut entlang gegen den vorderen Umfang hin, ohne ihn jedoch zu erreichen. An der vorderen Grenze der Primitivrinne entsteht später ein Loch, das bei einigen Tierformen gerade, bei anderen schief bis in das Innere der Keimblase hineinführt; der so entstandene kurze Kanal heisst: Canalis neur ente ricus. Diese Eigenschaften des Primitivstreifens, die bisher nur an Tieren beobachtet wurden, sind jetzt endlieh auch an dem Menschenfruchthof gesehen worden. Bei dem von Spee untersuchten menschlichen Embryo noch ohne Urwirbel, dessen Keimscheibe 1,54 mm lang und 0.74 im Mittel breit war (Fig. 31), betrug die Länge der Primitivwülste etwa 0.4 mm, dazwischen eine Rinne, Primitivrinne; die Wülste laufen hinten auseinander, verhalten sich also ähnlich wie jene der obenerwähnten Amnioten. An dem vorderen Ende der Primitivrinne befindet sich ein rundes Loch, das in das Innere der Keimblase, auf späterer Stufe Dottersack genannt, hineinführt. Das ist der Canalis neurentericus des Menschen 1 ).

Eine andere Keimscheibe eines menschlichen Embryo, obwohl sehr mangelhaft erhalten, liess ebenfalls Primitivwülste erkennen (Keibel 2 ). Wir besitzen jetzt zwei Zeugnisse, dass der Mensch dieselbe Anordnung bezüglich des Primitivstreifens und seiner Wachtumsvorgänge aufweist, soweit die prinzipiellen Eigenschaften in Betracht kommen. Dennoch herrscht im Einzelnen bezüglich der ganzen Form ein ansehnlicher Unterschied. Die Primitivrinne ist sehr kurz und die Öffnung des Canalis neurentericus sehr gross. Bei Nagern und Insektivoren ist die Primitivrinne länger und der neuroenterische Kanal verläuft schräg nach vorn. Dennoch sind die Hauptzüge des ganzen Gebildes identisch, z. B. auch der Umstand, dass vor dem Canalis neurentericus ein niedriger Wall sich befindet, der mit dem Hensen'schen Knoten vergleichbar ist. Er begrenzt den vorderen Umfang der Anfangsöffnung des Kanales ebenso, wie dies bei anderen Säugern des Fall ist. Alle diese Bildungen verschwinden später vollkommen; nur in pathologischen Fällen kann der Kanal freilich in stark veränderter Form persistieren, die Primitivrinne sich erweitern und einen grossen Spalt darstellen.


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i) Spee, F., Graf v., Arch. f. Anat. S. 159. 1889. Beobachtungen an einer menschlichen Keimscheibe mit offener Medullarrinne und Canalis neurentericus. — 2) Keibel, Ein sehr junges menschliches Ei. Arch. f. Anat. S. 250. 1Ö90.

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Die bisher geschilderten Flächenbilder der Keimhaut sind im Innern der Keimblätter von folgenden Vorgängen begleitet, die nach dem Verhalten bei dem Kaninchen, das so oft schon untersucht worden ist. geschildert werden sollen. Das erste Auftreten <l«'s Primitivstreifens hinten in der Gegend des Endknopfes zeigl eine Verdickung des Ektoderm um das Dreifache. In den seitlichen Teilen des Fruchthofes misst es nur 10 L3 //. an der dicksten Stelle 37 — 43 ii 1 ). Diese Verdickung isl durch eine Vermehrung der /eilen des Ektoderm entstanden und auf keine andere Herkunft zurückzuführen. Mesoderm rührt an dieser Stelle also von Ektoderm her. denn das Entoderm ist scharf geschieden (Fig. 48). Die neu hinzugekommenen tiefliegenden Zellen haben nicht die regelmässige epitheliale Form und Anordnung wie die oberen, es finden sieh darunter spindelförmige und polygonale, die untereinander durch das Protoplasma des Zellleibes zusammenhängen. Dass die Zellen aus dem Gebiet des Primitivstreifens selbst, also an Ort und Stelle entstehen, /eigen mitotische Figuren. In den vorderen Abschnitten des Fruchthofes verschwindet allmählich die Verdickung der Zellen, deren Zunahme das Auftreten des Primitivstreifens begleitete, die Zellenlage wird immer dünner und reduziert sich endlich auf zwei Reihen, die 11 u


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Fig. 48. Kaninchen-Keimblase. Schnitt durch den Fruchthof an der hintern Grenze des Hensen sch< n Knoten- Nach R a b l.

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dick sind: darunter zieht das Entoderm hinweg in seiner gewöhnlichen Beschaffenheit.

1-1 die Primitivrinne entstanden, so zeigen die Schnitte eine Einsenkung und Verdünnung ('21 (.i) zwischen zwei Erhebungen. Die Erhebungen beruhen auf einer Anhäufung von Zellen, denn die Primitivwülste weisen eine viermal stärkere Schichte auf bis zu 81 fi, aber auch dann dauert die Bildung dc^ .Mesoderm aus dem Ektoderm im Bereich der Achsenplatte noch fort.

In der Gegend des Kopffortsatzes zeigt sich eine dorsale Verdickung von 54 (.t bei 0,15 mm in der Breite und deutliche Scheidung i\<-± Ektoderm, während nunmehr Meso- und Entoderm zusammenhängen, ein Beweis, dass in diesem Gebiet das Entoderm zur Quelle des Mesoderms geworden ist (Rabl). Auch am Hensenschen Knoten beginnt das Auftreten dreier Keimblätter, dort ist einer der Hauptherde des


i) v. Kölliker, Über die Entwickelung der Keimblätter des Kaninchens. Festschrift. 4°. Leipzig 1882.

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UrmnndLippen.


mittleren Keimblattes aus dem Ektoderm. Herstellung des Mesoderra in Form einer „ Achsenplatte u ist also an den Primitivstreifen und seine Verlängerung gebunden.

DerCanalis neurentericus 1 ), als Verbindung des Ektoderm mit dem Entoderm, ist das Produkt einer allmählichen In vagination 8 ). Anfangs isl nur eine seichte Delle vorhanden, die sich senkrecht in Zellmasse des Primitivstreifens einsenkt. Diese Delle vertieft sich

und schlägt die Richtung nach vorne ein. Ihre Wandung ■wird, icli nehme als Modell einen Aninioten. die Schildkröte, von einem hohen Cylinderepithel gebildet, welches, ohne Grenze, mit dem des Ektoderm zusammenhängt (Fig. 49). Besonders lang werden die Cvlinderzellen an der Spitze der Einstülpung, wo auch viele Mitosen zu sehen sind, denn dort entstehen viele neue Zellen, die nach vorn sich wenden und eine Schichte von Mesoderm herstellen. Dort entsteht der „Kopffortsatz". Neu entstandene Zellen häufen sich aber auch an der hinteren Wand an, dehnen sich hinter der Einsenkung zwischen Ekto- und Entoderm aus und bell ingen eine hügelartige Erhebung, den Endknopf, der in seinem Innern aus mesodermalen Zellen besteht. Hier handelt es sich also um eine echte Einstülpung, nicht bloss um ein Auseinanderweichen der Elemente; sie stimmt mit der verwandten Erscheinung der Anamnien, mit der trulation, überein. sie ist anfangs sehüsseltormig wie jene und auch in ihrer Umgebung findet ein Wucherungsprozess statt, der neue mesodermale Zellen liefert, die sich zwischen Ekto- und Entoderm ausbreiten. Wie bei den Anamnien so kann man auch bei den Amnioten an dieser In vagination einen „Urmundrand und Urmundlippen" unterscheiden. Mit dem letzteren Ausdruck wird besonders die vordere Umgrenzung des Randes (vordere Urmundlippe) und seine hintere Um

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Fig. 49.

GastrulatLon der Schildkröten. Sechs aufeinander folgend^ Suiten der Entwickelung des Canalis oeurentericus. Nach Mitsukuri.

++++ I'r.kn. Primitivstreit'. Arche Ornrand, Hd.fd. Kopffalte,

Yk.l'tng Dotterpfropf.


i vevgov Mark, Rückenmark. i'vteQov Darm. — -) Der Prozess der allmählichen Imagination ist nur von den Tieren her bekannt, verläuft bei dem Menschen jedoch wohl ebenso.


Primitivstreif und Canalis neurentericus.


grenzung (hintere Urmundlippe) bezeichnet. Ist. wie bei vielen Formen, der Frmundrand länglich, so liegen eben diese Lippen nicht vorn und hinten wie bei dem Menschen, sondern rechts und links, wie bei dem Kaninchen (Fig. 47) (»der den Vögeln (Fig. 32) und das mag für das Aussehen einer solchen Invagination wichtig und für die Entwickelung der einzelnen Species charakteristisch sein, weil dadurch die Form einer schmalen Spalte entsteht: für das Wesen des Vorganges bei den Anmieten ist jedoch eine runde oder eine längliche Eingangsöffnung gleichgültig. Die Anfangsstnfen der Invagination (Fig. 49. zweiter und dritter Schnitt). vor dem Durchbruch des Entoderms, sind der Grastrula der Anamnien vergleichbar. Hier wie dort werden Ektodermzellen becherförmig eingestülpt. Die kleine Höhle kann deshalb als eine Wiederholung des Urdarms (Gastrula) bezeichnet werden (Fig. 49, Nr. 2 u. 3. Archenteron).

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Fig. 50. Canalis neurentericus des menschlichen Embryo von 2 mm. Nach (.rat Spee.

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Hat der Durchbrach stattgefunden, dann ist bei den Amnioten und auch bei dem Menschen eine Verbindung mit dem Entoderm und damit auch mit dem Dottersack hergestellt (Figg. 49 und 50), denn die Verbindung trifft die dorsale Wand des Dottersackes und diese verwandelt sich in das Darmrohr vermittelst der Darmrinne. Das Ende des ganzen Einstülpungsprozesse- besteht also bei den Amnioten und dem Menschen in der Herstellung einer Verbindung zwischen Ekto- und Entoderm und in einer Neubildung von mesodermalen Zellen, die sich zwischen die beiden primitiven Keimblätter hineindrängen.

Das Gebiet des Primitivstreifens wird später von der Medullarrinne umschlossen und so in das Gebiet des Rückenmarkes einbezogen, dass der Canalis neurentericus in das Bereich des Rumpfes bei dem Fötus und Erwachsenen verschoben wird. Eine bestimmte Stelle lässl sich nicht bezeichnen, weil das Wachstum und die Verschiebung der verschiedenen Punkte noch nicht hinreichend bekannt ist. nur der Ausgangspunkt im Dereich der Primitivrinne ist bekannt.

Per Canalis neurentericus ist bei der Gans durch Gasser gesehen worden. Dann wurde er von Hoffmann, Braun u. A. bei Embryonen mehrerer Vogelarten beobachtet Bei Reptilien fanden ihn Kupffer und Benecke 1878. Bei Säugern isl er nachgewiesen von van Beneden beim Kaninchen und der Fledermaus, von Bonnet beim Schaf, von Heape beim Maulwurf, von Keibel beim Schwein. Die Zeit des Auftreten-; ist nicht bei allen 'Pieren gleich; bei den Wirbellosen und den niederen Wirbeltieren, auch noch bei den Reptilien gehört er zu den eisten Bildungen an der Keimscheibe. Bei den Vögeln, einem Seitenzweig der Reptilien erscheint er spät, erst nach der Anlage einer grösseren Anzahl von ürwirbeln; bei dem Maulwurf von 2 mm Länge, der ebenso schon mir Ürwirbeln und Fovea cardiaca versehenist Beim Mensehen ist er dagegen voll entwickelt, (die noch l'rwirhel auftreten. Wie die Zeil des Auftretens bei den Klassen, Familien und Species variiert, so auch die Grösse: bei den Anamnien weit, hei Amnioten eng. Aher auch hier i-t mancher Wechsel bekannt. Bei dem Huhn ist der Canalis neurentericus klein im Vergleich zu dem des Straussen, der wohl ein Millimeter weit i>t (Mehnert, Anat Kongr. 1895). Die Primitivrinne mit ihren Primitivwülsten und der Canalis neurentericus sind offenbar Bildungen, die in einem innigen Zusammenhang mit einander stehen. Durch die Vergleichung der verschiedenen Klassen der Vertebraten untereinander ist die Ansicht entstanden, dass diese beiden Eigenschaften der Keimhaut der Amnioten ein alte- Erbe sind, das auf die Gastrula der Anamnien zurückgeführt werden um--. Die Imagination, hier von grosser Einfachheit, hat bei der Vererbung auf die Amnioten eine andere komplizierte Form angenommen. Canalis neurenterieu- ist nur ein«' andere Bezeichnung für denselben Vorgang, der bei den Anamnien als Gastrula, als Urmund, Prostoma und als damit verbundene becherförmige Vertiefung bekannt ist. Die zahlreichen Varianten der Gastrula lassen -ich befriedigend durch Vermehrung oder Verminderung de- Nahrungsdotters erklären. Das folgende Raisonnement ergiebt sich auf dem Boden der Thatsachen. Der erste Differenzierungsvorgang, welcher auf die Furchung folgt, besteht in der Sonderung der Zellen in zwei Schichten, das Ektoderm und das Entoderm , wobei zugleich ein doppelwandiger Sack entsteht, entsprechend dem zweischichtigen Zustand (li'r- Organismus bei den Protozoen. Die Art der Entstehung bei dem Amphioxus, dem niedersten Vertebraten, isl aus dem schon Mitgeteilten bekannt. Der Amphioxus hat aber holoblastische 1 ) Eier, welche sich infolge ihres geringen Gehaltes an Nahrungsdotter vollständig furchen. Bei den Selachiern steigt die Menge es Nahrungsdotters so, dass die Furchung zu einer partiellen wird und der grösste Teil des Dotter- ungefurcht verwendet wird (meroblastische 2 ) Kieii. Die Folgen der Zunahme de- Nahrungsdotters machen sich in der ganzen Anlage des Keimes und auch bei der Gastrulation geltend. Der Keim wird scheibenförmig und damit die Gastrula, nicht wie hei dem Amphioxus glockenartig, sondern platt (Discogastrula) ; die Eingangsöffnung ist dann nicht mein- ein runder, sondern ein spaltförmiger Urmund, von zwei Wülsten begrenzt, die vorne geschlossen sind und hinten sichelförmig in den Rand der Keimscheibe übergehen.

Bei den Säugern ist der einst im Ei vorhandene Nahrungsdotter

ihwunden und dabei gleichzeitig der urmund dorsal verlegt worden.

Die Veranlassung zu solchen Änderungen ist noch keineswegs genügend


5Aos ganz furchend). — 2) f,uQog der Teil (nur zum Teil sich furchend).


Primitivstreif und Canalis neurentericus. 103

bekannt und es bedarf noch vieler Forschungen, um die einzelnen Phasen dieses weitverbreiteten Vorganges aufzudecken, aber die allgemeine Homologie der Gastrulae bei verschiedenen Tierformen ist trotz mancher Widersprüche dennoch unverkennbar. Die Formen hei holo- und meroblastischen Eiern zwingen die Invaginationen zu grossem Wechsel, sogar so weit, dass ihre Bedeutung für den Aufhau des Entoderms verloren geht, aher es bleiben andere Übereinstimmungen, die deutlich genug den Zusammenhang erkennen lassen. Die Gastrulation wird schliesslich nur mehr auf wenige äusserliche Zeichen beschränkt, während die inneren Vorgänge für die Herstellung des Entoderms bedeutungslos geworden und lediglich nur noch als ein wertvolle- Symbol der gemeinsamen Organisation in Betracht kommen.

Es zeigt sich auch hier eine Vielseitigkeit, mit der die Natur das Urmund, Thema fast endlos zu variieren vermag. In manchen Formen wird der " After. Urmund direkt zum Mund des Tieres: Medusen, viele Anneliden und einige Mollusken. Bei anderen wird er zum After: Neunaugen: in anderen Fallen schliesst er sich gänzlich und der After entsteht als eine Neubildung: bei allen Amnioten. Bei den Amphibien wird er überdies in einen vorderen und hinteren Porus abgeschnürt: der vordere wird zum After, während der hintere bei Beginn der Bildung des Nervensystems von den Medullarfalten überwachsen und in einen Verbindungskanal zwischen Medullär- und Darmrohr (Canalis neurentericus) umgewandelt wird, welcher sich später schliesst. Bei allen Amnioten, auch dem Menschen, ist jede Beziehung zum After aufgegeben, wie bei dem Amphioxus, dagegen hat man hier wie dort die vorübergehende Verbindung zwischen Nerven- und Darmrohr. Das sind zweifellos enorme Varianten in der Verwendung eines und desselben Gebildes bei den verschiedenen Tieren, wenn daraus bald Mund, bald After, bald keines von beiden hervorgeht, aber diese Varianten sind nicht so gross als jene der Tiere, die aus den Eiern hervorgehen. Wir stehen also bei der Gastrulation vor der großen Variation eines und desselben Gebildes. Die Gastrulation verliert nichts von ihrer allgemeinen Bedeutung, wenn wir auch eine grosse Übereinstimmung in dem Wesen des Vorganges voraussetzen. Haeckel und Kahl sind die Begründer dieser Auffassung, Bütschli (Morphologisches. Jahrbuch. Bd. 9, 1884), Met sc hnikoff (Embryologische Studien an Medusen, Wien 1886, und Zeitschr. f. wissen>ch. Xool.. Bd. 37. 1885) vertreten andere Ansichten. — Wenn wir von dem oben dargelegten Standpunkt aus den Canalis neurentericus der Amnioten betrachten, so sehen wir bei den Reptilien z. 11. ein Gastrulastadium im hinteren Bereich der Keimscheibe in Form einer grubenförmigen Vertiefung des Ektoderm, von deren Wänden eine solide Zellenwucherung (Fig. 41>) ausgeht, die sich gerade nach vorne ausbreitet, wie der Primitivstreifen des Kaninchens, dann aber auch nach


hinten sich bogenförmig ausladet und dorl sich als Sichel bemerkbar macht: Bildungsstätten des Mesoderm, in der Form verschieden, im Wesen gleich. Bei den Vögeln findet sich statt der Grube an der Oberfläche der hinteren Keimscheibenhälfte eine sagittale Rinne, die bekannte Primitivrinne, vom Boden dieser Rinne gehl wie bei den Reptilien ein Canalis neurentericus aus und von den Wänden der lünne eine solide Zellwucherung, die Primitivstreifen und Sichel genannt werden und sich allmählich über den ganzen Dotter ausbreiten: nach allem Vorhergegangenem lediglich eine eigenartige Form der Gastrulation. In ähnlicher Weise liegen die Verhältnisse bei den Säugern und bei dem Menschen. Dann aber ist die Primitivrinne, auch wenn sie nur mehr partiell durchbohrt wird, lediglich eine besondere Abart des Urmundes.

Gasser, Marburger Schriften f. d. ges. Naturwiss. Bd. 11. 1878 und Arch. f. Anal. 1882. — Kupffer, C. v., Zool. Anz. Bd. 2 S. 520, 593, 612. 1879. — Rauber. A., Primitivstreifen und Neurula der Wirbeltiere. Leipzig 1877. — Rauber, A.. Primitivrinne und ürmund. Beiträge zur Entwickelungsgesch. des Hühnchens. 8°. Leipzig 1876. Mit 2 Kupfertaf. — Duval. M., Compt. rend. Soc. de Biol. Paris 1880. — Bellonci. Gr., Mein. 1! Accad. Liucei. Vol. 19. 1884. Roma. — Ryder, J. A., Contrilmtion to the Embryographie of the Blastoporus. Unit. States Fish-Commission. Washington l v -_'. Mir-ukuri. Anat. Anz. 1893; und Journ. of the Coli, of Sc. Japan. Vol. 10. 1896.


V. Chorda dorsalis, Wirbelsaite.

Die Chorda dorsalis stellt bei dem menschlichen Embryo von 5 mm

_■ (3. Woche) einen cylindrischen Zellenstrang dar aus grossen

Chordazellen, freiliegend. Die Chorda hat um diese Zeit noch keine

Scheide, welche die Zellen umsehliesst, keine Lagen einer streifigen Substanz trennen sie von den mesodermalen Zellen, welche spärlich sich in der Umgebung befinden. Sie besitzt bei dem Menschenembryo dasselbe Lageverhältnis wie bei Wirbeltieren, nämlich zwischen Medullarrohr und Darmrohr. Bei menschlichen Embryonen von 10 mm Länge (Ende der 4. Woche) wird die Chorda mit einer strukturlosen Haut (Cuticula bedeckt), wohl eine Ausscheidung der Chordazellen. Wo im Bereich des Rumpfes oder Kopfes dieser cylindrische Strang auf Querschnitten erscheint, hat er die form eines Kreises, gefüllt mit fein granulierten kernhaltigen, polygonalen Zellen. Sie sind ohne Ausläufer, während die Zellen des umgebenden Mesoderm protoplasmatische Ausläufer besitzen und sich dadurch deutlich von den Chordazellen unterscheiden.

Bei menschlichen Embryonen von 17 mm bis 2 cm Kopfsteisslänge


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Fig. 51. Längsschnitt durch <Ii<- Wirbelsäule eines acht Wochen alten menschlichen Embryo in der Brustgegend. Au- Kölliker. ++++


ist eine mesodermatische Chor da scheide 1 ) vorhanden, d. h. eine 10// dicke Schichte, welche die Chordazellen umschliesst. Sie enthält Zellen, die als Chordaepithel bezeichnet werden. Die Chordazellen zeigen jetzt keine bestimmten Konturen mehr. Gegen das Krale d<-> /weiten Monats schwindet die Chordascheide und is1 zu Anfang des vierten Monats his auf unbedeutende Reste beseitigt. Der anfangs cvlindrische (liordastrang bekommt später rosenkranzähnliche Anschwellungen im Bereich derZwischenwirbelränder (Fig. 51) und des Schädels. Diese Anschwellungen treten mit dem Schwund der Chordascheide auf. Im Bereich der Wirbelsäule weisen sie vielleicht auf metamere Herkunft, d.h. sie deuten die Teilstücke noch an. aus denen sich der Wirbeltierleib wie derjenige Wirbelloser aulbaut. Bemerkenswert ist, dass die metameren Zeichen nicht sogleich bei der Anlage, sondern erst später auftauchen, eine Erscheinung, die sich aber an vielen anderen Organen wiederholt. Die weiteren Yerände


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Fig. 52. Chorda und Wirbel. Menschlicher Fötus. 12 cm Lange- fS 1 .. .Monat. Nach Leboucq.

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rungen lassen bei den Säugetieren und dem Menschen drei Stufen unterscheiden:

I. Die Chorda durchzieht ohne Unterbrechung die knorpeligen Wirbelkörper ;

IL Die Chorda zeigt Unterbrechungen entsprechend der Gliederung der Wirbelsäule. Im Innern der Zwischenwirbelbänder, durch welche


1) Unter Chordascheide ist nicht der Knorpelkanal gemeint, der im Bereich der embryonalen Wirbelkörper die Wirbelsaite umschliesst, sondern eine ihr unmittelbar aufliegende, zu ihr direkt gehörige Umhüllung von Zellen und einer cuticularen Scheide, worunter eine im Beginn strukturlose, dünne Membran zu verstehen ist, welche bei weiterer Entwickelung beträchtlich verändert wird. Die Untersuchungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen, doch ist soviel erkannt, dass die cuticulare Scheide eine Ausscheidung des Chordaepithels ist. Bei den Amphibien hat die Chordascheide eine einlache Zellschicht : „Das Chordaepithel". Das vorübergehende Auftreten eines Epithels bei menschlichen Embryonen ist vielleicht aus dem Bau der Chorda bei den niedern Wirbeltieren zu erklären. Sie haben alle, entweder dauernd oder doch längere Zeit hindurch, eine Chordascheide. Im Ligamentum Suspensorium dentis des menschlichen Embryo soll sie sich freilich bis zum 4. Monat erhalten, ebenso in dem Basilare (Michalkovics, Paulis«- h .


llHi


Keimesgeschichte.


i horda


ili.' Chorda, auf dem Weg von einem Wirbel zu dem andern hindurchzieht, entstehen Anschwellungen. Die /eilen der Chorda vermehren sieh an diesen Stellen und sind in der Chordagallerte j dem Nucleus pulposus eingebettet (Fig. 52), bei dem neugeborenen Kinde als Zellenhaufen von i'T — 54/u grossen Zellen. Die /eilen enthalten deutliche Kerne und mit Flüssigkeit gefüllte Vakuolen von 10—27// Grösse. Die Zellenhaufen sind von einer streifigen Bindesubstanz, deren Balken grosse Flüssigkeit führende Bohlräume umschliessen , begrenzt. Diese Bindesubstanz geht ohne bestimmte Grenze in das Gewebe der Zwischenwirbelbänder über (menschliehe Embryonen 5. Monat, Leboucq).

111. Reduktion der Chordareste und zwar vollständige Reduktion in den Wirbelkörpern, partielle Reduktion in den Zwischenwirbelbändern. Die Chordazellen existieren, freilich verändert im Vergleich

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Fig. 53. -12 UrwirbeL Sagittalschnitt, Vorderrumpf. Nach Keibel.

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mit den embryonalen, noch in den /wischenwirbelbändern der Erwachsenen. Aber nicht nur hier, sondern auch in den knorpeligen Teilen der Wirbelsäule erhält sich bei Embryonen die Chorda langer als im Steissbein, imZahn des Drehwirbels und in der Schädelbasis (H. Müller). In dem 1. Intervertebralknorpel eines 38 mm langen menschlichen Fötus fanden sich zwei Chordaanschwellungen (Romiti).


1. Vorderes und hinteres Ende der Chorda. Das Mudere Ende der Chorda bleibt von seiner ersten Anlage her eine Zeitlang mit dem innern Epithel der Rachenhaut in Verbindung (Fig. 53). Einige Zeil nach dem Durchreissen löst sich die Chorda und weicht zurück, während der Vorderkopf gleichzeitig sich verlängert. Sie endet dann frei, oft mit hackenförmig gekrümmtem Ende. Bei manchen Säugern entsteht sogar eine Verbindung des gekrümmten Endes mit dem


Chorda dorsalis.


m:


eigentlichen Chordastab, deutliche Zeichen, dass das Kopfende derChorda sich zurück zieht. Bei menschlichen Kmbryonen von 10 nun Länge befindet sich die Chorda schon weil rückwärts an der hinteren Wand des sogenannten mittleren Schädelbalkens und endigt dort, wo später die knorpelige Sattellehne auftritt (Fig. 54), also hinter der Eypophyse. Der Weg der Chorda von dem Ligamentum Suspensorium dentis bis zur Sella turcica geht dabei durch die Pars basilaris d<'> Hinterhauptbeines und den hinteren Keilbeinkörper, die im embryonalen Zu


Fig. 54. Medianschnitl durch die Schädelbasis eines 2,3 cm langen menschl. Fötus. Anfang 3. JJonats. 24 mal vergr. ,JJach Froriep.


Stande knorpelig sind (Fig. 54). Aber diesen Weg zieht sie nicht gerade, -lindern geschlängelt. Im Occipitale basilare läuft sie erst aufwärts, so dass sie in einzelnen Fällen unter das Perichondrium gelangt, dann wieder abwärts. Bisweilen verlässt sie sogar den Basilarknorpel und verläuft in dem retropliaryn^ealen Bindegewebe, um dicht hinter der Sattellehne wieder einzutreten und hakenartig zu endigen (Fig. 54, weitere Varianten siehe bei Froriep.) Sie ist weder bei Tier- noch Menschen-Embryonen über die Sattellehne hinaus gefunden worden. Auf dieser Thatsache beruht die Einteilung des Schädels in einen


rleimesgeschichte.

chordalen und einen prächordalen Teil. Der chordale Teil wird

auch als vertebraler Abschnitt des Schädels bezeichnet (Gegenbaur).

- '11 damit ausgedrückt werden, dass dieser Teil der Schädelbasis

_ u der Chorda einen Ursprung aus Wirbelkörpern vermuten lässt.

prächordale Abschnitt des Schädels enthält keine Chorda mehr und

damit fehlt offenbar die Berechtigung von seiner Wirbelnatur zu sprechen.

- mit dem Ausdruck: prävertebraler Abschnitt ausgedrückt werden soll. Her prächordale Teil des Schädels fehlt bei der ersten Anlage des Kopfes. Er entwickelt sich erst im Zusammenhang mit dem vorderen Abschnitt des Gehirns, mit den Augen, dem (ieruchsorgan, mit dem Oberkiefer u. s. w. Er entsteht aus dem, vor dem mittleren Schädelbalken, sich ansammelnden Mesoderm und lässt an knorpeligen Teilen das Sphenoidale anterius, die Lamina perpendicularis des Siebbeines, das Septum narium u. s. w. entstellen, all diese Teile stets ohne Chorda. Aul' jener frühen Entwickelungsstufe. auf der das Gehirn nur aus drei Hirnblasen besteht und nur eine Mundbucht existiert, welche die Etachenhaut, aus Ektoderm und Entoderm, von dem Kopfdarm des Embryo abgrenzt, reicht die Chorda bis an das Entoderm heran. Mit der Entwickelung des Gesichtes wird, soweit sich die Vorgänge jetzt überblicken lassen, das Vorderende der Chorda hinter den Türkensattel zurück verlegt. Am hinteren Körperende erstreckt sich die Chorda bis zur Schwanzspitze und zwar in Begleitung des Medullarrohres. Manchmal verzweigt sich ihr Ende. Allgemein wird angenommen, dass sie dort wie das Medullarrohr mit den letzten Kaudalwirbeln der Reduktion anheimfalle. In den drei oberen Sakralwirbelkörpern verschwindet die Chorda schon bei Embryonen von 20 — 22 mm Nackenlänge.

Während das vorderste faule der Chorda bei Säugetierembryomen von 4 — 6 Drwirbeln manche Varianten bietet, die noch nicht völlig aufgeklärt -ind, z. B. die Chordatasche bei dem Oppossum (Selen ka), steht die Existenz eine- chordalen und prächordalen Teils des Schädels fester als je. Es giebt übrigens dafür auch einen Beweis aus der pathologischen Anatomie, nämlich das Vorkommen von Gallertgeschwülsten am Glivus, welche mit krankhaft veränderten embryonalen Resten der Chorda in Zusammenhang stehen (H.Müller, /. tschr. f. Mediz., 3. Reihe, 2. Bd., 1858). Vor dem Türkensattel fehlen solche Geschwülste. Häufig sind j n dem Retropharyngealabschnitt der Chorda Anschwellungen, die hernienartigen Sack,.]! gleichen, welche bald mit bald ohne- Scheide in da- um'_ r ebende Gewebe heraustreten (Fig. 54). Diese Zellenhaufen werden oft von dem eigentlichen Chordastrang abgeschnürt und dann alle oder mir einzelne resorbiert. Der ganze Zusammenhang der Wirbelsaite wird überdies ebenfalls gelöst und bei Embryonen von vier Monaten kann man mehrfache Durchbrechungen der Kontinuität nachweisen. Froriep vermochte 7 — 8 solcher Anschwellungen nachzuweisen. Ob sie für die Segmentierung de- Schädels in Betracht kommen können, ist wiederholt behauptet und verworfen worden.

Die Chorda ist das am meisten charakteristische Organ der Wirbel. selbst jener, denen ein Kopf fehlt, wie dem Amphioxus. Alle ge

boren zu den „Chordaten". Bei den niederen Wirbeltieren: Amphioxus, Selachier und Cyklostomen, entfaltet sie sich zu einem bedeutenden Organ und besteht bei den letzteren auch dann noch fort, wenn sie vom Knorpelgewebe umgeben wird und die Skelettbildung beginnt. Bei den höheren Wirbeltieren und dem Menschen wird sie aber durch die Anlage der Wirbelkörper, welche sie umschliessen, grossenteils vernichtet. Nur in den inten ertebralen Strecken persistiert sie, ja vergrössert sich sogar und lässt schliesslich einen das Innere einnehmenden Körper, den sogenannten Gallertkern, Chordagallerte der Zwischenwirbelbänder, den Nucleus pulposus (Fig. 52), hervorgehen.

2. Subchordaler Strang.

Bei den Fischen und Amphibien erscheint bald nach der Entstehung der Chorda unter ihr eine Verdickung, welche der dorsalen Wand des Darmrohres angehört. Dieser seltsame Strang ist bekannt als subchordaler Strang. Er soll von der nämlichen Länge wie die Chorda und das Darmrohr sein 1 ).

Obwohl bei den Amnioten dieser Strang noch nicht voll entwickelt Dachgewiesen werden konnte, so ist doch wahrscheinlich ein Rudiment noch vorhanden, das Balf our und Marshall auf dem Entoderm des Hühnchens gefunden haben. Einer Angabe Salenskys, dass bei dem Stör der subchordale Strang in das Ligamentum longitudinale anterius der Wirbelsäule übergehe, sind auch die ebenerwähnten englischen Forscher geneigt, sich anzuschliessen. J. B. Sutton will sich davon beim Frosch direkt überzeugt haben.

Der subchordale Strang entsteht ebenfalls aus dem Entoderm. Für die Amphibien siehe : Field, Morph. Jahrb. Bd. 12. 1895. — Stöhr, Ebenda. Bd. 23. 1896.

3. Herkunft der Chorda.

Die Chorda entwickelt sich aus dem Entoderm und zwar in der chordaaxialen Linie des Fruchthofes (Fig. 55). Die Zellen legen sich dann so, dass die Spitzen nach dem Centrum gerichtet sind und die breiten Abschnitte der Zellen samt dem Kern nach aussen liegen. (Figg. 56 und 57). Im Anfang nimmt die Zellenschicht der Chorda noch unmittelbar an der Herstellung des Entoderm teil. Dann aber krümmt sie sich zu einer flachen Rinne zusammen, der Chorda rinne, deren Konkavität dem Darmlumen zugekehrt ist. Man unterscheidet die-<Zellenreihe des Entoderms als Chordaentoderm von dem übrigen Darmentoderm. Die „Chordarinne* vertieft sich bald, die Zellen der beiden Wände le^en sich allmählich aneinander und umschliessen bei vielen chorda . kanal.

Säugern einen Chordakanal. Die so geformte Chorda wird bald von dem Zusammenhang mit dem Darm ausgeschlossen (Fig. 57), was als ..Ausschalten" bezeichnet wird; sie liegt dann zwischen Medullär- und


1 ) Vorkommen bei Elasmobranchiern, Teleostiern, Ganoiden, den Cyklostomen. h. der Lamprette und den Amphibien (Hütte).

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Darmrohr in das Mesoderm eingebettet. In dem vorderen Körperabschnitt tauchen neben ihr die primitiven Aortae descendentes auf (siehe die Figg. 56 und f>7. His hinauf zu den Vögeln ist die Chorda in den ersten Entwickelungsstufen ein ansehnlicher Strang, bei den Säugetieren hat sie dagegen ein geringeres Volumen.

Drei in der jüngsten Zeil beobachtete menschliche Embryonen zeigen das oben beschriebene Verhalten mit aller Deutlichkeit. Eine von Spee beschriebene Keimscheibe 1,54 mm lang ohne Ursegmente zeigl die Chordaentoblasten noch flach ausgebreitet Ein Embryo mit 8, und ein anderer mit 14 Urwirbeln: das Stadium der Chordarinne, ältere Embryonen die Chorda aus dem Entoderm ausgeschaltet, unter dem Medullarrohr. Dieser eben geschilderte Entwickelungsgang ist in voller Übereinstimmung mit dem bei Amphioxus und den bisher untersuchten Selachiern, Amphibien und Reptilien. Für die Feststellung des primitiven Weges, den die Entwickelung der Wirbelsaite genomm« n. sind die nieder stehenden Formen ausschlaggebend. Die neuesten Untersuchungen über denselben Vorgang bei einigen Säugern stehen damit nur scheinbar in Widerspruch. Es hat sich allerdings gezeigt, dass die

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Fig. 55. Menschl. Embryo von 8 Urwirbeln. 2.69 nun Länge. Querschnitt. Stark vrrgr.

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Chordazellen beim Meerschweinchen,, Kaninchen und der Fledermaus im Mesoderm zuerst erscheinen, allein sie treten dann «loch auf kurze Zeit mit dem Entoderm in Verbindung. Der Vorgang ist folgender: Die Chorda tritt als eine Verdickung des Mesoblast auf. In dieser Verdickung entsteht • in Chordakanal wie bei den niederen Formen; dieser Kanal öffnet sich später gegen das Entoderm (bei Embryonen von Kaninchen und Meerschweinchen von 7 — 12 Urwirbeln) und bildet auf kurze Zeit eine Chordarinne. Diese sogenannte „Einschaltung der Chorda in das Entoderm" kommt für gewöhnlich bei dem Meerschweinchen nur an der äussersten Spitze, bei dem Kaninchen, dem Hund und der Fledermaus dagegen in irrös.-erer Ausdehnung vor. Spater erhält dann die Chorda ihre definitive Lage, wie bei allen Formen zwischen Medullär- und Dannrohr, sie wird wieder „ausgeschaltet". Diese Art der Chordaentwickelung ist trotz der Beteiligung des Mesoderm dennoch beherrscht von der alten ursprünglichen Regel, die sie als eine Bildung des inneren Keimblattes aufweist Die Vorgänge spielen sich in umgekehrter Reihenfolge ab. Die Chordazellen rücken aus dem Mesoderm in das Entoderm. halten sich eine Zeitlang in Reih und Glied mit den Entodermzellen auf, um endlich an ihren definitiven Platz zu rücken. Den objektiven Angaben so vieler Beobachter danken wir den Nachweis dieser seltsamen Umkehr - ganzen Vorganges; es zeigt sich damit eine Abänderung des ganzen Entwickelungsganges, welche höchste Beachtung verdient. Ohne das Entwickelungsprin/.ip aufzugeben, entstellen doeli Varianten, welche lange Zeil irregeführt haben. Mesodermzellen bilden allerdings bei einigen Säugern das Chordagewebe, aber diese Zellen müssen doch in das Entoderm hinabsteigen und so ihre alte Herkunft aufweisen. Die alte Regel bindet sie, wenn auch nur auf kurze Zeit, entodermale Natur anzunehmen. Daran- gehl zweierlei hervor; 1. dass das Mesoderm bei seinem ersten Auftreten innerhalb der Säuger noch nicht endgültig differenzier! ist, 2. dass der Mensch während seiner Entwickelung «lein alten phylogenetischen Gesetze, was die Chordaentwickelung betrifft, treu bleibt. — Ein der Chorda der "Wirbeltiere ungemein ähnliches Gebilde besitzen die frei umherschwimmenden Larven der Ascidien, «las sie in derselben Weis«', wie der Amphioxus entwickeln. Sie bilden freilieh dieses wichtigste Organ des Wirbeltierkörpers späterhin nicht weiter ans. Allein man darf ans dieser Anlage doch den Schluss auf eine Verwandtschaft der Manteltiere mit den

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Fig. 56. Menschl. Embryo mit 13 Urwirbeln (14— 16 Tage alt), 2.5 mm Länge. Querschnitt. Stark« 1

Vergr. (Immersion

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Wirbeltieren ziehen, in der Form, das.-; beide Gruppen aus einer gemeinsamen "Wurzel entsprossen sind. Ausführliches bei Haeckel.

Früher Hess man die Chorda aus dem Mesoderm hervorgehen. Die verbesserten Untersuchungsmethoden und die Verhältnisse bei den niederen Wirbeltieren haben aber den richtigen Weg gezeigt, nämlich die Herkunft aus dem Entoderm. Diese Auffassung der Chorda gewinnt wesentlich an Stärke durch die Berücksichtigung der von der vergleichenden und der pathologischen Anatomie klargelegten Erscheinungen. Die Chorda Persistenz

. . , , ,/.,•'• -p der Chorda.

persistiert, umgeben von mesodermalem dewebe, in einer ganz spezifischen Form, sowohl in der Wirbelsäule wie im Schädel. Diese Dauerbarkeit der Chorda geht durch das individuelle Leiten der ganzen Wirbeltierwelt hindurch. So sehr sich auch die Chorda verändert, sie bleibt immer, sei es in ganzer Ausdehnung oder nur stückweise erhalten. Das ist als ein Zeichen besonderer Beschaffenheit ihrer Zellen zu deuten. Wenn nun die I'.iitwickelungsgeschichte lehrt, dass sieh das untere Keimblatt in hervorragender Weise beteiligt, so wird durch die Verschiedenheit der Her

kunit der Unterschied des Verhaltens im Mesoderm aufgeklärt und umgekehrt deutet die ganz exceptionelle Erhaltung im Innern des mesodermalen Gewebes auf eine Verschiedenheil dcv Berkunft.

Was die Lehren der pathologischen Anatomie betrifft, so sprich! eine bedeutungsvolle Erfahrung ebenfalls zu gunsten der Herkunft der Chorda ] ' aus dem Entoderm. Es isl dies die Spaltung der Wirbelkörper bei Meningocele sacralis anterior. Solche Fälle gehören zu den Seltenheiten, sind aber doch schon mehrfach beschrieben. Ana einer Abhandlung von Krön er und M archand ist die genaue Beschreibung der Spaltung des ersten Sakralwirbels bei einer 20jährigen Person zu entnehmen. Ferner sind bekannt geworden Spaltungen des zwölften I torsal-nnd der beiden ersten Lendenwirbel(Cruveilhier), sämtlicher Rückenwirbel, während Hals- und Lendenwirbel intakt waren iKi ndf leisen); endlich sogar Spaltung sämtlicher Wirbelkörper von der Basis des Schädels bis an ihr unteres linde und in ihrer ganzen Dicke. Die Spähe war in der Mitte durch die nach aussen gekehrte Schleimhaut des ektopierten Magens verschlossen. Auf diese Missbildungen fällt mit dem

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Fig. 57. Menschl. Embryo mit 13 Urwirbeln (14 — 16 Tage alt), 2,5 mm Länge. Querschnitt im

Bereich dea Mitteldarms. Starke Vergr. (Immersion.

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Nachweis eine- CSiordaentoblasI bei dem Menschen ein neues Licht, denn während der Embryonalperiode von 8 — 13 Metameren besteht eine Kommunikation des Darm röhre- mit dem axialen Strang der Wirbelkörper, d. i. mit der Chorda (siehe Figg. 55 und 56). Bleibt die Entwickelung hier stehen, so kann, abgesehen von sekundären Störungen, das Dannrohr mit einer Wirbelkörperspalte in Verbindung stehen.

Bei Spaltungen der Wirbelkörper rinden sich meist Verbindungen mit dem Sack der Dura mater. Auch hierfür enthalten die Figuren 55 und 56 manche Aufklarung. Kommt es nämlich zu einer Störung der Entwickelung hei Embryonen von 8 — 13 Metameren, dann wird die Spalte später bis zu dem Wirbelkanal reichen und mit den Hirnhäuten zusammenhängen, also eine Meningocele entstehen können. Alle Erfahrungen gestatten mithin den Schluss: Die Entwickelung der Chorda von dem Entoderm aus ist die typische Entstehungsart dieses Organes und der menschliche Embryo macht keine Ausnahme, sondern bleibt hierin der alten Regel treu. Die zahlreichen Varianten, denen man bei manchen Vertebraten begegnet. können auf den Typus der Chelonier zurückgeführt werden, bei denen die Entstehung aus dein Entoderm ebenso sicher steht wie bei dem Menschen.

Spee, Graf v.. Mitteilungen f. d. Verein Schleswig-Holsteinscher Ärzte. Heft 11. 1887; ferner Arch. f. Anat. 1889. — Mitsukuri und Ishikawa, Quart, Journ. Bd. 27. 1886. — Hasse, Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 53. Suppl. 1892. Bd. 55. 1892 93. Bd. 57. 1893.


VI. Das mittlere Keimblatt, Mesoderm.

Gastrales und peristomales Mesoderm. Stammzone und Parietal zone. Parietales und viscerales Blatt des Mesoderms. Herkunft des

mittleren Keimblattes Histogenetische Bedeutung der Keimblätter.

Homologie des mittleren Keimblattes. Der Begriff Keimblatt.

Zwischen den beiden primären Keimblättern entsteht bei allen Dl ' e , i .? eim "

1 blatter.

Wirbeltieren und vielen Wirbellosen ein drittes Keimblatt, das Mesoderm (Fig. 58). Zellen, welche durch Vermehrung der schon vorhandenen entstanden sind, vereinigen sich zu dem Mesoderm. Es ent


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Fig. 58. Kaninchen-Keimblase. Schnitt durch den Fruchthoi an der hintern Grenze des Hensen schen Knoten- Nach Rabl.

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steht nach und nach und legt sich an: 1. in der Achse der ovalen Keimhaut: ihr Auftreten fällt dort mit dem des Primitivstreifens zusammen, der am hinteren Ende des Fruchthofes beginnt und nach vorn weiterBchreitet; 2. an dem hinteren Ende des Fruchthofes, wobei sich das Mesoderm dem Rande der Keimscheibe entlang erstreckt (bei den Sauropsiden als Sichel bezeichnet). Dieses mittlere Keimblatt besteht anfangs aus rundlichen /eilen: sie weiden aber bald eckig, ziehen sich in zwei oder drei Fortsätze aus. wodurch sie sich deutlich von den Zellen der primären Keimblätter unterscheiden, welche epitheliale Formen besitzen. Bei den Säugern, wie bei vielen Metazoen, liegen die beiden ersten Keimblätter nach ihrer Entstehung bekanntlich enge aneinander. Sobald das mittlere Keimblatt dazwischen auftritt . wird der Fruchthof nicht gleichmässig sondern an bestimmten Stellen und zwar im axialen und peripheren Gebiet verdickt. Am stärksten häufen sieh die Mittelblatt Kollmanii, Entwickelungsgeseh


/eilen in der Achse des Fruchthofes an. Sir hebt sich dort bald deutlich als Primitivstreifen hervor. Das anfangs in zwei Abschnitte gesonderte Wachstum des Mesoderm hört bald auf; die getrennten axialen und peripheren Massen fliessen zusammen, und es kommt zu einer zusammenhängenden Platte, die sich dann über den ganzen Fruchthof erstreckt. Später zerfällt sie jedoch in zwei symmetrische Hälften (Fig. 61).

Das mittlere Keimblatt des Fruchthofes hat später niemals einen direkten Zusammenhang mit den umgebenden Medien. Es ist durch das äussere und innere Keimblatt rollkommen abgeschlossen. So bleibt es während des ganzen übrigen Lebens, wenn wir berücksichtigen, was aus dem M.-Mideini hervorgeht: Muskeln. Knochen, Herz, Blut- und Lymphgefässe mit dem Blut selbst, nebst solchen Teilen anderer innerer


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Fig. 59. Mittleres Keimblatt eines menschlichen Embryo, norh ohne Urwirbel und ohne Chorda.

Querschnitt. Nach Keibel.

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Organe, z. B. dem Bindegewebe der Leber, des Pankreas, der Mesenterien, welche wenigstens keine direkten Beziehungen mit der Aussenwelt haben. Von geringfügigen Einschränkungen dieses Satzes abgesehen, zeigt sich, wie bei den beiden primären Keimblättern, das Schicksal des Mesoderms entschieden. Mit seinem Erscheinen ist bei dem Stamm der Wirbeltiere und selbst noch weit hinab, bei Tierstämmen Wirbelloser, ein Fortschritt in der weiteren Differenzierung des Keimes eingeleitet. Mesodermentstehung ist die gemeinsame und unerlässliche Bedingung für die Organisation aller höheren Tierformen.



a) Stammzone und Parietalzone.

Das weitere Wachstum des Mesoderm führt in dem Fruchthofe zu folgenden schon oben erwähnten Gliederungen:

1. 7m der Bildung der >tammzone: sie liegt zu beiden Seiten der Primitiv- und der Medullarrinne und umfasst beide vorn und hinten; Ei:j. 32, S. 7i] und Fig. 59. Sie erhebt sich bald durch Vermehrung der in ihr vorhandenen Me so dermz eilen über die Ebene des



Fruchthofes, wodurch der Kucken des Embryo mein* und mehr aus der Keimbaut emporragl (Fig. 60);

'_'. der Parietalzone; sie bildet einen zweiten helleren Saum inner- Grenzrinn e. halb des Fruchthofes, der die Stammzone einrahmt. Die Grenze /wischen

Stamm- und Parietalz ■ bildet eine Rinne, die sog. Grenzrinne.

Diese Grenzrinne schneidet nicht nur in das Mesoderm eine Marke, sondern auch in das Ektoderm. Von dem Auftreten derGrenzrinne an besitzen die Wachstumsvorgänge innerhalb der beiden Zonen eine gewisse Unabhängigkeit.

Die Bezeichnung S t a m mzone darf nicht in dem Sinne der deskriptiven Anatomie aufgefasst werden, welche an jedem höher gegli< ■'leiten Organismus Stamm und Glieder unterscheidet und Stamm gleichbedeutend mit Rumpf nimmt. Im embryologischen Sinne bedeutet Stammzone denjenigen Abschnitt des Rumpfes, in welchem Medullarrohr, Chorda, Urwirbel und der exkretorische Apparat auftauchen. Die Parietalzone enthüll dagegen die Grundlage für einen Teil der ventralen Rumpfwand, des Herzens und des Dannrohres des Embryo. So früh ist durch die Grenzrinne das Material für später auftretende Regionen des Körpers schon gesondert, wie sie bei dem individuellen Ausgestalten

nach uralter Vererbung zum Gesetz gemacht ist. Sei es, dass Sauropsiden oder Batrachier oder Fische der Untersuchung unterbreitel werden, diese beiden Zunen sind ^tets ausgeprägt, wenn auch in verschiedener Form. Die Grenzrinne isl nur seitlich scharf ausgeprägt, am Kopf und Schwanzteil des Fruchthofes nicht. Im Bereich der Grenzrinne erscheint später bei Fischen und Amphibien ein Bindegewebsseptum und in ihm die Seitenlinie. — Im Anfang beschränkt sich das Mittelblatt auf das Gebiet des Fruchthofes. Später dehnt

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Fig. 60.

Eühnchen vom 4. Tag der Bebrütung. 15 mal vcrgr.

Vom Rücken gesehen. Nach II is. ++++

1) aus and amwächsl zwischen den beiden primären Keimblättern fortBchreitand die ganze Keimblase. Bei dotterreichen Eiern lässt sich dieser Prozess mit freiem Auge Schritl für Schritl verfolgen, weil ein deutlicher Wulsl die Umwachsung bezeichnet Der Vorgang der Umwachsung is1 bei dem Menschen noch nicht beobachtet.

Spaltung des einlachen Mesoderm in zwei Blätter ist der nächste blitter. '

Schritt für den Aufbau eines höheren Organismus. Die Spalte beginn! bei dem Menschen und den Säugern an dem Bande des Fruchthofes

und schreitet nach der Mittellinie hin. doch macht sie an der Stammzone Halt. Innerhall» der Parietalzone rückt sie nach dem Vorder- und Hinterende hin. und bringt so zwei Blätter statt des früher einfachen hervor. Der Fruchthof enthält dann vier Keimblätter, die -ich in folgender Weise verhalten: das eine dieser neuen Blätter folgt dem Ektoderm und bildet das parietale Blatt des Mesoderm 1 )

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Fig. 61. Embryo vom Vogel mit vier Keimblättern vom Anfang des 3. Tages, Querschnitt.

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170 mal vergr.

(Fig. 61), das in die ventralen Wandungen des Rumpfes übergeht. Das andere Blatt folgt dem Entoderm und heisst viscerales Blatt des Mesoderm 2 ). Ans ihm geht die muskulöse Wand und die Serosa des Darmrohres hervor, ebenso die Mesenterien. Die Spalte selbst erweitert sich und füllt BichmitUrlymphe. Sie heisst primitive Leibeshöhle oder Cölom: die erste Stufe der späteren Pleuroperitonealhöhle, welche Darmrohr und seine Adnexa durch das ganze Wirbeltierreich aufnimmt. Das Cölom erstreckt sich nicht in die Stammzone hinein (Fig. Gl), und nicht in den vorderen Abschnitt der Parietalzone, die sieh an der Bildung des Kopfes beteiligt. Die Spaltung des Mesoderm ist jüngst bei einem menschlichen Embryo gesehen worden; sein Fruchthof mass in der Länge 1,54 mm: sein Alter war ca. 10 Tage. Die Spalte beginnt an der Peripherie des Fruchthofes und ist eben im Begriff, in die solide Parietal


1 1 Früher Haut faserb] at t genannt. — '-) Früher Darmfaserblatt genannt.


zone des Mesoderm einzudringen (Fig. 59). Bei tl*-m Huhn und der Ente

vollendet sich tlie Spaltung des Mesoderm während des ;>. and 4. Tages.

Die beiden neuen Keimblätter bleiben nicht isoliert, sondern legen sieh an die Grenzblätter an. Mit dem Ektoderm verbindet sich das parietale Blatt des Mesoderm, mit dem Entoderm das viscerale Blatl des Mesoderm. Ist dies geschehen, dann bleiben sie wahrend der ganzen Zukunft in dieser Weise mit einander verbunden (Fig. 62). Die dazwischen befindliche Spalte bleibt als Cölom oder Pleuroperitonealhöhle (Figg. 61, 62) erhalten, freilich später ausgefüllt von Organen, die zur Zeit noch nicht entwickelt sind.

Die beiden neuen Mesodermblätter sind nur bei ihrer ersten Entstehung nachenhaft ausgebreitet (Fig. 58), dann biegen sie sich ventral röhrenförmig zusammen. Ihnen folgen Ekto- und Entoderm. In Fig. 62 schematisch, in Fig. 63 in dem natürlichen Verhalten dargestellt. Das parietale Mesoderm weist eine starke Krümmung auf; sie hilft dem Leib des Embryo dadurch allmählich zur Erscheinung ; denn schon jetzt stellt er sich in Verbindung mit der Stammzone als eine cylindrische Leiste dar, welche aus der Keimhaut hervorragt. Das viscerale Mesoderm liegt noch ilach

auf dem Dotter auf (Fig. 63), doch ist bald an ihm eine axiale Vertiefung vorhanden, die Darmrinne.

Bei dem menschlichen Embryo (Fig. 59) ist die allgemeine Form des cylindrischen Körpers ähnlich derjenigen des Huhnes, er ist deutlich modelliert, Stammzone und Parietalzone sind vorhanden, allein die letztere ist im Verhältnis zu derjenigen des Vogels klein. Die Spaltung in parietales und viscerales Mesoderm beginnt eben jetzt erst am Hände der Parietalzone. Dagegen ist das Gebiet der Stammzone und der auf ihr liegenden Medullarplatte mächtig entwickelt. Dieser Teil des Embryokörpers ist jetzt der am meisten fortgeschrittene Abschnitt aller Keimblätter. In diesem Verhalten zeigt sich ein Unterschied in der Entwicklung mit der Klasse der Vögel; ein anderer liegt darin, dass die ganze Entwickelung bei den Vögeln schneller fortschreitet als bei dem Menschen. Am vierten Tage existieren bei dem Vogel schon 24 l'rwirbel, bei dem Menschen am 15. Tage noch Keiner. Dennoch ist die allgemeine Übereinstimmung unverkennbar. Die Faltung des parietalen Mesoderm, wodurch die Cylinderform des Wirbeltierleibes entsteht (Figg.


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Fig. 62. Krümmung der Keimblätter eines A.mnioten-Embryo.

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59 und 67), ruft auch eine Änderung in drin Verlauf der Cölomspalte hervor. Sie verläuft nicht mehr eben (wie in Fig. 61), sondern ebenfalls gekrümmt (Figg. 62 und 63). Sie zeigt schon jetzt einige Ähnlichkeit mit der späteren Pleuroperitonealhöhle , zu der sie sich umbildet. An diesem Cölom müssen zwei Abteilungen unterschieden werden:

1. Das embryonale Cölom, das innerhalb des cylindrischen Körpers sich befindet (Figg. 61 und 63). Es bildet später die Pleuroperitonealhöhle.

2. Das aussererabryonale Cölom zwischen den Blättern der Keimhaut aber lateral von der eigentlichen Embryonalanlage (Fig. 63). Beide

Parietalzone ürsegmenl Stammzone Embryonales Cölom


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Fig. 63. Querschnitt durch den Rumpfteil eines Hühnerembryo mit 24 Ursegmenten. Nach

Balfour.

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hängen durch eine schmale Spalte miteinander zusammen. Das ausserembryonale Cölom geht später mitsamt den umgebenden Teilen zu Grunde.

b) Herkunft des mittleren Keimblattes. Das Mesoderm ist ein Abkömmling der beiden primären Keimstomaies Blätter. Soweit embryologische Untersuchung die Entwickelung der rm - Metazoen kennt, sind nach Ahlauf der Furchung zunächst zwei Keimblätter vorhanden (siehe die Vorgänge bei Amphioxus). Wenn später zwischen dem primären Ekto- und Entoderm ein mittleres Keimblatt auftaucht, so kann es nur dadurch entstanden sein, dass die zuerst vorhandenen Blätter die Bildungsstätte eines dritten, neuen Keimblattes wurden. Im Bereich des Primitivstreifens und der Primitivrinne entsteht hei den Amnioten das Mesoderm aus dem Ektoderm. Es heisst peristomales Mesoderm, weil es sich rings um das Protostoma, um den Urmund herum, entwickelt. Bei den Säugern ist der Nachweis in den eisten Entwickelungsstufen schwer zu führen. Es gehört der öfanze Hinter grund der vergleichenden Embryologie dazu. Sie lehrt, die Primitivrinne als Urmund kennen, welche zwar nicht mehr in der ganzen Ausdehnung bei den Vögeln durchbricht, sondern nur partiell, eine reduzierte Form desselben, den Canalis neurentericus, beibehält. Bei den Reptilien ist die reduzierte Form des Urmundes besser erhalten. Nach diesen Erfahrungen ist auch bei den Saugern der Canalis neurentericus, und was unmittelbar als Urmundlippe hervortritt, dem Urmund als gleichwertig aufzufassen, soweit er noch bei den Säugern erhalten, so fremdartig auch seine Form hier wie bei den Anmieten überhaupt erscheinen mag. Der Primitivstreifen wird unter solchen Umständen zu den, anfangs noch verwachsenen Urmundrändern , die sich später teilweise öffnen. Das peristomale Mesoderm erfährt solange der Canalis neurentericus (bei den Amnioten) oder der Blastoporus (bei den Anamnien) vorhanden ist, noch keine Segmentirung, sondern stellt eine Art in differenter Bildungszone dar, gegenüber dem gastralen Mesoderm. von dem nachher die Rede sein soll.

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Fig. 64. Keimhaut eines Säugetieres 'Schaf). Xur die Ränder mit peristomalem Mesodenn sind dargestellt. Nach Bonn et.

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Das peristomale Mesoderm der Umgebung der Primitivrinne und des Canalis neurentericus der Amnioten setzt sich nach rückwärts in die sog. Sichel und damit an den Rand der Keimseheibe fort. Bei den Reptilien und den Vögeln ist dies unverkennbar der Fall. Aber auch in der Keimhaut der Placentalier entsteht Mesoderm am Rande des Fruchthofes. Es erscheinen dort auf dem Entoderm Zellenhauien . deren Zusammenhang sich allmählich lockert. Sie tragen alle äusseren Zeichen der Mesodermzellen an sich: Spindel-Keulen-Sternform und ziehen sich zunächst nach der Mitte, um dort mit dem schon vorhandenen Mesoderm sich zu vereinigen (Fig. 64). Auch dieses Verhalten ist nur mit Hülfe der vergleichenden Embryologie zufriedenstellend gedeutet worden.

Embryologie der höheren Tiere wird eben, geradeso wie ihre Anatomie, nur durch niedere Formen erklärbar, hei denen die Vorgänge wegen ihrer Einfachheit dem Verständnis Leichte] zugänglich sind. Bei den Selachiern ist die Entstehung des Mesoderm am Rand der Keimhaut, hier Randwulst oder Keimwall genannt, auf das bestimmteste nachgewiesen. Zahlreiche Schilderungen in Bild und Wort Lassen hierüber keinen Zweifel mehr (Fig. 65). Ee wird als peristomales Mesoderm bezeichnel in der richtigen Abnahme, dass die Zeichen der Envagination, wenn auch verwischt, dennoch deutlich hervortreten. Eine rinnenartige Einziehung, die Mesodermbildungsrinne, ist der ( >rt. an dem Neubildung von Zellen stattfindet, die -ich zu Mesodermzellen ausbilden. An der Rinne stossen Ekto- und Entodermzellen aneinander. Man kann darüber streiten, welches der Weiden Grenzblätter das peristomale Mesoderm liefert; objektiv isl eine Entscheidung sehr schwer. Vergleichend embryoLogische Gründe sprechen für die Herkunfl aus dem Ektoderm ebenso wie hei dm Reptilien. Bei den Knochenfischen und den Vögeln tritt ebenso wie hei den Säugern das Entoderm hei der Herstellung <\r< peristomalen Mesoderm in den Vordergrund. Ob aber Ekto- oder Entoderm das mittlere Keimblatt liefern, bildet zu dieser Zeit der Entwicklungsstufe keinen schwerwiegenden unterschied, weil die Differenzierung ja noch im vollen Gange i-t und offenbar noch heide Grenzblätter die mesodermalen Elemente in sich enthalten. Viel


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Fig. 65. Keimhautrand im Querschnitt, Selachier. Torp. ocellata.

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Gastrales Mesoderm.


wichtiger i-t di< Erfahrung, das9 das peristomale Mesoderm im weiteren Verlauf an den Rand der Keimhaut gelangt, wo /war Blut und Bindesubstanzen auftauchen, jedoch keine Segmentierung.

Das gastrale Mesoderm entsteht in der Achse der Keimhaut. Hier geben die Verhältnisse hei Amphioxus den ersten entscheidenden Aufschluss. Bei seinen Larven bilden sich an der dorsalen Wand des Urdarmes rechts und links von der Medianlinie zwei Falten, welche von vorn nach hinten abnehmen. Sie gehen von dem Entoderm des Urdarms (Archenteron oder Protogaster) aus, und heissen gastrale Mesodermfalten oder kurz gastrales Mesoderm. Dieses gliedert sich quer, wodurch ein Frwirhel hinter dem andern zur Ausbildung kommt. Die Bildung i\>'V l'rwirhel vollzieht sich also bei Amphioxus lediglich an dem gastralen Mesoderm und zwar in Form kleiner Sackchen, „der Leibessäckchen", die sich zu beiden Seiten der Chorda und der Medullarrinne zwischen die beiden Grenzblätter hineinschieben (Fig. 66). Diese mesodermalen Säckchen, die Urwirbel, stehen noch längere Zeit mit dem Urdarm in Verbindung. Es dringt also eine Fortsetzung des


Ektodenn


Chorda


Nervenrohr


gastrales

.Mesoderm


Urdarms in jeden Urwirbel ein, so viele deren entstehen. Die Urwirbel schliessen sich Bpäter und dann enthält jeder eine kleine Höhle, welche von der Höhle i\f> Urdarms abstammt. Diese Art der gastralen M esodermbildung ist trotz mancher Abschwächung noch deutlich bei der Selachiern und den Amphibien zuerkennen. In der Achse der Selachierkeimscheibe zeigt sich an den Entodermzellen neben der Chordaanlage zu beiden Seiten eine kleine Vertiefung. Im Grunde der Vertiefung findet Mesodermbildung statt. Wie bei dem Amphioxus ist noch eine kleine Einstülpung nachweisbar, welche zur Herstellung einer taschenartigen Falte führt, mit einem Hohlraum zwischen den beiden mesoderm alen Lamellen. Der Eingang der Falte schliesst sich und es erfolgt dann die Entstehung der Urwirbel durch quere Abgliederung der Falten, wobei wieder ein Urwirbel nach dem andern zur Ausbildung kommt. Die Metamerie des Wirbeltierkörpers nimmt also bei X/ZT; zwei grossen Klassen ihren Ausgang stets vom gastralen Mesoderm.

Mit dieser wichtigen Erfahrung lässt sich auch der Bereich des gastralen Mesoderm der Anmioten feststellen . bei denen, durch cänogenetische *) Prozesse verändert . die Herstellungsart der Urwirbel aus den Mesoderm falten sich nicht mehr in der gleichen Weise beobachten lässt. wie bei dem Amphioxus oder den übrigen Anamnien. Ein Hauptkriterium tritt jedoch wieder in die Erscheinung: nämlich die Urwirbel. Sie treten nur in der Stammzone auf, in jenem Mesoderm. das zur Seite der Chorda sich ordnet. Jeder Urwirbel erhält eine Höhle. Ur wir beihöhle, die als eine alte Erinnerung an die Entstehung der Urwirbel aus der G astralhöhle angesehen werden muss; und jeder Urwirbel besteht wieder aus zwei Lamellen. Gerade wie bei dem Amphioxus und den Anamnien so taucht also auch bei den Anmioten in der Stammzone Urwirbel hinter Urwirbel auf. Ihre Anlage macht zunächst dort Halt, wo das peristomale Mesoderm beginnt, also an dem Canalis neurentericus (dem Blastoporus der Anmioten). Erst später nach der Reduktion der Primitivrinne wird das Achsengebiet vollends durch I rwiibel gegliedert. So ist also bei den Anmioten die gegliederte Stamm


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Fig. G6.

Dorsale Mesodermfalte [gastrales Mesoderm). Neunauge.

Nach v. K u ]i ff er.

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i) xaivdg neu. fremd, hier also = veränderter Entwickeluogsgang.


Keimesgeschichte« 

— Urwirbel

Mittelplatte

Ektoderm

Wol ffsche

Li Isb


zone im Anfang ihrer Entstehung das Gebiet, in welchem ^astrales lerm gebildet wird 1 ).

Der Punkt, von «lein aus die erste Anlage gerade dieses wichtigen Abschnittea des gegliederten Mesodom erfolgt, is1 schwer bestimmbar, doch ist soviel erkannt, dass der Kopffortsatz eine wichtige Rolle dabei spielt. Die [nvagination, welche in dem Bereich des Canalis neurentericus der Amnioten stattfindet (siehe die Fig. 4!». Seite lüü), veranlasst eine Ausdehnung des Urdarms gegen das vordere Ende der Keimhaut hin. A\" in l angenommen, dass diese Partie des Urdarms nicht als eine solide Zellwucherung stattfindet, wie der Kopffortsatz es in der Thal ist, sondern vielmehr in -einer ganzen Ausdehnung als hohle Einstülpung zur Entstehung kommt, so ist der Kopffortsatz als Entoderm■ , säckchen aufzufassen.

Seine Verlängerung nach vorne entspräche dem Protogaster 2 ) des Amphioxus oder der Gastralböhle 2 ) der Amphibieneier, der verwandten Höhle der Selachier, welche durch eine Zellenschicht („Paraderm", v. Kupffer a ) gegen den I >otter hin abgegrenzt ist. Dann sind aber, confonn mit dieser Auffassung, alle die aus dem Entodermsäckchen der Amnioten und die im Anschluss an den Kopft'oit satz hervorgehenden Urwirbel und ihr Mesoderm als gastrales Mesoderm zu bezeichnen. Diese Deutung des Kopffortsatzes und des in der Achse der Amnioten-Keimhaut auftretenden segmentierten Mesoderm ist, wie leicht ersichtlich, hypothetisch, allein viele Erscheinungen : die Entstehung neben der Chorda, die Gliederung in Urwirbelsäckchen und Urwirbel, das Auftreten einer Urwirbelhöhle, ihr späterer Zusammenhang mit dem Cölom lassen sich befriedigend durch diese Hypothese in erklärenden Zusammenhang bringen. Dass bei den Reptilien und den Säugern die Urdarmanlage nur mehr als seichte Grube auftritt, die nach dem Durchbruch als Canalis neurentericus bezeichnet wird, ist kein Grund, die Hypothese zu verwerfen. Diese seichte Grube, oder die sagittale Kinne (Primitivrinne) der Vögel und Säuger ist in ihrem ersten Beginn eine hohle Einstülpung, welche der [nvagination, d. h. der Gastrulabildung bei Amphioxus und anderen Anamnien gleicht. Der spätere Durchbrach der Invagination bei den Amnioten, wodurch eine Verbindung mit der Dotterhöhle hergestelll wird, führt dahin, dass Gastralhöhle und Dotterhöhle für kurze Zeit einen


++++ Fig. 67. 14—16 Tage alt. Linke Hälfte vergr. ++++


des


240 mal


') Das gastrale .Mesoderm wird auch axiales Mesoderm, das peristomale als peripheres Mesoderm bezeichnet. Allein die im Text gebrauchten Ausdrücke sind bestimmter und verdienen deshalb den Vorzug. — 2) Auch Archenteron, Urdarm genannt. — 3) Der Lecitophor van Benedens.


einheitlichei] Hohlraum bilden. Allein von diesem sekundären Vorgang muss bei der Vergleichung der Amniotengastrula abgesehen werden, es darf nur die hohle seichte Einstülpung zum Vergleich herangezogen werden (Fig. 49, Nr. 1 — 3).

Bei den niedersten Vertretern der Wirbeltierklasse ist der Prozess der Mesodermbildung klar und deutlich, bei den höheren Formen immer .schwerer erkennbar. Aber nach so vielen Anstrengungen ist denn doch die Herkunft auch bei den Säugern als von den beiden Grenzblättern erwiesen, wobei es zur Bildung eines gastralen, gegliederten. und eines peristomalen oder ungegliederten Mesoderm kommt. Allein so sicher auch diese Abstammungsarten des Mesoderm, so beachtenswert ist doch auch die weiten' Thatsache, dass diese Produktion sehr bald aufhört, namentlich in dem Bereich des gastralen Mesoderm, während das peristoinale Mesoderm seine Verbindung mit dem Kntoderm länger beibehält. Schliesslich entwickelt sich das Mesoderm aus innern Kräften und unabhängig von den Grenzblättern weiter.

An der Feststellung der Herkunft des mittleren Keimblattes ist die Lehre von der Entwickelung der Gewebe im normalen und im pathologischen Zustand ebenso interessiert wie die Entwickelungsgeschichte selbst, und deshalb nehmen die hieraufgerichteten Untersuchungen einen breiten Baum ein.

c) Histogenetische Bedeutung der Keimblätter.

Unter histogenetischer Bedeutung der Keimblätter versteht man die Rolle, welche den Keimblättern bei der Entstehung der Gewebe zukommt. Bemak hat den Satz aufgestellt ..Aus jedem Keimblatt geht nur eine bestimmte Gruppe von Geweben hervor". Er wollte damit ausdrücken, dass aus dem Ektoderm keine Muskeln, kein Bindegewebe, keine Knochen und kein Blut entstehen, sondern nur die Epidermis und ihre Derivate u. s. w. Ebenso wurden die Derivate des Entoderm festgestellt. Es folgten ihm in dieser Beurteilung der histogenetischen Bedeutung der Keimblätter viele Forscher und allmählich wurde, auf viele, durch die Untersuchung gewonnene Erfahrungen hin. eine Liste _ -teilt, aus welcher zu entnehmen war. welche Gewebe im Laufe der Entwickelung aus dem Ektoderm, welche aus dem Entoderm und welche aus dem Mesoderm hervorgehen. In der neuesten Zeit ist nun das Ansehen, in welchem die Keimblätter einst für die Entwickelung der Gewebe standen, rasch im Abnehmen begriffen. Hervorragende Forscher beginnen sich der entgegengesetzten Auffassung zuzuwenden und meinen, die Keimblätter hätten /war eine eminent morphologische Bedeutung für die Gestaltung des Embryo, aber diejenige für die Herstellung der Gewebe sei eine geringe. Ontogenie wie Phylogenie der Keimblätter beweisen allerdings, dass nur Ekto- und Entoderm primäre Bildungen sind und dass das Mesoderm aus den beiden Grenzblättern hervorgeht. Aus diesen Thatsachen wird nun aber der Schluss gezogen, diese Abstammung des mittleren Keimblattes sei nicht bloss «'im- Erscheinung des embryonalen Körpers; nicht bloss in dem Keim gehe Mesoderm aus dem Ekto- und Entoderm hervor, auch später noch sollen ektodermale /eilen aus ihrem Verband ausbrechen, in das Mesoderm einwandern und dort zu Mesoderm umgewandelt werden. So sollen Bindegewebe, Knorpel und Knochen aus Ektodermzellen hervorgehen können. Verwandte Vorgänge sollen sich in dem Bereich auch des Entoderm abspielen können: Leukocj ten, die Milz. Lymphdrüsen u. drgl. m. sollen aus den Epithelien des Darmrohres entstehen können.

Bei allen Erörterungen über die Herkunft des Mesoderm muss die Thatsache in den Vordergrund gestellt werden, dass es eine sekundär entstehende Zellmasse ist. eine weitere Differenzierung der beiden Grenzblätter. Mit dem Auftreten des Mesoderm als Keimblatt verlieren Ekto- und Entoderm die ihnen vorher ausschliesslich innewohnende Fähigkeit zur Erzeugung von Geweben. Dem mittleren Keimblatt ist nunmehr ebenfalls eine besondere und zwar sehr bedeutende Aufgabe zugefallen. Das ist ein auf breiter Erfahrung gewonnener Satz, und bisher ist nichts bekannt geworden, was ihn erschüttert hätte. In ihm liegt auch die Berechtigung von einer histogenetischen Bedeutung der drei Keimblätter zu sprechen. Was Ekto- und Entoderm an Fähigkeit zur Erzeugung von Geweben eingebüsst, ist eben auf das Mesuderm übergegangen. Wo zwei Keimblätter die volle Fähigkeit zur Gewebsbildung besitzen, da mag man den Mesodermbegriff beseitigen, als überflüssig verwerfen, wo aber drei Keimblätter gewebebildende Kräfte besitzen, da muss jedem Einzelnen seine Bedeutung auch in Bezug auf die Histogenesis zuerkannt werden. Das Mesoderm ist vor allem die ursprüngliche Grundlage der segmentalen Mus'kulatur und enthält dadurch auch die Fähigkeit, Bindesubstanzen für den Aufbau der Wirbelsäule: Knorpel. Knochen. Ligamenta intervertebralia u. dergl. herzustellen. Aus umgewandeltem Mesoderm besteht das Peritonaeum mit all seinen vielverschlungenen Falten, welche als Mesenterien bezeichnet werden. Das Mesoderm liefert endlich bei den Vertebraten die hlechtszellen, welchen die grosse Aufgabe zufällt, die Erhaltung der Species zu vermitteln. All diese Erkenntnis ist allein schon Grund genug, gegen die Aufhebung des Begriffes Mesoderm und seiner Bedeutung als histogenetiscb.es Organ, wenigstens innerhalb der Vertebraten, Protest zu erheben.

Wenn die Zellen des gefurchten Fies sich in den drei Keimblättern geordnet haben, ist ein bedeutungsvoller Schritt zur Differenzierung gethan. Das äussere Keimblatt ist für Herstellung der Epithelien der Kör peroberiiäche , der Zellen des Gehirns und Kückenmarkes und der Sinnesorgane bestimmt. Aus dem inneren Keimblatt entstehen die Epithelien und die Drüsenschichten des Darmrohres, aus dem mittleren der Bewegungsapparat und die Geschlechtszellen. Ein weiterer wichtiger Schritt geschieht mit der Spaltung des Mesoderm in ein parietales und viscerales Blatt. In jedes sind bestimmte histogenetische Eigenschaften durch Differenzierung hineingelegt: Membranae submucosae, organische Muskeln, Blutzellen tauchen auf, aber niemals liefert Mesoderm, Nervenzellen oder Zellen der Oberhaut. Wenn die Entwickelung nicht an bestimmt Kegeln gebunden wäre, wenn aus jeder Zelle Alles werden könnte, so würde die komplizierte Einstülpung und Umwachsung der einzelnen Schichten bei der Entwickelung des Auges oder der Zähne völlig überflüssig und widersinnig sein.

Eine Erscheinung hat besonders die Zweifel an der histogenetischen Bedeutung der Keimblätter hervorgerufen, die Thatsache. dass aus dem Mesodenn auch echte Epithelien, wie die in dem Müllerschen und Wolf f sehen Gang, in der ürniere und ihren Derivaten, dem Nebenhoden, ja selbst der Niere hervorgehen, insofern dieses Organ aus dem Wolf f sehen Gang sich abzweigt. Das Mesoderm liefert in der That in diesen Füllen zwei gänzlich verschiedene Gewebsarten, nämlich Muskeln und Bindesubstanzen einerseits, und Epithelien andererseits, welche wegen ihrer Herkunft am besten Mesothelien genannt werden können. Mesothel findet sich, abgesehen von den schon genannten Organen, an der inneren Oberfläche des Cölom und im Innern der Gefässe unter der Form der Endothelien, im Ovarium als Fullikelzellen. In dem Gebiet des exkretorischen Apparates behält das Mesoderm überhaupt längere Zeit die Fähigkeit, Epithel zu bilden, das demjenigen . des Darmrohres gleicht. Auf Grund dieser Thatsachen ist die Thesis aufgestellt worden, die Keimblätter hatten für die Histogenese keine Bedeutung. Die Embryologie befindet sich heute auf dem Wege, diese Auffassung mehr und mehr zu verbreiten, wie schon aus dem Schlagwort hervorgeht, der Begriff des Mesoderm sei zu beseitigen. Sie betont vorzugsweise zwei epitheliale Keimblätter: Ekto- und Entoderm, und giebl an, dass aus ihnen alle übrigen Gewebe hervorgehen können. Die Konsequenzen dieser Auffassung sind sehr weitgreifende. Über das Gebiet der Embryologie hinaus werden dadurch die Anschauungen der normalen Gewebelehre auf das Tiefste beeinflusst. Diese Umwälzung bleibt aber bei der normalen Gewebelehre nicht stehen, sondern erstreckt sich bereits in das Gebiet der pathologischen Histologie und veranlasst dort eine nicht minder eingreifende Wandlung und Unsicherheit in der Beurteilung vieler Geschwulstformen. — Dagegen i>t folgendes einzuwenden: wenn bei Wirbellosen, wie Dicyemiden und Hydromedusen, die auch zu den mehrzelligen Tieren gehören, nur zwei epitheliale Keimblätter auftauchen, welche verschiedene Gewebe aus sich hervorgehen lassen, dann fallt die histologische Bedeutung der Keimblätter für diese Tiere. Aber solche Universalität dieser Keimblätter wird erstens bestritten. Wenn sie jedoch bestünde, so müsste dann hervorgehoben werden, dass es bei den Wirbeltieren eben doch zu einer höheren Differenzierung kommt.

Diese steckt in der Zahl von drei Keimblättern. Ohne dieses alte Erbe, das verborgen im Ekto-, Ento- und Mesoderm ruht, blieben alle höpfe auf der Stufe der Hydromedusen oder auf einem ähnlichen Zustand von Wassertieren. In der höheren Differenzierung liegt der letzte Grund für eine höhere Entwickelung. Eine Menge von neuen Eigenschaften wurden erworben, um schliesslich zu der Organisation der Säuger hinaufzuführen und diese Eigenschaften prägen sich wieder aus im Laufe des Werdens jeder neuen Individualität. Mit dem Auftreten der beiden Grenzblätter, wie Ekto- und Entoderm auch genannt werden, ist erst der Anfang des allmählichen Werdens gemacht. Wenn nun auch das Mesoderm aus diesen beiden Grenzblättern hervorgeht, so ist daraus noch nicht der Schluss gerechtfertigt, dass ihm überhaupt jede Bedeutung für die Bistogenesis fehle.

Den Furchungskugeln kommt bekanntlich eine unbegrenzte Fähigkeit der Umbildung, der Anpassung an veränderte Umgebung und an veränderte Lebensbedingungen zu. welche am deutlichsten durch die selbstständige Weiterentwickelung einzelner, gewaltsam getrennter Furchungskugeln bewiesen wird. Allein es ist eine andere Frage, wie lange diese unbegrenzte Fähigkeit der Umbildung während der Entwickelung des Individuums dauert. Diese Universalität dauert nur kurze Zeit; soviel bis jetzt erkennbar, hört die Umbildungsfähigkeit des Ektoderm früher auf als diejenige des Entoderm oder des Mesoderm. Mit dem Ende des dritten Fötalmonates des Menschen sind wohl alle spezitischen Eigenschaften der Gewebe entwickelt, von diesem Zeitpunkt ab liefert Ektoderm nur ektodermale Organe, das Mesoderm nur mesodermale und das Entoderm nur entodermale Organe. Bei manchen niederen Wirbeltieren kommt allerdings eine überraschende Regenerationsfähigkeit vor. wie diejenige der Linse bei den Tritonen, allein sie erfolgt nicht, wie man glaubte, gegen die Regeln der Histogenese. Bei den Säugern kommt es aber zu einer solchen histologischen Sonderung, dass eine Bückkehr zu Eigenschaften, wie sie allein die Furchungskugeln besitzen oder die jugendlichen Zellen der Cölenteraten und Würmer, ausgeschlossen ist.

Für die Klasse der Säuger besteht nach dem heutigen Stand der Kenntnisse folgende Begel für die histogenetische Bedeutung der Keimblätter von einem bestimmten Alter des Fötus an, das zwar noch nicht vollständig festgestellt ist, das aber auf das Ende des dritten Monates des Fötallebens reichlich bemessen wird:


Mesoderm. 127

Das Ektoderm liefert:

a) die Epidermis mit ihren Anhangsorganen (Haare, Hufe, Nägel, Krallen, Klauen, die Hornscheiden der Cavicornier);

h) «lie gesamten E])ithelien der Mundhöhle (des Stomadäum) und des Endstückes des Mastdarms (des Proktodäum), das Epithel des Scheidenvorhofes und der Harnröhre ;

c) die Epithelien der Hautdrüsen, der Anhangsdrüsen der Mund- und

Nasenhöhle uebsl dem vorderen Lappen der Hypophyse.

d) den Schmelz der Zähne;

e) die Nervenzellen und Nervenfasern, die Gliazellen und Gliafasern und das Ependym; die Neuroepithelien der Sinnesorgane und das Tapetuni nigrum der Netzhaut , die Linse des Auges und ihre Kapsel , die Epithelien des Labyrinthes, der Schmeckbecher und die Riechzellen.

Das Entoderm liefert: a) das Epithel des Darmkanales (mit Ausschluss derer des Stoma- und

des Proktodäum) ; 1)) das Epithel der eigenen Drüsen des Darmes und seiner grossen

Drüsen : Schilddrüse, Thymus, Pankreas und Leber ;

c) das Epithel der Lunge (in Kehlkopf, Trachea, Bronchien und Alveolen);

d) die Chorda dorsalis;

e) das Epithel der Harn- und Nabelblase, sowie der Allantois und ihrer Derivate.

Das M e soder m liefert :

a) die quergestreifte segmentale Muskulatur, die glatten Muskeln, auch die Muskeln des Herzens und der Gefässe;

b) die gesamte Bindesubstanz (Binde-, elastisches-, Fett-, Knorpel-, Knochen-Gewebe und das Zahnbein; die Lymphknoten und sämtliche Arten von Leukocyten;

c) die Epithelien des Cölom und aller seiner Abteilungen im Schädel, Herzbeutel, in den Pleurasäcken, im Peritonaeum, in den Schleimbeuteln und den Gelenkhöhlen ;

d) die Epithelien im Innern der Lymph- und Blutgefässe und das Blut selbst;

e) den exkretorischen Apparat mit seiner Vor- und Urniere, die Keimdrüsen (Hoden und Eierstöcke) samt den dazu gehörigen Epithelien. In diesem Apparat findet an zwei Stellen eine minime Zellen-Invasion von den beiden Grenzblättern her statt, am Anfang bei der Bildung di'< Wolffschen Ganges (vom Ektoderm) und am Ende bei der Bildung der bleibenden Niere (vom Entoderm her). Die überwiegende Menge, vor allem die Keimzellen, welche für die Erhaltung der Species bestimmt sind, stammen aber von dem Mesoderm.

f) den Glaskörper mit seinen (Jetassen während des embryonalen Lebens. Die Gefässe im Innern der nervösen Centralorgane rühren von einer Invasion von Mesoderm in diese Organe her.

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Külliker, A. v., Festschr. zum Würzburger Jubiläum. 1882. — Lieberkuehn, Über die Keimblätter der Säugetiere. Marburg 1879. — Heape, W„ Quart. Journ. of m Sc. 1883. — Für die stammesgeschichtliehe Übersiebt bezüglich der

Herkunft der Keimblätter kommen vor allem in Betracht die Arbeiten von Haeckel, Jenaische Zeitschr. , besonders Bd. 18. 1884 und Hertwig Oskar und Hertwig Richard, Studien zur Blattertheorie. Hott 1—4. Jena 1879—1883, und Die Cölomtheorie. Jena 1881. — Kleinenberg, Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 44. 1886. — Kiick ort. Anat. An/.. 2. Bd. Nr. 4. 1887. — Rabl, Morph. Jahrb. Bd. 15. 1892. siehe dorr die Ausführungen über die Herkunft des Mesoderm bei Wirbeltieren und Wirbellosen 1 ).

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1) Homologie des mittleren Keimblattes. Bei allen Wirbeltieren ist, soweit die Erfahrungen bis jetzt reichen, das mittlere Keimblatt durch alle Klassen gleichwertig. Obwohl seine Herkunft einzelne Varianten zeigt, indem sich Entoderm und Ektoderm bei verschiedenen Klassen in verschiedenem Grade an seiner Herstellung beteiligen, so sind doch folgende Punkte von massgebender Übereinstimmung:

1. Beteiligt sich bei allen Cranioten das Entoderm in hervorragender Weise an der Herstellung des mittleren Keimblattes.

2. Aus dem Mesoderm gehen bei allen Cranioten durch Spaltung zwei Keimblätter hervor, die als parietales und viscerales Blatt bezeichnet werden. Sie verhalten sich in den wichtigsten Eigenschaften vollkommen übereinstimmend bei allen Wirbeltieren.

3. Die zwischen diesen beiden sekundären Keimblättern auftretende Spalte, das Cölom, ist in ihrem ersten Auftreten bei allen Wirbeltierembryonen gleichwertig oder homolog, wenn sie auch nicht überall in gleicher Weise entsteht. Übereinstimmend ist die paarige Anordnung der Cölomtaschen, ihre Lage zwischen dem Mesoderm und ihre Trennung in der dorsalen Mittellinie durch das Mesenterium 2 ).

e) Der Begriff „Keimblatt".

Nach dem heutigen Stande unserer Erfahrungen sind Keimblätter aus den Furchungskugeln durch Differenzierung entstandene Embryonalschichten, die eine bestimmte Metamorphose solange erfahren, bis der Organismus seinen Aufbau erreicht hat. Wie die Furchungskugeln, aus denen sie entstanden, besitzt jedes Keimblatt 1. die Kraft physio


] ) Abgesehen von den schon citierten Arbeiten nenne ich die Namen: His, Waldeyer, Rauber. H. Virchow, Gasser, M. Duval, Annal. Sc. nat. Zool. Tom. 18. S. 117. Paris 1884. Rabl, Morph. Jahrb. Bd. 15. S. 132. Für die Reptilien: Balfour, Embryologie. Bd. 2. S. 182. 1881. Strahl, Arch. f. Anat. und Phys. (Anat Abteil) S. 124 1881. Hoff mann, Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 15. S. 220. — '-) Es ist nach dem heutigen Stand unserer Erfahrungen über den Ursprung der Wirbeltiere vielleicht noch verfrüht, das Mesoderm sämtlicher Metazoen für ein homologes Gebilde anzusehen. Deshalb ist oben nur von dem Mesoderm der Wirbeltiere und seiner Homologie gesprochen worden. Immerhin ist eine weite Auffassung im Auge zu behalten , denn mit der Herstellung des Mesoderm als Keimblatt im obigen Sinne, wobei ihm die Erzeugung gewisser Gewebe zugefallen ist, ist es bei allen dreiblätterigen Metazoen, die einen gemeinsamen dreiblätterigen Vorfahren haben, eine homologe Bildung geworden. Diesen Satz Balfours erkennt selbst Kleinenberg an, der dem Mesodermbegriff am schärfsten zu Leibe gegangen ist und der einen Teil der jetzt bestehenden Diskussionen direkt veranlasst hat.


Mesoilerm.


129


Ektoderm



Entoilerm


Animale uuil


Fig 68.

vegetative Röhre

Schema.


Dottersaek


in der Entwickelun


logischer Funktionen: Stoffauf nähme. Stoffabgabe, Vermehrung;

2. morphologische Eigenschaften, welche ihnen eine bestimmte Morpho logie.

Gestall aufprägen, die alte Erbschaft einer jeden Species für ihre Gestaltung; die Keimblätter

krümmen sich dabei nach der in Fig. 68 dargestellten Schablone. Sie bilden eine a n i m a 1 e Röhre für das Nervensystem und eine vegetative Röhre für die Aufnahme der Eingeweide. Dadurch werden die Keimblätter von fundamentaler Bedeutung für die Gestaltung. Man hat

dies auch als ihre morphogenetische Bedeutung dioQCfr) , Gestalt des Körpers) bezeichnet. Fig. 69 zeigt an dem Querschnitt eines Säugetierembryo die charakteristische Anordnung der beiden Röhren. Jedes Keimblatt besitzt

3. die Fähigkeit histologischer Sonder u n g : es scheiden sich die Gebilde der Epidermis und des Nervensystems aus dem Ektoderm ; Knorpel, Knochen, Muskeln aus dem Mesoderm u. s. w. — Es ist nicht möglich, zwischen diesen drei Eigenschaften bestimmte Grenzen zu ziehen, und dennoch strebt der! reist danach, in diese Vorgänge der Sonderung tiefer einzudringen. Am weitesten ist bis jetzt das Verständnis morphologischer Eigenschaften gelungen, die sich in der Lehre von der Homologie der Keimblätter ausprägt, weil wir imstande sind, die Vorgänge direkt mit unserem Auge zu verfolgen.

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Fig. 69. Querschnitt durch den Rumpf eines Kaninchenenibryo. Die animale und vetretati\ e IN. lue in weiterer Ausbildung. ++++


Die Auffassung »1« r histologischen Qualitäten befindet sich aber in einer starken Gährung; selbsl langjährig gefestigte Erfahrungen geraten wieder ins Schwanken in einem solchen Grade, dass es für Viele als ein Wagnis erscheint, von einer histogenetischen Qualität der Keimblätter zu sprechen. Die morphologische Bedeutung stellt daBsichert da, wenigstens bezüglich des Ekto- und des Entoderm, die als die primären Keimblätter von dem Zweifel und dem Streit am wenigsten berührt sind. Die Morphologie hat für die Beurteilung der Keimblätter eine solch breite Grundlage geschaffen, dass sie mit Recht darauf Anspruch macht, zuerst gehört zu werden. Im Anfang war es die physiologische Funktion, welche zuerst in Betrachtung j>'ii wurde. Für Chr. Pander ist das Keimblatt ..eine Embryonalschicht, aus der etwas keimt". C. F. v. Baer drückt denselben Gedanken scharfer aus: ..Die Keimblätter sind ihm Vorbereitungen zu künftigen Bildungen" und er präzisiert sie näher, indem er die histologische und die morphologische Sonderung unterscheidet. So lange die r>e/eichmmgen der Keimblätter physiologische blieben, stand die Auffassung der Funktionen in dem Vordergrund (Rathke, Remak). Die Namen: sensorielles oder Sinnesblatt für Ektoderm, motorisch-germinatives Blatt für Mesoderm, und trophisches oder Drüsenblatt für Entoderm betonten vor allem die Rolle im Haushalt des Organismus. Mit den Arbeiten \mii Buxley (1849), Geo. .1. Allmann (1853), Kowalewsky, Haeckel, Ray Lankester u. A. trat die morphologische Seite der Keimblätter in den Vordergrund und haftet an den neuen Namen Ekto- und Entoderm. Hier tritt die Topographie in den Kreis der Vorstellung und damit kommt die Frage über die Art. wie die Keimblätter in diese Lage gebracht werden (Imagination Einfaltung, Delamination Abspaltung) in Fluss und verbindet sich mit derjenigen von der Entwicklungsgeschichte der Tierstämme.

In der Geschichte jeder Wissenschaft giebt es Perioden, in denen die eine oder die andere Betrachtungsart in den Vordergrund tritt. Sie herrscht dann mit einer gewissen Ausschliesslichkeit; allein das ist weder verderblich noch tadelnswert, sondern ist eine natürliche Folge der Hülfsmittel. das Problem zu verfolgen. Die Bewohner des Meeres waren durch zoologische Stationen und verwandte Einrichtungen zugänglich geworden und gleichzeitig wurde eine überraschende Technik erreicht. In dem letzten Vierteljahrhundert i>t dadurch ein umfassender, phylogenetischer Überblick erreicht worden. Dass die Keimblätter überall auf gleiche Weise entstehen, konnte freilich nicht nachgewiesen werden, w r ohl aber, dass sie über;ill vorhanden sind, dass ihre Qualitäten übereinstimmen und jede Qualität schon in früher embryonaler Zeit sich 1 1 unterscheiden lässt. Homologie ergiebt sich unter solchen Umden auf morphologischer, physiologischer und histogenetischer Basis.


Es scheint, als ob in der nächsten Zeil die physiologischen Probleme der Entwickelung mehr in den Vordergrund treten, welche jetzl zumeist als mechanische bezeichnel werden. Sie werden unser Wissen nach den verschiedensten Seiten hin bereichern, aber der Schatz der morphologischen Ergebnisse wird nicht mehr angetastet werden können und die mechanistischen Lehr,. n werden diesen Besitz nicht zerstören. Die beiden primären Keimblätter bleiben im allgemeinen homolog in allem Wechsel ihrer Form und ihrer Funktion. In dem grossen und durch den Menschen vor allen bedeutungsvollen Reich der Wirbeltiere ist auch das mittlere Keimblatt, nachdem es sich in allen seinen Einzelheiten „differenziert" hat, durch alle Formen als gleichwertig zu betrachten in morphologischer, mechanischer und tiistogenetischer Hinsicht.


VII. Urwirbel, Protovertebrae und ihre Derivate: Myotome, Skierotome. Kopfhöhlen.

Parietales und viscerales blatt des Mesoderm. Mesenchym.

a) Die Urwirbel, Protovertebrae (Somite). Urwirbel (Somite) heissen embryonale Organe, die zuerst als scharfumgrenzte Mesodermmassen zu beiden Seiten der Chorda und des Medullarrohres in dem Rumpfmesoderin angelegt werden. Sie liegen zunächst

nur in der Stammzone, von der Parietalzone getrennt durch eine seichte Kinne, die sich bei der Betrachtung der Keimscheibe von aussen erkennen lässt, sobald der Schlagschatten den einen Rand etwas verdunkelt. Bei dem Menschen entstehen diese Urwirbel in einer Zahl von 35 — 37 hintereinander. Am Hinterkopf liegt der Anfang der Reihe, am Wirbelschwanz das Ende. Sie entstehen nicht gleichzeitig, sondern nach und nach in einer ganz bestimmten Reihenfolge zuerst am Hals. dann folgen sich die des späteren Thorax, darauf die lumbalen, sakralen und kaudalen Urwirbel.

In der oben angegebenen Zahl sind die Urwirbel des Kopfes noch nicht mitgezählt, weil ihre Zahl noch nicht sicher festgestellt ist. Dagegen ist ihre Existenz erwiesen. Die Urwirbel werden nach den einzelnen Köi|)i-rab>chnitten unterschieden als solche des Kopfes und des Rumpfes. Diejenigen des Rumpfes werden in folgender Weise gezählt:

1. Urwirbel de^ Halses, Halssomite 8

2. .. t\'-v Brust, thorakale Somite 12

3. .. der Lendengegend, lumbale Somite . . 5

4. .. der Kreuzgegend, sakrale Somite ... 5

5. .. der Kauda, kaudale Somite 5—8

(Fig. 70). Die Urwirbel der Brust- und Lendengegend werden auch zusammen als thorako-lumbale Urwirbel oder Somite bezeichnel und in fortlaufender Reihe als 17 gezählt aus vergleichend-anatomischer Gepflogenheit. I-t es notwendig, die Urwirbel der Lenden und der Kreuzgegend als eine fort


laufende [leihe zusammenzufassen, dann werden sie nach dein Vorgang der vergleichenden Anatomie als lumbo-sakrale Reihe 1 ) zusammengefasst. Bei den Cranioten wird nur der dorsale Teil des Rumpfmesoderms durch die Urwirbel gegliederl (segmentiert) (Fig. 70), der ventrale Teil des Mesoderm bleibt ansegmentiert. Das von dem urwirbel sieh abgliedernde Myotom (Muskelsegment) dringt jedoch später in das unsegmentierte Mesoderm infolge der Wachstumsvorgänge hinein. Die Urwirbel des Rumpfes zeigen bei menschlichen Embryonen

um die dritte Woche, oder bei Säugerembryonen, welche sich auf einer ähnlichen Entwickelungsstufe befinden, eine annähernd kuhische Form. Sie sind senkrecht zur Längsachse gestellt, die mesodermalen Zellen nehmen in ihrem Innern epitheliale Form an, stehen langgestreckt, dicht aneinander (Fig. 71) und vermehren sich durch Mitose. Sie umgrenzen dann eine Höhle, die Ur wir beihöhle, das Myocöl. Diese Einzelheiten lassen sich bei den Embryonen der Reptilien und Vögel hei schwacher Vergrösserung erkennen. Auf Durchschnitten, die nur wenige Mikra dick mit dem Mikrotom hergestellt sind, lässt sich die Lage genau fesstellen: die Urwirbel stossen nach aussen an das Ektoderm, medial liegen sie dem Medullarrohr an. ventral sind sie der Aorta zugewendet und lateral grenzen sie an den Zwischenstrang, der zwischen ihnen und der l'arietalzone der Keimhaut liegt.

Aul' dieser Entwicklungsstufe bleibt der Urwirbel nur kurze Zeit, er beginnt dann neue Phasen zu durchlaufen, von denen folgende Erwähnung verdienen. Bei menschlichen Embryonen von 4,25 mm KopfSteisslänge (Ende der 3. Woche) füllt sich die zuerst leere Urwirbelhöhle allmählich mit Zellen, welche im Gegensatz zu denen der Wandschichte spindelförmig und eckig sind (Fig. 72). Bei dem Menschen sind sie nicht -ein- zahlreich, hei Säugern hilden sie eine dichte Masse, die als


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Fig. 70. Menschlicher Embryo von 4 Wochen mit 37 U wirbeln.

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i) Bisweilen werden wahre Wortungeheuer gebildet, wenn es sich darum handelt, von einer grösseren Zahl der Urwirbel, wie derjenigen der „thorakolumbosakralen Reihe" gleichzeitig zu sprechen.


Um irbelkern bezeichnet wird. Auf einer fortgeschrittenen Stufe erfolgt skierotom. der Durchbruch der Urwirbelhöhle. Die mediale Wand öffnet sich, durch die Öffnung verlassen die Zellen des Urwirbelkerns ihre Geburtsstätte. Sie ziehen nach dem Medullarrohr und der Chorda hin und hüllen diese beiden wichtigen Gebilde ein. Von jedem Urwirbel kommt ein solcher Zellenstrom, der fächerförmig auseinanderweicht, um die eben genannten Organe zu umhüllen und so die mesodermale Grundlage der sog. häutigen Wirbelsäule herzustellen. In ihrer Totalität stellen diese Zellen eines Somiten ein embryonales Organ dar, das Skierotom. Skelettsegment 1 ) heisst (Fig. 72). Soviel Urwirbel. soviel „Sklerotome". Die erste Anlage des Achsenskelettes ist also *"*%

aus bilateralsymmetrischen und den Urwirbeln entsprossenen Organen, den Sklerotomen. aufgebaut.

Die Off nun«-, durch welch«' die Sklerotomzellen aus dem Innern des Urwirbel- hervorkommen, vergrösserl sich später, aber ihr endliches Schicksal ist nicht aufgeklärt

Nach der Abgabe der Zellen, welche den Urwirbelkern ausmachten, hat sich allmählich die Gestalt des Urwir bels verändert : er ist zu einem länglichen, vierseitigen Organ geworden. Myotom. das folgende Eigenschaften besitzt: es besteht aus einer medialen Platte, der Muskelplatte, und aus einer lateralen Platte, der Cutisplatte, einer oberen Kante und einer unteren Kante. Im Innern findet sich eine schmale Spalte. Dieses Gebilde' (Fig. 73) heisst jetzt Myotom, Muskelsegment. Aus ihm gehen die segmentierten Skelettmuskeln hervor. Um das Ende der dritten Woche beginnl an der medialen Lamelle bereits die Umwandlung der epithelartigen Zellen in .Muskelzellen. Man hat deshalb diese Platte Muskelplatte genannt. Der genauere Vorgang ist bei den Säugern noch nicht genügend erkannt, die niederen Wirbeltiere lehren folgendes : die Eibrillen entwickeln sich im Innern einer solchen Zelle, wie sie die mediale Platte des Myotomes aufweist. Die Zellen wachsen zu langen Gebilden, der Kern vermehrt sich durch mitotische Teilung;




parietale- Mesoderm


Jlembr.reunk-n*




Vena umbilicalis


Fig. 71.

Menschlicher Embryo, 14—16 Tage alt. Linke Hälfte des

Querschnittes. 240 mal vergr.


i) axAijQÖs hart, eben daher Sklera des Auges, und tipvoeü trenne, schneide ein.


13 1 Keimesgeschichte.

aus dem einen werden viele, welche sich in dem Protoplasma, und zwar sowohl im Innern, als in der Randschichte lagern. In dein Protoplasma erscheint zuersl ein Mantel feiner Fibrillen; der Durchschnitt zeigt dann dir Muskelfaser als einen Kran/ von feinen Fibrillen, der Kerne und helles, nicht organisiertes Protoplasma umschliesst. also wie hei Wirheilosen, eine Sonderung in Winde und Marksubstanz aufzeigt (Leydig). Vod der Mitte des dritten Monats an finden sich Fasern und Kernreihen. Entsprechend den Reihen zerfallt die Faser in Tochterfasern. Jede derselben kann durch Ausbildung neuer Kernreihen aufs neue zerfallen. Die Längsteilung kommt auch in späterer Zeit, nach der Geburt, vor.


Drwirbel (Jrwirbelkern


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Fig. 72. Menschlicher Emhiyo von 4.5 mm Nackenlänge (Ende 3. Woche). Querschnitt in der

Höhe der Anlage eles Anns. 100 mal verirr.

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Andere Muskelfasern besitzen nur eine Kernreihe im centralen Protoplasma. Diese Fasern sollen teilweise zu Grunde gehen.

Über die obige Schilderung der Bildung von Muskelfasern hinaus ist die Angabe der Beobachter noch zu mannigfaltig, um diesen Prozess hier weiter zu erörtern. Nur die Thatsache vom Auftreten der Fibrillen im Innern des Zellenprotoplasmas wird für kein Wirbeltier bestritten. Zu dieser wichtigen Thatsache kommt noch der Umstand, dass während des Wachstums der Zellen die Kerne sieh teilen, so dass eine direkt aus dem Myotom entstandene Zelle neben dem Protoplasma der jungen Fibrillen, auch noch viele Kerne enthält, wie dies auch beim Erwachsenen der Fall ist. Diese wertvollen Erfahrungen sind hauptsächlich an den Myotomzellen der medialen Lamelle gewonnen; wie sich in dieser Beziehung die Zellen der lateralen Lamelle oder die der Kanten verhalten, i-i namentlich bei Säugern bis j't/.t noch nicht eruiert Nach den Erfahrungen an niederen Wirbeltieren und den Wirbellosen ist anzunehmen, dass sieh der Prozess der Muskelbildung in der nämlichen Weise abspielt, wenn auch erst ein paar Wochen später (Balfour).


I i wirbel.


L35



Muskelplattu


Cutisplai be


'



Der Urwirbel besitzt nach dem Mitgeteilten eine sehr grosse Be- Neurotom. deutung für den Aufbau der Wirbelsäule und der Skelettmuskeln. Aber diese Bedeutung steigert sich noch, denn die Urwirbel beeinflussen andere Organe in solchem Masse, dass sie ebenfalls eine strenge Gliederung erhalten. Dies ist z. B. mit dem Medullarrohr der Fall. Jeder Urwirbel erhält ein Nervenpaar. Dadurch wird auch derjenige Teil des Medullarrohres , aus welchem dieses Nervenpaär hervorgeht, segmentiert. Man spricht deshalb auch von Nervensegmenten oder Neurotomen. Zu jedem Urwirbel geht eine Arterie und eine Vene, und so kommt es, dass auch die Gefässe anfangs eine regelmässig metamere Gliederung /.eigen. Das ist im Bereich der Brust- und Bauchhöhle in auffallendem Grade, selbst noch bei dem Erwachsenen der Fall. Es genügt, an die Aa. intercostales und lumbales und die entsprechenden Venen zu erinnern. An dem sympathischen Nervensystem und der Chorda zeigen sich ebenfalls Spuren dieses tiefgehenden Einflusses der Urwirbel (s. Chorda). Offener liegt der Eintiuss auf die Entwickelung des exkretorischen Apparates und der Extremitäten zu

Tage. Die Urniere entsteht selbst bei dem Menschen noch unter dem Einfluss, der den Aul bau des Körpers aus übereinstimmenden Teilen beherrscht, allein die Zeichen sind doch etwas schwer zu erkennen. Je weiter wir aber in der Reihe der Tiere herabsteigen, desto deutlicher wird nicht bloss die erste Herkunft der Urnieren, sondern auch der Zusammenhang der Gliedmassen mit den Myotonien. Die Würmer und die Arthropoden liefern bezüglich beider Organe ausgezeichnete Beispiele. Höchst bedeutungsvoll ist es, dass selbst die Leibeshöhle in ihrem frühesten Beginn bei niederen Tierformen auf segmentaler Grundlage entstellt, allein hierüber soll in den entsprechenden Kapiteln berichtet werden ' |.

Eine weitgehende Aufklärung über da- Wesen der Urwirbel und der daran.- hervorgehenden Segmente geben die gegliederten Würmer (Band- und Ringelwürmer). Bei diesen Tieren sind die Segmente, welche den geringelten


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Fig. 73. Myotoin eines menschlichen Embryo. Ende der 3. Woche,

700 mal verer.

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] ) Für die Metamern- bei einem wirbellosen Tiei siehe das kleine Buch von Huxley: Der Krebs. Leipzig 1881. Internat, wiss. Bibliothek. Bd. 48.


Keimesgeschichte.

Leib zusammensetzen, von gleicher Bildung und gleichem Formwert Es handelt sich liier, wie bei der Entwickelung der hoch in der Organisation vorgeschrittenen Tiere um eine Wiederholung individueller, gleichartiger Teile 1 ), Das Verständnis des Urwirbels und der daraus hervorgegangenen Metamerie wird deshalb von der grössten Bedeutung für das Verständnis des höheren wie des niederen Tierkörpers.

Die erste Anlage des Urwirbels und das Auftauchen seiner Derivate, des Myotom und des Skierotom. I»as erste Zeichen bei der Anlage der Urwirbel besteht in hellen Streifen vor der Primitivrinne, welche quer verlaufend in der Stammzone auftreten. Die Mesodermzellen sind dort spärlicher, das Licht dringt deshalb leichter an diesen Stellen hindurch. Zuerst tritt nur ein heller Streiten auf. dann folgen die übrigen kaudalwärts nach. Später finden sich, von aussen gesehen, an diesen Stellen Vertiefungen, weil gleichzeitig der auf solche Weise abgegrenzte Urwirbel sich vergrössi 1 1 hat und hügelartig über die Ebene vorspringt. Bei den niederen Wirbeltieren setzt sich der Urwirbel in die Parietalplatte, und das Myocöl in die Leibeshöhle direkt fort. Es giebt also eine Zeit, wo bei Fischen und Amphibien das Myocöl einen Teil der Leibeshöhle darstellt und umgekehrt die Leibeshöhle aus dein Myocöl-) entstanden ist (Amphioxus, Petromyzon), allein hei höheren Formen wird dieses Verfahren im Aufhau des Wirbeltierkörpers verlassen. Der Urwirbel ist dann nach der Parietalzone hin scharf abgegrenzt (Figg. 70 und 71). Dadurch werden jene Teile, aus denen die Urniere hervorgeht, von den .Myotonien abgeschnürt und nehmen eine andere (iestalt an; die Myocöle hören dann auf, mit der Leibeshöhle wie früher zusammenzuhängen und so wird endlich ein Teil der Leibeshöhle in jedes Myotom eingeschlossen. Von diesen Erfahrungen aus. welche die vergleichende Embryologie lehrt, gewinnt die unscheinbare Spalte in dem Myotom des Menschen und de]' Säuger eine hohe Bedeutung. Die Spalte ist. wie das Myotom seihst ein uraltes Zeichen von Übereinstimmung der Organisation.

»epta. Die Urwirbel sind bei dem ersten Auftreten durch eine helle Linie

von einander getrennt. Sie heisst Intersegmentallinie. Innerhalb dieser Linien entstehen aus den mesodermalen Zellen Lamellen, welche zunächst die Urwirbel trennen. Treten später die Myotonie auf, so werden diese ebenfalls getrennt durch stärkere mesodermale Züge, die nunmehr Myosepten heissen. In den Myosepten treten Fascienblätter, Knorpelspangen, Knochenspangen, Hippen auf. Die systematische Anatomie nennt solche Fascienblätter zwischen den ausgebildeten Muskeln auch Septa intermuscularja. Nach dem Vorausgegangenen ist der Ur Haeckel, Generelle Morphologie. Bd. 1. S. 312. und Anthropogenie. 3. Aufl. 1-77. - -' Man nennt deshalb das Myocöl auch Urwirbelhöhle und diese Bezeichnung ist für den Amjihioxus, die Fische und Amphibien allein zutreffend.


wirbel ein embryonales ( h*gan, das aber mehrere t Irgane aus sieb hervorgehen lässt, die als Derivate bezeichnet werden können. Jeder Urwirbel liefert:

1. ein Myotom oder Muskelsegment, d. h. ein* j n Abschnitt, aus dem die segmentierte Muskulatur des Wirbeltierkörpers hervorg

2. ein Skierotom oder Skelettsegment, aus dem nach und nach die häutigen, dann daraus die knorpeligen und endlich die knöchernen Wirbel hervorgehen;

3. ein Nephrotom oder Urnierensegment; bei den Anamnien bis zu den Reptilien hinauf direkt beobachtet, sodass die Annahme vielleicht berechtigt ist, auch bei den übrigen Amnioten sei dies der Fall:

4. ein Myocöl, eine Höhle, welche in jedem Myotom erscheint. In dem Kopf und in dem vorderen Teile des Rumpfes, sowie fast in der ganzen Schwanzregion bleibt an den Urwirbeln die Entwickelung der Exkretionsorgane aus. Dennoch werden die Urwirbel überall als voll angesehen, ob sie Exkretionsorgane zur Ausbildung bringen oder nicht.

Bei den Anamnien liefert der Urwirbel vielleicht auch noch ein Gonotom 1 ), ein Segment für die Herstellung der Geschlechtszellen. Bei den Anamnien (den Selachiern) noch direkt zu erweisen.

Die Urwirbel der kranioten Wirbeltiere dürfen nur mit dem dorsalen Teil dir Ursegmente des Amphioxus verglichen werden, weil bei den Kranioten sich nur der dorsale Abschnitt des Rumpfmesoderms segmentiert, der ventrale dagegen unsegmentiert bleibt.

Haeckel hat das Verschwinden alter Einrichtungen eine Fälschung des ';'"": Entwickelungsvorganges, eine Cenogenesis genannt. Man hat diesen Ausdruck auf das heftigste bekämpft und betont, dass die Natur nicht „fälsche". Allein dieser Ausdruck sollte doch nur andeuten, dass die grossen Abweichungen von dem supponierten Bauplan des Wirbeltieres bei bestimmten Tiergruppen eine Abänderung erfahren, um unter Umständen in andere Gebiete des Organismus verlegt zu werden und damit andere Funktionen zu übernehmen. Gegenbaur hat, um diesen Streil zu beendigen, statt Ceno- Cänogenesis gesetzt (von jcaivög neu. fremd). Darunter sollte dieselbe Erscheinung als eine neue Erwerbung des Organismus bezeichnet werden, was sie auch in den meisten Fidlen i-t , denn jede Abänderung kann als etwa- Neues bezeichnet werden. Mit Hülfe solcher Abänderungen schreitet die Entwickelung nicht allein fort, sondern sie erschafft, tausendfach wechselnd, jene unermessliche Zahl von Varietäten und Species, die wir mit Hülfe der Systematik tinterscl^eiden und benennen. Entwickelung bringt naturgemäss Neues und doch bedeuten Entwickelung und Cänogenese durchaus nicht dasselbe. Die unbedeutende Spalte im Ursegment des Menschen ist das Zeichen einer bestimmten Entwicklungsstufe und selbst ihre rudimentäre Form gleichzeitig doch eine neue Erwerbung an Stelle der weiten, mit der Leibeshöhle zusammenhängenden Spalte bei den niederen Wirbeltieren.

Besondere Merkmale der Rumpfmyotome. Die Rumpfmyotome zeigen in ihrem Wachstum, abgesehen von dem schon Mitgeteilten, noch folgendes Verhalten: obere und untere yovibt eiler yovevta, zeuge, und re'fivoa), nenne.


Moskel


BauchSosse


Kante lassen neugebildete Zellen austreten; diese münden in das umgebende Mesoderm ein, ziehen mit ihm dorsal und hüllen auf diese >A se samt dem Skierotom das Medullarrohr ein. Dieses liegt anfangs hoch emporgewölbt und nur vom Ektoderm bedeckt (Fig. 72), allmählich wird es von den dorsal wachsenden Massen des Myotomes und Sklerotomes

umschlossen. Spater sind es nicht mehr hloss ein/eine Zellenhaufen, die dorsal wachsen, das ganze Myotom dehnt sich nach jener Seite mächtig aus und füllt den Raum zwischen den Dornfortsätzen. An der unteren CJrwirbelkante vollzieht sich derselbe Prozess, er ist I" i Säugern und bei dem Menschen beobachtet. Besonders lehrreich sind diese beiden Vorgänge bei niederen Formen. Das Austreten der Zellen geschieht gleichzeitig in kompakten Massen in Form einer Knospe, welche Muskelknospe heisst. Die Myotome geben bei Prostiurusembryonen mit mehr als 90 Urwirbeln zwei Knospen an der ventralen Kante ab. eine andere und eine hintere. I >i e Bildung derselben schreitet ganz regelmässig von vorn nach hinten fort. Es sind daher auch stets die vorderen Knospen weiter entwickelt als die hinteren; sie stellen anfangs kleine Sack eben dar. welche im Bereich des Flossenstummels der dorsalen Fläche näher liegen als der ventralen. Sie erhalten später meistens ein kleines Lumen und ihre Wand besteht dann aus einem einschichtigen niedrigen Cylinderepithel. 1 >ie Knospen verlängern sich . schnüren sich von den zugehörigen Myotonien ab und wachsen zu langen dünnen Strängen aus (Fig. 74). Bei andern Knorpelfischen verläuft die Abschnürung etwas verschieden, wobei interessante Anklänge an höhere Tiere auftauchen. Abgesehen von der Abgabe solcher Knospen, die lateral in das Mesoderm sich hineindrängen, wächst der übrige Teil der ventralen Kante aus der Stammzone weiter in die Parietalzone hinein, die eben anfangt, die vordere Körperwand, die Membrana reuniens, anterior zu bilden. Mit dem Einwachsen der Myotonie wird diese Membran in die eigentliche Leibeswandung umgeändert, denn nunmehr kommen mit diesen Myotonien segmentierte Muskeln, segmentale Nerven und Blutgefässe. Die Myotome umgreifen je die eine Hälfte des


++++ Fig. 74. Runipfruyotome und ihre Muskelknospen, im Bereich der Bauchflosse besonders lang und dazu doppelt. Pristiurusembryo Nach P. Mayer.

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Körpers, denn sie wachsen, wie erwähnt, dorsal um das Medullarrohr, ventral um die Leibeshöhle stets bis zur Mittellinie. Ist dies auf jeder Seite geschehen, dann stellen alle diese Myotonie zusammengenommen

zwei grosse segmentierte Muskelplatten dar, welche auf jeder Körperseite \ Kopf bis zum Schwanz ziehen und in der vergleichenden

Anatomie als Seitenr umpfmuskel bezeichnet werden. Jedes Myotom dieses Seitenrumpfmuskels zerfällt dann im Laufe der weiteren Gestaltung in ein dorsales und ein ventrales Muskelfeld, welches durch ein horizontales (queres) Septum getrennt wird. Dieses Septum wird bei dem Menschen zum tiefen Blatt der Fascia 1 u mbodorsalis, das bekanntlich bei dem Erwachsenen die dorsale Stammesmuskulatur von der ventralen trennt und zwar in besonders auffallender Weise in der Lendengegend.

Bei niederen Wirbeltieren ist die quere Trennungslinie der Myotonie in ein dorsales und ventrales Muskelfeld auf der Haut erkennbar durch die Seitenlinie mit ihren Sinnesorganen.

Für dir Vergleichung der Muskeln i.-t die Entscheidung von prinzipieller Wichtigkeit, dass die Seitenrumpf muskulatur überall aus den gleichnamigen Teilen dri- Myotonie hervorgeht. Die medialen Lamellen oder die Muskelplatten (Fig. 73) im strengen Sinne des Wortes kommen in erster Linie in Betracht. Dies gilt wenigstens für die Haie. — Muskeln können auch aus dem visceralen Blatt des Mesoderm, überhaupt auch in der Parietalzone des Embryo entstehen, aber sie sind nicht mit der Seitenrumpf muskulatur vergleichbar; sie sind nicht segmentiert. In allen Fällen ist die erste Entstehung für die Vergleichung in Betracht zu ziehen.

Mit dem Beginn des dritten Monats erfolgen die zahlreichen Verschiebungen der Myotonie und ihrer Derivate, der einzelnen Muskeln. Die Verfolgung ihres Verlaufes ist so erschwert, dass es auf embryologischem Wege bei den höheren Formen noch nicht gelungen ist, das endliche Schicksal der einzelnen Myotonie klarzulegen. Ein sicherer Führer für alle solche Studien bleibt der Nerv. Zu jedem Myotom gehört ein motorischer Nerv; er bildet mit dem entsprechenden Myotom eine morphologische Finheit. Der Nerv folgt nicht bloss der ersten Gliederung des Myotomes in ein dorsales und in ein ventrales Muskelfeld, sundern auch den einzelnen aus dem nämlichen Myotom hervorgehenden Muskeln. Mit dem dorsalen Felde zieht der dorsale, mit dem ventralen Felde zieht der ventrale Stamm eines Spinalnerven. Der ventrale Nervenstamm ist durch Plexusbildung ausgezeichnet. Man nennt deshalb diese ventralen Stämme auch Plexusnerven. Alle diese Nerven sind bekanntlich gemischt. Die sensibeln Fasern verlassen später die dorsalen und ventralen Muskelfelder, um an die Haut zu gehen. Die Sehnen sind im Stamm wie in den Extremitäten vom morphologischen Standpunkt aus nur funktionell abgeänderte Muskelabschnitte. Dasselbe gilt vom embryologischen Standpunkt aus. In der zweiten Hälfte dv^ intrauterinen Lebens wird Muskelsubstanz in Sehne


1 1" Keimesgesi bichtft

umgewandelt. Auf frühen Stufen ist es nicht möglich, sie zu unterscheiden, wei Urwirbel gehörten und später als Derivate desselben hervortraten. Der Zwischenstrang ist aus diesem Grunde auch bei »lern Menschen als ein Derivat des Urwirbels aufzufassen. Ventral von demselben beginnt nun «las Bereich der früheren Parietalzone 1 ) und jetzt dasjenige des parietalen und visceralen Blattes des Mesoderm (Fig. 77). Beide bestehen anfangs aus einfachen epithelartigen Lamellen. An ihrem dorsalen Ende gehen sie in einander und auch in die Mittelplatte über. Dort ist das dorsale Ende der Leibeshöhle und der Beginn des verschiedenen Verlaufes, den diese beiden Blätter einschlagen (Fig. 77).

Das viscerale Blatt des Mesoderm wird bei allen Wirbeltieren und auch bei dem Menschen zu dem Mesoderm des Darmrohres. Es wendet .-ich medial, legt sich an das Entoderm und bleibt von nun an mit ihm verbunden Fig. 77j. Es bildet also das die entodermale Schichte umhüllende Mesoderm und damit auch zugleich die Bindesubstanz der Drüsen, welche aus dem Dannrohr hervorgehen (die Bindesubstanz der Lunge, der Leber, des Pankreas u. dergl.). ferner die Submucosa de- Darmrohres; die Musen laris desselben und zwar sowohl die Muscularis mucosae, als die Muscularis intestini, also in all diesen Teilen ungegliedertes Mesoderm; dann den Endotbeliiberzug des Darmrohres im weitesten Sinne, wie die Pleura pulmonalis, die Serosa des Darmkanals. Das viscerale Blatt liefert auch das Mesoderm der Mesenterien und der Netze, die Milz und die Lymphdrüsen und eine grosse Zahl jener Bänder, welche als Befestigungsbänder der Eingeweide bezeichnet werden.

In der Harnblase von Salamanderlarven und jungen Salamandern kann man alle Übergänge von gewöhnlichen, verä.-telten Bindegewebszellen bis zu platten Muskelzellen nachweisen.

Bei den Amnioten und dem Menschen setzt sieb das viscerale Blatt des Mesoderm auf den Dottersack fort als Dottersack-Mesoderm. In ihm tauchen bei dem Menschen die ersten Blutinseln und viele Gefässe auf, welche den Dotterkreislauf herstellen. Dasselbe ist bei den Amnioten der Fall. Das Dottersack-Mesoderm liefert die Hämatoblasten, aus denen rote und weisse Blutkörperchen hervorgehen.

Das parietale Blatt des Mesoderm legt sich an das Ektoderm an und bleibt mit ihm von nun an verbunden. Es wird zu dem ungegliederten Mesoderm der Körperwand, begrenzt lateral die primitive Leibeshöhle des Cölom (Fig. 77) und stellt die Membrana reuniens


ij Die Parietalzone der rechten und der linken Seite werden auch als „Seitenplatten^ bezeichnet.


Mesoderm. 11."

anterior dar. welche derjenigen der andern Seite sich nähert und so den cylindrischen Leih des Embryo allmählich modellieren hilft. Ehe die Verwachsung mit dem parietalen Blatt der andern Seite stattfindet, bildet es, dem Ektoderm sich anschliessend, die mesodermale Schichte des Amnion, das amniotische Mesoderm, das sich, überdies spaltet, um als Serosa an der Bildung der Placenta totalis sich zu beteiligen und während des intrauterinen Lebens eine wichtige Rolle als gefässführende Membran zu spielen. Die von der parietalen Wand des Mesoderm hergestellte Körperwand wird erfüllt von der nach der Mittellinie vordringenden ventralen Kante des Myotomes. Die segmentierte Muskulatur wächst in Form der ventralen Felder des Seitenrumpfmuskels ein, mitsamt den Myosepten und erreicht allmählich die vordere Mittellinie. Aus dem parietalen Mesoderm entsteht ferner die Cutis aussen, die Auskleidung des Cöloin innen mit jenen Membranen geformten Bindegewebes, welche unter dem Namen der Pleura costalis und des parietalen Blattes des Peritonaeum in der systematischen Anatomie beschrieben werden. Als innere Grenzschichte tritt wie bei dem visceralen Blatt des Mesoderm ein Zellenlager auf, das als Endothel bezeichnet wird. An der dorsalen Wand des Cölom, an der Mittelplatte (Fig. 77), dort wo parietales und viscerales Blatt ineinander übergehen, dringt später der exkretorische Apparat in den Raum. Hier verbinden sich segmentiertes und unsegmentiertes Mesoderm und liefern jene Organgruppe, die unter dem Namen des exkretorischen Apparates zusammengefasst wird. In dem menschlichen Körper giebt es also segmentiertes und unsegmentiertes Mesoderm. ebenso in dem Körper der übrigen Cranioten. Beide Arten des Mesoderm haben wichtige physiologische Funktionen und morphologische Eigenschaften. Die aus ihnen hergestellten Organe durchdringen sich aber gegenseitig. Nur während der Entwickelungsperiode sind ihre Gebiete getrennt.

e) Mesenchym.

Der Unterschied zwischen beiden Mesodermarten, der eben hervorgehoben wurde und der, weit verbreitet, auch in andern Tierkreisen nachweisbar ist. hat die Unterscheidung von M esoblast und Mesenchym veranlasst (0. u. R. Hertwig). Embryonale Zellen, welche einzeln aus dem epithelialen Verbände ausscheiden, dienen dazu, zwischen den epithelialen Grenzblättern ein mit zerstreuten Zellen versehenes Sekretoder Bindegewebe zu erzeugen, dessen Zellen die mannigfachsten Differenzierungen eingehen können. Dieses Gewebe und alle seine Derivate führen den Namen Mesenchym. Auch das Blut wird dazu gerechnet. Der Ausdruck „Mesoblast" bezeichnet segmentiertes Mesoderm. Diese Mesenchymtheorie fällt zu einem Teil mit denjenigen Beobachtungen zusammen, welche ein segmentiertes (gastrales) und ein unsegmentiertes (peristomales) Mesoderm unterscheiden lehrten. In dieser erweiterten Auffassung findet die Mesenchymtheorie ihren Platz.

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K " 1 1 in .i ii n . Bntwickelnng8geschichte. JQ

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Die Entwickelang der Muskelfaser: Neben den älteren Angaben von Staun ins, Remak, Weismann n. A. ßiehe Leydig, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Tiere. Frankfurt a. M. l v ">7. — Hertwig, 0. und R .. a a. 0. — Rabl, Theorie des Mesoderms, a. a. 0. Maurer, -Morph. Jahrb. Bd. 21. 1894, und die Lehrbücher der Histologie. — Ober Entwickelung und Bau der Myotonie vergl. Bali'our a a. 0. Hertwig, Rabl; Ziegler, A.rch, f. mikroskop. Anat. Bd. 32. 1888 - van Wijhe, ebenda. Bd. 33. 1889. — Mollier, Anat, Hefte. Bd. 3. 1883.

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VIII. Die Grenzen des Fruchthofes und der Randwulst 1 ).

Dotterwall; Peri blast; Einfluss wechselnder Dottermengen: Doppelbildungen.

Der Keimhautrand ist die scharfe Grenzlinie zwischen Embryo und Dottersack der Säuger und des Menschen. Sobald

bis


die Differenzierung


Dottersack


Amnion


Medullarrinne


zur Bildung des Amnion geführt hat, das bei dem Mensehen schon vor dem Auftreten der Urwirbel vollendet ist, sitzt der Embryo samt der Keimhaut wie ein flacher Kahn. Carina, auf der Oberfläche der Dotterkugel. Die ganze Anlage ist scharf von der Wölbung des Dottersackes unterscheidbar (Fig. 78). An dem Rande tritt die Spaltung des Mesoderm auf, das eine Blatt , das parietale Mesoderm, bedeckt das Amnion, das viscerale Blatt, den Dottersack. Wo sie auseinander weichen, befindet sich der Keimhautrand (Fig. Dieses Verhalten lässt sieh rückwärts verfolgen bis zu dem ersten Auftreten des Embryonalschildes (Fig. 37, S. 83), wo der Übergang des Ekto- und Entoderm auf die Keimblase ohne Unterbrechung erfolgt und noch kein auffallendes Zeichen die Grenze des embryonalen Leibes an

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Fig. 78. Menschlicher Embryo mit Bchuhsohlenartiger Keimhaut, mit

Medullarforche and Medullarwülsten, ohne DrwirheL Das

Amnion geöflhet. Länge 2 mm. Dorsalansicht. 30malvergr.

Nach Graf Spee. (Rekonstruktion.)


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i) Synonyma: Keimwall.

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deutet. Allein sobald der Rand sich scharf abgrenzt, so deutet diese Marke die Stelle an. an der sich der Embryo allmählich von der Keimblase befreit ; denn er selbst nimmt an Umfang zu, während der DotterBack mehr und mehr zu einem bedeutungslosen Anhang herabsinkt. Bei den Säugern ist dieses Verhalten des Randes gleichzeitig ein Beweis, dass trotz der totalen Furchung die Wirbeltiere von einem Vorfahren abstammen, der dotterreiche Eier besass, ähnlich denen des Schnabeltieres und seiner nächsten Verwandten. Denn nur bei Eiern mit einer grossen Dottermenge kommt es zu einer so scharfen Abgliederune des Abgiieder ° o o ang.

Embryo vom Dottersack. Bei totaler Furchung, wie bei der des Amphioxus, der Cyclostomen und vieler Batrachier, vor allem bei dem Frosch, kommt es zu keiner Abgliederung des Embryo, weil ein Dottersack fehlt. Bei den Eiern mit Nahrungsdotter ist nämlich nur eine kleine

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Fig. 79. Menschlicher Embryo von 2 mm Länge, noch ohne Urwirbel und ohne Chorda. Querschnitt von Fig. 78. Nach Graf Spee.

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Menge, der Bildungsdotter, am oberen (animalen) Pol des Eies an dem Furclnmgsprozess beteiligt. Dieser Bildungsdotter liefert nach der Furchung zunächst eine ,, Keimscheibe", auf der aus den Keimblättern der Embryo hervorgeht und sich abgliedert, während der Rand der Keinischeibe nach und nach die Dotterkugel umwächst. Dieser Rand ist ein auffallendes Gebilde, das z. B. bei den Selachiern als verdickter Wulst einige Zeit lang bestehen bleibt. Eine dieser Stufen ist in Fig. 80 abgebildet. Die Scheibe ist durch einen scharfen Rand gegen den übrigen Dotter abgesetzt, durch den Randwulst. Nach der Embryonalanlage zu ist er etwas unregelmässig, dort sind die eben entstandenen Blutinseln: nach hinten ist er lappenartig verlängert in Form der sogen. Schwanzlappen, dazwischen mit einer Randkerbe versehen. Hinten geht der Randwulst in die Embryonalanlage über, die deutlich symmetrisch ist, ansehnlich aus der Ebene der Keimhaul sich emporliebt und ans den Medullarplatten und der Medullarfurche besteht.

Bei den Knochenfischen mit viel Nahrungsdotter ist das Verhalten des Randwulstes übereinstimmend. Bei den Salmoniden ist die Keimscheibe


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Fig. 80.

Keimhaut von Torpedo oceüata mit dem Randwulst.

Stadium <'. 15 mal vergr. ++++


/.. B. von einem dicken und scharfen Rand umgrenzt, der mit freiem Auge

bemerkbar ist Die Fig. 81 zeigt ihn an einem (lOmali vergrösserten Lachsei

Umwachs- ;u ,f ,1,.,,, Wege der Umwachsung, schematisch. Die Embryonalanlage sieht

mit <ler Spitze gegen den oberen Eipol, der hutförmig bedeckt ist von der

halbkugeligen Keimhaut Der Randwnlst hat bereits den Äquator der Dotterkugel um wachsen, unter seinem Rand ragt ihr noch freier Dotter hervor. Bei den Sauropsiden ist der Keimhautrand ebenfalls verdickt, auch er umwächst zu einem grossen Teil die Dotterkugel, allein seine charakteristischen Eigenschaften verlieren sich viel rascher, als bei den eben erwähnten Formen. Am Vogelei ist er bei seinem ersten Auftreten zwar nahezu 1 mm breit und wird zuerst als dunkler Fruchthof bezeichnet (Area opaca), weil bei durchfallendem Licht die Strahlen spärlicher hindurchtreten als in der Mitte, die deshalb hell erscheint (Area pellucida); allein schon bei den Reptilien und noch mehr bei den Vögeln verliert sich die auffallende Verdickung ungemein

rasch, weil bei der Grösse des Dotters die Umwachsung rapide fortschreitet und sich damit, wenigstens äusserlich, die Erscheinung verliert.

Dieser Randwulst wird bei den Fischen dadurch hervorgebracht, dass sich die obere Zellenreihe der Keimhaut gegen den Dotter hin umschlägt, um sich an der Bildung des Entoderm zu beteiligen. Er heisst deshalb auch Umschlagsrand. Er ist verdickt, weil eine stärkere Zellanhäufung sich dort befindet (siehe Fig. 82). dann weil sich der Hand von seiner Dotterlage etwas emporhebt. Das ist namentlich an dem hinteren Umfang der Keimscheibe der Fische der Fall. Die unter die Keimhaut einspringende Kinne wird als beginnende Grastrulahöhle aufgefasst. Vergleicht man die Iiildung des Entoderm des Amphioxus, das durch Invagination entsteht, so spielt sich an dem Umschlagsrand der


Anlage 'i' - <" bims and 1 des Kopfes


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Fig. 81.

Ei eines Salm

»niden. Elan

Umwachsung dwulst. Nach des Bis

Dotters durch den

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Selachier der analoge Vorgang ab, denn auch bei ihnen entsteht durch

den Umschlagsrand Kntoderm, das aber wegen der grossen Dottermenge m ?and. 88 "

nicht sofort als eine vollständige Zellenschichte vorhanden ist, sondern erst allmählich aufgebaut wird. Im Anschluss an den Umschlagsrand wird nach und nach das untere Grenzblatt, das Darmblatt, ausgebildet.

Unter solchen Umständen erhält «lieser Umschlagsrand für kurze Zeit, wenigsten- so Lange keine auffallenden Umwandlungen ihn verändern, die Bedeutung einer wichtigen Stelle für die vergleichende Embryologie, er ist homolog dem Urmundrand der Gastrula des Amphioxus und der Batrachier, denn das sich neubildende Entoderm schiebt sich, wie bei dem Amphioxu3, immer mehr und mehr unter das Ektoderm und würde sofort zwei Keimblätter herstellen, wenn nicht zuvor noch Mesoderm denjenigen Zwischenraum ausfüllte, der wegen der Übereinstimmung mit dem homologen Raum am Keimling des Amphioxus oder des Frosches „Furchungshohle" genannt wird. Sobald die Keimscheibe sich mehr ausbreitet und die Gefässbildung beginnt, verschwindet aber dieser Umschlagsrand und damit auch die Spur der Gastrulation. Es ist also nur eine kurze Zeit die Vergleichbarkeit der Vorgänge möglich. Ist dieser Zeitpunkt vorüber, dann treten andere Bildungen im Bereich der Keimscheibe auf, welche die früheren verwischen.


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Fig. 82. Randwulst im Querschnitt, Selachier (Torpedo ocellata). 250 mal vergr.

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Bei den Sauropsiden kommt es bei der Entstehung der Keimscheibe auch zur Entwicklung eines Randwulstes mit den nämlichen Eigenschaften wie bei den Selachiern, allein die Vorgänge sind im einzelnen nicht so leicht xu überblicken, jedoch sind Unischlagsrand, die damit verbundene Anlage des Entoderm, Reste einer Furchungshohle und Entstehung des Mesoderm (namentlich im hinteren Umfang der Keimscheibe unter der form <\i-s peristomalen Mesoderm) unverkennbar.

Bei allen dotterreichen Eiern (Selachier, Salmoniden und Sauro- DotterwaU. psiden) ruht die Keimscheibe auf einer Schichte feinkörnigen Dotters, in welchen Kerne eingestreut sind, Merocyten, auch Dotterzellen genannt. Sie sind besonders zahlreich im Bereich jener Dotterschichte, auf welcher der Randwulst der Keimhaut aufruht. Bei vielen Species ist diese Dotterschichte dadurch so eigenartig geformt und die sich an


150 Keimesgeschictate.

das Entoderm herandrängenden Kerne sind so zahlreich, dass diese ganze Zone bei den Vögeln als Dotterwall bezeichnet wurde, bei den Knochen- und Knorpelfischen dagegen die Bezeichnung Periblasl erhielt. Dieser Periblasl ist also eine zellenproduzierende Dotterschichte, welche nach Anlauf der Furchung noch immer neue Zellen entstehen lässt unter Umständen, welche mit denen der echten Furchung nur eine entfernte Ähnlichkeit haben, weil die Furchungsspindeln leiden, sog. Merocyten. Man bezeichnet den Vorgang im Dotterwall als Nachfurchung.

Die Zilien vermehren sich nach vorausgehender Kernteilung; die Zellschichl umgreift schh'esslich den ganzen Dotter, ihre Zellen liegen oft in mehreren Lagen übereinander. Diese zuerst um den Rand des Keimhügels sich bildenden Zellenmassen bezeichneten Agassiz undWhitman als Periblasl van Bambeke als couche intermediaire. Neuerdings werden sie als Dottersyncytium bezeichnet

Diese Nachfurchung, an der sich der Dotter beteiligt, ist sehr mannigfach erklärt worden. Vieles an den Vorgangen, namentlich an der Rolle, welche diesen Zellen zukommt, ist noch unaufgeklärt, aber manches steht heute fester als je und dazu gehört die Überzeugung von der Einheit des Eies. Das Ei ist ein Organismus von einer fast unendlichen Kompliziertheit seiner Moleküle. Es i - 1 ein e Indi v i duali t ä t, w e 1 c h e A 1 1 e s , was von dem müt t erlichen Wesen ihm zugeführt wird, auch Zellen, zu seiner

asten Substanz umwandelt. Das Ei ist ein Ganzes mit der eminenten Fähigkeit, sich zu einem Vertreter seiner S p e c i e s zu entwickeln, der dann eine besonders organisierte In<lividualit;it mit einem ganz bestimmten Ich dar

1t. Das Ei ist trotz aller Zuthaten von weissem und

gelbem Dotter, von Pigment, Fett. Kry stallen, eine biologische Einheit ohne jeden Dualismus. Das Vorhandensein von Nahrungsdotter ändert den Entwickelungsgang in manchen sehr wichtigen Punkten, aber dennoch wird dadurch die prinzipielle

gel des Aufbaues nicht erschüttert. Die Lehre von der Entwicklungsgeschichte des Menschen verlangt die Kenntnis der Vorgänge an den meroblastischen Eiern überhaupt und auch jene]- Vorgänge an dem Randwulst. Denn das dotterarme Ei der Säuger und des Menschen ist aus einem dotterreichen Ei hervorgegangen. Auf den ersten Augenhlick scheint dies nicht der Fall, denn das Ei ist sehr klein, es besitzt eine totale Furchung und lässt keinen Nahrungsdotter erkennen. Dennoch ist es nach allen Anzeichen aus einem Ei mit viel Nahrungsdotter hervorgegangen. Wie bei den erwähnten Fischen oder den I auch hei den Säugern die Anlage der Keimhaut mehr in die Breite, das Blut entsteht entfernt von der Körperanlage des Embryo, Stammzone und Parietalzone liegen flach vor dem Beschauer und am Rande der Keimhaut spielen sich Vorgänge ab, welche an jene in dem Randwulst bei den Selacbiern teilweise erinnern. Diese Annahme wird fast zur Gewissheit durch die Art und Weise, wie sich das ll'T/ entwickelt. Es entsteht bei den Säugern aus zwei weit auseinanderliegenden Eälften, die in der Mitte verwachsen, gerade wie bei den Reptilien und Vögeln. Endlich spricht dafür die Entdeckung, dass die niedersten Saugetiere Eier mit viel Nahrungsdotter besitzen (Haake, Caldwel, Semon). Aus all diesen Beobachtungen wird der Schluss gezogen, dass die jetzt holoblastischen Eier der Säuger einst meroblastisch waren und manche Erscheinungen während der Entwickelung deshalb nur mit Rücksicht auf solche Herkunft verständlich werden. Der Randwulst zeigt überdies bei der Entwickelung der Knorpelfische, der Salmoniden, dann der Reptilien und Vögel eine Reihe von Funktionen, von denen folgende Erwähnung verdienen:

1. Der Randwulst liefert das Material für die Umwachsung des Dotters.

2. Die Entwickelung des Blutes und der ausserembryonalen Gefässe geschieht unter seiner Hülfe imAnschluss an das viscerale Blatt des Mesoderm.

3. Der Randwulst liefert Bildungsmaterial für den Aufbau Bandwuist des Embryo, namentlich für den Hinterrumpf. Die beiden hoino- rümpf. typen Keimstreifen bei den Selachiern und Salmoniden, die „Sichel" an

der Keimhaut der Reptilien (bei den Schildkröten besonders deutlich), verwandte Bildungen bei den Säugern und dem Menschen stehen mit dem Auftreten des Hinterrumpfes aus zwei symmetrischen Keimstreifen im Zusammenhang (Eigg. 80 und 81). Um die Berechtigung vorstehender Deutungen des Randwulstes und noch anderer mit ihm zusammenhängender Bildungen, wie des Canalis neurentericus, der Primitivrinne und der Sichel, anzuerkennen, ist eine Erwägung unerlässlich, welche an die wechselnden Mengen des Dotters anknüpft. Diese an sich untergeordneten Bildungsstoffe sind der Grund, dass die Entwickelungsverhältnisse aller meroblastischen Eier sich gegenüber den holoblastischen eigenartig gestalten. Von dem Amphioxus zu den Cyclostomen nimmt die Dottermenge etwas zu, um bei den Selachiern sehr bedeutend zu werden. Von diesen zu den Ganoiden schrumpft der Nahrungsdotter wieder zusammen. Nun trennen sich die ferneren Wege der Wirbeltiere. In der Richtung zu den Knochenfischen nimmt die Menge des Nahrungsdotters zu, in der Richtung nach den Amphibien schrumpf! er zusammen. Auf dem Wege von den Amphibien zu den gemeinsamen Vorfahren der Amnioten haben sich die Verhältnisse noch weiter kompliziert. Es haben die Eier von den Amphibien her abermals Nahrungsdotter erworben — auf der einen Seite die Eier der Sauropsiden, anderseits die i\>v primitiven Säuger; hier behielten aber nur die am tiefsten stehenden formen den Nahrungsdotter, während ihn alle höheren, mit der gleichzeitigen Ausbildung neuer günstiger ErnährungsbedingungeD für die sich entwickelnden Eier, wieder bis auf geringe Spuren verloren. Das Gesagte kann durch Fig. 83 zum Ausdruck gebracht werden.

Dienach auf- .»der nach abwärts gerichteten Winkelzeichen unterstützen die Anschauung von der wiederholten Ab- und Zunahme der Dottermenge, die nicht eintreten konnte, ohne den ganzen Entwickelungs


gang zu beeinflussen. Mit all


Tertiär

dotterarm,

Placentaliei


A


Sekundär dotterreich, Sanropsiden


h


V


dotterarm, Knoch<


n7


Sekundär

dotterarm,

Amphibien


Liesen I mständen muss die (Beurteilung der Vorgänge im Randwulst rechnen, um zu verstehen, dass er dem Urmundrand des Amphioxus, dem Urmund oder den Blastoporuslippen der Froschlarve gleichwertig ist, und dass damit der ganze Kreis der Wirbeltiere hierin ein und dieselbe Anordnung erkennen lässt.


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Fig. 83.

Die wechselnden Mengi-n des Dotters in den Eiern

der Wirbeltiere, schematisch dargestellt. Nach

Rabl.

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Die grosse Bedeutung des Randwulstes für die Embryonalanlage wird ganz besonders klar gelegt durch die Entstehung einer bestimmten Klasse von Doppel- und Mehrfachbildungen. In dem normalen Zustand beginnt an dem Randwulst die Embryonalanlage. Die Figg. 80 und 81 zeigen diesen Anfang. Von der Randkerbe aus entsteht der Embryo in der Weise, dass eine vorspringende Masse von Zellen den Kopf des zukünftigen Individuums andeutet. Bei den Doppelbildungen gelangen nach vielen Beobachtungen zwei Embryonen zur Entwickelung (Fig. 84 A). Sie stehen sich entweder meridional gegenüber oder sind in verschiedenen Abständen auf den Umfang verteilt, von welchem aus ihre vorderen Enden in das helle Mittelfeld hineinragen. Statt dass, wie gewöhnlich, nur eine einzige Embryonalanlage auftritt (Figg. 80 und 81), sprossen also aus den angehäuften Keimzellen in dem Randwulst zwei Embryonalanlagen hervor. Jede derselben hat ein bestimmtes Gebiet des Randwulstes nach beiden Seiten anschliessend für sich. In ihrer weiteren Ausbildung entsteht jeder der Embryonen wie gewöhnlich dadurch, dass mehr und mehr Teile des Randwulstes je zu beiden Seiten an ihn herantreten. Di< Embryonalanlagen werden einander genähert, der Randwulst besteht


Mesoderm.


153


dann aus einer langen Strecke und einer kurzen. Die weiteren Folgen für die Entwickelung des Fischkörpers sind nun freilich unter solchen Umständen verhängnisvoll. Während die beiden Embryonalanlagen sich verlängern, müssen sie sich notwendigerweise auch nähern, sobald die kurze Zwischenstrecke aufgebraucht ist. Die medialen Hälften der Embryonen geraten schliesslich aneinander, verwachsen, und die noch vorhandene lange Strecke des Randwulstes liefert einen Körper, der nunmehr einfach und nicht mehr doppelt ist. Die Fig. 84 J5 zeigt den Beginn des gemeinsamen Rumpfes, die Fig. 84 C die Vollendung. Ein fertiges Doppelmonstrum und eine Form, wie sie unter den Fischen zu den allerhäutigsten gehört, ein Anadidymus, ist entstanden unter der hervorragenden Beteiligung des Randwulstes. Zu der vorderen Embryonalanlage bildet der Bandwulst die hintere. Die Natur bewei-t durch diese Doppelmonstra am besten selbst die Bedeutung des Randwulstes für den Aufbau des Embryo, denn es wird unumstößlich . dass in


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Fig. 84. Schema über die Beteiligung d>> Randwulstes bei Doppelbildungen der Knochenfische. Nach IIa über.

A Doppelte Embryonalanlage an dem Rand wulst, B Wachstum von .!, C Vollendung der Doppelbildung.

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ihm das Material liegt, um den Körper der normalen wie abnormen Individuen aufzubauen. Der Randwulst ist „embryoblastisch".

Auf den grossen Einfluss des Nahrungsdotters auf die ersten Bildungsvorgänge hat Hacke 1 schon vor 20 Jahren aufmerksam gemacht. Neuerdings Rabl (Anat. Anzzeiger 1888, S. 654). — Der Randwulst ist schon Pander bekannt gewesen und seit 1817 wurde er stets als ein wichtiger Abschnitt der Keimhaut angesehen. Rauber nennt ihn den gewaltigsten Teil des Keimes. Bei den holoblastischen Eiern liegen die Eigenschaften, welche soeben von dem Randwulst aufgeführt wurden, alle im Innern der Furchungskugeln verborgen und zumeist jener, die um den Urmund herum liegen. Bei den dotterreichen Eiern sind diese Eigenschaften dagegen in den Randwulst und also an die Peripherie des Keimes verlegt und dadurch sind manche dieser Vorgänge, wie /.. B. die Verwachsung der homotypen KeimBtreifen (Fig. 80, 81, 84), die Entstehung des Blutes, des peristomalen Mesoderm (Fig. 82) u. s. f. übersichtlicher geworden als bei Formen, bei denen sich alles die- dichl gedrängt im Innern des Embryo abspielt Rauber hal die Bedeutung des Randwulstes für die normale, wie für die abnorme Entwickelung zu einer „Theorie der excessiven Monstra" verwendet, wie sie bei Knochenfischen, Batrachiern und Vögeln vorkommen. Yirchows Äxch. Bd. 73. Siehe dort auch die Litteratur. Es i-t wahrscheinlich, dass auch bei den Säugetieren und dem Menschen ein ansehnlicher Teil der Doppelmonstra aus derselben Theorie erklärbar ist

Rauber, Primitivstreifen and Neurula der Wirbeltiere. Leipzig 1*77. Über den Randwulst sind mehr als hundert Arbeiten erschienen. — Disse, Anh. f. niikr. Anat. Bd. 16. 1879. — Waldeyer. ebenda. Bd. 22. 1883. — Ausführliches Literaturverzeichnis bei Mebnert, .Morph. Arbeiten, herausg. von Schwalbe. Bd. 6. 1897.