Talk:Atlas of the Development of Man 1 - Part 1

From Embryology
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I. Teil.

Vorentwickelung, Progenie.

I. Das Ei, Ovulum.

Das Ei ist eine für die Erhaltung derSpecies organisierte

Zelle. Jedes lebendige Wesen entwickelt sich aus einem Keim, der bei der überwiegenden Zahl der Tiere und Pflanzen eine einfache Zelle darstellt. Auch das reite Ei des menschlichen Weibes i-t eine von dem PLierstock sich loslösende Zelle. Jeder weiss, dass sich das Huhn aus dein Ei entwickelt . dass Fische und Frösche aus den Fischeiern und den Froscheiern hervorgehen, aber nicht allgemein bekannt i>t es. dass eben diese Eier den Wert von Zellen haben und dass die Säugetiere und der Mensch aus derselben zelliuen Grandlage entstehen, um nach einer Reihe von Wandlungen ihre bestimmte Form anzunehmen. So ist der Ausgangspunkt nahe verwandt, und dennoch das Ziel jeder einzelnen Entwickelungsform unendlich verschieden.

Die Eizelle des Menschen stammt aus dem Graafschen Follikel des Eierstuckes und ist. wie die Eier der Säugetiere, eine Kugel von etwa ().2mm (' Linie) Grösse. Das Ei hat folgenden Bau:

Eine zarte Hülle, 14// dick, die Eihülle, Zona pellucida, sie umschliesst :

1. den Dotter, Vitellus, in demselben

2. das Keimbläschen, Vesicula germinativa, 37 /< gross, und in diesem

. der Keimfeck. Macula germinativa.

Die untenstehende Figur i^t teilweise nach einem menschlichen Ei aus dem Eierstocke entworfen. Aus einem solchen kleinen Ei geht die ganze Natur des Menschen in wesentlichen und unwesentlichen Eigenschaften hervor. Es hat keine Ähnlichkeit mit dem ausgebildeten Wesen. Auch die stärksten Yergrüsserungen zeigen durchaus nichts, was auf die spätere Form hindeuten könnte.


Als die mikroskopische Untersuchung dieses Gebildes noch unvollkommen war, glaubte man. es enthalte in äusserster Feinheil nicht nur das vollendete w sen und alle Organe, sondern auch alle Nachkommen. Aber nichts von alledem i-t zu erkennen. Diese Theorie wurde Evolutionstheorie, auch Präformationstheorie genannt (Leibnitz, II aller u. a.).

Der Dotter besteht aus einer feinkörnigen Protoplasmamasse, welche in unzusammenhängenden, unregelmässigen Linien angeordnet ist. dazwischen Heut eine etwas anders beschaffene, hellere Substanz. Protoplasma [nQäitm erstes, nkdo/tia Gebilde) i-t ein Gemenge organisierter Materie aus testen und flüssigen Teilen mit chemischen und physikalischen Eigenschaften besonderer Art und belebt. Diese Eigenschaften teilt auch der Kein, der in den Zellen vorkommt. Ohne Protoplasma kein Leben. Feinste Körnchen, Mikrosomen, sind bald spärlich, bald reichlich vorhanden, je nach der Beschaffenheit und den Eigenschaften des Protoplasma. Ihre Verteilung ist bald gleichmässig, bald


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Fig. 1. Ei des Menschen aus einem reifen Follikel. 25 mal vergr.


ungleichmässig, sie sind gefärbt oder ungefärbt. Ihre Verteilung ist verschieden nach den verschiedenen Formen. Mit der Entwicklung erhalten die Zellen in den Geweben verschiedenes Protoplasma und damit Verden.- Funktion. Das Keimbläschen erseheint auf den ersten Augenblick wie ein heller, kugelförmiger Raum in dem Innern des Dotters: es ist nicht gleichari s finden sich granulierte" Züge, welche von dem Rand aus

dem Keimfleck hinziehen, das Kerngerüst. Zwischen diesen Zügen i-t eine hellere Substanz nachweisbar, der Kernsaft. Das.Kerngerüst färbt sich und wird als chromatische Substanz von der ungefärbten, achromatischen unterschieden 1 ). Das Keimbläschen der reifen Eier besitzt eine Grenzschicht, welche seine Masse umschliesst und wahrscheinlich wie bei den Eiern der Säugetiere so fest ist, dass sie einem leichten Druck widersteht.

An jedem entwickelten Eierstocksei des Menschen ist ferner vorhanden:

1. Ein perivitelliner Spaltraum, nur etwas über 1 u weit, der aber wahrscheinlich wie bei anderen Säugern nach dem Eindringen des Sperma durch Kontraktion des Dotters sich vergrössert :

2. eine äussere helle Randzone des Dotters: nur an frischen Eiern sichtbar, sie verschwindet nach Färbungen. Sie ist 4 bis i) it breit;

3. die Protoplasmazone, fein granuliert. 11 — 21 ;> breit;

4. die Deutoplasmazone, im Centrum, mit mattglänzenden, stark lichtbrechenden, gröberen und feineren Partikelchen, die aber mit dem umgebenden Hyaloplasma zusammenfliessen 2 ).

Die netzförmigen feinen Fäden im Dotter entsprechen wahrscheinlich dem „Dotternetz", das Schäfer bei dem Huhn beschrieben hat, Balfour und A. Schultz hei Selachiern und das sich vortrefflich nachweisen lässt hei Reptilien. Dieses Dotternetz, auch „Keimfortsätze" genannt, welche das Keimbläschen mit der Peripherie de- Dotters verbinden 3 ), sind also eine weitverbreitete Erscheinung. Wenn das Ei eine für die Erhaltung der Art spezifisch organisierte Zelle ist, dann müssen auch .-eine Nachkommen, die Zellen, etwas von einem Netz besitzen. Diese Struktur ist denn auch nachgewiesen, wie hcIi später zeigen wird.

Der Keimfleck ist eine bestimmte, dunklere Substanzportion im Innern des Keimbläschens von besonderer Beschaffenheit, von stärkerem Lichtbrechungsvermögen als Kernsaft und Kerngerüste und mit glatter Fläche von der Umgebung abgesetzt. Der Keimfleck führt amöboide Bewegungen aus. Die Gestaltveränderungen können mehrere Stunden anhalten (Nagel, Waldeyer); amöboide Bewegungen sind an dem Keimfleck der Eier von Tieren oft gesehen, wie an den Eiern der Araclmiden (v. Bambecke), bei dem Wels und dem Karpfen (Eimer).

Die Zona pellucida ist fein gestrichelt und passierbar für protoplasmatische Fäden, welche sie radiär und geschlängelt durchziehen, und so das Fi direkt mit ^-r Umgebung, d. h. den Follikelzellen, in Verbindung setzen. Die Zona ist wahrscheinlich eine Auflagerung *U-v Follikelzellen. Das YA des Menschen kennt man erst seit 1827 : früher hielt man die Graaff sehen Follikel für die Eier. Ihre genauere Bezeichnung als „Eier" isi erst dann möglich geworden, als vorzugsweise durch R. Wagner mich in


i) yooiiiuil'ic, ich färbe. — - Nagel, Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 31. 1888. Mit 2 Tafeln. Abbildungen über das Menschenei. — - : i Waldeyer. Äxch. f. mikroskop. Anat. Bd. 22. 1883. Seit Leydig nennt man diese Eeimfortsätze auch Spongioplasma, die dazwischen befindliche Substanz Hyaloplasma. Zoolog. Anz Bd. 11. S. 254. 1887.) Pflüger, Arch. f. die ges. Physiologie. 1875.

Nahrnngsdotter.

Bfldnngsdotter.


anderen Tierklassen eine ähnliche Bildung der Eier nachgewiesen und durch Schwann die gesamte Erscheinungsreihe auf die Zellenbildung zurückgeführt und nach der Zellentheorie beurteilt ward. Die klare Vorstellung bedurfte aber noch vieler Arbeiten. Heute ist zwischen «lein Bau des Eies und der Zelle folgende Übereinstimmung festgestellt :

Der Dotter entspricht dem Leib der Zellen, also dem Protoplasma der Zellen :

Das Keimbläschen entspricht dem Kern der Zellen;

Der Keimfleck entspricht dem Kern körperchen.

Die Eier sind im wesentlichen bei den verschiedenen Tieren gleich, allein in bestimmten, für die allgemeine Beurteilung gleichgültigen Merkmalen verschieden. Diese Merkmale können für die besondere Art insofern wichtig sein, als sie die spezifischen Eigenschaften derselben auszeichnend zum Ausdruck bringen. Das Ei bleibt in allen Fällen eine morphologische und physiologische Einheit.

Die Dottermasse der Eier der Säugetiere und vieler Wirbel- und wirbelloser Tiere wird vollständig zur Bildung des Embryo verwendet, -•i dass nach der ersten Anlage des Leibes kein überschüssiges Nahrmaterial vorhanden ist. Allein in sehr vielen Fällen geht nur ein Teil des Dotters in die Keimbildung über, ein anderer wird dagegen erst allmählich von dem Embryo assimiliert, wie z. 15. bei den Haitischen, manchen Amphibien, den Reptilien, Vögeln und ebenfalls vielen wirbellosen Tieren. Diese erst später zum Aufbau des Körpers verwendete Dottermasse, welche gleichsam die erste Nahrung des Embryo darstellt, heisst Nahrungsdotter zum Unterschied zu dem für die Keimbildung verwendeten Dotter, der als Bildungsdotter (Reichert) bezeichnet wird. Der Nahrungsdotter ist aber keine lediglich äussere Zugabe zur Eizelle, sondern durchdringt das Innere; gleichviel, ob das Protoplasma mehr gleichmässig den Dotter einschliesst (periblastische Eier der Gliedertiere) oder einseitig sich grösstenteils um das peripherisch gelegene Keimbläschen (Vögel) anhäuft. Die Ablagerung des Dotters geschieht in das Innere des ursprünglichen Ei-Protoplasma. Um den Nahrungsdotter findet sich immer eine wenn auch oft schwer nachweisbare Protoplasmarinde, in seinem Inneren dann noch Fortsätze, welche alles einschliessen und mit dem rundlichen Ausgangspunkt des Bildungsdotters, dem Kein, in Verbindung, setzen 1 ). Aus der Übereinstimmung der Säugetiereier mit denen des Menschen darf man annehmen, dass auch das menschliche Ei nur wenig Nahrungsdotter besitze. Es ist an ihm nichts der Art zu sehen.

Der Dotter ist keine leblose Masse, sondern ein lebendiger, wenn auch oft mit viel eiweissartigen Stoffmassen beladener Zellenleib. Das kann nicht


!) Diese Auffassung des Nahrungsdotters ist von Gegeubaur begründet wenden. Arch. f. Anat. und Pbysiol. 1866. Für das Festhalten daran ist Haecke] schon oft eingetreten und Waldeyer hat durch die Betonung des Rindenprotoplasmas und der Keimfortsätze an den dotterreichen (meroblastischen) Eiern die Anschauung von der Einheit des Eies trotz Nahrangsdotter wesentlich gefestigt. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 22. 1883.


Das Vogelei _T

oft genug betonl werden. Die Zusammenziehungen des Dotters nach dem Eindringen der Samenfäden beweisen dies, ferner die Bewegungen, welche schon vor der Befruchtung beobachtet worden sind 1 ), endlich die Strahlenfjguren und Umordnungen des Dotters, welche die Fortsetzung dieser Vorgänge durch alle Teile desselben beweisen.

Aus den physiologischen Vorgängen, welche <lie endliche Entstehung \i u eines neuen Individuums begleiten, muss der Schluss i werden, dass NS

sich in jedem Ei funktionell verschiedenes Plasma befindel : das eine, welches altes Erbe der Menschenspecies und der Menschenrasse enthält, das sogenannte Ahnenplasma (Idioplasma) und endlich jene geringe Spur von Nährplasma, das ebenfalls noch in jedem Menschen-, wie in jedem Säugetierei enthalten -ein muss. Das Idioplasma ist der Grund, dass aus jedem Ei die entsprechende Tierart entsteht, aus dem Froschei der Frosch, aus dem Entenei die Ente und aus dem Menschenei der Mensch; es enthält die Qualitäten der Tierform, wozu auch die Sexualität, die Entstehung des verschiedenen G schlechtes, gehört. Das Idioplasma lässt ferner die geringen, alter doch bedeutungsvollen Verschiedenheiten entstehen, welche die Individualität von den Individuen derselben Species auszeichnen; das Nährplasma wäre dagegen jene Nährsubstanz für die ersten Schritte auf dem Weg zur Individualität. Au welche Teile diese verschiedenen Plasmen gebunden sind, ob an den Dotter oder au den Kern, oder an beide Teile, soll in einem späteren Kapitel erwähnt werden.

Das kleine dotterarme Menschenei ist wie dasjenige der Säugetiere offenbar aus einem dotterreichen Ei hervorgegangen und stellt keinen primitiven, sondern einen sekundären Zustand dar. der sich von einem dotterreichen Ei herleitet. Monotremen (Echidna) haben noch solche dotterreiche Eier, ebenso besteht ein Dottersack, aus dem der Embryo ernährt wird. Aus diesem Grunde ist es unerlüsslich, die Beschaffenheit eines dotterreichen Eies kennen zu lernen. Es eignet sich hierfür am besten ein Vogelei, und zwar entweder ein Enten- oder ein Hühnerei, welche bevorzugte Untersuchungsobjekte sind. Dadurch wird auch gleichzeitig der Bau der Reptilien- und der Selachiereier verständlich, weil sie nach demselben Prinzip gebaut sind und ferner werden alle jene Ahanderungen des Entwickelungsganges aufgeklärt, welche durch eine grosse Dottermasse bedingt sind.

Hau eines dotterreichen Kies (Vogelei). Das eben gelegte Hühnerei hat innerhalb der Eischale zunächst

eine S ch al en h a u t . die aus zwei Blättern besteht. Im grösseren Teil ihrer Ausdehnung bleiben die beiden Blätter stets in inniger Berührung miteinander, am breiten Ende gehen sie jedoch auseinander und so entsteht zwischen ihnen ein mit Luft erfüllter Raum, die sog. Luftkammer. An ganz frischen Eiern findet sie sich nicht, erscheint jedoch nach einiger Zeit und nimmt an Ausdehnung zu. je mehr das Eiweiss durch Verdunstung zusammenschrumpft. Gleich unter der Schalenhaut

i Ransom, Philosoph. Transactions. Vol. 157. i». 631. 1868. Mit Tafeln.



kommt das Eiweiss (Albumen), das in den tieferen Lagen gegen den Dotter hin von mehr flüssiger Beschaffenheit ist. Zwei aus zusammengedrehten dichteren Eiweissschichten bestehende gewundene Schnüre. die Chalazen (Hagelschnüre, Fig. 2) gehen von den beiden Enden des Eies zu den gegenüberliegenden Stellen des Dotters; der Dotter ist von


Stumpfer Eipol

Dott.

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Fig. 2. Hühnerei nach dreitägiger Bebrütung, etwas vergrössert. ++++

einer durchsichtigen sich leicht faltenden Membran, der Dotterhaut

umgeben. Den ganzen Innenraum der Dotterhaut nimmt der Dotter ein. Dem blossen Auge erscheint er überall ziemlich gleichförmig mit Ausnahme einer Stelle, wo sich unmittelbar unter der Dotterhaut eine kleine weissliche Scheibe von ungefähr 4 mm im Durchmesser befindet.

Dies ist die Cicatricula (Narbe) oder Keimhaut. Hier hat an dem frisch gelegten Hühnerei die Entwickelung schon begonnen und bis zu der obenerwähnten weisslichen kleinen Scheibe geführt. welche immer nach oben gerichtet ist . wie man auch das Ei legen möge. Diese Erscheinung erklärt sich dadurch, dass die Dottermasse in der Umgebung der Scheibe leichter ist als im übrigen Teil der Dotterkugel oder mit anderen Worten, dass der Schwerpunkt der Kugel exzentrisch liegt. Eine ähnliche Erscheinung ist auch bei den Froscheiern beobachtet. Der dunkle Pol der Kugel, an welchem die Bildung zunächst beginnt, ist leichter, und deshalb nach oben, dem Licht zugewendet.

Die Dotterkugel ist nicht gleichartig gebaut. Auf dem Durchschnitt eines hartgesottenen Dotters treten zwei verschiedene Substanzen hervor,


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Fig. 3. Eizelle des Hohnes (vulgo Dotter).

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die eine bell, sie wird durch das Kochen nicht so fest wie der übrige Dotter und ist in folgender Weise angeordnet (Fig.

Unter der Keimhaut findet sich ein ansehnliches Lager, das zuerst auffällt (der sog. Pandersche Kern), dieses Lager erstreckt sich bis in die Mitte der Dotterkugel in Gestalt eines kleinen Glaskolbens. Dann kommen aber noch dünn Schichten solch weissen Dotters vor, welche den gelben durchziehen, aber eine Schichte findet sich auch unmittelbar unter der Dotterhaut, und bildet eine dünne Deckschichte für den gellten Dotter, die sog. Keimrinde oder Dotterrinde. Die Hauptmasse der Kugel besteht also aus gelbem Dotter (siehe die Fig. 3).

Beide Dotterarten bestehen bei den Vögeln aus Kügelchen, die wir MikroDotterkügelchen nennen. Im gelben Dotter sind sie 25 — 100 f.i Beschaffengross und enthalten stark lichtbrechende Partikelchen von kaum Vicoo nun Dicke. Der weisse Dotter zeigt ebenfalls Dotterkügelchen (von 4— 75 ti Grösse), die also nicht so umfangreich sind, jedoch noch kleinere Kügelchen in ihrem Innern beherbegen.

Es i-t viel darüber gestritten worden, ob diese Dotterkugeln als Zellen aufzufassen sind oder nicht. Ich bin mit vielen anderen Beobachtern der Meinung, dass sie keine Zellen sind, sondern nur organisierte Bestand-Teile einer grossen zusammengesetzten Eizelle, die einen einzigen Kern besitzt, den man als Keimbläschen bezeichnet. Das Ei bleibt eine Zelle, gleichviel ob dasselbe eine kaum merkliche Menge von Nahrungsdotter aufgenommen hat (Amphioxus) oder eine massige Quantität (Cyclostomen, Amphibien, oder eine umfangreiche Masse (Reptilien, Vögel). Der Streit über die Natur der Elemente <\e^ Dotters wird noch längere Zeit währen, weil die Dotterkügelchen, namentlich auch bei Wirbellosen, Zellen oft täuschend ähnlich sehen und die mikroskopische Entscheidung über ihre wahre Natur gross« Schwierigkeiten bietet. Später wird noch wiederholt von diesen Dotterkugeln die Rede sein, jedoch immer nur von dem Gesichtspunkte aus, dass das Ei, wenn auch oft sehr zusammen2 - tzt, dennoch eine morphologische und physiologische Einheit -ei. In der Litteratur findet man -ehr häufig die Bezeichnung „Dotterzelle", für Dotterkugel. Die Bezeichnung Dotterzelle i-t wegen der damit verbundenen Missverständniss gänzlich zu vermeiden, denn bei den Wirbeltieren giebl es im Ei nur „Dotterkugeln" und Dotterplättchen , wie oben erwähnt wurcle, welche aber keine Zellennatur besitzen. Bei den Amphibien sind die Dotterkügelchen gänzlich verschieden von denen der Vögel, hellglänzend, krystallinisch ; bei den Selachiern fconnenförmig und von -ehr zierlicher Beschaff enheit. Das Aussehen der Dottereleineiite zeigt eine grosse Mannigfaltigkeit, aber unter welcher Form sie auch auftreten mögen, sie stellen stets eine konzentrierte Form der eiweissartigen Substanzen dar und keine Zellen. — Über intravitelline Körper anderer Art, die kern- und zellenartige Struktur zeigen, sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen (Leydig, Zoolog. Anzeiger 1887. 8.624). Wir stehen überhaupt erst am Anfang unserer Kenntnisse. Es finden sich neben den Keimbläschen noch andere Kerne in dem Ei des Hunde- und Kaninchens und kernartige (bis 6 fi grossei runde Gebilde im Ei des Schafes (Bonnet); da werden auch Vakuolen, Nebenkerne, stäbchenförmige Körper, Bakt roiden u. s. w. im Ei beschrieben. Fortgesetzte l Fntersuchungen werden noch manche Enthüllung bringen. Aber auch dann noch bleibt die morphologische wie die physiologische Einheil des Eies unangetastet, ebenso wie die einer Amöbe, die verschiedenen Inhalt zeigt Die Dottermasse i-t übrigens in ihrer Zusammensetzung durch das ganze Ei nichl gleich. E. v. Benedeu beschreibt bei Kaninchen, Vespertilio und Rhinolophus, in den nahezu reifen Eiern drei verschiedene Portionen von Dotterarten, die sich konzentrisch folgen, wie >ie teilweise mich in der Figur 1 zum Ausdruck gebrach! sind. Durch die vergleichende Untersuchung sind schon zahlreiche Beispiele einer Schichtung des Dotters gefunden worden. Pflüger und Hensen haben an den Eiern aus dem Eierstock der Katze und des Kalbes , .innere und äussere Dotterschichten" beschrieben, die als konzentrische Ringe auftreten können. Dieselbe Erscheinung kennt man ferner an dein Ei vieler Fische, deren Namen ich nur nenne: Stichling (Ransom), Barbe (His), Alburnus lucidus und Cepola rubescens (Brock), Leuciscus rutilus (Hoffmann) u. s. w. Diese Beobachtungen sind von ßambecke 1 ) jüngsl zusammengestellt und durch Untersuchungen an anderen Fischarten (Lota u. a.) beleuchte! worden. Dort findet sich auch die Litteratur aufgeführt. An dem Ei von Proteus sind nach Behandlung mit Reagentien ebenfalls zwei Schichten zu unterscheiden, und an der äusseren ohne weitere- die Zusammensetzung aus einer Filarund Interfilarsubstanz (Kahl 2 ). Ähnliche- berichten Iwakawa von Triton pyrrhogaster, W. Flemming von mittelreifen Eiern des Siredon. Von Echinodermen erwähnt dieselbe Erscheinung E. v. Beneden.

Die wichtigste und wohl auch ursprünglichste Lebenserscheinung des Eiprotoplasma ist die Assimilation, wodurch neue lebendige Teilchen, die selbst wieder die Fähigkeit haben, etwas zu assimilieren, erzeugt werden. Die Assimilation ist die einzige bekannte Art der Entstehung neuer lebendiger Substanz. Die äusserlich bemerkbare Vergrösserung der Zelle (»der des Organismus nennen wir Wachstum. Das Ei besitzt die Fähigkeit der Assimilation im höchsten Grade. Was in seinen Bereich kommt, wird von ihm aufgenommen und in neue lebendige Substanz umgewandelt. Die Dotterkörperehen sind eiweissartiger Natur, wie 1!. Virchow 3 ) zuerst zeigte, und durch Miescher 4 ) weiss man, dass in ihnen Nuclein in konzertiertester Form enthalten ist. Während der Entwickelung wird dasselbe allmählich gelöst, und nimmt in den neu organisierten Elementen mindestens das lOfache des früheren Volumens ein. Dieses Nuclein scheint eine mindestens vierbasische Säure zu sein und zeichnet sich durch einen sehr hohen Phosphorgehalt aus. Nach den Erfahrungen am Lachsei ist der Dotter eine enorm konzentrierte Lösung von Eiweisskörpern und Fett.

Die Entdeckung des weiblichen Zeugungselementes hat lange auf sich warten lassen, obwohl die Eier niederer Wirbeltiere (der Fische und Frösche) dem Auge ebenso unmittelbar vorlagen wie die der Vögel. Nachdem Steno (1664) die Benennung Ovaria eingeführt hatte, wobei er von seinen Erfahrungen an Rochen und Haien ausging, behauptete de Graaf (1672) 6 ), dass Eier in jedem Tier und auch in Säugetieren gefunden würden und zwar seien

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i Bambecke, Ch. van, Arcb. de Biol. Tom. 4. 1883. — 2) Rabl, Mor].hul.

Jahrb 1885. — :; i Virchow. ]{.. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. 4 S. 236.

- i) Miescher, Fr, Verhandl. d. naturf. Ges. in Basel. Bd. 4. 1874. ■ Regner

raaf, 1"- muh'eram organis generationi inservientibus. Lugd. Bat. p. 1. 1072. ++++


die Follikel die Eier, und die gelben Körper rührten von der Entleerung dieser Eier her. Nun vergingen L55 Jahre, l>i> daa Ei im Eierstocke aufgefunden wurde. C. E. v. Baer (18l , 7) 1 ) hal in seinem beruh ml gewordenen Sendschreiben an die Petersburger Akademie den Beweis geführt, dass das

Ei in den Follikeln des Eierstocks eingeschlossen sei, schlössen von der

aus zwei Lagen bestehenden „Theca folliculi". Das Keimbläschen, welches Purkinje (1825) 2 ) im Vogelei nachwies, fand Coste (1834) im Säugetierei und R. Wagner fügte die Entdeckung des Keimfleckes hinzu.

Flemming, W.. Zellsubstanz, Kern und Zellteüung. Leipzig 1882 — Bert wig, 0., Die Zelle und die Gewebe. Jena 1893.


II. Reifung des Eies.

Kein Ei aus dem Eierstock ist, nach den heutigen Erfahrungen, für die Befruchtung brauchbar, wenn es auch alle Eigenschaften besitzt, also normale Grösse, Dotter, Keimbläschen und Keimfleck. Kurz, bevof es den Eierstock verlässt, oder bald nacher, muss das alte Keimbläschen

des Fies völlig umgeändert werden und einen beträchtlichen Teil seiner Substanz verlieren. Die Umformung ist, so viel es scheint, eine ausnahmslos herrschende Regel. Der Prozess der Umbildung wird als Reifung des Eies bezeichnet Das Keimbläschen rückt dabei aus der Mitte des Dotters allmählich an die Oberfläche empor, scheint zu schrumpfen, dann schwindet die Membrana des Keimbläschens, dieses selbst wird undeutlich und zeigt sich im Dotter nur noch als ein unregelmäßiger heller Fleck, in dessen Umgebung im Dotter strahlenförmig angeordnete feine Linien auftreten. Aus diesem hellen Fleck scheiden sich nacheinander unter den deutlichen Zeichen einer echten mitotischen Zellteilung erst ein (Fig. 4). dann ein zweiter heller Flecken aus. Jede dieser ausscheidenden Massen rückt an die Oberfläche des Dotters, und drängl dieselbe hügelartig empor (Fig. 8). Dieser Hügel ' "-■ 4 , .. . , , . , ,.. . , . Tubenei der Maus mil Pol SChnurt sich daran! ab, und lost Sich vom Dotter körperchen. NachSobotta.

(Fig. 7). Derselbe Prozess kann sich bisweilen

dreimal wiederholen. Der Dotter des Eies zieht sich dabei etwas zusammen, so dass zwischen ihm und der Eihülle ein mit Flüssigkeit erfüllter Raum entstehen kann. Die ausgestossenen kleinen kugeligen Gebilde heissen Polkörperchen, auch Polzellen oder Richtungskörperchen (Fig. 7). Die Polkörperchen der Wirbeltiere sind im allgemeinen kugelige, häufig abgeplattete Gebilde, welche ihre zellige Natur durch Anwesenheit eines Fem- oder einer kernähnlichen zusammengeballten Chromosomengruppe deutlich erkennen lassen, her Kern liegl

i) Baer, C. E v., De ovi mammalium el bominis epistolam. Lipsiae 1827. — - Purkinje, Symbolae ad '«vi avium hist. Vratisl. 1825.



Die Vorent wiekelung.

in einer an Dotterelementen armen Protoplasmamasse. Besonders deutlich i-t die zellige Natur der Polkörperchen bei den Säugern, namentlich bei der Maus, wo sie wirkliche Kerne haben. Pei Abschnürung einer jeden Polzelle entsteht eine mitotische Figur = Richtungsspindel. Die Polzellen lassen sich oft lange zwischen Dotter und Eihülle beobachten. Ihr endliches Schicksal i>t unbekannt. Der im Dotter zurückgebliebene helle Fleck wandelt sich in einen Kern um. der nunmehr Weiblicher einen anderen Namen erhält und Eikern. besser weiblicher Vor \ orkern. .

kern. Pronucleus fem minus genannt wird. So hat also, unter teilweiser Ausstossung des alten Kernes, das Ei einen neuen Kern erhalten, der nur mehr einen Teil der Substanz des früheren Keimbläschens enthält.

Die Abstossung der Richtungskörperchen verläuft also nach Art einer echten mitotischen Teilung. Nachdem z. B. das Ei der Maus in die Tube getreten ist. zeigt sich an Stelle des exzentrischen Kerns eine Knäuelfigur, aus welcher sich dann eine Spindelfigur mit einer chromatischen Äquatorialplatte entwickelt. Die Achse dieser Spindel steht, anfangs senkrecht zum Radius des Eies (Fig. 4). Die Chromosomen der Aquatorialplatte sind kurze, ziemlich dicke Stäbchen, ungefähr 12 — 15 an Zahl. Die Spindelfäden sind stark und deutlich. Centralkörperchen sind nicht wahzrunehmen. Später erfolgt eine Drehung der Spindelachse um !•<» ' (Siehe Fig. 5). Nunmehr wird in der Achse des Radius das eine Polkörperchen abgestossen, nachdem vorher die Stufe der Meta^ä. kinese durchlaufen war. Wird ein zweites Pol f-f'^ ♦ •' " ' vV körperchen abgestossen, was bei der Maus selten f'~ : -■'■■':,•*'<• * ' •' \ ist. so wiederholen sich dieselben Vorgänge noch [ ', ' *"/ I einmal. Die beiden Polkörperchen haben häutig V' %:*:< ^ ■-"'- . / verschiedene (h'össe.

^^- - '..'- \*~y Einzelne wichtige Erscheinungen, welche

^^ ^ mtit ^ diesen Reifungsprozess und die sogen. Spindelfigur

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Fig_ 5. (Fig. 4 u. 5) begleiten, können ihre volle Berück Tubenei der Maus nach sichtigung erst später finden. An dieser Stelle sei

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Drehung des Polkörper- i ediglich (larau f hingewiesen, dass sie ein ererbtes,

chens. Nach Sobotta. ° '

uraltes Zeichen sind, das stets im Tier- und

Pflanzenreich auftritt, sobald sich Änderungen einstellen, welche auf eine Vermehrung des Kerns abzielen.

Strahlungserscheinungen indem Dotter sind feine Linien, welche die Austreibung der Polkörperchen begleiten. Sie deuten auf Einlagerungen in dein Protoplasma, wie bei der Furchung und der Zellteilung. Wir können dadurch die Grösse der Umänderungen ahnen, welche der Dotter des Eies bei der Ausstossung und Bildung der Polzellen in toto erfährt, wenn wir diese Radiensysteme auftauchen und verschwinden .'•n. Aber darüber hinaus fehlen für weitere Schlüsse alle Anhalts


Reifung des Eies.

punkte. Der Umstand, dass die nämliche Erscheinung bei den Pflanzen vorkommt, deutet die Wichtigkeit und das phylogenetische Alter an. — Über die Reifungserscheinungen war bis vor kurzer Zeit relativ wenig bekannt. Als das wichtigste darunter erschien die Umwandlung des Keimbläschens, des ursprünglichen Eikerns, obwohl darüber die Zweifel so gross waren, dass noch im Jahre 1870 die These verteidigt werden konnte, dass die Kerne der Furchungskugeln direkte Descendenten des Keimbläschens seien. Jetzt wissen wir. dass das Keimbläschen seine frühere Individualität verliert, sieh umwandelt . ansehnliche Portionen unter Vorgängen der Mitose als Polkörperchen abstösst, und dass ein neues Gebilde an seine Stelle tritt.

Der weibliche Vorkern enthält einen Teil der Chromosome des zweiten Polkörperchens und zwar den centralen Teil derselben. Der Vorkern ist anfangs meist klein, wie der neugebildete Spermakern, oft aber von vornherein auch erheblich grösser. Der Eikern entbehrt im Gegensatz zum Spermakern eines Centrosoma.

Der Einblick in die Vorgänge der Reifung des Eies isi erst nach vielen Umwegen gewonnen worden. Diese Umwege gehören der Ge-chichte der Pänbryologie an, wie sie in den Monographien und einzelnen Abhandlungen der Forscher liegt. Schon seit Purkinje (1825) stritt man sich darüber, ob das Keimbläschen erhalten bleibe oder aufgelöst werde. Durch Bütschli 1 ) ist der Streit in der Hauptsache entschieden worden. Er griff ein, als die Untersuchungen O. Hertwiirs 2 ) den Unterschied zwischen Keimbläschen, weiblichem und männlichem Vorkern und Furchungskern festgestellt hatten, und stellte die Beziehungen de- sich umändernden Keimbläschens mit den Polkörperchen klar. Warum der seltsame Apparat der Polzellen für die Reifung des Eies notwendig ist, bleibt zur Zeit noch in Dunkel gehüllt. Mehrere Hypothesen sind darüber aufgestellt worden. Balfour, Minorb, E. v. Beneden, Kölliker 4 ) u. a. sind der Ansicht, dass da- unreife Ei wie jede andere Zelle ursprünglich hermaphroditisch, also ein Zwitterwesen sei, und durch die Entwickelung der Polkörperchen gleichsam den männlichen Anteil von der Befruchtung ausstossen müsse, damit die neue Befruchtung wirksam werden könne. Diese Ansicht hat viel,. Anhänger, obwohl de wenig Bestechendes hat, denn sie mutet der Natur die Widersinnigkeit zu, alle Eier erst zu Zwitterwesen zu machen, um sie später durch einen komplizierten Prozess von dieser Doppelnatur zu befreien, aber sie durch die Befruchtung wieder zu Zwitterwesen zu stempeln. Dann aber setzt sie ferner voraus, da— die getrennte Sexualität aus dem hermaphroditischen Zustand sich entwickelt habe. Es isi aber noch durchaus nicht erwiesen, ob der Zwitterzustand auf der direkten Descendenzlirüe zu den Wirbeltieren lag und nicht vielmehr eine spezialisierte Abart < ler Fortpflanzungsorgane darstellt.

Eine noch weitergehende Deutung der Ausstossung der Richtungskörperchen hat Weismann ersonnen. Das erste der Polkörperchen sollte (ovogenes) Nährplasma aus dem Kern entfernen, um der Entwickelung des emhryogenen Plasma nichl hinderlich zu sein. Die Ausstossung des /weiten Polkörperchens soll dir Menge der Ahnenplasmen des Eies um die Hälfte reduzieren, damit das Sperma den entsprechendes Einfluss gewinnen könne.

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i) Bütschli. 0.. Abhandl. der Senkenbergischen naturf. Ges. Frankfurt a. M.

1876. 4°. Mit 15 Tafeln. — *) Hertwi«, 0., Morphol. Jahrb. Bd. 1 L876. Bd. 3, 1877. — 3) Minot, Gh., Proceedinga Boston Soc. Nat. Hist. Vol. 19. 1877. — *) Kölliker, A., Anat Anz. S. 332. 1887. ++++

schli vergleicht dagegen das Ei mit einer Samenmutterzelle. Wie diese vielen Samenfäden den Ursprung giebt, so -"11 auch das Ei einst die Fähigkeit

ssen hallen, sich in viele Eizellen zu teilen. Die Polkörperchen wären dann als rudimentäre Eier zu betrachten, und ihr Auftreten der Hinweis auf eine frühe stammesgeschichtliche Erscheinung. Noch einfacher und naheliegender wäre die Annahme eine- beginnenden, aber verfrühten Furchungsprozesses, welcher ersl durch die Befruchtung in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Hie Fähigkeit der Furchung ohne Anregung durch Sperma ist weitverbreitet Auch das unbefruchtete Mi von Seesternen, Hechten, Vögeln und Säugern teilt sich, freilieh ohne da-- der Vorgang zu einer regulären Furchung führt. In einem Teil dieser Fälle sind sogar Kerne in den Teilstücken nachweisbar. Das Protoplasma des Eies, der sogenannte Dotter, i-t eben eine lebendige Substanz, die nach weiterer [ndividualisierung strebt, die dicht ruhend gedachl werden darf, sondern sich in Bewegung befindet Sie i-t keine tote Masse, sondern belebt und es kommt nur darauf an. oh die.-es Leben gesteigert und in die richtigen Bahnen gelenkl wird durch die Befruchtung. Die Nachrichten über eine Furchung nach dem Austritt des Eies aus dem Eierstock lassen die Vermutung nicht als ungereimt erscheinen, das- die Polkörperchen als frühester Beginn einer Furchung aufzufassen sind.

AI- Entdecker der Polkörperchen i>t Carus zu nennen; er fand sie 1824 hei einer Schnecke, bei Wirbellosen sind sie dann von zahlreichen Beobachtern in weiter Verbreitung gefunden worden. Bei den Wirbeltieren sind sie auch .-ehr verbreitet Die ersten sicheren Beobachtungen rühren von Th. L. W. Bischoff her. der sie beim Hund, Meerschweinchen und Reh auffand. Au- neuerer Zeit erstreckt -ich der Nachweis dieser Erscheinung auf alle Klassen ').

III. Befruchtung.

Die Befruchtung besteht in der materiellen Vereinigung der Keimstoffe. Die Befruchtung de- Eies geschieht also durch das Eindringen ein»-- Spermafadens in das Innere des Dotters. Das Sperma enthält hei allen Tieren, sobald es befruchtungsfähig ist. die von der Histologie her bekannten Spermatozoon oder beweglichen Samenfäden. Sie bedingen die Zeugungskraft dr> Sperma, welche mit ihrem Fehlen verloren geht. Schon Prevost hat gezeigt, dass der Froschsame seine befruchtende Eigenschaft verliert, wenn seine Samenfäden abfiltriert werden. Durch die Feststellung der Thatsache, dass die Samenfäden nicht bloss mit dem befruchtenden Ei in Kontakt kommen, sondern sich durch die Dotterhaut in da- Innere einbohren, wurde eine der wichtigsten Entdeckungen in der Geschichte des Erzeugens gemacht.

Dm den ganzen Prozess richtig aufzufassen, -ei au- dem Hau der Spermafäden an folgendes erinnert.


Beneden, E. van, und Julin. Ch., Observations sur la maturation, la fecondation etc. de l'oeuf, chez les Cheiropteres. Arcb. de Biol. Toni. 1 1880


Die Spermafäden des Menschen lassen wie die so vieler Wirbeltiere und Wirbellosen einen „Kopf" und einen „Schwanz" unterscheiden. Der Kopf erscheint von der Fläche gesehen oval mit einem etwas verschmälerten Vorderende, das schalen- oder löffeiförmig vertieft ist; er ist nicht eiförmig, sondern glatt, und die Zuschärfung, mit der schalenförmigen Vertiefung zusammenhängend, ist wohl zu erkennen. Der hintere verdeckte Teil des Kopfes ist stärker lichtbrechend als der vordere. Ein Spiess, wie er bei den Spermafäden der Salamander nachgewiesen ist, fehlt denen des Menschen.

Den Übergang vom Kopf /um Schwanz bildet das „Verbindungsstück des Schwanzes". Es besteht aus einer cylindrischen Partie von ungefähr derselben Länge wie der Kopf, ist verhältnismässig schmal und an der Oberfläche etwas körnig und 6 a

rauh. Es haften hier die oft beschriebenen protoplasmatischen Fetzen oder Hauben.

Der Schwanz oder das eigentliche Hauptstück des Schwanzes bildet einen langen cylindrischen sich etwas verjüngenden Faden, der mit dem Verbindungsstück mittelst einer queren Fuge verbunden ist. Am hinteren Ende ist durch einen Absatz deutlich ein feines Endstück angesetzt, welches das eigentliche Schwanzstück darstellt. Es tritt nicht immer deutlich hervor und oft scheint dieses „Endstück des Schwanzes" abzubrechen. Ob ein Spiralsaum au dem Schwanz vorkommt, wie an den Samenfäden von Salamandern und Trifolien, ist bis jetzt noch nicht festgestellt.

Es dringen viele Spermafäden durch die Zona pellueida. Man hat bis zu 60 gezählt bei dem Kaninchen (Fig. 7). Dass du- Samenfaden, von denen 5 000 000 auf eine Kubiklinie gehen, trotz der seltsamen Form den physiologischen Wert von /eilen haben, ist durch ihre Entstehung festgestelH (Kölliker). Der Kopf enthält Chromatin, das in dem Kern der männlichen Geschlechtszelle enthalten war (Flemming), jedoch auch Spuren von Zellprotoplasma. Es hat viel Diskussion veranlasst, ob die auffallende Form des Spermafadens mit der Vorstellung einer Zelle vereinbar sei. Man muss, nachdem seine physiologische Rolle mit der einer Zelle übereinstimmt, ebenso -eine Herkunft, hinzufügen, dass der Spermafaden wie das Ei eine für die Fortpflanzung besonders organisierte Zelle sei. dafür bestimmt, in das Innere des weiblichen Eies einzudringen.


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Fig. 6.

Spermafaden vom Menschen. 1 200 mal vergr.

Nach < r. Ete i /.ins.

a von der Fläche, b von der Seite.

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• ) Retziu-e c.. Biol. Untersuchungen. S. 73. 1881.

Der Hau des menschlichen Samenfadens wurde eben insoweit beschrieben, al~ zahlreiche und übereinstimmende Angaben genügende Sicherheit für die aufgeführten Merkmale gewähren. Noch viele andere Eigenschaften stehen m Frage, die sieh aber nur dann fichtig beurteilen lassen, wenn man sieh an den Bau der Samenfäden de- gefleckten Salamanders erinnert. Der Kopf i.-t bekanntlich bei diesen Urodelen ein Langerund spitzer Strang von 0,1 mm; ein feiner ,,Spiess", den schon Czermak beschrieben hat und der manchmal noch mit einer Art von Widerhaken versehen ist. sitzt an dem Kopfende. Dieser Spiess besteht aus einer anderen Substanz als der Kopf. Von dem eben erwähnten Spiess ist noch niemals etwas an den Spermafäden des Menschen oder der Säuger gesehen worden. Eine andere Eigenschaft des Spermafadens des gefleckten Salamanders ist die am freien Rande „gefaltete


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Fig. 7. Eindringen der Spermafäden in das Kaninchenei. Ans dem Eileiter 14 */« Stunden nach der hing. Der Dotter hat si<-!i stark zurückgezogen. Zwischen ihm und der Zona jiellu cida „Eisaft".

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Flossenmembran", welche längs des Schwanzes verläuft. Der freie Rand dieser merkwürdigen Membran besitzt eine zarte Verdickung, Randfaden (G. ßetzius). Die Membran spielt bei den Bewegungen des Samenfadens eine hervorragende Rolle. Ihre Bewegung treibt ihn vorwärts. Nachdem die Spermatozoon der Säuger und dv< Menschen dieselbe vorwärtsbewegende Triebkraft besitzen, hat man mit Recht vermutet, es könnte an dem Hauptstück der höheren Tiere sich vielleicht eine ähnliche Flossenmembran finden. Von mehreren Forschern bestehen darüber schon Angaben (Gibbes 1880, Krause lSsii 1 ), allein noch isl es nicht gelungen, die übrigen Forscher von der Existenz einer solchen Membran bei den Säugern und dem Menschen zu überzeugen. Aber auch ohne diese Zuthat steht ja der Erklärung der Bewegung des Samenfaden- nicht die geringste Schwierigkeit im Wege. Der Schwanz des Samenfadens führt so energische Bewegungen aus, dass das


ßibbi 3, Quart. Journ. of micr. Sc. p. 487. 1879. p. 320. 1880. Krause, YV\. Bio]. Centrslbl. Bd. 1. S. 25. 1881-82.


Die Befruchtung


il


Eindringen in das Ei stets gelingt; er ist wie eine Geisse! zu betrachten, welche durch die in ihr aufgehäufte Spannkraft hin und herschlägt und den Kopf vorwärts treibt

Von 'Im vielen Samenfäden, welche von allen Seiten her in dalli eindringen, gelangt, wie die neuesten Erfahrungen zeigen, unter normalen Umständen nur ein einziger in das Innere des Dotters. Diese Beobachtung ist auf das Überzeugendste an den Eiern der Seesterne und Seeigel festgestellt. Sie sind das klassische Objekt für diese schwierigen Untersuchungen. Nur ein Samenfaden gelangt ans Ziel. In der kurzen Zeit von 1 — 2 Sekunden ist der Kopf l>is zur Hälfte der Schleimschicht vorgedrungen. Noch ehe er den Dotter berührt, hebt sich von diesem aus ein durchsichtiges Gebilde („Empfängnishügel") dem Kopie des Samenfadens entgegen, spitzt sich immer mehr zu und bildet eine dünne, fadenförmige Spitze, bei der Maus einen Höcker (Fig. 8), welchen das Köpfchen des eindringenden Samenfadens erreicht. Dieses gleitet nun allmählich, dem entgegengestreckten Protoplasmafinger folgend, unter pendelnden Bewegungen des Schwanzes in den Dotter hinein. Der Schwanz des Samenfadens ist bald unbeweglich und knotig geworden; er scheint sich zu verkürzen, dann sieht man an seiner Stelle nur einen sehr zarten zugespitzten Kegel mit breiter Basis, der einige Minuten sichtbar bleibt, aber während dieser Zeit mannigfach in seinem Aussehen sich verändert. Bald nach dem Eindringen entzieht sich der Schwanzfaden, soweit er mit eingedrungen war, spurlos den Blicken, er wird wahrscheinlich im Eiplasma aufgelöst. Unterdessen ist der Kopf des Samenfadens tiefer in den Dotter gedrungen und erfahrt sofort eine Reihe von Veränderungen. Aus dem Kopf bildet sich ein chromatischer Klumpen, der allmählich Kerngestalt Männliche] annimmt und dann den männlichen Vorkern darstellt, aus dem Verbindungsstück bildet sich ein meist von einer dichten Strahlung umgebenes Centrosoma (Boveri). Alsbald erfolgt eine Drehung des Spermakopfes, so dass der Centralkörper nunmehr dem Eiinneren zugekehrt ist. ein Vorgang, der bereits bei mehreren Wirbeltieren in Übereinstimmung mit vielen Wirbellosen, nachgewiesen ist. — Nach dem Eindringen erfolgt die Bildung einer den


Polkörperchen und in der Tiefe die damit verbundenen Dispirem


Zona pell ueida



Spermafaden Empfängnishügel


Ei mii dem Spermafaden aus dem Eileiter der Maus. Nach Sobol i a.




Hu' Vorentwickelunj


Poiy


Dotter gegen fernere Samenfäden abschliessenden Dotterhaut. Sobald der eine Samenfaden in die Tiefe gelangt ist, lös! sich von der Stelle des Empfängnishügels aus eine helle Schichte mit doppelter Qzung von dem Dotter I"-. die sich rasch verdichtet und nun eine Grenzschichte, eine wahre Dotterhaut darstellt, die anfangs noch an der Eintrittsstelle des Samenfadens eine knotenförmige Vertiefung zeigt. Die Bildung dieser Dotterhaut gehl so schnell vor sich, dass alle übrigen Samenfäden, welche, dem eisten folgend, sich in die Schleimschicht einbohren, die Thür geschlossen finden; sie können nur bis zu der neu entstandenen Dotterhaut gelangen, die ihnen einen wirksamen Widerstand entgegensetzt. In der Regel gelangt also nur ein Spermafaden in das Ei. Es können auch mehrere Samenfäden eindringen (Polyspermie). Solche Eier entwickeln sieh dann oft in monströser und abnormer Weise. Polyspermie ist nach vielen Erfahrungen schädlich.

Allein es giebt nach den vorliegenden Erfahrungen auch eine physiologische Polyspermie bei Wirbellosen und bei Wirbeltieren (Selachier und einige Amphibien 1 ), wobei die Eier nicht pathologisch verändert werden. Es entstehen im '■•-enteil mehrfache männliche Vorkerne, aber nur ein Spermakern tritt mit dem weihlichen Vorkern in nähere Beziehung, die anderen können dann keinerlei Einfluss mehr üben und werden schliesslich wohl unschädlich gemacht. Bei Säugern (Maus) findet normalerweise keine Polyspermie statt. Dil die Geschlechter hei den Seesternen getrennt sind und etwa ebensoviel Weihchen als Männchen bei ihnen vorkommen, so ist es klar, dass von <\en in normaler Weise befruchteten und entwickelten Eiern die einen .Männchen, die anderen Weihchen werden. J)a- Geschlecht des zukünftigen Embryos wird also in diesem Falle nicht durch die Zahl der Samentierchen bestimmt, die in das Ki treten.

Nach dem Eindringen des Samenfadens zeigt der Dotter lebhafte

gungen, wird höckerig und zieht sich von der Dotterhaut zurück.

Bald nimmt der Dotter wieder Kugelgestalt an und wenige (4—5) Minuten

nt völlige Ruhe zu herrschen. Dann aber taucht an der Dotter


_-. 0. Ei eines Seeigels. Um den Kopf des einge drangen«) Spermafadens taucht ein Strahlen kränz auf. Nach Fleinming.


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i) Rückert, Anat. Anz. Bd. 7. 1892. Samassa, Arch. f. Entw. -Mechanik. 2. Bd. 1895.

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Peripherie ein kleines, längliches, von einem lichten Hof umgebenes Körperchen auf, von dein ein Strahlenkranz ausgeht. (Fig. 9.) Radiär gestellte Strahlen durchziehen den Dotter, die sich mehr und mehr verlängern. Der ueue Kern verlässt nun seinen Platz und rückt nach dem Centrum des Dotters, in die Nähe des Eikerns. Anfangs langsam, dann schneller, nähert sich der „Spermakern" oder männliche Vorkern (Pronucleus masculinus) dem weiblichen. Sie stossen mit dem Rande aneinander, verschmelzen erst zu einem schuhsohlenförmigen, dann eiförmigen und endlich durchaus runden Fleck, zu einem einzigen Kern, dem Furchungskern (Figg. Hl und 11). In 10 — 15 Minuten nach der Befruchtung sind Eikern und Spermakern zur vollen Vereinigung gelangt. An diesem Furchungskern liegen zwei Sphären. Sie sind bei dem Seeigel und dem Amphioxus besonders gross. In ihrem Innern treten die Centrosomen hervor.

Früher stellte man sich <\rw Akt der Befruchtung so vor, dass sich das Samenkörperchen im Dotter de< Eies einfach auflöse, ohne irgend ein morphologisches Derivat zu hinterlassen. Jetzt wissen wir mit Sicherheit, dass wir es bei der Befruchtung nicht bloss mit einem chemisch-physiologischen, -andern vor allem auch mit einem morphologischen Vorgang zu fchun haben, bei welchem sich die Umwandlungsprodukte des Eikerns mit ebensolchen des Spermafadens materiell verbinden.

Bei Würmern. Mollusken und Saugetieren hat man ganz dieselben Vorgänge mehr oder minder vollständig beobachtet und kann demnach jetzt wohl schon annehmen, dass sie sehr verbreitet sind und auch bei dem Menschen, bei der Befruchtung des Eies vorkommen. Die Phasen des Vorganges sind bei verschiedenen Tieren Abänderungen unterworfen in ihren Einzelheiten. Aber dies ändert nichts an der Sache selbst. Das Hauptgewicht liegt auf dem jetzt vollständig erbrachten Beweis, dass bei der Befruchtung der. von dem ursprünglichen Ei auf die angegebene Weise gelieferte Eikern, mit dem von dem Samenfaden ausgehenden Spermakern wirklich materiell verschmilzt, um ein einheitliches Ganzes darzustellen: das Ei mit dem furchungskern. Alle vorausgegangenen Arten von Kernen werden also umgeformt und von der neu individualisierten, lebenskräftigen Zelle zu einem einheitlichen primitiven Organismus umgeändert, der von nun an die höchsten Zeichen von Energie für Stoff auf nähme, Assimilation und Vermehrung zum Ausdruck bringt. Was zurückbleibt, bildet den Ausgangspunkt der neuen Individualität. Dabei sei besonders folgendes betont : Von allen' Teilen des Spermafadens spielt dm' Kopf bei dem Befruchtungsvorgang die wichtigste Bolle. Dieser Kopf entsteht aus der chromatischen Substanz des Kerns der bei der Samenbildung beteiligten Hodenzellen. Flemming 1 ) hat dies endgültig für den Salamander festgestellt und man

! ) Flemming, Axcb. f. mikruskop. Anat. Bd. 18. S. 151. l^sO.

Kollmann, Entwickelungsgesehichte. 3


darf annehmen, dass in diesem Punkt ein gleichartiges Verhalten durch das ganze Tierreich besteht, worüber schon zahlreiche Belege beigebracht sind. Es ist sehr wichtig, die Thatsache von der Natur des Spermakopfes besonders zu betonen, weil viele Konsequenzen bezüglich der Vererbung daran- gezogen worden sind. Durch die bei der Befruchtung gefundenen Thatsachen sind alle jene Theorien ein- für allemal zu Grabe getragen, welche auf geheimnisvolle Ursachen, die bei der Zeugung in Wirksamkeit treten sollten, zurückführten. Der lebendige Bildungsstoff, das Keimplasma, ist der Trauer der Eigenschaften, die sich von beiden Eltern auf den einen, neu entstehenden Nachkommen vererben.

An dem Ei der Maus persistieren die landen Vorkerne eine Reihe von Stunden. Dann bildet sich in jedem Kern ein chromatischer Faden, dann zerfallt dieser Faden unter Schwund der Kernmembran in einzelne chromatische Schleifen. Im diese Zeit tritt der Centralkörper. das Centrosoma, auf, von einer deutliehen Strahlung umgeben. Das Centrosoma teilt sieh nun in zwei und zwischen diesen beiden spannt sieh eine kleine Centralspindel aus, die Grundlage der ersten Furchungsspindel. An diese legen sieh von beiden Seiten die aus den Vorkernen entstandenen Schleifenpaare als Chromosomen an. Anfangs lassen sich die männlichen und weiblichen Schleifen durch ihre getrennten Lagen noch unterscheiden, später gelingt dies nicht mehr.

Bei der Maus findet gewöhnlich keine Verschmelzung der Vorkerne statt, ausnahmsweise erfolgt sie. Die Chromosomen, die aus den Kernen hervorgegangen sind, vereinigen sich aber, der übrige Verlauf ist dann, wie er oben geschildert wurde. Es besteht bei den Säugetieren und wahrscheinlich auch bei den Menschen eine Übereinstimmung der Befruchtungsvorgänge, nicht bloss mit denen anderer Wirbeltiere, sondern auch mit denen der "Wirbellosen. I>i'- mitgeteilten Thatsachen sind Errungenschaften der letzten Zeit. Bis zum Jahre lb75 nahm man. von älteren Vermutungen abgesehen, gewöhnlich an, dass die Samenfäden in grösserer Zahl in den Eiinhalt eindringen und im Dotter sich auflösen sollten. O. Hertwig fand dann an den Eiern eine- Seeigels, Toxopneustes lividus, eine Reihe der oben geschilderten Befruchtungserscheinungen, wie die Bildung de> Eikerns und Spermakern-, die Verschmelzung beider, und die Befruchtung durch einen einzigen Samen\'.~ folgten dann eine Reihe von Arbeiten 1 ), welche die gewonnenen


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Fig. 10.

Furchungskeru aus Ei- und Spemiakern mit zwei Sphären :il- Mittelpunkte der Dotterstrahlung Seeigel . faden.

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i) Fol. H., Mein. .See. plivs. et d'hist. nat. Geneve. 4°. 1879. Mark, E. L.. Ball. Museum Comp. Zoology. Harvard College. Cambridge 1881. Kupffer und


Die Befruchtung.


35


Erfahrungen wesentlich erweiterten. Heute wissen wir, «lu.sa auch in anderen Stämmen des Tierreiches derselbe Vorgang in verwandter Weise statthat. Die [denditäl der Befruchtungsvorgänge im Tier- und im Pflanzenreich hat Strassburger bewiesen. Die heutige Befruchtungstheorie ruht also

auf der durch direkten Augenschein bei vielen Tierstä len erkannten That sache, dass ein Spermafaden in das Innere des Dotters dringt, das weibliche Ei also männlichen Keimstoff in sieh aufnimmt. Wir dürfen auf dieses

Ergebnis hin a Innen, dass sich der Vorgang in der nämlichen Weise auch

bei dein Menschen abspiele.

Oh die Befruchtung überall auf der Vereinigung zweier geschlechtlich differenter Kerne beruhe, ist noch eine Frage der Diskussion 1 ). Bei Ä.scaris megaloeephala, einem Eingeweidewurm des Pferdes, spielt sich der Vorgang etwas anders ab. Die Befruchtung endigt mit der Vollendung des Spermakerns und eine Verschmelzung desselben mit dem Eikern findet nicht statt 8 ). Das Wesen der Befruchtung liegt also hei dem Pferdespulwurm lediglich in dem Vorgange, durch welchen der bisher fremde Spermakern in einen Bestandteil des Eies umgewandelt wird. Die wohlkonstatierte Beobachtung der vollständigen Kopulation zweier geschlechtlich differenzierter Zellkerne bei den Seeigeln, seihst bei ^U'i\ Säugetieren, besitzt aber nach meiner Meinung ein grösseres Gewicht, weil erstens die weite Verbreitung der Kopulation nachgewiesen ist und weil die Ascariden ein allzu stark spezialisierter Seitenzweig der Würmer sind, als dass dieses ihr Verhalten unsere Vorstellung von dem Prozess bei den Säugern und dem Menschen beeinflussen dürfte. Bei Ascaris megaloeephala lernen wir nur eine andere Variante des grossen Prinzipes kennen, das den Befruchtungsvorgang beherrscht.

Nachdem durch das Studium des Befruchtungs Vorganges festgestellt ist. dass es sich dabei, sowohl bei Pflanzen als Tieren, um eine Vereinigung eines männlichen Keimstoffes mit einem weiblichen Ei handelt, oder allgemein ausgedrückt, zweier verschiedener Keimstoffe, erklärt sich zunächst die Erfahrungstatsache, dass der Nachkomme im allgemeinen ein Mittel der väterlichen und mütterlichen Eigenschaften darstellt, wie dies besonders bei Bastarden in die Augen springt. War damit ein

bedeutender Fortschritt errungen, so lag ein noch grösserer in der folgenden Kiddeckung. Sie bestand darin, dass für die Befruchtung



Fig. 11. Furchungskern mit den zwei Sphären. Im Innern des Furchungskerns Chromosomen.

Seeigel.


LSenecke, Der Vorgang der Befruchtung am Ki der Neunaugen. Königsberg. 1878. Beneden, E.v.. hat beiden Säugetieren die Verschmelzung zweier Kenn' beobachtet. — i) Carnoy, Revue la „Cellule". Tom. 2. Gand 1886. - -> Beneden, E. \.. Bull. Acad. roy. Belg. 3. Ser. Tom. 14. 1887. Cultschitzky, N. , Sitzungsber. der Berliner Akad Jan. 1888. Bovcri. .lenaische Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. 21. 1887. Zacharias, 0., Arcli. f. mikroskop Anat. Bd. 30. 1" S T ist anderer Ansicht und behauptet eine Verschmelzung gesehen zu haben, wie bei den Seesternen.

3*


Die Vorentwickelung.

nur ein einziger Samenfaden verwendet werde, (her die Zukunft des neuen Individuums ist also im Moment der Aufnahme des Spermafadens in den Dotter entschieden, jedenfalls soweit der direkte Einfluss des väterlichen Keimstoffes in Betracht kommt. Dasselbe ist wohl auch der Moment für den Einfluss des weiblichen Keimstoffes. Bei dem Menschen erben dir Kinder im allgemeinen gleichviel vom Vater wie von der Mutter. An die Substanz aber, aus welcher ein neugeborenes Kind, oder wenn es gestillt wird, einige Zeit nach der Geburt

it. hat der Vater nur etwa den hundertbillionsten Teil, die Mutter alles Übrige geliefert. Dieses Faktum hat ein überwältigendes Gewicht für die Annahme, dass in der kleinen Menge von Idioplasma im Ei und im Samen die ganze Zukunft des Individuums gegeben sei, nicht allein das Mass der formbildenden, sondern auch der die Funktion beherrschenden Materie. Die Ähnlichkeit der Kinder mit den Eltern muss ausschliesslich materiell erklärt werden. Was aber bis jetzt über Bau der Eier und Samenfäden erkundet wurde, ist für die Aufklärung dieser Erscheinungen unendlich wenig. Eier und Samenfäden sind die grössten und feinsten Kunstwerke im ganzen Reiche der Organisation.

Der Vorgang der Befruchtung darf nicht ausschliesslich von der Erfahrung an dem Spermafaden und dem Ei beurteilt werden, so wie wir ihn eben erörtert Denn ehe diese beiden spezifisch organisierten Zellen gebildet worden sind, schon unendlich lange vorher, gab es Vermehrung, Fortpflanzung. Mannigfaltigkeit des Verfahren- ir-t auch hier der Stempel, den die Schöpfung der lebenden Wesen trägt; allein immer wird doch das Prinzip der Befruchtung dasselbe -ein. nämlich die materielle Vereinigung der Keimstoffe. Die Protisten, die einfachsten Formen der Liebewesen, zeigen zwar eine besondere Art der geschlechtlichen Zeugung, die Konjugation mit verschiedenen Abarten, aber das Prinzip, das durch diese Variante hindurchblickt, i^t das nämliche. Es verschmelzen relativ grosse Massen, von denen kein Teil als männlich und keiner als weiblich bezeichnet werden kann 1 ).

Was wir geschlechtliche Fortpflanzung nennen, ist also nicht die ursprüngliche Vermehrungsform der Lebewesen. Es giebt Vorstuf en der mannigfaltigsten Art: es genügt auch oft nur eine gewöhnliche Zelle zur Fortpflanzung der Art (Sprossenbildung). Bei den niederen Wesen, bei denen kein Gegensatz von Geschlechtern i-t und jedes Individuum also die Idee dieser Tierform •_ r anz enthält, bedarf es nur der Keife, um zu zeugen. Fortpflanzung is1 hier unmittelbar Wachstum über die Grenzen de- Individuums hinan-. (C. E. v. Baer.)

IV. Ort der Befruchtung.

Ort der Befruchtung. Lebensdauer der Spermafäden. Ovulation.

Menstruation. Wanderung des Eies durch die Tuben. Lebensdauer

des unbefruchteten Eies. Corpus luteum.

a) Ort der Befruchtung und Schwangerschaftstheorien.

Fi und Samenfaden können sich bei dem .Menschen nach den bei ihm und bei den Tieren vorliegenden Erfahrungen in dein Uterus, in den Eileitern oder schon auf der Oberfläche des Ovarialtrichters und des

i) bü tschli. a. a. 0. Stein. Organismus der Infusionstiere. Leipzig 1859 u. 1867.


Eierstockes treffen. Für die zuletzt erwähnten Stellen des Zusammentreffens sprechen bei dem Menschen die Tubar-, die Eierstocks- und die Bauchhöhlenschwangerschaften eine deutliche Sprache. Bei den Schwangerschaften im Eierstock ist das Ei offenbar in dem geborstenen Graafschen Follikel sitzen geblieben, es wurde also nicht in den Eileiter entleert, die Spermafäden sind aber bis zu dem Ei in die Tiefe der Follikelhöhle von der Oberfläche di'y< Tubentrichters her vorgedrungen 1 ). Bauchhöhlenschwangerschaft kann, wie leicht ersichtlich, nur dann entstellen. wenn die Aufnahme des Eies durch den Tubentrichter nicht gelingt, und dasselbe statt in die Gebärmutter vielmehr in die Bauchhöhle gelangt. In solchem Falle geschieht die Befruchtung entweder sofort bei dem Austritt aus dem Eierstock, oder \v;is ebenfalls denkbar ist, durch Spermafäden, welche selbst bis in die Bauchhöhle gelangt sind. Aus diesen Angaben geht so viel hervor, dass das Ei auf dem ganzen Wege von dem Eierstock bis in die Uterushöhle befruchtet werden kann.

Nach den Erfahrungen bei den Tieren geschieht die Befruchtung imprägnades Eies sogleich nach dem Austritt aus dem Ovarium, also auf dem Tubentrichter oder in dem Anfang der Tuben und wahrscheinlich ist dies auch bei dem Menschen der Fall. Von diesem Augenblick an, demjenigen der „Iniprägnation", da die Samenelemente in das Ei eindringen und es befruchten, muss der Beginn der Ent wicke hing angenommen werden.

Bei vielen Bauchhöhlenschwangerschaften haben offenbar die Fimbrien ihre Aufgabe nicht erfüllt. Der Apparat der Überleitung, die Tuben, sind überhaupt für ihre Funktion mangelhaft organisiert. Dieser Mangel wird zwar durch die Beweglichkeit der Fimbrien etwas ausgeglichen, aber doch nicht völlig beseitigt. Die Fimbrien umgreifen die freie Fläche des Eierstockes. Nach Versuchen an Tieren gleiten sie auf der Oberfläche des Eileiters hin und her; schiebt man sie weg, so schlüpfen sie sofort wieder hinauf. Bei einer Selbstmörderin sah ich sie noch 24 Stunden nach dem Tod fest anliegend, ein Follikel schien unmittelbar vor dem Tod geborsten und das ausgetretene Blut hatte den Eileiter bis in den Uterus hinein gefüllt.

Dieses Verhalten erklärt zur Genüge, dass die Fimbrien, wenigstens in der Regel, so glücklich an dem Ovarium angelegt sind, das- «las Ei in die Tube gelangt. — Welche Umstände es möglich machen, dass eine sogenannte äussere Überwanderung von Eiern aus dem einen Eierstock in die Tube der entgegengesetzten Seite stattfindet, wenn die Tube derselben Seite verschlossen ist, bleibt noch völlig unklar. Eine solche merkwürdige Wanderung kann auch bei normalem anatomischen Verhalten der Genitalien, soweit es

i) Mit der Schilderung der Befruchtung des Eies durch den Spermafaden sind wir einigen Ereignissen vorausgeeilt, die sich abspielen müssen, ehe es zu einer Befruchtung kommen kann, wie dem Austritt des Eies aus dem Graafschen Follikel. der sog. Ovulation und seiner Wanderung. Deshalb folgt nunmehr die Betrachtung der in der Überschrift erwähnten Erscheinungen.

sich nachweisen lä>>t. vorkommen 1 ), während in anderen Fällen von Überwanderung stets erleichternde anatomische Varietäten vorhanden waren. Es giebt aber auch eine innere Überwanderung, d. h. von einem üterushorn in das andere, wenn nur ein Ovarium bei Tieren Eier liefert und doch beide Uterushörner Junge enthalten. Solche innere Überwanderung ist bei Tieren: bei Füchsen, Hunden, bei Schafen und Meerschweinchen zu finden; bei Steinnnd Edelmardern kommt die Überwanderung von Eiern von einem Üterushorn in das andere so häufig vor. dass sie beinahe die Regel zu sein scheint 2 ). Nicht allgemein wird angenommen, das- die Eier des Menschen auch noch im Uterus befruchtel werden können. Das Ei ist z. B. nach His 3 ) nicht in jeder beliebigen Strecke -einer Bahn vom Eierstocke zum Uterus hin befrachtungsfähig, sondern nur in deren Beginn. Das würde eine kurze Lebensdauer des aus dem Eierstock ausgetretenen Eies voraussetzen.

Die Samenfäden gelangen unter günstigen Umständen sein- schnell

Ins zu dem Ovarium. Leuckart und B i's c h o f f fanden den Samen

Meerschweinchens schon X U Stunde nach der Kopulation bis gegen

die Mitte des Eileiters vorgedrungen. Menschliche Samenfäden bewegen sich

nach Henle 2.7 mm weit per Minute,

Krämer 2.2

.. Hensen 1.2

Da die Tubenlänge des Menschen ca. 10 — 12 cm beträgt, so würden die Samenfäden in längstens 2 Stunden sie durchlaufen können. Dabei ist noch folgendes zu berücksichtigen: Die reifen Samenfäden sind im Vas deferens durchaus unbeweglich. Werden sie in eine verdünnte Lösung gebracht, so beginnt, wie in dem Vaginalschleim, ihre spiralige Bewegung und im ungünstigsten Falle gelangen sie binnen 10 Stunden zweifellos vom Os uteri externum bis zum Ovarium. Sie kriechen so lange, bis der Vorrat von Spannkraft, der in ihnen angehäuft liegt, und in Bewegung umgesetzt wird, erschöpft ist. Ihre Lebensdauer ist jedenfalls eine sehr lange im Vergleich mit anderen Zellen, welche von ihrem Staniinesboden losgelöst sind. Wahrscheinlich werden sie sich auch durch Stoffaustausch ernähren und infolge von Nahrungsaufnahme durch Imbibition wie andere lebendige Zellen neue Vorräte von Spannkraft ansammeln.

b) Lebensdauer und Widerstandsfähigkeit des Samens.

Die Lebensdauer des Samens ausserhalb des Hodens kann eine sehr grosse sein. Ejakulierter Same hält sich bis zum Eintritt der Fäulnis, im Brütofen über 8 Tage am Leben. Fäulnis ist im weiblichen Organismus wohl ausgeschlossen. Aus dem Cervix uteri der


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') Conrad und Langh ans (Tubenschwangerschaft. Überwanderung des Eies.) Arch. f. Gynäk. Bd. 9. 1876. — 2) Bischoff, Th. L. W.. Sitzungsber. d. Münch. Akad.. math.-physik. Klasse. S. 44—45. 1863. — :i ) His, Anat. menschl. Embryonen. Bd. 2. 1882. Dagegen hat ein Gynäkologe neuerdings versucht, den Hauptsitz der Befruchtung in den Uterus zu verlegen. (Wyder, Arch. f. Gynäk. Bd. 28. 1886.)

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lebenden Frau sind die Samenfäden häufig zur Beobachtung gekommen, und sie bewegten sich noch nach 5 Tagen, in einem Fall noch nach 9 Tauen, so dass wir ihnen doch schon eine ansehnliche Lebensdauer in den weiblichen Teilen zumessen dürfen 1 ). Nach Mantegazza 2 ) kann menschliches Sperma bis auf 47 ° erwärmt werden, ohne dass die Bewegung erlischt, bei 0° hört sie auf, alter noch nach Ö Tagen konnten einige bei dieser Kälte aufbewahrte Samenfäden wieder belebt weiden. Einfrieren bei einer Temperatur von 15° hinderte die Wiederbelebung nicht.

Von Tieren haben wir Beispiele fast unbeschränkt langer Lebensdauer der Samenfäden im weiblichen Organismus. In dem Receptaculum seminis der Bienenkönigin kann das Sperma mindestens drei Jahre in befruchtungsfähigem Zustand verweilen. Bei den Fledermäusen 3 ) hält sieh «las Sperma den ganzen Winter hindurch in befruchtüngsfähigem Zustand im Uterus, die Begattung findet nämlich im Herbste statt und die Befruchtung der Eier im Frühling, weil erst dann da- Weibchen Eier aus seinem Ovarium entlässt, also zu einer Zeit, in der reichliche Ernährung der Mutter und des Jungen gesichert ist. Dabei liegen die Spermafäden unbeweglich, bis die Zeit der Befruchtung herannaht. Das ist gleichzeitig ein interessanter Fall von Anpassung der Fortpflanzung an das Klima. — Das Huhn kann noch bis zum !8. Tage nach Entfernung des Hahns befruchtete Eier legen. Ein ähnlich Verhalten ist für den Menschen nicht unwahrscheinlich. Die Samenfäden gelangen ja nur aus dem männlichen Receptaculum seminis in das weibliche, wo sie in Temperatur, in der alkalischen Sekretion u. s. w. günstige Bedingungen für ihr Fortleben finden.

Diese Mitteilungen mussten vorausgehen, um die Bedeutung der schwangerSchwangerschaf tstheorien abwägen zu können, welche den Zeit- theorien. punkt der Ovulation und Imprägnation aufklären sollen, um damit die Dauer der Schwangerschaft bestimmen zu können.

Nachdem das menschliche Ei den Eierstock verlassen hat und befruchtet oder unbefruchtet in den Uterus gelangt ist, bleibt es in der Regel nahe der Uterinmündung der Tube liegen, und ruft als direkte Folge seiner Anwesenheit eine Schwellung der Schleimhaut hervor, und zwar die Decidua graviditatis, wenn es befruchtet ist; die Decidua menstrualis, wenn es unbefruchtet ist 4 ). Wird in dem letzteren Falle dieses unbefruchtete Ei durch die in den Uterus gelangenden Spermatozoon befruchtet, dann bildet sich die Menstrual- zur SchwangerschaftsDecidua weiter. Das sind nach dem jetzigen Stand der Kenntnisse berechtigte Annahmen.

Die weitere Frage ist nun die nach der Zeit des Austrittes aus dem Ovarium und nach der Imprägnation mit Samen, denn davon hängt


i) Hensen. Physiologie der Zeugung. S. 95. — -i Mantegazza, I'.. Gaz. med. ital. Lombard. Nr. 34 1866. — Fries, Zool. Anz. Nr. 66 L880. - *) Diese letztere Annahme ist in dieser Form nicht ganz berechtigt, denn die Decidua menstrualis ist nicht in solch direkter Weise von dem Ei hervorgerufen. Allem im allgemeinen kann der Zusammenhang als konstatiert gelten.


'nur der Schwangerschaft und die Bestimmung des Geburtseintrittes all. Bei jeder Menstruation wird bekanntlich nur ein Ei, bisweilen, wenn auch selten, mehrere abgestossen. Der Einfachheit der Erörterung wegen nehmen wir an. dass Samen stets in den Tuben vorhanden sei.

Eine Schwangerschaftstheorie stellt nun den Satz auf: das Ei der zuerst ausbleibenden Menstruation ist das befruchtete. Sie nimmt ferner an, da^s der reife Eierstocksfollikel gewöhnlich vor der Menstrualblutung berste, dass also ein paar Tage vor der Blutung das Ei austrete, und befruchtet werde. Um dieselbe Zeit ist dann in dem Uterus die Decidua menstrualis entstanden, d. h. die Schleimhaut ist verdickt. gelockert, blutreich, und geht unter dem Heiz des befruchteten Kies sofort in die Decidua graviditatis über (Reichert 1 ). Der ganze Prozess würde ausserordentlich einfach in folgender Weise ablaufen:

ii ( Ovulation,

b) Befruchtung durch die in der Regel schon vorhandenen Spermafäden,

c) Bildung der Decidua menstrualis, die sofort in die Decidua graviditatis übergeht.

Eine andere Theorie, die ältere, nimmt an. dass das vor der letzten Blutung ausgetretene Ei befruchtet werde. Das Ei bliebe nach dieser Autfassung in dem Eileiter und dann in dem Uterus längere Zeit unbefruchtet aufbewahrt bis zu der Ankunft der Samenfäden. 1 nterdessen ginge aber die für die letzten Menses gebildete Decidua menstrualis zu Grunde, und es müsste, sofern Befruchtung erfolgt, eine neue Decidua gebildet werden, um das Ei einzuhüllen: die Decidua graviditatis. Unter solchen Umständen gehörten zu dem regulären Ablauf der Fortpflanzung zwei aufeinander folgende Perioden, die eine lieferte das Ei und die Decidua menstrualis, die zweite besorgte nach der Befruchtung die Einkapselung in die Decidua graviditatis. Der ganze Prozess würde sich wie folgt abspielen:

ai Menstruation und damit Bildung einer Decidua menstrualis;

h) Ovulation aber zunächst keine Befruchtung;

c) Verschwinden der Decidua menstrualis, aber Zurückbleiben des Eies;

d) Befruchtung ;

e) Herstellung der Decidua graviditatis.

In den Kreisen der Geburtshelfer war früher die erstere Schwangerftstheorie bevorzugt 2 ). Es ist nämlich mit den Erfahrungen der Embryologie vereinbar, das- Samenfäden 18 — 20 Tage lang in dem Uterus erhalten bleiben und überdies fehlte die Schwierigkeit, dass wie bei der letzteren Schwangerschaftstheorie offenbar eine Verschwendung organisierter Materie angenommen werden müsste, denn es würde nur ein Teil der Produkte verwendet. Von der ersten Periode wäre nämlich die gebildete Decidua menstrualis vollkommen überflüssig, von der letzten


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i) Reichert, Abhandl. d. kgl. Akad. d. Wiss. Berlin 1873. — 2) Leopold, Areh. f. Gvnäk. 1876. Bd. 1". 1876. S. 248.

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das ausgetretene Ei. Zahlen, aus Beobachtungen an Neuvermählten zusammengestellt, ergeben nun. dass die Empfängnis in 81 l /a °/o der Fälle

in den ersten 14 Tagen nach Eintritt der letzen Menstruation erfolgte und in 86°/o in den ersten 10 Tagen nach dein Faule der letzten Menstruation 1 ), mit anderen Worten : beide Schwangerschaftstheorien können neben einander bestehen. Es existiert kein völlig fester Zusammenhang zwischen Ovulation. Menstruation und Decidua graviditatis. Der Zeitpunkt, in welchem das Ei aus dem Ovarium austritt, ist nicht sicher bestimmbar. Die Erfahrungen von Th. L.W. Bischoff, J. Williams. Dal ton, Leopold u. A. haben festgestellt, dass der Austritt um 2—3 Tage dem Beginn der Blutung vorausgeht, dass er aber auch im Verlaufe der Blutung eintreten kann. Der mögliche Termin des Eiaustrittes umfasste somit einen Zeitraum von nahezu einer Woche. Die operative Gynäkologie bringt freilich jetzt Beweise für die erstere Schwangerschaftstheorie. ..Als Keim einer Schwangerschaft gilt ihr dasjenige Ei. das nach der Menstruation erst heranreifte - . Der Uterus befinde sich in günstiger Vorbereitung und die Schwangerschaft schliesse sich unmittelbar an die Ausstossung und Entwickelung des Eies an. Die Lebensdauer der Samenfäden berechtige zu der Annahme, dass die Befruchtung noch tagelang nach einem Coitus zustande kommen könne, wenn sich das reife Ei präsentire (Strassmann).

Die neueste Statistik der Konzeptionen, welche als günstigste Zeit für die Befruchtung die ersten 14 Tage nach den Menses erkennen lässt, spricht für die erstere Schwangerschaftstheorie. Das Optimum für die Spermaaufnahme fällt in die Zeit nach den Menses, die eigentliche Vereinigung mit dem Ei aber in die spätere sogenannte a n t e menstruelle Phase. Eine wesentliche Unterstützung dieser Autfassung bildet der Befund über das Alter jüngster menschlicher Embryonen. Eine Differenz von 28 Tagen würde einen unverkennbaren Unterschied aufweisen.

c) Ovulation.

Ovulation heisst die Ausstossung des Eies aus dem Follikel des Eierstockes, Ovulationsperiode, die Zeitdauer, an welche diese Ausstossung geknüpft ist. Die physiologischen Ursachen der ( Ovulation, des Platzens der Follikel, sind offenbar sehr verwickelter Natur. Kongestion des Blutes nach dem Ovarium wie nach den Genitalien überhaupt, Vermehrung der Flüssigkeit in der Höhle der Follikel (des Liquor folliculi), endlich Muskelkontraktionen spielen dabei wohl eine Bolle, allein wie gross der Betrag jeder einzelnen dieser Bedingungen ist, das lässt sich nicht beurteilen. Die Kongestion des Blutes ist zweifellos sehr beträchtlich, wie

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i) Mensen, Physiologie der Zeugung. S. 62 u. ff. Ferner P. Müller, Handbuch der Geburtshülfe, bearbeitet von Mehreren. Bd 1. 2. Abschnitt von .1. Veit, Physiologie. S. 137 u. ff.

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schon daraus hervorgeht, dass die Ovarien zur Zeit der Ovulation beträchtlich schwellen, und zwar offenbar durch starke Füllung der Gefässe mit Blut. Der reife Follikel hat einen Durchmesser von 5 nun. Der Zustand der Ovarien in der Brunst und auch bei der Menstruation des Weihes ist am besten mit dem ersten Stadium einer akuten Entzündung vergleichbar, wo die Gefässe weit sind, und das Blut rasch strömt. Injektionen lassen hierüber nicht den geringsten Zweifel. Dass dabei der Eierstock auch saftreicher wird, zeigt die Zunahme des Liquor folliculi. Ovarien sind übrigens nach Alter und Konstitution sehr verschieden, bei gleichalterigen, kräftigen Mädchen gross, kräftig, prall gespannt, mit zahlreichen dem Platzen nahen Follikeln versehen, bei andern alle diese Eigenschaften nur massig vorhanden. Dass die Eierstöcke in vierwöchentlicher Periode und zwar annähernd mit der Menstruation schwellen, hat sich direkt beobachten lassen. Sie schwollen 4 Tage lang, blieben 3 Tage stationär und schwollen wieder ab. Der Gedanke, dass endliches Sprengen des Follikels durch Kontraktion organischer Muskeln herbeigeführt werde, ist gewiss berechtigt. 1 liese Kontraktion braucht keine sehr gewaltsame zu sein, da die Wand des Follikels an der höchsten freiliegenden Stelle schon sehr verdünnt ist, Stigma, die Gefässe dort fehlen und überdies das Gewebe in einem weichen, durchtränkten Zustand sich befindet, wobei die interstitielle Flüssigkeit vermehrt ist. Also Turgescenz , Vermehrung des Inhaltes des einzelnen Follikels und die Zusammenziehung von Muskelfasern führen endlich die Sprengung des Follikels an den Ovarien bei den Menschen wie bei den Tieren herbei.

Die Blutung nach dem Austritt des Eies in den Follikel ist bei dem Menschen nicht konstant, wenn vorhanden, meist gering, oft alier auch erheblich. Stark und nahezu konstant ist dieselbe beim Schwein und bei der Stute; bei Wiederkäuern und Fleischfressern ist die Blutung, wenn vorhanden, gering. Bei der Maus ist eine solche in der Hälfte der Fälle vorhanden, also nicht konstant, ebenso wenig bei andern Nagern. Beim Pieh und Hirsch scheint Blutung häufig zu sein (Bonnet, Sobotta).

Einen Schnitt durch den Eierstock einer 19 jährigen Selbstmörderin stellt Fig. 12 dar. welche 8 Taue nach der Menstruation starb. Der geplatzte Follikel enthält einen Bluterguss, der schon vor dem Tode entstanden ist, wie aus dem breiten Piand des Granulationsgewebes hervorgeht, da- sich bereits zwischen der Follikelwand und dem Rand des Blutergusses gebildet hat.

Dieses Oranulationsgewebe entsteht im Zusammenhang mit der Wand des Graafschen Follikels, an der seit C. E. v. Baer drei Schichten unterschieden werden (Fig. 13): 1. Membrana granulosa, das Follikelepithel, das auch heute noch diesen Namen führt;



2. die Theca folliculi interna, /ellenreich, mit jugendlichen, grossen Bindegewebszellen, an beiden Enden verjüngt, und bei der Maus mit Fett beladen, die Kerne rund, zum Teil in Mitose begriffen; 3. die

Theca folliculi externa (Fig. 13), welche aus Bindegewebszellen und Bindegewebsfasern besteht, und den Eindruck einer widerstandsfähigen Membran macht.

I>;i- Granulationsgewebe, anfangs nur eine dünne Schichte, vermehrt sich und stellt endlich, den ganzen Raum des so entleerten Follikels ausfüllend, das Corpus luteum her. Die Ansichten über die Herstellung dieses seltsamen Narbengewebes sind noch sehr verschieden. Kontinuierliche Beobachtung des Vorganges bei der Maus lehrt folgendes:

Das Ei wird mit Discuszellen entleert , die ihm unmittelbar anhängen. Die ganze übrige Menge der Granulosa bleibt in dem geplatzten Follikel zurück und wird erhalten. Granulosazellen verschliessen bald die Rissstelle, und werden dann in toto hypertrophisch. Sie erhalten eine Grösse von 40 /.i, nehmen also um das 8 — lOfache an Grösse zu. Die Zellen der inneren Thecaschichte wuchern unterdessen und liefern feine. radiäre Bindegewebszüge. welche das Epithel (die Granulosa) durchsetzen. Gleichzeitig treten Wanderzellen auf, welche zwischen den (iranulosazellen hindurchwandern, und bald in großer Menge in dem Blutcoagulum auftauchen. Namentlich ist wohl ein dasselbe umgebendes Netz auf die Thätigkeit der Wanderzellen zurückzuführen.

Die radiären Bindegewebszüge vergrössern sich, ihre Zellen vermehren sich auf mitotischem Wege, es bilden sich quer verlaufende feine Bündel und miteinander anastomosierende Zellen. Mit diesem zahlreichen Bindegewebe treten auch Gefasse auf. Bei der Maus sind in 40 — 50 Stunden die Bindegewebszüge schon bedeutend entwickelt: in 00 — 70 Stunden sind nach dem Platzen des Follikels die Granulosazellen um das Zehnfache vergrössert, und so das Corpus luteum überaus schnell hergestellt, sei es, dass eine Blutung vorher stattgefunden, oder dass >ie fehlte. Jeder Follikel, der platzt, bildet ein echtes Corpus luteum, ob Befruchtung stattfand, oder nicht, und hs setzt sich zusammen aus den stark hypertrophierten Granulosazellen, die später fettig degenerieren, aus Bindegewebe, das aus der innern Thecaschicht des


Granulationsrand


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Fig. 12. 10 jährigen Selbstmörderin . (corpus luteum. Frisches




8 Tago nach Nat. Grösse.

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Graafschen Follikels hervorgeht, und aus Leukocyten undGefässen. Die •li Granulosazellen färben sich oft gelblich (LuteinzellenWaldey er). Sic haben verschiedene Deutung erfahren; besonders wurden sie von dem Bindegewebe abgeleitet. Allein sie stammen von den Granulosazellen, welche in einer bestimmten Weise differenzier! keine Rückkehr zu mesodermalen Eigenschaften aufweisen, obwohl sie mesodermaler Abkunft sind. Denn die Follikelzellen der Ovarien, wie die Zellen der Samenkanälchen des Hodens stammen von mesodermalen Zellen der Keimdrüse, wie sich später zeigen wird. Für die Differenzierung überhaupt und das zähe Festhalten der erworbenen Qualitäten ist die verschiedene Natur der mesodermalen Zellen des Follikels von ansehnlichem [nten s£

Der Akt des Platzens der Follikel wiederholt sieh vom Beginn der

Geschlechtsreife des Leukocyi Weibes bis zur Invo lutionsperiode, in welcher die Menstruation und, wahrscheinlich gleichzeitig, die Ovulation aufhört.

Der Gedanke 1 , dass auch der Mensch bei -einem Auftreten und noch lange Zeit nachher einer bestimmten Paarungszeit unterworfen gewesen sei, ist auf Grand religiöser Mysterien schon oft aufgetaucht. Hill 1 ) hat aus den Geburtstabellen Indiens einen Grand mehr für die Wahrscheinlichkeit dieGeburten fällt dort in


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Fig. 13. Corpus luteum, Man-. 5 — 7 Stunden alt. lOOmalvergr. Mit dem Bindegewebe. Nach Sobotta, Arcb. f. mikroskop. Anat. Bd. 47. 1886.

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ser Annahme herausgefunden. Das Minimum der den Juni, das Maximum in den September; die Zahlen deuten auf ein Maximum der Konzeptionen im Dezember und auf ein Minimum im September. Mit dem letzteren Monat fällt das Ende der langen und drückenden, heissen Zeit zusammen, wobei auch die Malaria den höchsten Grad ihrer Ansteckungsfähigkeil erhält, die Nahrungsmittel fast aufgezehrl sind, überhaupt die Vitalität und Energie der Menschen bis auf den Nullpunkt herabgesunken ist. Im Dezember ist nicht nur der Gesundheitszustand im Lande günstig, sondern die Nahrung isl eingeheimst, billig und im Überfluss vorhanden. Vielleicht herrscht in Indien unter den armen Klassen noch eine schwache Erinnerung an die prähistorische jährliche Paarungszeit. Allein sie ist nicht, wie in Europa, an den Frühling gebunden, sondern folgt dort den günstigen Bedingungen der Nahrungszufuhr.


++++ l) Hill, Jonrn. Antbr. Inst. Vol. 1c. p. 93. London 1888.

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Die Ovulation erfolgt bei dem Menschen und bei einer Reihe vonTiere n unab hä ngi g von der Im- ga ttung. Bischoff 1 ) hat diesen Nachweis vollkommen geführt und gezeigt, 1. dass die Anwesenheit von Sperma in den weiblichen Genitalien für die Ovulation gleichgültig ist; 2. dass die Brunst es ist. welche den Zeitpunkt der Reife and die Ajisstossung der Eier markiert, nicht aber die Begattung. Allein üb dies für alle Umstände Geltung haben darf, ist nicht unbedingt zu entscheiden. Mannigfaltigkeit ist auch hier überall ein deutliches Zeichen bei den Vorgängen in der Natur. Unter den Pflanzen entwickeln die Orchideen ihr Eichen erst, nachdem der Pollen in die Narbe eingedrungen ist. In Bezug auf Frösche und Kröten giebl schon Spallanzani 2 ) an, dass die Eier sich aus den Ovarien nur entleeren, wenn das Weibchen vom Männchen gefasst ist und Coste 3 ) berichtet, dass sich bei isolierten Katzen die Periode der Brunst zu verlängern pflegt, wobei die Tiere sehr herunterkommen.

Zu einer Angorakatze, die nach vierzigtägiger Brunsl dein Untergang nahe schien, setzte er eine Nacht den Kater, worauf alle Symptome sich sogleich verloren und das Tier trächtig wurde. Mehrere solcher Beobachtungen wären wünschenswert, obwohl schon viel experimentiert wurde, namentlich mit Kaninchen. Es ergiebt sich, dass die Eier in der grossen Mehrzahl der Fidle 9— 10 Stunden post coitum austreten (Coste, Reichert, E. van Beneden, flen seni. Es ist daraus ersichtlich, das.- die Kopulation den Eintritt der Ovulation zu beschleunigen vermag, ohne ihn doch augenblicklich hervorzurufen. Es i.-t die Ansieht erfahrener Gynäkologen, dass, wie bei den Tieren, so auch bei dem Menschen durch die Begattung eine Beschleunigung des normalen Prozesses der Ovulation wenigstens bisweilen herbeigeführt werde.

Die Menstruation (die Menses, die Regeln, die monatliche Menstma Peinigung. Periode. Katamenien von menn = Monat, in der Heilkunde das Monatliche u. s. w.), bezeichnet die periodisch auftretende blutige Ausscheidungaus den weiblichen Geschlechtsorganen des mannbaren Weibes. In regelmässigen Pausen erfolgt bekanntlich während des geschlechtsreifen Alters eine Blutung von massig langer Dauer und nicht stets gleicher Intensität, die mit den Fortpflanzungsvorgängen in schon frühzeitig erkanntem, wenn auch noch nicht ganz aufgeklärtem Zusammenhange steiit. Hier soll die Erscheinung soweit erwähnt werden, als sie engere Beziehungen mit der Ovulation aufweist. Die periodischen BlutwalluSgen laufen in der Regel in etwa vierwöchentlichen Zeiträumen ab. Auf der Höhe der Kongestion erfolgt die Ruptur eines sprungfertigen Graafschen Follikels, das Ei tritt aus. und geht, wenn kein befruchtendes Sperma zu ihm gelangt, steril zu Grunde. Die Uterusschleimhaut verfällt alsdann der Verfettung und wird unter Blutung exfoliiert. Wird


i) Bischoff, Tb. L. \\\, Beweis der von der Begattung unabhängigen periodischen Reifung. Giessen 1 — 1 4 *) Spallanzani, Versuche über die Erzeugung der Tiere und Pflanzen. Deutsch von Michaelis. S. 46. Leipzig 17 v <>. — •■ Coste Histoire du developpement. Tom 2. \>. 84. Paris 1859. Mit Alias in b'olio.


l>i.' Vorentwickelung.

aber das Ei befruchtet, so übt seine Entwicklung einen so gewaltigen Reiz auf dir inneren Geschlechtsorgane, dass die Uterusschleimhaut nicht abgestossen wird.

Die mittlere Länge der „Periode wird zu 28 Tagen angenommen, obwohl Schwankungen zwischen 24 und r>4 lauen vorkommen können. Die jungfräuliche Schleimhaut . während dieser Zeit etwas über 1 mm dick, beginnt vor Eintritt der blutigen Ausscheidung zu wuchern. I > i <Drüsenschläuche werden länger und weiter, die ßindesubstanz , die Trägerin der Drüsen und Gefässe, nimmt zu, und das Ganze erreicht eine Dicke von 5 7 nun in dem Uterus kör per. Der Uterushals und die Seheide machen keine solchen Änderungen durch, dagegen nehmen die Tuben an der Schwellung teil 1 ); die Haargefässe ebenfalls, und wenn der Höbepunkt erreicht ist. kommt es zu einer Extravasation von Blut aus den Kapillaren in das Gewebe der Schleimhaut und auf die Oberfläche. Die Menge des austretenden Blutes soll /wischen 100—200 g schwanken. Unter diesem Ausfluss sind auch Gewebstrümmer : Drüsenelemente, Epithelzellen dr> Uteruskörpers, Stützsubstanzreste und Sekrel der Uterindrüsen. Der A.usfluss zersetzt sich dadurch schon intra vaginam, wird riechend, was Anlass gab, in ihm eine Art von giftigem Stoff zu sehen, von welchem sich das Weih reinigt. Nach dem Austritt des Blutes beginnt ein Gewebszerfall in der geschwellten Schleimhaut des Uteruskörpers, wobei dieselbe entweder kleine nur mit dem Mikroskop nachweisbare Fetzen verliert oder zuweilen als Ganzes entfernt wird: der höchste Grad menstrueller Abstossung (Dysmenorrhoea membranacea). Diese Schleimhaut lallt also bei der gewöhnlichen Menstruation in höherem oder geringerem (irade der Vernichtung anheim. und daher rührt auch ihre Bezeichnung als Membrana decidua menstrualis, als hinfällige Haut der monatlichen Reinigung.

I)i<' Blutung ist nach dem eben gesagten das äussere Zeichen eines inneren Vorganges, der längere Zeit bis zu seinem endlichen Ablauf braucht I i ganze Verlauf brauch! mehrere Tage. Denn die Menstruation beginnt für un.~ wahrnehmbar mir dem Abfluss, der während dreier Taue blutig gefärbt ist, später farblos wird und endlich aufhört. Dabei schwillt die Uterinschleimhaul ab, das Epithel regeneriert sich und zwar, wie es scheint, von den intakten Gebieten der Mukosa und von den Drüsenschläuchen aus, dann kehrt die Schleimhaut des Uteruskörpers bis zu einer geringeren Dicke, die fortan 2 — 3 nun beträgt, zurück. Am it. — in. Tage etwa isl die neue Schleimhaut fertig, bis zum ls. Tau.- verharrt sie in dem normalen Zustande, um alsdann wieder von neuem die Deciduabildung zu beginnen 2 ). Die Zeil

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i) Henning, Arch. f. Heilkunde. Bd. 18. S. 418. WT. 2) Die Vorgänge

bei der Menstruation sind schon lange der Gegenstand der Forschung und wir besitzen Kunde über alle Phasen durch ältere und jetzt auch durch neuere mit aller Technik der mikroskopischen Forschung ausgeführte Arbeiten. Altere Arbeiten: Pouchet, hoff, R.Virchow, aus neuerer Zeit jene von Reichert, Verhandl. d. Beiliner Akad.. 8. 1. 1 ~T4. Kundrat und Kngelmann in Strickers med. Jahrb. S. 135. und Leopold, Arch. f. üynäk. Bd. 11. 1877. Strassmann, Arch. f. Gynäk.


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/wischen den beiden Blutungen nennt man auch die intermenstruelle Zeit

oder die „Pause". Die von Pflüger aufgestellte Tl rie über die Ursache

der Menstruation verleg! den Schwerpunkt in die Thätigkeil sympathischer Nerven. Das fortwährende Wachsen der Eier im Ovarium führt zur Schwellung des ganzen Organes. Durch die Ausdehnung der Albuginea komml es zu einer Reizung der Nerven. Auf einer bestimmten Höhe des Reizes erfolgl der reflektorische Ausschlag als gewaltige Blutkongestion zu den Genitalien, und diese bewirk! Blutung und Platzen des Follikels 1 ). Diese Theorie ist in der letzten Zeit wesentlich gefestigl worden durch experimentelle Untersuchungen. Erhöhung des intraovariellen Druckes durch Einspritzen von Flüssigkeiten in den Eierstock der Hündin ruft Hyperämie der Scheide, Erektion der Clitoris, vermehrte Schleim- und Blutabsonderung an den Genitalien hervor (Strassmann). — Li regelmässigen Phasen reift ein Ei heran und abhängig davon entwickelt sich im Uterus die zur Aufnahme und Ernährung bestimmte antemenstruelle Schleimhaut. Das austretende Ei wird an dem Tubentrichter befruchtet und die Weiterentwickelung der Uterusschleimhaul liefert die Decidua graviditatis. Die Menstruation bleibt aus, es i>t Schwangerschaft eingetreten. Tritt keine Befruchtung ein (bei Untergang des Eies im Follikel), so geht die zu seiner Aufnahme bestimmte Schleimhaut zu Grunde, die uterine Blutung beginnt. Der Körper des Weibes trifft alle Vorbereitungen zum Empfang des befruchteten Eies von dem Uterus. Findet aller keine Befruchtung statt, dann geht das unbefruchtete Fi zu Grunde und mit ihm die hyperämische und geschwellte Schleimhaut. Mit der Menstruation wird im Haushalt wieder das Gleichgewicht hergestellt, das durch die Reifung des Follikels gestört wurde.

<1) Loslösung des Kies vom Eierstock. Wanderung- durch die Tuben.

Dil' Entleerung der Eier aus dein Eierstock geschieht in der Regel periodisch, es ist dies die Ovulationsperiode. Sie ist im allgemeinen von den Jahreszeiten abhängig, nur der Mensch und einige domestizierte Tiere haben diese Abhängigkeit überwunden. Der Prozess \ et läuft sehr häutig mit geschlechtlicher Erregung, also nervösen und kongestiven Erscheinungen, aber die Kongestion kann auch von der nervösen Aufregung getrennt sein. Es ist noch nicht direkt beobachtet worden, wie der Follikel an dem menschlichen Ovarium platzt, aber es können kaum Zweifel bestehen, denn an seiner freien Oberfläche findet sich ein lappiger Einriss. Bei Kaninchen lässt sich der Prozess bei dem ganz reifen Follikel künstlich erzeugen 2 ). Es genügt ein schwacher Druck, um die Follikel zu sprengen; dann tritt zunächst ein ziemlich klarer Flüssigkeitstropfen heraus, es folgen trübe Zellenmassen und von ihnen umhüllt, das Ei. Diese letztere Masse ist von schleimiger Konsistenz und daher klebrig genug, um an der Rissöffnung, an der Obertiäche des Ovariums oder an den Fimbrien hängen zu bleiben, so dass das Ei nicht tiefer in den Bauchraum gelangt. Wie die seltenen Bauchhöhlenschwangerschaften (bei Tier und Mensch] beweisen, kann dieser Fall sich aber doch ereignen.

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IM. 25. 1896; dort findet sich die reiche Litteratur über diese Fragen, über die Menstruation als Zeichen der Reife des Weibes, über die Zeit des Eintritts in den verschiedenen Klimaten, bei den verschiedenen Kassen, Gebräuche bei dem Eintritt der .Menstruation siehe: H. Ploss, Das Weib in der Natur- und Völkerkunde. Leipzig 1885. Eine vollständige Zusammenstellung der dieses ganze Kapitel betreffenden Litteratur siehe bei J. Veit und P. Müller, Handbuch der Geburtshilfe, bearbeitet von .Meineren. 1. Bd. S. 137 u. ff. Stuttgart 1888. — >) Pflüger, Untersuchungen a d. phys. Laboratorium zn Ponn. 1863. — -) Pensen, Zeitsehr. f. Anat. und Entmckelungsgesch. 1. Pd. S. 221. 1876.

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Das ausgetretene Ei soll in die Tuben treten, und zwar durch das lappige aus den sog. Fimbrien bestehende innere Ende der Tuben (Pavillon) in den Tubenkanal gelangen. Von Bedeutung ist zweifellos hierfür das Flimmerepithel und Muskelzüge, welche sich in den Fimbrien befinden, aber der ganze Mechanismus ist trotz vieler interessanter Beobachtungen 1 ) noch nicht genügend aufgeklärt. Das Ei durchsetzl die Tube bei den darauf untersuchten Tieren in 3 — 5 Tagen; vom Hunde werden 8 Tage angegeben. Bei dem Menschen kennt man die Zeit noch nicht, aber die bei der Menstruation erwähnten Zahlen lassen doch annehmen, dass das Ei mehrere Tage braucht bis es den Weg vom Eierstock zu dem Uterus zurücklegt. Doch darf die Zeit von acht Tagen nicht überschritten werden. Denn das uterine Ende der Tube misst nur 'J — 3 min im Querdurchmesser und das Ei erlangt in der zweiten Woche bereits einen Durchmesser von 3 — 6 mm. Die Wimperzellen rufen eine, diese Wanderung begünstigende, von dem Ostium abdominale zu dem Ostium uterinum hinlaufende Fortbewegung der Eichen hervor.

Hyrtl 2 ) fand im uterinen Ende der linken Tube ein Eichen mit allen seinen charakteristischen Eigenschaften bei der Sektion eines aie vierten Tage der Menstruation verstorbenen Mädchens und W T . Benha m das unbefruchtete Ei sogar in der gewilisteten Uterusschleimhaut lest eingegraben, etwa 3 cm oberhalb des inneren Muttermundes!

Ans diesen Erfahrungen lässt sich schon einiges entnehmen über die Lebensdauer des unbefruchteten Eies. Man darf für die Eier des Weibes nach dem Austritt aus dem Follikel jedenfalls eine Lebensdauer von einigen Tagen annehmen. Solange werden sie in den Tuben und in dem Uterus befruchtungsfähig bleiben. Weitere Beobachtungen existieren hierüber nicht.

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i) Pflüger. Arch. f. Auat. und Phys S. 30. \^>'J. und Kehrer, Zeitsclir. f. rationelle Med. IM. 20. S. 37. Ifc60. — *) Hyrtl, Henle u. Pfeulfers Zeitschr. f. rationelle -Med. Neue Folge. Bd. 4. 1854. S. 155: Artikel von Th. L. W. Bischof f.

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